FU-Chronik| 1945-1948| 1949-1960| 1961-1969| 1970-1988| 1989-2004| 2005-2024| Register
1961|1962|1963|1964|1965|1966|1967|1968|1969

Die Zeit nach dem Mauerbau und die Studentenbewegung

John F. Kennedy erhält am 26.6.1963 die Ehrenbürgerwürde der FU. In seiner Anspra­che vor dem Henry-Ford-Bau erklärt der Präsident der Vereinigten Staaten:
"Was erfordert die Freiheit? Die Antwort liegt auf der Hand: ein geeintes Ber­lin in einem geeinten Deutschland – geeint durch freie Selbstbestimmung – und in Frieden lebend. Dieses Recht, nach freiem Ermessen zu wählen, ist kein Sondervorrecht, das nur die Deutschen beanspruchen. Es ist ein Grund­erfordernis menschlicher Gerechtigkeit."

Durch den Bau der Berliner Mauer ab dem 13.8.1961 steht etwa ein Viertel der Imma­trikulierten vor der Entscheidung, im Westen zu bleiben oder das Studium an der FU aufzugeben. Die überwiegende Mehrheit der Ost-Studenten entscheidet sich für den Verbleib in West-Berlin. Im Wintersemester 1961/62 beträgt ihr Anteil 22% der Stu­denten. Bis 1969 steigt die Studentenzahl an der FU auf 14 787 an.
Die Neubauten für das Osteuropa-Institut (1961), für das Otto-Suhr-Institut (1962) sowie für das Klinikum Steglitz (1968) werden eingeweiht.

Seit Mitte der sechziger Jahre entwickelt sich an der FU eine studentische Protest­bewegung. Zunächst geht es dabei um mehr Mitbestimmung in den universitären Gre­mien, zunehmend aber auch um den Vietnamkrieg, das Verhältnis von Industrie­staaten und Ländern der Dritten Welt sowie die von der Großen Koalition in Bonn geplante Notstandsgesetzgebung. Am 2. Juni 1967 wird der FU-Student Benno Ohnesorg bei einer Demonstration gegen den Schah von Persien durch einen Kriminal­beamten erschossen. Die studentische Protestbewegung erfasst 1968 nahezu alle Universitäten der Bundesrepublik. Als ihr Sprecher wird einer breiten Öffentlichkeit der FU-Student Rudi Dutschke (SDS) bekannt. Ein am 11.4.1968 auf ihn verübter Mordanschlag führt zu Unruhen in vielen Universitätsstädten.

Im Sommer 1969 wird mit dem neuen Berliner Universitätsgesetz die Ordinarienuniver­sität durch die Gruppenuniversität ersetzt. Die Fakultäten werden durch Fachbereiche ersetzt, an die Stelle des Rektors tritt ein auf sieben Jahre gewählter Präsident. In den Selbstverwaltungsgremien der FU sind fortan neben den Professoren auch die wissen­schaftlichen Mitarbeiter, die sonstigen Mitarbeiter und die Studentenschaft paritätisch vertreten.

Der Schwarz-Weiß-Film "F.U. 1963" von Wolfgang Kiepenheuer behandelt die Grün­dungs- und Aufbauphase der Freien Universität Berlin:

 – "F.U. 1963" von Wolfgang Kiepenheuer/Ikaros-Film (1963)



1961

Gründung des "Studienkollegs" für ausländische Studenten

Das Studienkolleg hat die Aufgabe, ausländische Studienbewerber, deren Heimatzeug­nisse nicht unmittelbar zur Aufnahme eines Studiums berechtigen, auf die Prüfung zur Feststellung der Hochschuleignung vorzubereiten und die Prüfung durchzuführen.

Das Studienkolleg der FU bietet einen einjährigen Vorbereitungskurs mit Schulcharak­ter für ausländische Bewerber ohne eine in Deutschland anerkannte Hochschulreife. Je nach angestrebtem Fachstudium wird ein bestimmter Schwerpunktkurs besucht, der mit der Prüfung zur Feststellung der Hochschuleignung (Feststellungsprüfung) endet. Wer diese Feststellungsprüfung bestanden hat, verfügt nicht nur über eine fachgebun­dene Hochschulreife, sondern auch über Deutschkenntnisse im Umfang der Deut­schen Sprachprüfung für den Hochschulzugang ausländischer Studienbewerber (DSH).





Gründung des Instituts für Physikalische Chemie

Das Institut ist zunächst im Otto-Hahn-Bau (heute Hahn-Meitner-Bau) in der Thiel­allee 63-67 untergebracht. (Heute befindet sich dort die Biochemie, Institut für Che­mie.) Im Dezember 1972 wird der "Schnellbau" in der Fabeckstraße 32 bezogen (heute Sitz der ZEDAT). 1978 schließlich findet der Umzug in den Neubau in der Takustraße 3 statt.





5.6.1961

Einweihung des neuen Gebäudes des Osteuropa-Instituts (OEI) in der Garystraße 55

Entworfen wurde das Gebäude in der von dem Berliner Architekten Werner Klenke.

Siehe auch den Eintrag zum 24.11.1951.

Foto des Osteuropa-Instituts
OEI (vorn) und OSI (hinten)

 
Foto des Osteuropa-Instituts
Eingang zum Osteuropa-Institut




13.8.1961

Beginn des Mauerbaus in Berlin

Der Mauerbau schneidet weit über tausend FU-Studenten, die aus Ost-Berlin und der DDR stammen, von ihrer Ausbildungsstätte ab. Hunderte von FU-Studenten beteiligen sich in der Folgezeit an Fluchthilfeaktionen, die zunächst vom Ausschuss für Gesamt­deutsche Studentenfragen und Mitgliedern des Studentenwerkes organisiert werden. Koordiniert werden die Hilfsaktionen für Fluchtwillige von den Studenten Detlef Girr­mann, Dieter Thieme, Bodo Köhler und Burkhart Veigel von ihrem Büro in der Boltz­mannstraße aus. Über die Stipendiatenkartei stehen ihnen die Daten der Grenzgänger zur Verfügung.

Bis zum Januar 1962 verhelfen FU-Studenten mehr als achthundert Personen zur Flucht aus der DDR. Zunächst werden Kommilitonen aus Ost-Berlin, die ihr Studium an der FU fortsetzen wollen, mit Hilfe von Luxemburger, Öster­reichischen, Schwedi­schen und Schweizer Pässen in den Westen geholt, bevor im Herbst 1961 die "Tunnel­aktionen" beginnen.

Gegen FU- und TU-Studenten, deren Fluchthilfe durch Informanten des DDR-Staats­sicherheitsdienstes verraten wird, verhängt die SED-Justiz hohe Zuchthausstrafen. So verurteilt das Oberste Gericht der DDR am 4. Juli 1962 drei West-Berliner Studenten zu 28 Jahren Haft. Insgesamt werden mehr als 70 Studenten der Freien Universität wegen ihrer Fluchthilfe für Kommilitonen, Freunde oder Verwandte festgenommen und von DDR-Gerichten zu Haftstrafen verurteilt.

Schwarz-Weiß-Foto von Detlef Girrmann
Detlef Girrmann




21.8.1961

Erklärung des 1. Vorsitzenden des AStA zum Mauerbau in Berlin

Nachdem am 13.8.1961 die Regierung der DDR die westlichen Sektoren Berlins vom sowjetischen Sektor und dem Umland abgeriegelt hat, veröffentlicht der 1. Vorsitzende des AStA der FU, Peter Mudra, am 21.8. eine Erklärung, die u. a. an alle AStA-Vor­sitzenden der Bundesrepublik gerichtet ist.

Aus der Erklärung:
"Aus Protest gegen diese Politik des nackten Terrors und Rechtsbruchs (...) fordern wir auch Euch auf, sämtliche bestehenden Kontakte zu offiziellen und halboffiziellen Stellen der sog. DDR sofort abzubrechen (...)".





8.10.1961

Denkschrift des SDS über die "Hochschule in der Demokratie"

Der FU-Hochschularbeitskreis des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) legt der Delegiertenkonferenz in Frankfurt die Denkschrift "Hochschule in der Demokra­tie" vor, die eine grundlegende Hochschulreform und die Überwindung der Ordinarien-Universität fordert. Eine Überlegung der Denkschrift ist die Einführung eines von der sozialen Lage unabhängigen, einheitlichen Studienhonorars.





15.10.1961

Der gewählte neue Rektor der FU, der Rechtswissenschaftler Ernst Heinitz, tritt sein Amt an.

Nach seiner Wiederwahl im Sommer 1962 amtiert Heinitz bis zum Sommersemester 1963.

Schwarz-Weiß-Foto von Ernst Heinitz
Ernst Heinitz



1962

Januar 1962

FU-Rektor Heinitz verhandelt mit der DDR über die Beendigung der Flucht­hilfeaktionen.

Der Innenminister der DDR, Karl Maron, beschwert sich beim AStA der FU darüber, dass "Studenten der Freien Universität dazu verführt werden, Bürger der Deutschen Demokratischen Republik nach Westberlin zu verschleppen." Im Mai 1962 trifft FU-Rektor Ernst Heinitz mit dem DDR-Staatssekretär für Hoch- und Fachschulfragen Wilhelm Girnus und dem DDR-Rechtsanwalt Friedrich Karl Kaul zu Geheimverhand­lungen zusammen. Heinitz sagt zu, sich für eine Beendigung der Fluchthilfeaktionen von FU-Studenten einzusetzen, wenn im Gegenzug 85 in der DDR inhaftierte studen­tische Fluchthelfer auf freien Fuß gesetzt werden.





7.5.1962

Einweihung des neuen Gebäudes für das Otto-Suhr-Institut in der Ihnestraße 21

Der Entwurf für das Gebäude stammt von Werner Klenke.

Den größten Anteil an der Finanzierung übernimmt das amerikanische State Depart­ment.

Foto des Otto-Suhr-Instituts in der Ihnestraße 21
Otto-Suhr-Institut




19.5.1962

Akademische Feierstunde aus Anlass des 200. Geburtstags von Johann Gottlieb Fichte, dem ersten Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin

Der Rektor der FU, Ernst Heinitz, spricht zum Thema "Forschung und Lehre". Wilhelm Weischedel hält den Festvortrag zum Thema "Der Zwiespalt im Denken Fichtes".





August 1962

Das Rektorat der FU zieht in die Ihnestraße 24.





31.10.1962

Presseerklärung des AStA der FU zur "Spiegel-Affäre"

Der Herausgeber des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", Rudolf Augstein, und meh­rere seiner Redakteure sind am 26.10.1962 auf Antrag der Bundesanwaltschaft festge­nommen worden. Gegen sie wird wegen eines Artikels über die Bundeswehr ("Bedingt abwehrbereit") der Vorwurf des Landesverrats erhoben.

In seiner Presseerklärung kritisiert der AStA das möglicherweise grundgesetzwidrige Vorgehen der staatlichen Behörden gegen das Hamburger Nachrichtenmagazin. Auf dem Steinplatz findet eine Protestkundgebung von Studenten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens statt. Für den Argument-Club an der FU spricht Margherita von Brentano.

Am 9.11.1962 tritt Verteidigungsminister Franz Joseph Strauß zurück, nachdem bekannt wurde, dass er sich unter Missbrauch seines Amtes in die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft eingeschaltet hatte.




1963

Januar/Februar 1963

Konflikt um die Wahl des 1. AStA-Vorsitzenden

30.1.1963
Der 14. Konvent der FU wählt den Jura-Studenten und späteren Regierenden Bürger­meister von Berlin, Eberhard Diepgen (RCDS), zum neuen 1. AStA-Vorsitzenden. Gegen Diepgens Wahl erheben mehrere Studentenverbände wegen seiner Mitglied­schaft in einer schlagenden Verbindung Widerspruch.

13.-15.2.1963
Urabstimmung über den Konventsbeschluss vom 30.1.1963, Eberhard Diepgen zum 1. AStA-Vorsitzenden zu wählen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 70,8% (10 061 Studen­ten). Für Diepgens Abwahl stimmen 64,5%.





Mai 1963

Einweihung des Gebäudes für die Anorganische Chemie

Das Gebäude in der Fabeckstraße 34-36 wurde von den Berliner Architekten Hans Geber und Otto Risse entworfen. Die angesetzten Baukosten (19,4 Millionen DM) werden um eine halbe Million DM unterschritten.

Der Neubau ist der erste der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.

1969 wird das Institut umbenannt in "Institut für Anorganische und Analytische Chemie".

Gegen die Ausbaupläne der FU in Dahlem – unter anderem gegen die Ausschreibung des Ideenwettbewerbs zur Bebauung des Geländes zwischen der Habelschwerdter Allee und der Fabeckstraße (das sogenannte "Obstbaugelände") – wird im November 1963 die "Notgemeinschaft der Dahlemer Hausbesitzer" gegründet.

Foto des Gebäudes in der Fabeckstraße 34-36
Fabeckstraße 34-36




18.5.1963

Die Philosophische Fakultät verleiht dem Architekten Walter Gropius die Ehrendoktorwürde.

Walter Gropius (1883-1969) wird geehrt als Baukünstler, "der auf Schinkels Bahnen und über ihn hinaus zum Begriff moderner Baukunst in Deutschland und in der Welt geworden ist."

Schwarz-Weiß-Foto: Walter Gropius
Walter Gropius




26.6.1963

Festakt für den Präsidenten der USA, John F. Kennedy, anlässlich der Verleihung der Würde eines Ehrenbürgers der FU

Am Vormittag hält Kennedy seine durch den Satz "Ich bin ein Berliner" berühmt gewor­dene Rede vor dem Rathaus Schöneberg.

Bei der Feier an der FU am Nachmittag sind u. a. Bundeskanzler Konrad Adenauer und der Regierende Bürgermeister Willy Brandt anwesend. Kennedy hält eine pro­grammatische, visionäre Rede, in der er für eine neue Ostpolitik der Bundesregierung und für die Wiedervereinigung Deutschlands innerhalb eines geeinten Europas plädiert.

Schwarz-Weiß-Foto: John F. Kennedy wird Ehrenbürger der FU
Verleihung der Ehrenbürger­würde an John F. Kennedy




29.6.1963

Herbert Lüers, Professor für Allgemeine Biologie und Genetik, wird zum neuen Rektor der FU gewählt.

Lüers Rektorat dauert vom Wintersemester 1963/64 bis zum Sommersemester 1965.

Schwarz-Weiß-Foto von Herbert Lüers
Herbert Lüers




19.8.1963

Die Leitung des FU-Studentendorfes fordert alle im Dorf wohnenden Fluchthelfer zum Auszug auf.

Am 11.8.1963 haben Rektor und AStA der FU sowie die Leitung des FU-Studenten­dor­fes die Fluchthilfe "auf privater Ebene" begrüßt. FU-Rektor Heinitz fordert jedoch die Fluchthelfer im Interesse der Sicherheit der gesamten Studentenschaft zum Verlassen des Studentendorfs Schlachtensee auf.

Innensenator Heinrich Albertz erklärt dagegen, dass er kein Verständnis dafür habe, dass seitens der FU mit einer politischen Begründung, die dem Sinn und dem "politi­schen Auftrag" der FU fundamental widersprächen, Aktivitäten behindert würden, die der Senat von West-Berlin und die Bevölkerung "immer mit größtem Respekt" zur Kenntnis genommen hätten.





6.11.1963

Eröffnung des Instituts für Geschichte der Medizin

Das Institut befindet sich in einem vor dem Ersten Weltkrieg erbauten Wohnhaus in der Nähe des im Bau befindlichen Klinikums Steglitz (Augustastraße 37). Schwer­punkte der Forschungstätigkeit bilden die Geschichte der Sozialen Medizin, die Medi­zin im Nationalsozialismus, die Quellen zur Patientengeschichte im 19./20. Jahr­hun­dert und die Entwicklung der klinischen Methoden im 19. Jahrhundert.

Nach dem Mauerfall wird es mit dem gleichnamigen Institut in Berlin Mitte zusammen­geführt, das schon 1930 gegründet wurde. Es ist gegenwärtig dem "CharitéCentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften" zugeordnet. Untergebracht ist es im Charité-Hochhaus (Luisenstraße 64/65).

Siehe auch den Eintrag zum 28.2.2014.





27.11.1963

Umbenennung des Amerika-Instituts in John-F.-Kennedy-Institut

Fünf Tage nach der Ermordung John F. Kennedys wird das seit 1954 bestehende Amerika-Institut (ab 12.6.1963 interfakultatives Institut) in "John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien" umbenannt.

Am 28.1.1967 wird das Institutsgebäude (das mit Hilfe der Ford Foundation umgestal­tete Gebäude in der Lansstraße 7-9) eingeweiht.

Schon seit 1954 bestand ein "Amerika-Institut" innerhalb des Englischen Seminars. Die Gründung des Instituts im Jahr 1963 geht auf die Initiative des Politikwissen­schaftlers Ernst Fraenkel (1898-1975) zurück, der durch seine Standardwerke zur Theorie des Neopluralismus internationale Reputation erlangt hat.

Schwarz-Weiß-Foto des John-F.-Kennedy-Instituts
John-F.-Kennedy-Institut




4.12.1963

Rektoratsübergabe an Herbert Lüers

Der scheidende Rektor Heinitz gibt eine Steigerung der Zahl der Studenten von 13 000 im Jahr 1961 auf 15 000 bekannt, die Zahl der Ordinarien stieg um ein Viertel, der Etat im gleichen Zeitraum von 42 auf 69 Millionen DM. Für 1964 ist ein Etat von 80 Millio­nen DM geplant. Künftig sollen 25 Millionen DM für die bauliche Erweiterung zur Verfü­gung stehen (1961: 5 Millionen DM).





17.12.1963

Passierschein-Abkommen zwischen dem Berliner Senat und der DDR

Zu Weihnachten und zum Jahreswechsel dürfen West-Berliner zum ersten Mal seit dem Mauerbau ihre Verwandten in Ost-Berlin besuchen. Es werden daraufhin 1,2 Mil­lionen Besuchsanträge gestellt.




1964

Am Institut für Judaistik wird der erste deutsche Lehrstuhl für Judaistik eingerichtet.

Der Beschluss zur Gründung des Instituts für Judaistik erfolgt im Zuge der Berufungs­verhandlungen des Religionsphilosophen Jacob Taubes (1923-1987), der dem Institut bis zum Jahr 1979 vorsteht.

Schwarz-Weiß-Foto von Jacob Taubes
Jacob Taubes




26.6.1964

Die Philosophische Fakultät verleiht Robert F. Kennedy die Ehrendoktorwürde.

Aus der Rede, die Robert Kennedy (1961-1964 Justizminister der USA) zu Ehren sei­nes Bruders John F. Kennedy vor der Verleihung der Ehrendoktorwürde hält:
"We live in a world of exceptional uncertainty and hazard. But we also live in a world which gives us a foundation for a future of exceptional excitement and possibility. That foundation is freedom."

Schwarz-Weiß-Foto von Robert Kennedy im Auditorium maximum der FU
Ehrendoktorwürde für Robert Kennedy




1.7.1964

Beschluss der Juristischen Fakultät gegen Langzeitstudenten

Der Zulassungsausschuss der Juristischen Fakultät an der FU nimmt mit Wirkung vom 15. Oktober 1964 die Zulassung derjenigen Studenten zurück, die über elf Fachsemester Rechtswissenschaft studieren. Damit soll der ständig anwachsenden Überfüllung entgegengewirkt werden.




1965

7.5.1965

Vor dem Henry-Ford-Bau protestieren etwa 400 Studenten gegen das Hausverbot für den Journalisten Erich Kuby.

Das vom AStA für den 8. Mai (Tag der Kapitulation 1945) geplante Podiumsgespräch mit Kuby findet außerhalb der FU statt. In ihren Forderungen auf Redefreiheit an der Universität verwenden die Studenten Argumente des "Berkeley Free Speech Move­ment".

Im Sommersemester 1958 hat der AStA ein politisches Forum zum Thema "Die Wiedervereinigung Deutschlands" organisiert. In seinem Referat am 12.6. hat Kuby geäußert, "dass in dem Worte 'Freie Universität' eine innere antithetische Bindung an die andere, die unfreie Universität jenseits des Brandenburger Tores fixiert ist, die für meinen Begriff (...) mit den wissenschaftlichen und pädagogischen Aufgaben einer Universität schlechthin unvereinbar ist." Rektor und Senat haben damals beschlossen, Kuby dürfe nicht mehr an der FU sprechen. In der Folgezeit kommt es 1960 und 1963 zu weiteren Hausverboten für Kuby. Noch im Herbst 1965 gelingt jedoch eine Einigung zwischen Rektorat und Kuby, der daraufhin bei einer Veranstaltung im Auditorium maximum auftritt.

Schwarz-Weiß-Foto: Protestierende Studenten vor dem Henry-Ford-Bau
Studenten vorm Henry-Ford-Bau




14.5.1965

Zeitungsartikel von Ekkehart Krippendorff zum "Fall Kuby"

Krippendorff (Assistent am Otto-Suhr-Institut) veröffentlicht im "Spandauer Volksblatt" einen Zeitungsartikel, in dem er das Redeverbot für Kuby als "Eingriff in die Freiheit dieser Stadt" bezeichnet und den Vorwurf erhebt, der Rektor der FU habe einen Vortrag von Karl Jaspers verhindert, "weil der Rektor mit dessen Anschauungen zur deutschen Frage nicht konform geht."

Am 10.6.65 teilt der Rektor der FU Krippendorff in einem Brief mit, sein Arbeitsvertrag mit der FU werde nicht verlängert.





11.-18.5.1965

Vorlesungsstreik am Otto-Suhr-Institut

An dem durch den "Fall Kuby" motivierten Vorlesungsstreik beteiligen sich fast 90% der 800 OSI-Studenten.

Zu den Fällen Kuby und Krippendorff gibt es von Mai bis Juli 1965 an der FU zahlreiche Resolutionen von Studenten und Erklärungen von Professoren. Auch die Medien in der ganzen Bundesrepublik nehmen dazu Stellung.





28.5.1965

Proteste bei der Immatrikulationsfeier

FU-Rektor Lüers gibt zu Beginn der Feier im vollbesetzten Auditorium maximum eine Darstellung der Fälle Kuby und Krippendorff. Im Anschluss daran stellt der AStA-Vor­sitzende Wolfgang Lefèvre in seiner Begrüßungsrede die Position des AStA und des Konvents dar. Als Lefèvre dem Akademischen Senat vorwirft, die Auseinandersetzun­gen und die Raumvergabe nicht im Geiste der Satzung geführt zu haben, unterbrechen mehrere Professoren seine Rede. Lefèvre, die studentische Wahlsenatorin Sigrid Rüger (SDS) und der stellvertretende Konventspräsident Christian Fenner (LSD) ver­lassen daraufhin unter dem Protest der Neuimmatrikulierten das Auditorium maximum.

Schwarz-Weiß-Foto: Sigrid Rüger im Henry-Ford-Bau
Sigrid Rüger




8.-12.6.1965

Jubiläumsfeier der Burschenschaften in Berlin

Der 10. Deutsche Burschentag findet im Palais am Funkturm aus Anlass der 150. Wie­derkehr des Gründungstages der ersten Burschenschaft in Jena statt. Höhepunkt des 5-tägigen Treffens ist der Festkommers in der Deutschlandhalle. Der FU-Rechts­wissenschaftler Karl August Bettermann fordert die versammelten 5 000 korporierten Studenten auf: "Machen Sie einen neuen Anfang, bringen Sie uns unsere Universität wieder in Ordnung. In diesem Sinne rufe ich: Burschen heraus!'"





26.6.1965

Hans-Joachim Lieber, Professor für Philosophie und Soziologie, wird zum neuen Rektor der FU gewählt.

Liebers Rektorat dauert vom Wintersemester 1965/66 bis zum Sommersemester 1967.

Schwarz-Weiß-Foto von Hans-Joachim Lieber
Hans-Joachim Lieber




19.7.1965

Gründung des Aristoteles-Archivs

Das Kuratorium beschließt die Gründung des Aristoteles-Archivs. Das Archiv strebt eine systematische Erfassung und wissenschaftliche Beschreibung des – über die ganze Welt verteilten – Corpus Aristotelicum. Es besitzt eine einzigartige Mikrofilm­sammlung aller griechischen Aristoteles-Manuskripte sowie weiterer ca. 1000 Hand­schriften mit spätantiken und byzantinischen Kommentartexten zu den Abhandlungen des griechischen Philosophen.





17.8.1965

Der AStA unterzeichnet den Aufruf "Frieden für Vietnam".

Die beiden AStA-Vorsitzenden Wolfgang Lefèvre und Peter Damerow unterzeichnen einen Aufruf "Frieden für Vietnam", in dem die Vereinigten Staaten aufgefordert werden, sich aus Vietnam zurückzuziehen. Verantwortlich für den Aufruf zeichnet ein Komitee, dem Kontakte zur "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) nachgesagt werden. Die beiden AStA-Vorsitzenden werden am 18.8. vom Landesverband des "Rings Christlich-Demokratischer Studenten" (RCDS) zum Rücktritt aufgefordert.

Am 26.10. verweigert der Konvent dem AStA das Vertrauen.





Dezember 1965

Die erste Ausgabe der "Informationen der Universitätsverwaltung" erscheint.

Die "Informationen", herausgegeben vom Rektor, redigiert von der "Pressestelle des Rektorats", erscheinen zunächst im Abstand von zwei bis vier Wochen, später halb­jährlich und dienen der "schnelleren Unterrichtung einer breiten Universitätsöffentlich­keit über aktuelle Entwicklungen der Freien Universität" ("Zum Geleit", Jg. 1, Nr. 1, S. 1).

Ab Oktober 1968 (Jg. 4, Nr. 3) nennt sich die Zeitschrift "FU-Information", von 1971 (Jg. 7, Nr. 7) bis 1992 (Heft 8/9) "FU-Info".

Von 1992 (Heft 10) bis Sommer 2004 (Heft 5-6) erscheint die "Zeitung der Freien Uni­versität Berlin" unter dem Titel: "FU: Nachrichten" (FU:N) und wird herausgegeben von der Presse- und Informationsstelle (heute: Stabstelle Presse und Kommunikation).

Seit Herbst 2004 erscheint acht Mal im Jahr "Freie Universität Berlin: Neues aus Wissenschaft und Forschung" als Beilage des Tagesspiegels.


  Titelseite: Informationen der Universitätsverwaltung 1/1965
1965 Nr. 1
Titelseite: FU-Info 24/1971
1971 Nr. 24
Titelseite: FU-Info 2/1986
1986 Nr. 2
Titelseite: FU-Nachrichten 3-4/1998
1998 Nr. 3/4
Titelseite: FU-Nachrichten 7/1998
1998 Nr. 7



1966

Einweihung des Neubaus der Institute für Pharmazie I und II

Das Institut für Pharmazie wurde im Jahr 1902 als Pharmazeutisches Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität auf dem Gelände des Botanischen Gartens eröffnet. Nach Gründung der Freien Universität entwarf Rainer Gerhard Rümmler den Neubau des Seitenflügels.

Die Institute für Pharmazie I und II in der Königin-Luise-Straße 2 und 4 bilden ab 1970 den Fachbereich Pharmazie.

1999 fusionieren die Fachbereiche Biologie, Chemie und Pharmazie zu einem Fach­bereich.

Foto: Institut für Pharmazie
Institut für Pharmazie




5.-7.2.1966

Kritische Resonanz der Medien auf eine studentische Vietnam-Demonstration

5.2.1966
Am Nachmittag findet eine von den Studentenverbänden veranstaltete Vietnam-Demonstration mit über 2 500 Studenten statt. Das Amerika-Haus wird mit Eiern beworfen.

7.2.1966
Die "Berliner Zeitung" (BZ) veröffentlicht einen Leitartikel zur Vietnam-Demonstration unter der Schlagzeile "Inspektor sagt: eine Schande für unser Berlin!" Der Rektor der FU entschuldigt sich in einem Brief an den amerikanischen Stadtkommandanten in Berlin.

Im Verlaufe des Jahres, z. B. am 10.12., kommt es zu weiteren studentischen Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg und, ab Dezember, gegen die seit dem 1.12.1966 in Bonn regierende Große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD. Rudi Dutschke ruft zur Bildung einer "Außerparlamentarischen Opposition" (APO) auf.





22.6.1966

Sit-in von 3 000 Studenten im Henry-Ford-Bau

Dieses erste "sit-in" an einer deutschen Universität findet anlässlich einer Sitzung des Akademischen Senats statt, auf der u. a. die Zwangsexmatrikulation von Langzeitstu­denten in der medizinischen und juristischen Fakultät auf der Tagesordnung steht. Nach zehnstündiger Diskussion fordert die Versammlung in einer Resolution den "Ab­bau oligarchischer Herrschaft und die Verwirklichung demokratischer Freiheit in allen gesellschaftlichen Bereichen".

Seit längerem hat die Studentenschaft versucht, über diese Bestimmungen eine Urab­stimmung stattfinden zu lassen. So ist es schon am 21.6. zu einer Protestversamm­lung gekommen, deren Resolution in wenigen Tagen von 7 000 Studenten unter­schrieben wird.

Protestformen aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wie "sit-in" und "teach-in" gehören bald zum Alltagsgeschehen an westdeutschen Universitäten.

Schwarz-Weiß-Foto: Sit-in im Henry-Ford-Bau
Sit-in im Henry-Ford-Bau



1967

Erste Kooperationsverträge mit türkischen Universitäten (Ankara und Istanbul)





Die USA haben bisher 98,1 Millionen DM für die FU gespendet.

Bis 1967 erhält die FU eine Unterstützung von insgesamt 98,1 Millionen DM aus den Verei­nigten Staaten, 79,5 Millionen DM stammen aus Mitteln des State Departments und 16,6 Millionen DM von der Ford Foundation.





3.2.1967

Einweihung des Neubaus der Institute für Kristallographie und Mineralogie

Das Gebäude in der Takustraße 6 wurde vom Berliner Architekten Hermann Kreidt entworfen. Es ist in Skelettbauweise aus Stahlbeton errichtet.

Foto des Gebäudes in der Takustraße 6
Takustraße 6




1.4.1967

Eröffnung des Neubaus für das Veterinärmedizinische Vorklinikum

Das Gebäude in der Koserstraße 20 wurde von Wassili Luckhardt unter Mitarbeit von Hans-Joachim Wandelt entworfen.

Wassili Luckhardt (1889-1972) ist einer der wichtigsten Vertreter des "Neuen Bauens" im Berlin der 20er Jahre. Er entwirft später auch den Neubau für die Pflanzenphysiolo­gie (siehe Sommer 1970).

Schwarz-Weiß-Foto des Gebäudes in der Koserstraße 20
Koserstraße 20




19.4.1967

Zweites Sit-in im Henry-Ford-Bau

Der Konflikt zwischen Lehrenden und Lernenden an der FU verschärft sich. Im Henry-Ford-Bau findet ein Sit-in gegen ein Veröffentlichungsverbot von Seminarrezensionen und angekündigte Disziplinarmaßnahmen gegen Mitglieder der Kommune I und des SDS statt.

Schwarz-Weiß-Foto: Nevermann, Dutschke und andere beim zweite Sit-in an der FU
Zweites Sit-in im Henry-Ford-Bau




2.6.1967

Der FU-Student Benno Ohnesorg wird bei einer Demonstration erschossen.

Während einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Persien wird der FU-Student Benno Ohnesorg vor der Deutschen Oper von einem Polizeibeamten in Zivil erschossen. Der Todesschütze Karl-Heinz Kurras ist – wie erst 2009 durch einen Zufallsfund in Stasiunterlagen bekannt wird – ein Agent des DDR-Staatssicherheits­dienstes und Mitglied der SED.

Verschiedene Protestkundgebungen, die für den 3.6. geplant sind, werden verboten. Gegen Abend findet eine Versammlung in der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftli­chen Fakultät statt. Nach einer Schweigeminute wird am Schluss in einer Resolution der Rücktritt der politischen Führung Berlins gefordert.

In den folgenden Tagen kommt es auf Versammlungen und in Lehrveranstaltungen zu zahlreichen Diskussionen über das Vorgehen der Polizei am 2. Juni und die hoch­schulpolitische Situation im Allgemeinen.

Schwarz-Weiß-Foto: Benno Ohnesorg
Benno Ohnesorg




10.6.1967

Der Professor für Zahnmedizin, Ewald Harndt, wird zum neuen Rektor der FU gewählt.

Am 14.6.1968 wird Harndt wiedergewählt und amtiert bis November 1969.

Schwarz-Weiß-Foto von Ewald Harndt
Ewald Harndt




7.7.1967

Der Soziologe Theodor W. Adorno hält im Auditorium maximum den Vortrag "Zur Klassizität von Goethes 'Iphigenie'".

Auf Einladung des Germanischen Seminars und des Seminars für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft hält Adorno trotz Störungen durch Mitglieder und Sympathisanten der Kommune I seinen Vortrag. Adorno hatte sich geweigert, ein entlastendes Gutachten für die wegen Aufrufs zu menschengefährdender Brand­stiftung angeklagten FU-Studenten und Kommunarden Rainer Langhans und Fritz Teufel zu erstellen.





10.-13.7.1967

Herbert Marcuse diskutiert im überfüllten Auditorium maximum mit Studenten.

Aus dem Vortrag über "Das Ende der Utopie" von Herbert Marcuse, Professor für Sozialphilosophie an der Brandeis University (Massachusetts) und Gastprofessor an der FU:
"Alle materiellen und intellektuellen Kräfte, die für die Realisierung einer freien Gesellschaft eingesetzt werden können, sind da. Dass sie nicht für sie eingesetzt werden, ist ausschließlich der totalen Mobilisierung der bestehen­den Gesellschaft gegen ihre eigene Möglichkeit der Befreiung zuzuschreiben."





1.11.1967

Gründungsversammlung der "Kritischen Universität" im Auditorium maximum

Der Konventsvorsitzende der FU, Wolfgang Lefèvre, erklärt, die "Kritische Universität" sei "eine politische Universität, die helfen kann, zur bestehenden Gesellschaft Alter­nativen zu finden."

Es entstehen rund 30 Arbeitsgruppen zu Themen wie "Sexualität und Herrschaft", "Das Modell Kuba und die Zukunft Lateinamerikas", "Imperialismus und Entwicklungs­probleme", "Politische Sprache und gesellschaftlich falsches Bewusstsein", "Arbeits­medizin", "Psychosomatische Medizin", "Architektur und Gesellschaft", "Möglichkei­ten und Probleme politischer Theologie", "Konservative Revolution in der National­ökonomie".

Schwarz-Weiß-Foto: Fronius am Rednerpult im Auditorium maximum
Am Rednerpult Sigrid Fronius, die spätere AStA-Vorsitzende




18.12.1967

Wahlen zum 20. Konvent der FU

An der Konventswahl beteiligen sich 10 042 der 15 072 Wahlberechtigten, das sind 66,7%. Damit liegt die Wahlbeteiligung höher als 1966 (53,7%) und 1965 (57,4%). Die Linke Fraktion im Konvent erhält 40 von 76 Sitzen. Innerhalb der Linken ist eine Verschiebung festzustellen, der SDS erhält im 20. Konvent 16 Sitze (gegenüber 7 im 19. Konvent), der Sozialistische Hochschulbund (SHB) 4 Sitze (gegenüber 12). Die Vereinigten Arbeitsgemeinschaften an der FU (VAFU) können 26 Sitze erringen.

An der gleichzeitig stattfindenden Urabstimmung über die "Kritische Universität" betei­ligen sich rund 70% der Wahlberechtigten. Für die Kritische Universität sprechen sich 5 557 Studentinnen und Studenten (53%) aus, 4 473 (42,5%) dagegen und 448 stim­men ungültig.




1968

Gründung der Ägyptologie an der FU

Die Ägyptologie gehört zu den Altertumswissenschaften und beschäftigt sich mit der Philologie und Archäologie des alten Ägyptens.

Die Ägyptologie zieht 1993 vom Rudeloffweg 9 in die Altensteinstraße 33, und 2015 in den Neubau für die "Kleinen Fächer". Siehe auch den Eintrag zum 29.5.2015.

Foto: Villa in der Altensteinstraß33
Villa Altensteinstraße 33

Foto: Grab in Assiut
Grabinschrift in Assiut




26.1.1968

Beginn des Austauschprogramms mit der Universität Leningrad

Zwischen der Schdanow-Universität Leningrad (heute: Staatliche Universität Sankt Petersburg) und der FU wird ein Vertrag über den Austausch junger Wissenschaftler geschlossen.

Es ist der erste Partnerschaftsvertrag zwischen einer westdeutschen und einer sow­jetischen Universität.

Logo der Universität Sankt Petersburg
Siegel der Universität
Sankt Petersburg




11.4.1968

Attentat auf Rudi Dutschke

Rudi Dutschke, Soziologiestudent an der FU und Sprecher des "Sozialistischen Deut­schen Studentenbundes" (SDS), wird am Kurfürstendamm von einem rechtsradikalen Jugendlichen angeschossen.

Am Abend versammeln sich im Auditorium maximum der Technischen Universität etwa 2 500 Anhänger der Außerparlamentarischen Opposition.

Vor dem Springer-Verlag in der Kochstraße kommt es zwischen Demonstranten und Polizei zu einer Straßenschlacht. Auslieferungsfahrzeuge der Bild-Zeitung werden umgestürzt und in Brand gesteckt.

Die Demonstranten machen die Berichterstattung der Zeitungen des Springerkonzerns über die Außerparlamentarische Opposition für das Attentat verantwortlich.

Es kommt zu Protestkundgebungen und Ausschreitungen in der ganzen Bundesrepu­blik, in deren Verlauf in München zwei Menschen getötet werden ("Osterunruhen").

1979 stirbt Dutschke an den Spätfolgen des Attentats.

Schwarz-Weiß-Foto: Rudi Dutschke mit Kommilitonen
Rudi Dutschke mit Kommilitonen




9.5.1968

Sigrid Fronius wird neue AStA-Vorsitzende.

Der 20. Konvent der FU wählt Sigrid Fronius (SDS) zur neuen AStA-Vorsitzenden. Damit repräsentiert erstmals in der Bundesrepublik eine Frau die Studentenvertretung einer Universität.

Schwarz-Weiß-Foto: Sigrid Fronius
Sigrid Fronius




15.5.1968

Proteste gegen die Notstandsgesetzgebung

Gegen die geplante Verabschiedung der Notstandsgesetze durch die Große Koalition rufen die Studentenvertretungen der Berliner Universitäten am Tage der zweiten Lesung der Notstandsgesetze im Bundestag zu einem Streiktag auf.

Anlässlich der Verabschiedung der Notstandsgesetze demonstrieren am 30.5. 40 000 Anhänger der Außerparlamentarischen Opposition in Bonn. An 25 Universitäten kommt es zu Protestkundgebungen und Institutsbesetzungen. An der FU ist das Ger­manische Seminar seit dem 27.5. für mehrere Tage besetzt.





21.5.1968

Daniel Cohn-Bendit spricht im Auditorium maximum über die Pariser Mai-Unruhen.

Der Studentenführer berichtet über die sich dramatisch zuspitzenden Auseinander­setzungen zwischen der französischen Studenten- und Arbeiterbewegung und der Staatsmacht in Paris. Am 3.5. wurde die Sorbonne, die traditionsreiche Pariser Universität, erstmals in ihrer Geschichte geschlossen. Cohn-Bendit wendet sich vor dem Hintergrund der französischen Erfahrung gegen die Thesen Marcuses, eine revolutionäre Mobilisierung der Arbeiterschaft sei in den hochentwickelten Industrie­staaten nicht mehr möglich.

Schwarz-Weiß-Foto: Daniel Cohn-Bendit im Auditorium maximum der FU
Daniel Cohn-Bendit im Auditorium maximum der FU




Sommer 1968

Geburtsstunde der neuen Frauenbewegung

Im Sommer 1968 gründet eine Gruppe von Studentinnen der FU und der Deutschen Film- und Fernsehakademie den "Aktionsrat zur Befreiung der Frauen".

Die FU-Studentin Sigrid Rüger (1965 studentische Sprecherin im Akademischen Senat der FU) wirft am 13. September 1968 aus Protest gegen die "männliche Ignoranz" dem Frankfurter Studentenführer Hans-Jürgen Krahl während der Delegiertenkonferenz des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) eine Tomate an den Kopf. Zuvor verliest die Filmstudentin Helke Sander eine Erklärung, in der sie dazu aufruft, die "Unterdrückung im Privatleben nicht als privat zu begreifen". Weiterhin fordert sie eine Emanzipation von der herkömmlichen Rollenverteilung innerhalb des SDS.

In den Wochen nach diesem Ereignis, das als Geburtsstunde der neuen Frauenbewe­gung gilt, entstehen in zahlreichen Städten der Bundesrepublik unabhängige Frauen­gruppen.





21.8.1968

Protestveranstaltungen gegen die Niederschlagung des "Prager Frühlings"

Studentenvertretungen von FU und TU protestieren im Auditorium maximum der TU gegen den Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei.

An der anschließenden Demonstration nehmen über 4 000 Studenten teil.





9.10.1968

Eröffnungsfeier für das Klinikum Steglitz in der Kongresshalle

Neun Jahre nach der Grundsteinlegung am 21.10.1959 wird das Klinikum Steglitz eröffnet.

Die amerikanische Benjamin-Franklin-Stiftung trägt ein Fünftel der Kosten (60 von 300 Millionen DM).

Leitidee der Planung (Architekt ist Arthur Davis, USA) war das Bemühen, die viel­fäl­tigen klinischen und theoretischen Einrichtungen in einen engeren Zusammenhang zu bringen. Ökonomische Gesichtspunkte wie Rationalisierung und Mechanisierung, aber auch die vom Wissenschaftsrat geforderte Dezentralisierung des Unterrichts und die Intensivierung der praktisch-klinischen Ausbildung bis hin zu einer Neuordnung der medizinischen Lehre waren dabei maßgeblich.

1994 wird das Klinikum Steglitz in "Universitätsmedizin Benjamin Franklin" und 2003 in "Charité-Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin" umbenannt.

Schwarz-Weiß-Foto: Das Klinikum Steglitz aus der Luft
Klinikum Steglitz aus der Luft




4.12.1968

Anlässlich des 20. Jahrestages der FU-Gründung werden keine Feierlichkeiten veranstaltet.




1969

Im Jahr 1969 nimmt der erste Sonderforschungsbereich (Sfb) der FU seine Tätigkeit auf.

Ein Sonderforschungsbereich ist eine langfristige, auf die Dauer von bis zu 12 Jahren angelegte Forschungseinrichtung einer oder mehrerer Hochschulen, in der Wissen­schaftler im Rahmen fächerübergreifender Forschungsprogramme zusammenarbeiten.

Gefördert werden die Sonderforschungsbereiche von der Deutschen Forschungsge­meinschaft (DFG).

Der erste Sonderforschungsbereich, "Embryonalpharmakologie", untersucht die Wir­kung von Arzneimitteln auf die vorgeburtliche Entwicklung. Er läuft 1984 aus.

Sonderforschungsbereiche an der FU





16.7.1969

Das "Gesetz über die Universitäten des Landes Berlin" ("Universitätsgesetz") tritt in Kraft.

AStA und Studentenparlament werden wegen der stärkeren Berücksichtigung der Studenten in den Gremien abgeschafft (Wiedereinführung 1979). Professoren ver­lieren vorübergehend (bis 1978) die absolute Mehrheit in den Universitätsgremien. Der soge­nannte "Mittelbau" wird in die Mitbestimmung integriert. Die Universität wird von nun an von einem auf 7 Jahre (seit 1991 auf 4 Jahre) gewählten Präsidenten gelei­tet. Die bis­herigen 6 Fakultäten und das Otto-Suhr-Institut werden in 24 Fachbereiche (FB) und 6 Zentralinstitute (ZI) umstrukturiert.

Karikatur von P. Butschkow: Studenten sägen am Stuhl des Professors
Karikatur: P. Butschkow




Wintersemester 1969/70

Die Islamwissenschaft bekommt ein eigenes Institut.

Die Islamwissenschaft ist seit 1948 an der Freien Universität vertreten, zunächst als Teil der Religionswissenschaft. Die Trennung in zwei eigene Institute erfolgt ab dem Wintersemester 1969/70. Heute gehört die Islamwissenschaft zum Fachbereich Ge­schichts- und Kulturwissen­schaften. Sie versteht sich als interdisziplinäre, historisch-sozialwissenschaftliche Disziplin. Zwischen 2008 und 2015 ist die Islamwissenschaft in der Alten­steinstraße 40 unterge­bracht, seit 2015 im Neubau für die Kleinen Fächer (Holzlaube).

Zur Geschichte der Altensteinstraße 40 siehe den Eintrag zum Herbst 1951.





24.11.1969

Das Übergangskonzil wählt den Diplomphysiker und Soziologen Rolf Kreibich zum ersten Präsidenten der FU.

Kreibich setzt sich während seiner Amtszeit nachdrücklich für das Konzept der "Grup­penuniversität" ein, die 1969 durch das neue Berliner Hochschulgesetz die "Ordinarien­universität" ablöst und die Mitbestimmungsrechte für Studenten, Angehörige des Mit­telbaus und sonstige Universitätsangestellte in der akademischen Selbstverwaltung stärkt. Kreibich amtiert als Präsident bis 1976.

Zum Übergangskonzil siehe auch den Eintrag zum 8.2.1971.

Schwarz-Weiß-Foto von Rolf Kreibich
Rolf Kreibich

 


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