Der "Kopftuchstreit" in den Printmedien
Bettina Pinzl – 2006
Häufig ist in der Öffentlichkeit zu hören, dass die Integration von MigrantInnen in Deutsch-land gescheitert sei. Seit dem 11. September 2001 haben gerade muslimische EinwanderInnen gegen den Vorwurf zu kämpfen, fundamentalistische ExtremistInnen zu sein, die unser Ge-sellschaftssystem von innen heraus zerstören wollen. Innerhalb dieses größeren Zusammenhangs muss auch der „Kopftuchstreit“ in den Printmedien analysiert werden. Im vorliegenden Beitrag wird dargestellt, wie ausgewählte Medien das Thema „Integration“, bei-spielhaft an diesem Einzelaspekt, thematisieren. Die Debatte, ob Frauen mit einem muslimischen Kopftuch an öffentlichen Schulen in Deutschland unterrichten dürfen, löste vor allem nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2003 eine heftige Kontroverse aus. Dabei stand hauptsächlich die Frage nach dem Bedeutungsgehalt des mus-limischen Kopftuchs im Vordergrund. Medien sind unsere wichtigste Informationsquelle. Viele Menschen haben keinen direkten Kontakt zu MigrantInnen und ihre Meinung über diese ist und wird stark geprägt von den Bildern, die in den Medien verfügbar sind. Die in diesem Beitrag vorgestellte Inhaltsanalyse einschlägiger Artikel aus den beiden überregionalen deutschen Tageszeitungen „Süddeut-schen Zeitung“ (SZ) und „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) untersuchte diese Bilder. Dabei war vor allem von Interesse, von welcher Art und Weise die Fremdbilder über die mus-limischen Migrantinnen sind und welchen Selbstbildern sie gegenübergesetzt werden. Was sind die Argumente im Kopftuchstreit? Welche Funktion innerhalb der unterschiedlichen Ar-gumentationen nehmen die Fremd- und Selbstbilder ein und woher kommen sie? Inwiefern ist davon die schwierige Beziehung „unserer abendländisch-christlichen Kultur“ zum Islam be-troffen? Wie differenziert ist die Berichterstattung? Nach einer kurzen Einführung in die Begrifflichkeiten von „Fremden“ und „Eigenem“, „Kul-tur“ und „Differenz“ sowie in die Genese westlicher Selbst- und Fremdbilder über den „Islam“ bzw. „muslimische Frauen“ wird das Verhältnis von Medien, Politik und Bevölke-rung in den Blick genommen. So erschließt sich der Kontext, in den die Ergebnisse der Analyse gestellt werden. Den theoretischen Hintergrund bilden die Thesen der Cultural Stu-dies. An die neu gewonnenen Erkenntnisse schließt sich die weiterführende Frage an, welche Auswirkungen die medial ausgetragene „Kopftuchdebatte“ für die soziale Integration musli-mischer Frauen in Deutschland hat. Die Autorin selbst bevorzugt eine Politik der bewussten Entpolitisierung des Kopftuches und der Anerkennung ethnoreligiöser Differenz in der Öf-fentlichkeit und in den Schulen.
Bettina Pinzl (Jahrgang 1974), Diplom-Politologin, Studium am Otto-Suhr-Institut (Freie U-niversität Berlin) und in Rovaniemi, Finnland; Studienabschluss im Dezember 2005. Ihre Studienschwerpunkte waren Frauen- und Geschlechterforschung und Politische Bildung. Sie arbeitet zur Zeit freiberuflich in der außerschulischen politischen Jugendbildung.
Links
Bundesverfassungsgericht. Pressestelle. Pressemitteilung
Nr. 71/2003 vom 24. September 2003.
Lehrerin mit Kopftuch
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg71-03.html
Zugriff am 29.09.2006
Verwaltungsgericht Stuttgart. Pressemitteilung vom 07.07.2006.
Kopftuchstreit
www.justizportal-bw.de/servlet/PB/menu/1200794/index.html?
ROOT=1192939
Zugriff am 29.09.2006
Zum Stand der Gesetzgebung
http://www.uni-trier.de/~ievr/kopftuch/kopftuch.htm
Der Kopftuchstreit. Zum Konflikt zwischen Laizismus (Trennung von Staat und Religion) und religiöser Toleranz.
Egbert Jahn
www.uni-mannheim.de/fkks/MaMomi01-NET-Kopftuch.pdf#search=%22kopftuchstreit%20%22
Zugriff am 01.10.2006
"Vom Zwang familiärer Autorität befreien".
Sabine Kebir
www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Rassismus/kopftuch3.html
Zugriff am 01.10.2006
Zur aktuellen Kopftuchdebatte in Deutschland. Anmerkungen aus der Perspektive der Menschenrechte.
Heiner Bielefeldt
Zugriff am 05.10.2006
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