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Der Ritt auf der Schnecke- Rechtliche Gleichstellung in der Bundesrepublik Deutschland (2011)

Sabine Berghahn – 2011

Mittlerweile (Juli 2011) sind es mehr als 62 Jahre, in denen das Grundgesetz mit seinem Gleichberechtigungsartikel 3 Abs. 2 ("Männer und Frauen sind gleichberechtigt") in Kraft ist. Es soll daher ein Rückblick auf die Jahrzehnte einer erstmals stabilen deutschen Demokratie geworfen werden. Der Prozess des Ausbaus egalitärer Rechte lässt sich dabei als "normative Gleichstellung" bezeichnen - im Gegensatz zur praktischen gesellschaftlichen Umsetzung. Beides geht aber Hand in Hand. Gefragt wird, wie in den vergangenen Jahrzehnten Gleichberechtigung verfassungsrechtlich und einfach-gesetzlich verstanden wurde, wie sich dieses Verständnis verändert hat und welchen Niederschlag diese Entwicklung in Gesetzesreformen und Rechtsprechung gefunden hat. Dabei kommt auch zur Sprache, worin grundsätzliche Widersprüche oder Hindernisse für einen Ausbau von Geschlechter-gleichberechtigung zu sehen sind. Nach einer kurzen Einleitung wird im ersten Kapitel die verfassungsrechtliche Entwicklung der Gleichberechtigung von 1949 bis heute beschrieben. Im Mittelpunkt steht die Auslegung des Gleichberechtigungsartikels durch das Bundesverfassungsgericht. Das zweite Kapitel behandelt demgegenüber den gesetzgeberischen Reformprozess in wichtigen Rechts- und Lebensbereichen. Im dritten und abschließenden Kapitel wird Bilanz gezogen, auch bezüglich der Themenbereiche und Rechtsprobleme wie z.B. Schwangerschaftsabbruch und Reproduktionsmedizin, welche die herrschende Rechtsdogmatik nicht als unmittelbare "Gleichberechtigungsfragen" ansieht. Dazu zählt auch die überkommene "Ehezentrierung" des deutschen Systems der Existenzsicherung, die nach Meinung der Autorin einer deutlich verbesserten Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben und ihrer eigenständigen Existenzsicherung im Wege steht. Während im Bereich "klassischer" Gleichberechtigungsfragen (Art. 3 Abs. 2 und 3 GG), d.h. zum Abbau unmittelbarer Benachteiligungen eine vergleichsweise günstige Prognose gestellt werden kann, liegt bezüglich der Entdeckung und Beseitigung mittelbarer und "struktureller" Diskriminierung noch ein langer Weg vor uns, zumal durch den erweiterten Anspruch, auch Diskriminierungen von Menschen aufgrund anderer Merkmale als Geschlecht ein rechtliches und gesellschaftliches Feld zu beackern ist, das ein noch viel größeres Konfliktpotential in sich birgt. Ähnlich komplexitätserweiternde Wirkungen hat die Tatsache, dass Deutschland seit mehr als zehn Jahren auch offiziell eine "Einwanderungsgesellschaft" ist, aber auch dass im Rahmen von Globalisierung und Europäisierung nationalstaatliche Instrumente der Rechtssetzung und Rechtsfindung sowie wirtschaftliche und politische Prozesse in Deutschland nicht mehr allein maßgeblich sind, sondern sich in einen Orientierungsrahmen einordnen, der größer, unübersichtlicher und noch konfliktträchtiger ist als der "alte" nationale Rahmen.

Titel
Der Ritt auf der Schnecke (2011)
Verfasser
Sabine Berghahn
Datum
2011-07
Art
Text

Über die Autorin

 

Sabine Berghahn

Prof. Dr. jur., Juristin und Politikwissenschaftlerin

 

Privatdozentin am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin (FB Politik- und Sozialwissenschaften) sowie Rechtsanwältin, ehemals: u.a. (Gast-)Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), am Standort Lichtenberg, Vertretungsprofessorin an der Universität Münster.

 

Ausbildung und Berufstätigkeit

 

    Rechtswissenschaftliche Ausbildung in München

    juristische Promotion und politikwissenschaftliche Habilitation an der FU Berlin

    Mitarbeit in diversen Projekten in München und Berlin

    sowie in Forschung und Lehre an Universitäten und

    Fachhochschulen, insbesondere Gast- und Vertretungsprofessuren;
    unterschiedliche Stellen am OSI

    Tätigkeit als Rechtsanwältin und Journalistin

    Mitgründerin und Redakteurin für das Portal gender-politik-online

    seit Anbeginn seiner Existenz (2002/2003)

 

 

    Kontakt:

    Sabine Berghahn, Prof. Dr. 

    Email (FU): berghahn@zedat.fu-berlin.de

    Email (HWR): sabine.berghahn@hwr-berlin.de