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1961

13.8.1961

Beginn des Mauerbaus in Berlin

Hunderte von FU-Studenten beteiligen sich an Fluchthilfeaktionen.


  Schwarz-Weiß-Foto von Detlef Girrmann
Quelle: Universitätsarchiv der FU
  Detlef Girrmann (* 1928, † 2011)
 
Detlef Girrmann, Matrikelnummer 8378, ist beim Studentenwerk der Freien Universität zu­ständig für die Unterstützung von Flüchtlingsstudenten und "Grenzgängerstudenten", die an der Freien Universität studieren aber in Ost-Berlin oder dem Berliner Umland wohnen. Girrmann hat sich als junges SPD-Mitglied in Magdeburg der Zwangsvereinigung seiner Partei mit der KPD widersetzt. Gemeinsam mit Dieter Thieme, den er noch aus der Schul­zeit kannte, arbeitet er in einer oppositionellen Gruppe, die Flugblätter gegen das SED-Regime verbreitet. Vor der drohenden Verhaftung flieht er 1950 nach West-Berlin und studiert an der Freien Universität Jura.
 

  Schwarz-Weiß-Foto von Dieter Thieme
Quelle: Universitätsarchiv der FU
  Dieter Thieme (* 1928, † 2010)
 
Dieter Thieme, Matrikelnummer 9426, wird 1950 von der DDR-Staatssicherheit in Magde­burg festgenommen mit 14 anderen jungen Oppositionellen angeklagt und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, die er größtenteils im "Roten Ochsen" in Halle verbüßt. Nach seiner Entlassung flieht er ebenfalls nach West-Berlin und beginnt sein Studium an der Juristi­schen Fakultät der Freien Universität. Er arbeitet als Sozialreferent im Studentenwerk der Freien Universität.
Quelle: Der Tagesspiegel
 

  Schwarz-Weiß-Foto von Bodo Eberhard Köhler
Quelle: Universitätsarchiv der FU
  Bodo Eberhard Köhler (* 1928, † 2005)
 
Bodo Köhler, Matrikelnummer 7418, beteiligt sich in der SBZ nach der Zwangsvereinigung von SPD und KPD an Flugblattaktionen der SPD. Er flieht vor einer drohenden Verhaftung nach West-Berlin und studiert an der Freien Universität Religionswissenschaft. Nebenbei leitet er das "Haus der Zukunft". Dorthin zieht die Fluchthelfer-Gruppe um, nachdem ihr das Büro des Studentenwerks der Freien Universität als Organisationszentrale zu unsi­cher geworden ist. Nach dem ersten Passierscheinabkommen, das Weihnachten 1963 in Kraft tritt, wird Köhler Redenschreiber von Willy Brandt im Schöneberger Rathaus.
 

  Schwarz-Weiß-Foto von Burkhart Veigel
Quelle: Universitätsarchiv der FU
  Burkhart Veigel (*1938)
 
Burkhart Veigel studiert Medizin in Tübingen, Hamburg und Berlin. Er ist von 1961 bis 1970 Fluchthelfer, u. a. als Tunnelgräber, zunächst in der Girrmann-Gruppe, später mit einer eigenen Gruppe. Die von ihm entwickelte "Doppelgänger-Tour" am Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße wird von den DDR-Grenzern nie durchschaut. Burkhart Veigel verhilft etwa 650 Menschen zur Flucht in den Westen. Zwei Entführungsversuche der Stasi übersteht er unbeschadet. Ab 1976 ist er als Orthopäde und Sportmediziner tätig. Er ist Herausgeber der Fluchthelfergesprä­che von Uwe Johnson sowie Autor des Buches über Fluchthilfe "Wege durch die Mauer. Fluchthilfe und Stasi zwischen Ost und West". Für sein Engagement als Fluchthelfer erhält er 2012 das Bundesverdienstkreuz.
Quelle: FluchtHilfe.de
 

  Schwarz-Weiß-Foto von Reinhard Furrer
Quelle: Universitätsarchiv der FU
  Reinhard Furrer (*1940, † 1995)
 
Reinhard Furrer kommt im Herbst 1962 zum Physikstudium an die Freie Universität. Bald schließt er sich einer studentischen Fluchthelfer-Gruppe an. Am 4. Oktober 1964 steht er auf Ost-Berliner Gebiet am Eingang eines Tunnels und weist 57 Flüchtlingen den Weg zum Tunneleingang, wo sie von anderen Fluchthelfern in Empfang genommen und zum Ausgang geleitet werden. Zwei Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, die sich als Fluchtwillige getarnt haben, alarmieren die Grenzwachen. Es ist bereits dunkel, als es am Tunneleingang zu einem Schusswechsel zwischen herbeigeeilten Grenzsoldaten und einem Fluchthelfer kommt. Reinhard Furrer, der unbewaffnet ist, kann in den Tunnel flie­hen. Egon Schultz, ein Unteroffizier der DDR-Grenztruppen, wird bei dem Schuss­wechsel getötet. Die SED-Propaganda lastet das den Fluchthelfern an. Nach dem Untergang der DDR wird im Stasi-Archiven der Obduktionsbericht des Instituts für Gerichtliche Medizin der Humboldt-Universität aufgefunden. Demnach kam Schultz durch die Kugeln aus der Maschinenpistole eines hinter ihm stehender Kameraden ums Leben.
 

 

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