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Anja Hennemann (Potsdam)



Schlussfolgerung, Inferenz, Deduktion und Annahme: Wie Modalität und Evidentialität zu verschiedenen Graden überlappen*



Conclusion, inference, deduction and assumption: how modality and evidentiality overlap to different degrees
The present paper is concerned with the relationship between the semantic-functional categories of modality and evidentiality, showing that both domains overlap differently with regard to the kind of conclusion a speaker expresses. It is differentiated between conclusion, inference, deduction and assumption: A conclusion is based on the speaker's knowledge (reasoning); an inference is based on some kind of evidence (induction); a deduction is intersubjectively comprehensible and (logically) justifiable; an assumption, by contrast, represents a very weak form of conclusion, which is often based on the speaker's intuition only. In the corpus analysis I work with data from the Corpus de Referencia del Español Actual (CREA). In analyzing the use of Spanish adverbs, cognitive verbs and the synthetic future, I show that epistemic modality and evidentiality overlap to different degrees.


1 Einleitung

Genau genommen beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit einem Thema, das sicherlich einige Linguisten gar nicht mehr hören können: das Verhältnis von epistemischer Modalität und Evidentialität. Und zum derart oft diskutierten Thema soll nun noch ein Beitrag erscheinen? Ja. Denn in der vorliegenden Studie zum Spanischen soll nicht nur gezeigt werden, dass Modalität und Evidentialität überlappende Kategorien darstellen können, sondern insbesondere inwiefern beide funktional-semantische Kategorien Schnittstellen aufweisen. Es geht um die Tatsache, dass beide Domänen zu verschiedenen Graden bzw. Anteilen überlappen je nachdem, ob Sprecher Schlussfolgerungen, Inferenzen, Deduktionen oder Annahmen ausdrücken. Die Begriffe, die verschiedene Arten der Wissensherleitung kennzeichnen, werden in diesem Beitrag wie folgt voneinander unterschieden:




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Tab. 1: Die verschiedenen Arten der Wissensherleitung.

Die Beispiele in diesem Beitrag sind dem Corpus de Referencia del Español Actual (CREA) entnommen, wobei weder zeitliche, noch mediale, thematische oder geografische Einschränkungen vorgenommen wurden.

2 Die beiden Kategorien im Fokus

Bevor im Abschnitt 2.3 diskutiert wird, ob epistemische Modalität und Evidentialität als komplett getrennte (unterschiedliche), zumindest benachbarte oder sich gelegentlich bzw. grundsätzlich überlappende Bereiche dargestellt werden sollten, erscheint es sinnvoll, den Modalitäts- und Evidentialitätsbegriff zunächst unabhängig von der jeweils anderen Kategorie zu behandeln (siehe die Abschnitte 2.1 und 2.2). Der Abschnitt 2.4 zeigt dann, wo genau sich beide Kategorien 'treffen', was mit Korpusbeispielen belegt wird (siehe Abschnitt 3).

2.1 Modalität

Wie Dendale / van der Auwera (2001) etwas lakonisch ausdrücken: "La modalité, on le sait, est une notion aux définitions multiples et aux frontières floues" (Dendale / van der Auwera 2001: i). Auch Gévaudan (2010) stellt fest, dass "[die] Ausarbeitung eines kohärenten Modalitätsbegriffs […] nach wie vor eine große Herausforderung der linguistischen Theoriebildung [darstellt]", was allein darauf zurückzuführen sei, "dass es mindestens zwei Modalitätsbegriffe gibt, einen logischen und einen sprachlichen" (Gévaudan 2010: 31). Damit gehört auch für Nuyts (2005: 5) 'Modalität' zu den problematischsten und kontroversesten Begriffen in der Linguistik:

[…] there is no consensus on how to define and characterise it, let alone on how to apply definitions in the empirical analysis of data. And there are no signs that the debates are heading in the direction of a final solution. (Nuyts 2005: 5)

Da nach wie vor kein Konsens über die Definition von Modalität besteht, sollen im Folgenden einige Aussagen über Modalität und konkrete Definitionen dieser funktional-semantischen Kategorie zusammengetragen werden (vgl. auch Hennemann 2013: 31–32). Magni (2010) erklärt, warum in der Sprachwissenschaft keine Einigkeit darüber besteht, wie – gerade bei der empirischen Datenanalyse (vgl. auch Nuyts' Worte) – die korrekte Anwendung des Modalitätsbegriffs erfolgen sollte. Das erste Problem liegt, salopp formuliert, in der Natur der Sache. Als funktional-semantische Kategorie erhält Modalität in verschiedene Bereiche innerhalb der zu analysierenden Sprache Einzug. Sie findet sich zum Beispiel sowohl auf lexikalischer als auch auf grammatischer Ebene:1




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The term modality designates a wide conceptual domain […]. From a linguistic point of view, modality affects all areas of grammar, interacting with other categories such as negation, tense, and aspect. […] modal functions do not relate to the verb alone or even primarily, but to the whole sentence. […] Indeed, various ideas and notions have been considered for the identification and delimitation of modality: attitudes and opinions of the speaker […] (Magni 2010: 193)

Die zuletzt genannten Einstellungs- und Meinungsäußerungen des Sprechers finden sich auch in den Modalitätsdefinitionen von Dubois (1969) und Roulet (1979) wieder: Dubois (1969: 118) beschreibt Modalität als die "attitude du sujet en face de l'énoncé qu'il formule" und Roulet (1979: 43) spricht von "traces de la prise en charge de la prédication par l'énonciateur". Ganz offensichtlich beziehen sich Dubois (1969) und Roulet (1979) auf die Einstellung des Sprechers zu seiner Äußerung. Bally (1965 [1932]) hingegen behandelt Modalität auch in Bezug auf Sätze. Für ihn ist Modalität 'die Seele des Satzes'. Dies impliziert, dass Modalität generell die Seele eines jeden Satzes ist (vgl. Bally 1965: 35).2

Wenn der Ausdruck von Modalität allerdings nicht an konkrete sprachliche Ausdrücke gebunden ist,3 wie sind dann modalisierte Aussagen von nicht-modalisierten zu unterscheiden? Während mit Beispiel (1) eine einfache Assertion vorliegt, zeigt sich im Beispiel (2) derselbe Sachverhalt in modalisierter Form (vgl. auch die Beispiele in Gévaudan 2010: 37):

(1) Está en el buen camino.4

(2) Y sinceramente creo que5 está en el buen camino. (La Voz de la Afición, no 19, 2002)

Givóns (2001) Zugang zur Modalität ist, ganz im Gegenteil, pragmatisch, indem er erklärt, dass der Bezugsbereich von Modalität der Diskurskontext ist: "The propositional scope [der Modalität] is not the propositional semantics of the atomic event or state, but rather the pragmatics, or connectivity of the clause vis-à-vis its discourse context" (Givón 2001: 285). Auch Halliday (1970) zufolge reicht der Modalitätsskopus bis in den Diskurskontext hinein, genauer gesagt, ist für ihn der Ausdruck von Modalität an einen konkreten Sprechakt gebunden: "Modality is a form of participation by the speaker in the speech event. Through modality, the speaker associates with the thesis an indication of its status and validity in his own judgements" (Halliday 1970: 335).

Während festgehalten werden kann, dass mit Modalität im Allgemeinen der (realisierte) Ausdruck von Sprechereinstellungen (subjektive und nicht objektive Modalität; vgl. Gévaudan 2010: 37) in Bezug auf einen Sachverhalt gemeint ist oder, anders ausgedrückt, mit Modalität "die sekundäre Implementierung einer Sprecherperspektive bzw. eines subjektiven Standpunkts" vorliegt (Gévaudan 2010: 57), bezieht sich die epistemische Modalität explizit auf die

[s]prachliche Markierung der validativen und/oder evaluativen Sprechereinstellung. Eine modale Äußerung ist eine solche, bei der der Sprecher einen Sachverhalt darstellt und angibt, welche validative und/oder evaluative Einstellung er zu diesem Sachverhalt hat. (Volkmann 2005: 454)




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Mit einer validativen Einstellung "ist die Bewertung eines Sachverhalts hinsichtlich seiner Existenz oder seines Zutreffens gemeint" (Volkmann 2005: 53). Die 'skalaren' Möglichkeiten reichen hierbei natürlich vom festen Glauben an die Existenz eines Sachverhalts über Zweifel bzw. Unsicherheit bis hin zum nicht-Glauben. Die evaluative Einstellung bezieht sich auf "das emotionale Verhältnis zwischen einer Person und einem Sachverhalt, das sich beispielsweise in Positiv-negativ-Termini äußern kann" (Volkmann 2005: 53). Geht es also um das Verhältnis von epistemischer Modalität und Evidentialität, ist es – genau betrachtet – immer die validative Einstellung des Sprechers, die von Belang ist.

2.2 Evidentialität

Da der Evidentialitätsbegriff ähnlich heterogen ist wie der der Modalität, was allein schon an der Tatsache liegt, dass zwischen einem typologischen und einem funktional-semantischen (inhaltlichen) Evidentialitätsbegriff unterschieden werden sollte, möchte ich mich im Folgenden auf die von mir erarbeitete Definition von Evidentialität in Hennemann (2013) stützen. Evidentialität wird – genauso wie epistemische Modalität, (Inter-) Subjektivität, Deixis und Polyphonie – als eine untergeordnete Kategorie der übergeordneten Kategorie 'Sprecherperspektivierung'6 verstanden:

The categories of evidentiality, epistemic modality, subjectivity, deixis and polyphony are encompassed by the notion of speaker's perspectivisation because they all bring to the fore the speaker's perspective of the narrated event – even in the case of polyphony, where the speaker shows that he is able to include further perspectives. Speaker's perspectivisation is the superordinate category, while the strategy of perspectivising a certain [p] represents the process. The outcome of this process consequently is the verbalised speaker's perspective. (Hennemann 2013: 125)

Die funktional-semantische Kategorie der Evidentialität wird daher wie folgt definiert:

Hence, evidentiality is to be defined as one category of speaker's perspectivisation, whereby evidentiality may overlap with other linguistic categories that are also subordinate to the category of speaker's perspectivisation and it does overlap with deixis and subjectivity. In languages that do not possess a grammatical system of evidentiality, evidentiality is expressed by evidential expressions which may be lexical or grammatical in nature. Whether an expression is evidential or evidentially used is determined by meaning aspects that are encoded by a particular expression and possibly additionally by meaning aspects that are contributed by contextually provided information. An expression is evidential or evidentially used if it expresses the source of information, i.e. evidence, for the transmitted information. So evidentiality should be defined as one category of speaker's perspectivisation and as the category of speaker's perspectivisation that is defined in terms of the notion of evidence. (Hennemann 2013: 127)




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Die Definition von Evidentialität lehnt sich an Boye's (2010) Evidentialitätsbegriff an, der diese Kategorie "as covering meanings – and expressions with meanings – that can be described in terms of familiar distinctions between 'direct' and 'indirect evidence'" beschreibt, wobei er zwischen visueller Evidenz, nicht-visueller direkter Evidenz, reportativer und inferentieller Evidenz unterscheidet (Boye 2010: 291–292). Die einzige Erweiterung, die ich bei den Arten der Evidenz vornehmen würde, ist die Ergänzung der quotativen Evidenz, da 'reportive evidence' nicht (auch schon begrifflich) direkte, wörtliche Redewiedergabe miteinschließt.

2.3 Modalität und Evidentialität als getrennte, benachbarte oder sich überschneidende Bereiche?

Man könnte sagen, dass eins zum anderen führt, wenn zwei in der linguistischen Forschung inkohärente Begriffe nun auch noch in Bezug zueinander gesetzt werden sollen. Daher wird auch die Beziehung zwischen epistemischer Modalität und Evidentialität in verschiedenen Studien ganz unterschiedlich beschrieben. Dies hängt natürlich auch mit dem jeweils zugrundeliegenden Sprachmaterial zusammen. Handelt es sich um eine Sprache, in der Evidentialität und/oder Modalität als grammatische Kategorie(n) verankert ist/sind7 oder handelt es sich um eine Sprache, deren Modalverben oder Modaladverbien z.B. evidentielle Funktionen aufweisen (können)? In jedem Fall stellen Dendale / Tasmowski (2001: 341–342) treffend fest, dass das Verhältnis von epistemischer Modalität und Evidentialität ganz unterschiedlich beschrieben wird (vgl. auch Hennemann 2013: 33–38). Sie können drei verschiedene Arten des 'Kontaktverhältnisses' ausmachen8:

a) Disjunktion: Evidentialität und Modalität sind konzeptuell und definitorisch voneinander zu unterscheiden. b) Inklusion: Eine Kategorie ist Teil der anderen (meistens wird Evidentialität in die Kategorie der Modalität inkludiert). c) Überlappung: Modalität und Evidentialität werden als sich überschneidende Bereiche dargestellt (es gibt einen Überlappungsraum). (vgl. Dendale / Tasmowski 2001: 341–342)




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Auch Boye (2006) stellt diese drei Arten von Beziehung beider Kategorien fest:

[…] modality and evidentiality are sometimes considered completely distinct categories [a], sometimes distinct but overlapping categories [c], but at other times the former category is taken to comprise the latter, and at still other times the latter category is taken to comprise the former [b] […] (Boye 2006: 1)

Für Palmer (2001) bspw. ist das Verhältnis von epistemischer Modalität und Evidentialität ein inklusionsartiges, denn er spricht von "evidential modality" (Palmer 2001: 8, 24; 2003: 7). Für ihn stellt 'evidentielle Modalität', genauso wie epistemische Modalität, eine Form von 'propositionaler Modalität' dar:

[…] epistemic modality and evidential modality are concerned with the speaker's attitude to the truth-value or factual status of the proposition and may thus be described as "propositional modality". The basic difference between epistemic modality and evidential modality is that with epistemic modality speakers make judgments about the factual status of the proposition, whereas with evidential modality they indicate what is the evidence that they have for it. (Palmer 2001: 24)

Etwas fragwürdig erscheint jedoch, dass er den Terminus 'epistemisch' sogar für echte evidentials vorsieht:

[…] the term 'epistemic' should apply not simply to modal systems that basically involve the notions of possibility and necessity, but to any modal system that indicates the degree of commitment by the speaker to what he says. In particular, it should include evidentials such as 'hearsay' or 'report' (the quotative) or the evidence of the senses. (Palmer 1986: 51)

Auch Gévaudan (2010) spricht von "evidenzieller Modalität" und versteht darunter den "Typ[en] der epistemischen Modalität […], bei der die Herkunft des Wissens über einen Sachverhalt angedeutet wird" (Gévaudan 2010: 51). Für Bybee / Fleischman (1995) kann das Verhältnis beider Kategorien unterschiedlich ausfallen. Sie sprechen sowohl das Überlappungs- als auch das Inklusionsverhältnis an:




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[…] as applied to natural language, there is no reason to restrict the epistemic notion just to necessity and possibility, as is traditional in philosophy of language. For one thing, commitment to the truth of a proposition is often a matter of degree. For another, epistemic modality can be seen as overlapping with, or even encompassing, another grammatical category, namely evidentiality. (Bybee / Fleischman 1995: 4)

Bei Hoye (2008) sieht es einerseits so aus, als wähle er einen sehr geschickten Ausdruck, wenn er von einer 'Verbindung' (association) zwischen Evidentialität und epistemischer Modalität spricht:

[…] since evidentiality is concerned with the nature and source of evidence on which a speaker's assumption or judgement is so often based, it may clearly be associated with the concept of modality, specifically epistemic modality – that is the category of modality which concerns the speaker's 'knowledge' or lack of 'knowledge' with regard to a particular state of affairs. (Hoye 2008: 153)

Andererseits scheint er Anhänger der Überlappungstheorie zu sein. Schließlich nimmt er eine 'Interaktion' (interact) beider Kategorien an:

The broad, functional take on evidentiality adopted here, recognizes that, whilst there are differences between the evidential and (epistemic) modal systems, it must also be acknowledged that the two are closely associated and clearly interact […] (Hoye 2008: 165)

Generell lassen sich in der Forschungsliteratur viele Versuche feststellen, eine scharfe Trennung zwischen Modalität und Evidentialität vorzunehmen. Squartini (2004) spricht von einer 'Entwirrung' beider Kategorien und de Haan (1999) möchte beiden Kategorien buchstäblich 'Grenzen setzen'. Cornillies (2009) Studie zum Gebrauch spanischer epistemischer Verben, Adverbien und Auxiliare "contrasts with accounts based on the 'inclusion' or the 'overlap' of the two categories" (2009: 44). Er zeigt, dass "an expression is either evidential or epistemic and that within these qualifications different readings are possible" (Cornillie 2009: 59).




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Dass Aikhenvald (2004) zu jenen Linguisten gehören muss, die nicht einmal eine ('lockere') Verbindung zwischen Evidentialität und epistemischer Modalität annehmen, ist der Tatsache geschuldet, dass sie von einem grammatischen, typologisch erarbeiteten Evidentialitätsbegriff ausgeht, d.h., den Terminus der Evidentialität nur für solche Ausdrucksmittel anwendet, die eine grammatische Verankerung in der untersuchten Sprache zeigen:

Evidentiality is a linguistic category whose primary meaning is source of information. […] this covers the way in which the information was acquired, without necessarily relating to the degree of speaker's certainty concerning the statement or whether it is true or not. (Aikhenvald 2004: 3)

Auch wenn sie das disjunktive Verhältnis beider Kategorien postuliert, räumt sie die Existenz von evidentials ein, die eine epistemisch-modale Bedeutungskomponente aufweisen bzw. eine Bedeutungserweiterung erfahren haben: "That evidentials may have semantic extensions related to probability and speaker's evaluation of the trustworthiness of information does not make evidentiality a kind of modality" (Aikhenvald 2004: 7–8).9 Der im paraguayischen Spanischen gebrauchte Hörensagen-Marker ndaje aus dem Guaraní stellt ein Beispiel dafür dar, dass evidentials modale Bedeutungen annehmen können (vgl. Große 2011). Ndaje ist eigentlich mit dicen que oder se dice que zu übersetzen (Große 2011: 242). Wird der Hörensagen-Marker aber im Zusammenhang mit Adverbien gebraucht, die ebenfalls Hörensagen markieren – z.B. mit supuestamente oder aparentemente – nimmt ndaje eher modale Bedeutung an (Große 2011: 249). Auch Haßler (2010a) hat gezeigt, dass Adverbien, die etymologisch auf die Quelle des Wissens bzw. der Information hinweisen (bspw. visuelle Wahrnehmung oder visuelle Evidenz), nicht nur evidentiell gebraucht werden, sondern auch rein modal. Hierzu gehört bspw. italienisch ovviamente (vgl. auch Haßler 2004). Meiner Meinung nach liegen mit Modalität und Evidentialität zwei voneinander zu trennende, semantisch-funktionale Kategorien vor, wie auch Diewald / Smirnova (2010: 6) erklären (vgl. auch Haßler 2010a: 243; 2010b: 106):




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As a rule of thumb, one can say that while evidentiality indicates the source of evidence a speaker has for making a statement, without necessarily accompanying that with a factuality judgment, epistemic modality, [sic] is concerned exactly and exclusively with the latter, i.e. with the degree of factuality a speaker attributes to a proposition.

Dennoch gibt es einen Bereich der Überlappung, d.h., einen Bedeutungsraum zwischen beiden Kategorien – einen Raum, in dem sich epistemische Modalität und Evidentialität überschneiden, wobei dies zu unterschiedlichen Graden bzw. Anteilen der Fall sein kann.

2.4 Der Bereich der Überlappung: Schlussfolgerung, Inferenz, Deduktion und Annahme

Das Getrenntsein beider Kategorien liegt auf der Hand, wenn es um Sprachsysteme geht, in denen mindestens eine der beiden Kategorien grammatisch verankert ist. Grammatische Evidentialität ist in nur einem Viertel aller Sprachen der Welt zu finden (Aikhenvald 2004: 17). Untersucht man allerdings Sprachen, in denen Evidentialität nicht grammatisch verankert ist, hinsichtlich evidentieller Ausdrucksmittel, wird deutlich, dass Evidentialität und epistemische Modalität einen Überlappungsbereich aufweisen (können). Dies wird insbesondere bei dem Gebrauch von inferentiellen Ausdrucksmitteln deutlich (vgl. auch de Haan 2001b; Hennemann 2013: 63–77; 2014: 12–13).10 Für gewöhnlich wird die Inferenz als eine Unterkategorie der Evidentialität beschrieben, weil sie den indirekten Zugang zur Information ausdrückt (indirect evidentiality; vgl. z.B. Willett 1988: 57). Es gibt aber Studien, in denen die Einordnung der Inferenz als Anlass zur Diskussion betrachtet wird, wie in denen von van der Auwera / Plungian (1998) oder Cornillie (2009). Sie gehen der Frage nach, ob Inferenz 'eher modal' oder 'eher evidentiell' ist. Für van der Auwera / Plungian (1998: 85–86) steht fest:




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[…] that the inferential reading amounts to epistemic modality and more particularly necessity: for both categories we are dealing with the certainty of a judgment relative to other judgments. From this point of view it also causes no surprise that inferential evidentials often receive an English translation with epistemic must. Inferential evidentiality is thus regarded as an overlap category between modality and evidentiality.

Obwohl es durchaus sinnvoll erscheint, Inferenz als die evidentielle Subkategorie zu beschreiben, bei der epistemische Modalität und Evidentialität überlappen, ist zu hinterfragen, ob jede evidentielle Lesart mit 'Notwendigkeit' (necessity) in Bezug zu setzen ist. Meiner Meinung nach kann eine ausgedrückte Inferenz als möglich, wahrscheinlich, sehr wahrscheinlich, notwendig etc. erachtet werden.11 Auch Cornillie (2009) argumentiert gegen die Ausführungen van der Auweras / Plungians, da sie jede inferentielle Äußerung mit Sicherheit bzw. Notwendigkeit assoziieren:

[…] that all inferential statements are concerned with certainty of a judgment. That is, inference is seen as a monolithic concept that lacks any variation. […] Moreover, the proposed correlation between inference and necessity implies that other modes of knowing, such as quotative (or hearsay) evidentiality, are automatically outside the realm of necessity. This implicitly correlates them with weaker forms of modality such as possibility and probability. (Cornillie 2009: 49)12

Dass nicht jede inferentielle Aussage mit Notwendigkeit oder Sicherheit in Verbindung gebracht werden sollte, verdeutlicht allein der Gebrauch der spanischen Modalverben poder und deber. Beide können zum Ausdruck einer Inferenz gebraucht werden (vgl. z.B. Hennemann 2013: 314–343). Jedoch markiert poder in der Regel eher zurückhaltende, zaghafte Inferenzen (Annahmen) und deber für gewöhnlich stärkere, vom Eintreten des Sachverhalts überzeugtere Inferenzen (Deduktionen).13 Während van der Auwera / Plungian (1998) oder Cornillie (2009) die 'Verortung' der Inferenz diskutieren, stellt Volkmann (2005) fest, dass auch die Zuordnung der Schlussfolgerung zu einer der funktional-semantischen Kategorien auf rein theoretischer Ebene schwerfällt:




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Schlussfolgerungen fallen zum einen in den Bereich der Evidentialität, weil sie eine Form des Zugangs zur Information darstellen, zum anderen fallen sie in den Bereich der epistemischen Modalität, weil sie mehr als die anderen Arten von Informationsquellen Wissen bereits voraussetzen. Schlussfolgerungen werden auf der Basis von bereits bestehendem Wissen gezogen. (Volkmann 2005: 120)

Eine weitere Studie, die sich mit dem Ausdruck von Epistemizität an der Schnittstelle zur Evidentialität beschäftigt, ist die von Boye (2006). Er setzt sich u.a. mit dem modalen und/oder inferentiellen Charakter der Annahme (assumption) auseinander, also mit der eher schwachen Form von Wissensherleitung, die mit einer Vermutung gleichgesetzt werden kann:

[…] the 'assumption' may be taken to indicate a certain range of degree of epistemic support – assumption in contrast to e.g. certainty – but it may also be taken to indicate a type of evidence – assumption in contrast to e.g. reportive evidence […]. Thus, in lack of further information, items and constructions characterized with the term 'assumed' or 'assumptive' may be taken to encode the meaning of indirect-inferential evidence, the meaning of e.g. partial epistemic support, or both these meanings […] (Boye 2006: 66)

Cappelli (2007) würde in diesem Zusammenhang von 'affektiver Evidenz' sprechen und meint damit Fälle, in denen ein Sprecher eigene Intuitionen etc. als Grundlage für seine Äußerung angibt:

The speaker can signal that he/she is uttering a personal judgement based on no other evidence but his/her own personal evaluation, his/her feeling or some other type of vague evidential information. This sort of evidence is here labelled "affective evidence", and it is taken to include impressions, "irrational judgements" and any type of evidence depending on the ego of the evaluator or for which the evaluator cannot provide a precise definition. (Cappelli 2007: 132)




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Die Deduktion als die Art von Wissensherleitung, der eine intersubjektiv nachvollziehbare Begründung zugrunde gelegt wird, ist als das Gegenteil der Annahme, die auf affektiver Evidenz basiert, anzusehen. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Zuordnung von Inferenz / Schlussfolgerung / Annahme / Deduktion zur Modalität bzw. Evidentialität von dem der Analyse zugrundeliegenden Sprachmaterial abhängt und die Frage der Zuordnung auch damit zu tun hat, ob in der besagten Bezugssprache die Kategorien auch im grammatischen System verankert sind.

3 Korpusanalyse

Anhand von verschiedenen, aus dem CREA entnommenen Beispielen, die Schlussfolgerungen, Inferenzen, Deduktionen und Annahmen beinhalten, soll verdeutlicht werden, dass epistemische Modalität und Evidentialität zu verschiedenen Graden überlappen. Bei dem Ausdruck einer Annahme überwiegt beispielsweise die modale Komponente stark, wohingegen Deduktionen 'eher evidentiell' und eindeutig 'weniger / kaum (?) epistemisch' sind. Die Beispiele beinhalten das synthetische Futur14, den performativen Gebrauch von creer und suponer15 in der ersten Person Singular sowie die Adverbien probablemente und posiblemente16. Während man bereits an dieser Stelle auf rein theoretischer Ebene sagen könnte, dass suponer und creer schon von ihrer Semantik her eher modal als evidentiell sind, dass letzteres überwiegend zum Ausdruck von affektiver Evidenz – und damit zum Ausdruck von Annahmen – gebraucht wird und dass die durch probablemente ausgedrückte Wahrscheinlichkeit höher ist als die durch posiblemente, konzentriert sich dieser Beitrag insbesondere auf die durch Interaktion mit anderen Ausdrucksmitteln hervorgerufene Bedeutungsveränderung. Schließlich kann die Überlappung von Modalität und Evidentialität je nach kontextuellem Einfluss auf ein und dasselbe Ausdrucksmittel unterschiedlich ausfallen.




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3.1 Das synthetische Futur

Das Wesen des Futurs wurde in der Forschungsliteratur schon oft diskutiert, wobei die Diskussion hier im Detail nicht reproduziert werden kann. Es finden sich ganz allgemein gehaltene, teilweise von der allgemeinen Logik beeinflusste Aussagen wie die von Lyons (1977, 1995):

Futurity is never a purely temporal concept; it necessarily includes an element of prediction or some related notion. (Lyons 1977: 677) What is conventionally used as a future tense… is rarely, if ever, used solely for making statements or predictions, or posing or asking factual questions, about the future. It is also used in a wider or narrower range of non-factive utterances, involving suppositions, inference, wish, intention and desire. (Lyons 1977: 816) […] reference to the future, in contrast with reference to the past or the present, is generally, if not always, tinged either with uncertainty or, alternatively, with expectancy and anticipation. Such attitudes are traditionally regarded as modal […] (Lyons 1995: 319)

Zusammengefasst – auch wenn dies etwas salopp formuliert scheint – könnte es heißen: Dass das Futur auch als modales / evidentielles Ausdrucksmittel fungiert, liegt im Wesen des Futurs.

Des Weiteren gibt es typologisch begründete Aussagen zum Charakter des Futurs, dass u.U. sogar primär als nicht-temporal eingestuft wird:




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[…] the central functions in future grams are intention and prediction. It follows from this that future is less a temporal category and more a category resembling agent-oriented and epistemic modality, with important temporal implications. (Bybee / Perkins / Pagliuca 1994: 280)

Dem Fakt, dass zukünftige Ereignisse mit verschieden großer Sicherheit dargestellt werden können, tragen einige Sprachen sogar mit zusätzlichen Morphemen Rechnung. Bybee / Perkins / Pagliuca (1994: 247–248) sprechen von "pairs of future grams which, in addition to expressing prediction, bear an indication of how convinced the speaker is that the event will come about". Das bedeutet, dass ein Sprecher zwischen verschiedenen Morphemen von zukünftiger Möglichkeit über zukünftige Wahrscheinlichkeit bis hin zu zukünftiger Notwendigkeit wählen kann (Bybee / Perkins / Pagliuca 1994: 148). Im Zusammenhang mit den romanischen Sprachen lassen sich ganz unterschiedliche Aussagen feststellen, die von 'das synthetische Futur ist eindeutig evidentiell' bis hin zu 'das synthetische Futur ist eindeutig modal' reichen. In Bezug auf das italienische synthetische Futur stehen sich beispielsweise die Aussagen Pietrandreas (2005, 2007) und Giacalone Ramats / Topadzes (2007) gegenüber:

[…] unlike the modals, the future seems not to condense any inferential process, but appears to function as the form expressing the speaker's genuine opinion about the propositional content. (Pietrandrea 2005: 93)

[…] the epistemic future has a genuine epistemic meaning, without any evidential colouring. (Pietrandrea 2007: 40) The future […] may be in some cases engendered by the existence of a source of evidence, but it never fulfils the function of explicitly encoding it. To put it in another way, the future does not serve the purpose of marking information as inferential, it does not have therefore 'source of information' as its core meaning, as a true evidential must have […] (Pietrandrea 2007: 42)




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Bezugnehmend auf das italienische Futur kritisieren Giacalone Ramat / Topadze (2007) die Bezeichnung 'epistemisches Futur'. Sie rücken die evidentielle Komponente in den Mittelpunkt, denn dem Gebrauch des Futurs liege für gewöhnlich ein Inferenzprozess zugrunde (vgl. Gicacalone Ramat / Topadze 2007: 25):

The epistemic future is inferential in nature. It is based on the speaker's inference, whose source is not specified: it can be either external or internal, based on either hearsay or reasoning. […] The future can express judgments based upon an inferential process, which may be not explicit […] (Giacalone Ramat / Topadze 2007: 26)

Das spanische synthetische Futur tritt in den verschiedensten Kontexten auf. Die Beispiele belegen, dass das synthetische Futur zum Ausdruck unterschiedlich starker Wissensherleitungen gebraucht werden kann. Ein typischer Kontext, in dem es zum Gebrauch des synthetischen Futurs kommt, ist der Wetterbericht.17 Interessant ist hierbei, dass der Sprecher i.d.R. nicht versprachlicht, auf welchem Wege er seine Informationen erhalten hat. Handelt es sich nicht um TV-Wetterberichte, bei denen während des Redens sogar direkt auf die Informationsquelle gezeigt wird, wird für gewöhnlich nicht auf das vorangegangene Auswerten von Satellitenbildern und Wetterkarten etc. verwiesen. In Zeitungstexten bspw. werden die auf das Wetter und die Witterung bezogenen Sachverhalte als Tatsachen dargestellt, aber durch das Futur markiert:

(3) Ayer tocó frente frío y hoy tocará frente cálido, el mismo fenómeno pero con aire caliente detrás. Aunque el de esta tarde no atravesará Galicia y hasta es posible que ni siquiera la roce, su cercanía será suficiente para enviar lluvias débiles a las dos provincias del norte durante todo el día. Serán las últimas. Mañana, con el anticiclón repantingado sobre Galicia, los claros comenzarán a aparecer. Más abundantes en Pontevedra y Ourense, donde los cielos quedarán casi despejados y las temperaturas diurnas subirán a 14 grados favorecidas por la radiación solar y la ausencia de viento. Las mínimas, en cambio, serán más altas en la mitad norte (unos 10 grados) por el efecto benéfico de las nubes. (La Voz de Galicia, 29/12/2004)




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Die andere Bezeichnung für Wetterbericht – 'Wetterprognose' – erscheint gerade vor dem Hintergrund von Lyons' Worten besonders geeignet: "Futurity […] necessarily includes an element of prediction or some related notion" (Lyons 1977: 677); "reference to the future […] is generally, if not always, tinged either with uncertainty or, alternatively, with expectancy and anticipation" (Lyons 1995: 319). Dass der Gebrauch des synthetischen Futurs im oben genannten Beispiel keineswegs rein temporal sein kann, liegt auf der Hand: Es ist eine Wettervorhersage, für die der Sprecher Quellen hat, die aber auch ausgewertet werden mussten. Hat man im Durchschnitt eher gute Erfahrungen mit seinem lokalen Wetterbericht gemacht, könnte man den Gebrauch des synthetischen Futurs sogar im Bereich der Deduktion ansiedeln: aus den Wetterkarten, Satellitenbildern etc. wurden logische, intersubjektiv nachvollziehbare Ableitungen getroffen. Es gibt natürlich auch Tage (z.B. im April), an denen man den Eindruck hat, Meteorologen würden nur Vermutungen anstellen und Annahmen ausdrücken. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das synthetische Futur im Wetterbericht ein typisches Beispiel für den Überlappungsbereich von Modalität und Evidentialität darstellt. Interpretiert man Wetterprognosen generell als Deduktionen, ist die evidentielle Komponente prominenter als die modale, die eindeutig in den Hintergrund tritt. Ein weiteres Beispiel, in dem auch eine (sogar versprachlichte) Vorhersage eine Rolle spielt, ist folgendes:

(4) En esta entidad prevén que el euro siga subiendo en los próximos meses y se sitúe en torno a 1,40 dólares al final del 2005, debido a la gran deuda exterior de Estados Unidos y a que el yen (moneda japonesa) y el yuan (divisa china) mantendrán su cambio prácticamente fijo frente al dólar, con lo que será el euro el que absorba todo el ajuste del billete verde, como hasta ahora. (La Voz de Galicia, 29/12/2004)




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Abgesehen davon, dass die vermittelte Information mit prever eingeleitet wird und der Kontext verdeutlicht, dass es um das Jahr 2005 geht, obwohl die Quelle zeigt, dass es sich um eine Nachricht aus dem Jahr 2004 handelt, tritt das synthetische Futur in Interaktion mit dem Subjuntivo (absorba). Die Subjunktivformen, die preven que folgen (siga subiendo, se sitúe) sind natürlich grammatisch motiviert. Im Beispiel (5) wird será von parece que18 begleitet, was die nicht-temporale Funktion des synthetischen Futurs unterstreicht:

(5) Si en Madrid Tristán asumió la responsabilidad del gol, hoy, al menos de partida, parece que esa función será asumida por El Rifle. (La Voz de Galicia, 15/01/2004)

Außerdem ist das Eintreten des Sachverhalts an eine (Pseudo-)Bedingung gebunden: 'Wenn Tristán in Madrid die Verantwortung für das Tor übernahm, (dann)… heute'. Ob bei dem Gebrauch von parece que… será nun eher die modale oder die evidentielle Komponente in den Vordergrund rückt, ist mit Sicherheit diskussionswürdig und hängt auch vom Auge des Betrachters ab. Ein Sachverhalt gibt offensichtlich Anlass für eine induktive Ableitung; sonst würde der Sprecher nicht eine Formulierung wie 'es scheint' wählen. Demnach würde eine Inferenz vorliegen und auch wenn bei einer Inferenz beide Kategorien überlappen, wird die evidentielle Dimension als etwas prominenter eingestuft. Obwohl sin duda in der Regel in Kontexten von – zumindest geringem – Zweifel gebraucht wird (vgl. Volkmann 2005), sind die Sprecher in den folgenden Beispielen ziemlich sicher, dass der jeweilige Sachverhalt eintritt. Außerdem wurde bereits nachgewiesen, dass sin duda generell oft in Verbindung mit dem synthetischen Futur gebraucht wird (Volkmann 2005: 299) wie in den Beispielen (6) und (7):




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(6) Además, compró el 5% –que sin duda será muy pronto el 10%&8211; de la coreana Ssangyong […] (El Mundo, 01/06/1995)

(7) Robbie es un alumno aventajado, sin duda será un gran médico y podrá casarse con Cecilia, por quien siente un amor tan profundo como secreto que es correspondido. (El Cultural, 17/10/2002)

(8) El hombre mutará, no por la guerra química, sino porque va a ser interpretado. Y será así porque por la interpretación el mismo texto no es el mismo texto, sino el texto mismo. (Menassa, Norma: El porvenir de la clínica psicoanalítica, 1992)

Während sin duda será im Beispiel (6) in einem nummerischen Kontext auftritt, wobei der Sprecher seiner Schätzung aber keine intersubjektiv nachvollziehbare Begründung voran- oder nachstellt, könnte man im Beispiel (7) die Begründung für den Sachverhalt, der mit sin duda será eingeleitet wird, aus der vorangehenden Information herauslesen. Da 'Robbie ein überragender Schüler ist', muss er auch ein großartiger Arzt werden und Cecilia heiraten dürfen. Während hier also der durch sin duda será markierte Sachverhalt implizit begründet wird, findet sich im Beispiel (8) eine explizite Begründung: dem evidentiell markierten Sachverhalt folgt zusätzlich eine durch porque eingeleitete Begründung. Mit den drei oben aufgeführten Beispielen würden demnach eine Inferenz (6), eine Schlussfolgerung (7) und eine Deduktion (8) vorliegen, wobei epistemische Modalität und Evidentialität jeweils zu verschiedenen Graden überlappen: Während die evidentielle Dimension bei einer Inferenz nur leicht prominenter ist als die modale Komponente, ist letztere bei einer Deduktion entschieden kleiner. Eine Deduktion kann als fast ausschließlich evidentiell erachtet werden. Será así porque findet sich durch den hohen Grad an ausgedrückter Notwendigkeit auch insbesondere in Kontexten, in denen die zeitliche Verankerung eine Rolle spielt. Anders formuliert, auch das Kriterium der Temporalität kommt beim Gebrauch des synthetischen Futurs zum Vorschein:




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(9) […] los resultados de las próximas elecciones generales, que van a ser decisivos para la futura evolución de la situación en Cataluña. Y ello será así porque los resultados de anoche abren en Cataluña todo un abanico de posibles pactos […] (El Mundo, 20/11/1995)

(10) La vigencia de la nueva estructura de precios iniciaría mañana y el siguiente movimiento hacia arriba o abajo se decidirá el 2 de agosto. Esto será así porque la estructura de precios tiene una duración de 15 días […] (La Prensa, 17/07/1996)

Auch die folgenden Textpassagen zeigen, dass sich das synthetische Futur in stark evidentiell gefärbten Kontexten finden lässt, wie die Phrasen Todo hace suponer que (11) und Todo indica que (12) sowie die adverbiale Lokution por consiguiente (13) verdeutlichen:

(11) Todo hace suponer que ni un milagro salvará a la Planilla Blanca […] (Olivera Figueroa, Rafael: ¿Enfermera, doctora o santa?, 1991)

(12) Un grupo de 538 desconocidos dirá hoy en cada una de las capitales de los 50 estados del país la última palabra sobre quién será el 43 presidente de Estados Unidos. Todo indica que será George W. Bush, pero estos hombres pueden decidir lo contrario. (La Voz de Galicia, 18/12/2000)

(13) Resultará así más fácil demostrar que hubo un "vicio de origen" en la decisión de abrazar el sacerdocio y por consiguiente será posible llegar razonablemente a la invalidez de la ordenación. (ABC Electrónico, 28/08/1997)

In den Beispielen (11), (12) und (13) sind es also weitere, im benachbarten Bereich des synthetischen Futurs zu findende Elemente, die den Gebrauch des Futurs eher evidentiell als modal erscheinen lassen, auch wenn beide Kategorien überlappen. Es handelt sich am ehesten um Inferenzen. Für die Interpretation als Inferenzen spricht, dass die Phrasen Todo hace suponer (11) und Todo indica que (12) allein schon von der Semantik her Annahmen (suponer) bzw. Indizien (indicar) ausdrücken. Annahmen werden eigentlich als eher epistemisch (modal) interpretiert; jedoch rückt das synthetische Futur im Beispiel (11) stärker in den Bereich der Evidentialität. Mit por consiguiente im Beispiel (13) wird zwar ein logisch-kausaler Zusammenhang gekennzeichnet, jedoch liefert der Sprecher keine explizite intersubjektiv nachvollziehbare Begründung, wodurch wir keine Schlussfolgerung oder gar Deduktion vorliegen haben.




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In den nachfolgenden Textausschnitten hingegen wird der jeweils durch será und ein weiteres Ausdrucksmittel markierte Sachverhalt eher in den epistemischen Bereich gerückt. Posiblemente (14), auch wenn der Sachverhalt muy posiblemente (15) eintreten wird, tal vez (16) und quizás (17) führen insgesamt zur Abschwächung der dargestellten Informationen:

(14) […] pues Sergio Lorca ha sido nombrado director regional ejecutivo y posiblemente será el nuevo presidente ejecutivo de la central del grupo, Iniciativas de Medios […] (El Mundo, 11/11/1996)

(15) Los franceses que resisten están recibiendo gran cantidad de ayuda enviada a través de la aviación por los aliados, como una preparación a la próxima invasión aliada a Europa, que muy posiblemente será por Francia. (El Tiempo, 16/04/1994)

(16) Los inconvenientes son obvios: por una parte, esa voz gozará del privilegio de no quedar contrapesada por las demás; por otra, tal vez será difícil contextualizar de nuevo la información sin hacer un dispendio de tiempo desmesurado. (Alsius, Salvador: Catorce dudas sobre el periodismo en televisión, 1997)

(17) Pero por lo que quizás será más recordado, es por su relación con Mónica Lewinsky […] (Carutti, Eugenio: Ascendentes en Astrología. Segunda parte, 2001)

Insbesondere die Adverbien tal vez und quizás scheinen die modale Komponente beim Gebrauch des synthetischen Futurs hervorzuheben, sodass die in den Beispielen (16) und (17) beschriebenen Sachverhalte als Annahmen bezeichnet werden sollten. Abschließend sollen zwei Beispiele angeführt werden, in denen das synthetische Futur rein temporal verwendet wird:

(18) A partir de hoy, para comprar medicamentos recetados por un médico en cualquier oficina de farmacia será necesario presentar la tarjeta sanitaria, según una orden aprobada en octubre del año pasado por la Consellería de Sanidade. (La Voz de Galicia, 15/01/2004)19

(19) Marisa Paredes será los próximos tres años la imagen del cine español como presidenta de la Academia de Cine, un cargo que ayer aceptó porque ha llegado, dice, "el momento de mojarse en defensa del cine". (La Voz de Galicia, 18/12/2000)

Auch wenn immer etwas Ungewisses in der Zukunft liegt, zeigen konkrete Beispiele wie (18) und (19), dass nicht immer etwas Evidentielles bei der Verwendung des synthetischen Futurs mitschwingen muss.




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3.2 Die kognitiven Verben

Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden die Verben creer und suponer einer detaillierten Analyse unterzogen, weil auch schon Cappelli (2005, 2007) für deren englische Äquivalente believe und suppose feinsprachliche Untersuchungen durchgeführt hat. Für believe konnte sie feststellen:

[Believe] encodes an affective dimension. By using this verb, the speaker signals that he/she is ready to support his/her assertion with the strength of his/her subjective, affective commitment. The possibility for the verb to lexicalize this dimension means that, besides pointing towards the epistemic domain, it also involves evidentiality. The speaker is highly committed to the likelihood that a state of affairs is the case on the grounds of some sort of affective evidence that he/she has for it. (Cappelli 2007: 170)

Wenn man natürlich der Argumentationslinie folgt, ausschließlich den Verweis auf eine externe Quelle als evidentiell zu erachten, oder anders formuliert, den Verweis auf eine ausschließlich interne Quelle nicht als Teil von Evidentialität erachtet, ist creer als rein modal einzustufen. Dennoch muss betont werden, dass das Verb auch in eindeutig inferentiellen Kontexten gebraucht wird (siehe die Beispiele in Hennemann 2013: 279–282). Suppose wird zwar die inhärente Bedeutungskomponente der Evidentialität (Inferenz) zugesprochen, Cappellis Erläuterungen erinnern aber eher an Boyes (2006) Beschreibung einer Annahme:

[…] suppose, when used as a verb expressing the cognitive attitude of the evaluator, lexicalizes a relatively low committed epistemic evaluation that a certain state of affairs is the case, reached via an inferential process. (Cappelli 2005: 240)

Die hier angeführten Beispiele werden zeigen, dass auch suponer für verschieden starke Arten von Wissensherleitung gebraucht werden kann.

3.2.1 Creer

Die von Cappelli (2007) tabellarisch dargestellten Mikrosysteme zu den der kognitiven Verben innewohnenden Bedeutungskomponenten lassen sich auch auf creer und suponer übertragen, wobei die funktional-semantischen Kategorien je nach konkreter Verwendung des Verbs im Kontext zu unterschiedlichen Graden überlappen. Das für believe entworfene Mikrosystem (Cappelli 2007: 172) ist auch für creer repräsentativ (vgl. auch Hennemann 2012: 159), auch wenn 'affektive Evidenz' meines Erachtens eher dem modalen Bereich zugeschrieben werden sollte:




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Tab. 2: Bedeutungskomponenten von creer.

Die Beispiele (20) und (21) beinhalten Creo que, was die dargestellten Sachverhalte jeweils abschwächt, da ein durch creo (que) markierter Sachverhalt automatisch an Faktizität verliert. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass der Sprecher seiner Information einen positiven Grad an Wahrscheinlichkeit beimisst:

(20) Creo que hay que ser severos y, en ocasiones, la lenidad en la imposición de penas no nace de una concepción humanitarista […] (Si yo fuera presidente, 18/10/83, TVE 2)

(21) Creo que es una crisis política de mucha mayor envergadura y calado. (Televisión, Madrid, 14/01/92)

Bei den beiden oben angeführten Beispielen ist die modale Dimension prominenter als die evidentielle, auch wenn der Gebrauch des kognitiven Verbs nach Cappelli (2007) als affektiv-evidentiell bezeichnet werden kann. Schließlich ist davon auszugehen, dass (zumindest) der Sprecher selbst von der Darstellung des Sachverhalts überzeugt ist. Dass die Verwendung von creo que oder supongo que allein (d.h., ohne weitere im Kontext zu findende Mittel, die das Gegenteil bewirken würden) eher zu einer epistemischen Lesart führt, hat auch Cornillie (2007a) festgestellt:

[…] hedges like creo que "I think" or supongo que "I suppose" more often accompany inductive than deductive readings. These hedges […] are in turn an indication of the reduced role of inference itself, in favor of a purely epistemic reading. (Cornillie 2007a: 195)




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Was allerdings generell bei der Analyse von durch creo (que) markierte Informationen zu beachten ist, ist die Tatsache, dass es auch allein als Höflichkeitsfloskel Verwendung findet. Sprecher sind mitunter von ihrem dargestellten Sachverhalt überzeugt oder geben Informationen weiter, die sie wissen, schwächen diese aber aus Gründen der Sprecher-Hörer-Konstellation bzw. aus (gesprächstaktischen) Gründen der Höflichkeit ab (vgl. auch Aijmer 2002: 8). Diese Interpretation trifft auf die folgenden Beispiele zu, in denen Creo que z.B. von einer Rückversicherungsfrage begleitet wird:

(22) Creo que fue un poco una utopía ¿no? (Un día es un día, 05/07/90, TVE 1)

(23) Creo que va a ser muy difícil que se escape nadie, ¿no? (Estadio dos, 06/10/96, TVE 2)

(24) Creo que es Rocío Jurado, ¿no? (Radio, Madrid, 05/12/91 B)

Der Sprecher verwendet in den Beispielen (22), (23) und (24) Creo que – gerade im Zusammenhang mit ¿no? – höchstwahrscheinlich nur, um den Sachverhalt weniger bestimmt darzustellen. In irgendeiner Form abgeschwächte Informationen klingen i.d.R. höflicher. Deshalb kommt es u.U. dazu, dass Sprecher ihre eigene Unsicherheit vortäuschen. Bei dem Gebrauch von creer als Höflichkeitsstrategie ist die Diskussion um das Überlappungsverhältnis von Modalität und Evidentialität natürlich hinfällig. Ganz anders sieht es bei der Betrachtung der folgenden Textpassagen aus. Hier begründet der Sprecher sein (nicht-) Glauben des dargestellten Sachverhalts, der sich in den Beispielen (26) und (27) lediglich hinter lo verbirgt:




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(25) Es mejor ir así, creo, porque así uno se da cuenta de lo que se vive. (Tiempo, 08/10/1990)

(26) […] y yo me lo creo porque, como digo, es una persona de la que me fío, que es fraude. (Informe Semanal, 02/06/90, TVE 1)

(27) No lo creo, porque incluso en Heathrow, que está muy congestionado, todos los años se conceden nuevos permisos. (El País, 20/10/1997)

Wie auch schon im Zusammenhang mit der Verwendung des synthetischen Futurs gezeigt, rückt eine explizite Begründung (eingeleitet durch porque) die durch (no) creo markierten Sachverhalte eher in den Bereich der Evidentialität. Wir haben hier also mindestens Inferenzen, wenn nicht gar Schlussfolgerungen vorliegen.

3.2.2 Suponer

Auch das von Cappelli (2007: 224) tabellarisch dargestellte Mikrosystem für suppose lässt sich weitestgehend auf die Bedeutungskomponenten von suponer übertragen (vgl. auch Hennemann 2012: 164). 'Weitestgehend', weil suponer bereits semantisch eine Annahme ausdrückt, die im Rahmen dieser Studie eher im Bereich der Modalität angesiedelt wird:

Tab. 3: Bedeutungskomponenten von suponer.




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Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Sprecher immer 'Grund zu einer Annahme' hat, muss sich diese nicht auf Indizien oder Anzeichen stützen, wodurch sich Inferentialität auszeichnet. D.h., dass suponer nicht als 'inferentieller' als creer eingestuft wird. Die Begründung für eine Annahme kann auch rein affektiv sein, was im Rahmen dieser Studie als ein Charakteristikum der epistemisch-modalen Dimension erachtet wird.20 Vom Vorliegen eines eher modalen Gebrauchs kann i.d.R. dann ausgegangen werden, wenn der Sprecher seine Information ausschließlich (und nicht etwa noch durch zusätzliche Mittel) durch supongo que markiert (vgl. auch oben Cornillie 2007a: 195):

(28) Yo supongo que el objetivo era un producto altamente eficaz que hiciera posible lo que ya ha hecho […] (Radio, Madrid, 08/04/91)

Der Gebrauch des kognitiven Verbs rückt in den Bereich der Evidentialität, wenn es bspw. zusammen mit dem synthetischen Futur zum Ausdruck einer Inferenz gebraucht wird:

(29) Bueno, supongo que será secundaria. (Vuelta ciclista a España, 24/09/95, TVE 1)

(30) […] si pueden ganar pues supongo que ganarán. (Vuelta ciclista a España, 24/09/95, TVE 1)

(31) ¿Tú sabes lo que es el Ministerio de Hacienda? Pues, supongo que será donde se lleva la cuenta del de la economía y los impuestos. (Radio, Madrid, 13/10/91)

Im Beispiel (32) findet sich sogar eine explizite Begründung, wodurch der dargestellte Sachverhalt sogar als eine Schlussfolgerung bezeichnet werden könnte. Mit anderen W

orten, die modale Bedeutungskomponente tritt noch mehr in den Hintergrund:

(32) Entonces, se me ocurre un ejemplo un poco bestia pero que queda muy bien para ilustrarlo y es es que bueno, es como por ejemplo, hace poco, supongo que se habrá enterado todo el mundo porque es uno de los episodios más negros de la crónica negra reciente […] (La Ronda, Barcelona, 13/03/91, TVE 1)




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3.3 Die Modaladverbien

Posiblemente expresses a possibility (of a state of affairs) […]. Probablemente […], on the other hand, expresses likelihood (of a state of affairs). And likelihood of a state of affairs is more probable than possibility. So I could conclude that a probability expresses a greater possibility, and that a possibility is less probable than a probability. (Hennemann 2012: 149)

Die in den Adverbien semantisch angelegte Information über den Grad der Wahrscheinlichkeit sieht also im Vergleich wie folgt aus: probablemente > posiblemente.

(33) Probablemente la forma más sublime es la adoración. (El Diario Vasco, 11/01/2001)

(34) Posiblemente se intenta un hierro más comercial. (La Voz de la Afición, nº 19, 05/2007)

Damit gehören – so merkwürdig das auch klingen mag – tatsächlich beide Modaladverbien in den Bereich der epistemischen Modalität. In den nächsten beiden Abschnitten geht es vor allem darum, die Interaktion der Adverbien mit anderen im Kontext auftretenden sprachlichen Mitteln zu analysieren. Es wird gezeigt, dass beide Adverbien auch in evidentiellen Kontexten auftreten können und dass der Gebrauch des Subjunktivs zu einer zusätzlichen Abschwächung des dargestellten Sachverhalts führt.

3.3.1 Probablemente

Der Aussage Haverkates (2002), "probablemente [expresses] a low degree of uncertainty, which, in regard to the use of [posiblemente], is reflected by the fact that it never takes the subjunctive" (Haverkate 2002: 36), kann ich nur meine eigenen Worte entgegen halten:

Probablemente may select the subjunctive, which seems to be typical of newspaper style, and if so, it expresses a lower epistemic evaluation that a certain state of affairs is/was the case, than if the adverb were used in connection with the indicative. (Hennemann 2012: 153)

Außerdem lassen sich auch mündlich realisierte Beispiele finden, in denen probablemente mit dem Subjuntivo einhergeht. Es handelt sich also keineswegs ausschließlich um eine Besonderheit der Zeitungssprache, auch wenn probablemente + Subj. in ihr vergleichsweise häufig auftritt:

(35) Ha mencionado usted la droga y probablemente sea la ocasión de que […] (Vida y muerte en las cárceles, 05/02/87, TVE 1)

(36) Pero probablemente la ley del aborto y la lode, Ley Orgánica Reguladora del Derecho a la Educación, hayan sido los dos puntos de mayor tensión en las relaciones Iglesia y Estado en los últimos años. (Debate: ¿Cambia de rumbo la Iglesia española?, 05/03/87, TVE 1)

Bei diesen Beispielen von probablemente + Subj. handelt es sich um rein modale Verwendungen. Es kommt nicht einmal der Hauch einer Überlappung mit dem Evidentialitätsbereich zustande.




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Als besonders interessant wird die folgende Textpassage erachtet, in der der durch probablemente markierte Sachverhalt noch zusätzlich durch den Gebrauch des Subjunktivs abgeschwächt wird, der Sprecher aber seiner Annahme eine Begründung folgen lässt. Diese wiederum schwächt er durch creo que ab:

(37) Pero probablemente éste sea el partido más vistoso que puede haber esta mañana en la en la tercera división, porque yo creo que que el Majadahonda tiene futbolistas para hacerle mucho daño al Madrid. (Radio, Madrid, 08/12/91)

Im Vergleich überzeugender scheint der Einsatz von nicht abgeschwächten Begründungen, die dem Gebrauch von probablemente + Ind.Präs. folgen, wodurch das Beispiel in den Bereich der Inferenz gerückt wird, also die evidentielle Dimension prominenter scheint:

(38) "Probablemente está preocupado porque Rodríguez Zapatero merece más confianza a los españoles y le supera en todas las encuestas" […] (El Diario Vasco, 13/03/2001)

Die Beispiele (39), (40) und (41) beinhalten jeweils probablemente + Ind.Fut.:

(39) […] para ayudar a los palestinos más a largo plazo, aunque probablemente será ya después de las elecciones. (El País, 24/11/2004)

(40) […] como le dijo a su médico, "quiero ir a votar, porque probablemente será mi último voto". (El País, 06/06/1980)

(41) […] la obra de Orduña, ante todo, fue, ha sido, es y probablemente será la mejor encarnación del melodrama que ha dado el cine español. (ABC Cultural, 30/12/2002)

Die Kombination des Adverbs mit dem synthetischen Futur führt zu einem noch höheren Grad der Wahrscheinlichkeit des dargestellten Sachverhalts, was die Beispiele vom reinen Modalitätsbereich in den Bereich der Überlappung führt. Schließlich handelt es sich um Inferenzen.




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3.3.2 Posiblemente

Haverkate (2002: 36) stellt fest, dass posiblemente immer häufiger in Verbindung mit dem Subjuntivo auftritt, was besonders charakteristisch für Zeitungstexte ist. Vergleicht man überblicksartig die Anzahl der Treffer im CREA für posiblemente + es und posiblemente + sea, ohne irgendwelche Einschränkungen durch die Korpuseinstellungen vorzunehmen, kann bestätigt werden, dass die Kombination mit dem Subjunktiv fast doppelt so oft vorkommt. Für posiblemente + es werden 36 Treffer angezeigt, für das Adverb in Verbindung mit dem Subjuntivo 70 Treffer. Wie auch schon für probablemente gezeigt wurde, führt die Kombination des Modaladverbs mit dem Subjunktiv zu einer zusätzlichen Abschwächung des dargestellten Sachverhalts; d.h., der Grad der Wahrscheinlichkeit wird gemindert:

(42) Posiblemente actúe Soro, en base a su facilidad rematadora, en detrimento de Mauro o Blanco. (La Voz de Galicia, 1991)

(43) Posiblemente, sea necesario que el PNV sea derrotado democráticamente en las urnas […] (El Diario Vasco, 18/01/2001)

(44) Posiblemente sea de la rama de las vacas de Miura […] (La Voz de la Afición, nº 19, 05/2007)




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Interessant ist, dass das folgende Beispiel konzeptioneller Mündlichkeit21, in dem posiblemente + Subj. auftritt, vom Journalisten mit concluyó abgeschlossen wird. Mit anderen Worten, das vom Autoren gewählte redebegleitende Verb drückt buchstäblich eine Schlussfolgerung aus, während die Kombination aus Adverb und Subjunktiv den dargestellten Sachverhalt eindeutig abschwächt und auch den Bereich der epistemischen Modalität nicht verlässt. Schließlich stellt der Sprecher lediglich eine (schwache) Vermutung an:

(45) […] y dijo no comprender la decisión de la alcaldesa 'cuando el centro comercial va a suponer 20% de los recursos del municipio. Posiblemente se deba a que no le dimos lo que ella quería', concluyó. (El Universal, 28/06/2000)

Dass die Verbindung mit dem synthetischen Futur den 'Einzug' in den evidentiellen (inferentiellen) Bereich ermöglicht, wurde bereits im Zusammenhang mit suponer und probablemente erläutert. In den folgenden Beispielen kommt es also eindeutig zur Überlappung von epistemischer Modalität und Evidentialität, wobei die evidentielle Dimension als (zumindest etwas) prominenter erachtet wird:

(46) "Prefiero no hablar de ello, pero posiblemente será una novela. Esta es una situación que me satisface porque es lo que siempre he querido hacer". (El Mundo, 17/10/1994)

(47) Posiblemente se convertirá en un equipo difícil de batir […] (La Voz de Galicia, 1991)

(48) […] que Urbina, por ser nicaragüense, posiblemente será juzgado en Nicaragua […] (La Nación, 01/02/1997)

In den Bereich der Schlussfolgerung rücken die dargestellten Sachverhalte, wenn der durch posiblemente será markierten Information noch eine explizit verbalisierte Begründung angeschlossen wird:




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(49) […] mientras que el Gobierno de la nación está llevando una política económica basada en la privatización y en las leyes del mercado. Posiblemente será porque las empresas privatizadas se están poniendo en manos de sus amigos […] (El País, 20/09/1997)

In den Beispielen (50) und (51) findet sich das Adverb ausschließlich in Begleitung einer Begründung:

(50) De ahí que sólo Alemania interrumpe el envío de la chatarra de la antigua RDA de la que no sabe cómo desprenderse. Posiblemente porque en cierta manera tiene el problema dentro con la inmigración turca y kurda. (La Vanguardia, 30/03/1995)

(51) […] problemática de la cesión del 15% del IRPF; insistente incomprensión y ataque a Cataluña por algunos grupos políticos y medios de comunicación significativos. Posiblemente porque el hecho nacional catalán se contradice con una España primaria […] (La Vanguardia, 30/09/1994)

Die Kombination aus posiblemente + porque scheint äußerst interessant, wird die eigentliche, durch porque eingeleitete Begründung doch durch das zusätzlich verwendete Adverb abgeschwächt. Es ist also nicht der zuvor dargestellte Sachverhalt, der nur als 'möglich' dargestellt wird, sondern die angeschlossene Begründung selbst.

Die in den Adverbien probablemente und posiblemente semantisch angelegte Information über den Grad der Wahrscheinlichkeit kann also bei deren konkretem Gebrauch durch die Interaktion mit anderen Ausdrucksmitteln verändert werden. Der durch das eigentlich 'wahrscheinlichere' probablemente markierte Sachverhalt wird durch die Verwendung mit dem Subjuntivo abgeschwächt, wohingegen der durch posiblemente markierte Sachverhalt bspw. durch die Begleitung des synthetischen Futurs in seiner Möglichkeit verstärkt wird. Demnach können sich durch die kontextuelle Begleitung die Bedeutungen der Adverbien einander annähern: probablemente + Subj. ≙ posiblemente + Ind.Fut.




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4 Schlussfolgerung (oder Inferenz oder Deduktion oder Annahme) und Ausblick

Der vorliegende Beitrag hat das Ziel verfolgt, anhand authentischer Sprachdaten aus dem Spanischen die verschiedenen Überlappungsgrade von epistemischer Modalität und Evidentialität aufzuzeigen. Die Tatsache, dass beide funktional-semantische Kategorien sich überschneiden können, ist keine neue Erkenntnis und bildete – ganz im Gegenteil – den Ausgangspunkt für die durchgeführte Studie. Hier wurde gezeigt, zu welchen Anteilen epistemische Modalität und Evidentialität überlappen. In diesem Zusammenhang wurde bei der Analyse des Gebrauchs von Modaladverbien, kognitiven Verben und des synthetischen Futurs zwischen verschiedenen Arten der Wissensherleitung unterschieden, zwischen der Annahme, der Inferenz, der Schlussfolgerung und der Deduktion. Bei der Zuordnung der Beispiele wurde insbesondere die Interaktion der untersuchten Ausdrucksmittel mit zusätzlichen, im näheren Kontext auftretenden sprachlichen Elementen hervorgehoben. Dadurch konnte bspw. verdeutlicht werden, dass eher im modalen Bereich anzusiedelnde kognitive Verben wie creer und suponer durch die Interaktion mit anderen sprachlichen Mitteln auch zum Ausdruck von verschiedenen Arten von Wissensherleitungen gebraucht werden. Außerdem wurde gezeigt, dass probablemente und posiblemente nicht immer nur rein epistemisch-modal gebraucht werden, sondern durch die Verbindung mit dem inferentiellen Futur in den Bereich der Inferenz rücken können. Wie die Beispiele gezeigt haben, ist auch das synthetische Futur selbst in der Lage, verschieden starke Wissensherleitungen auszudrücken, wodurch der Grad der Überlappung von Modalität und Evidentialität jeweils unterschiedlich ausfällt. Während bei einer Annahme die modale Komponente überwiegt, ist eine Deduktion als (fast?) ausschließlich evidentiell zu erachten. Die beiden anderen Arten der Wissensherleitung würden sich auf einer Skala zwischen Annahme und Deduktion einordnen:

Abb. 1: Von der Annahme zur Deduktion oder von der epistemischen Modalität zur Evidentialität.




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Annahmen fallen in den Bereich der Modalität, auch wenn der Sprecher einen 'Grund zur Annahme' hat. Da ein Grund zur Annahme aber auch rein intuitiv begründet sein kann, werden Ausdrucksmittel, die Annahmen ausdrücken, eher nicht als evidentiell erachtet, auch wenn es Studien gibt, die von affektiver Evidenz ausgehen (vgl. Cappelli 2007). Dies berücksichtigt die Abbildung 2. Zu sprachlichen Mitteln, die Annahmen ausdrücken, zählen bspw. die hier untersuchten kognitiven Verben creer und suponer sowie die Modaladverbien posiblemente und probablemente – vorausgesetzt, diese Ausdrucksmittel stehen nicht in Interaktion mit anderen sprachlichen Elementen im näheren Kontext.

Inferenzen fallen eher in den Bereich der Evidentialität, auch wenn die epistemisch-modale Komponente bei einem Ausdruck von Inferenz ebenfalls sehr prominent ist (siehe Abbildung 2). Schließlich findet der kognitive Prozess der Inferenz im Sprecher statt, der aufgrund von Anzeichen / Indizien einen Sachverhalt ableitet und diesen versprachlicht. Sprachliche Mittel, die Inferenzen ausdrücken – wie das synthetische Futur, sofern es nicht ausschließlich temporal gebraucht wird – können durch die Interaktion mit anderen sprachlichen Elementen auch zum Ausdruck von Schlussfolgerungen oder Deduktionen verwendet werden. Genauso kann der durch das synthetische Futur markierte Sachverhalt abgeschwächt werden, wenn er bspw. zusätzlich mit quizás oder tal vez einhergeht.

Schlussfolgerungen liegen dann vor, wenn diese auf bereits bestehendem Wissen des Sprechers basieren (siehe auch Volkmann 2005: 105). Hierzu gehören auch Erfahrungen, die als Wissen abgespeichert werden. Schlussfolgerungen unterscheiden sich in der Hinsicht von Deduktionen, als dass letztere logisch bzw. intersubjektiv nachvollziehbar sein sollten. Sowohl Schlussfolgerungen als auch Deduktionen werden i.d.R. von explizit verbalisierten Begründungen, die bspw. von porque eingeleitet werden, begleitet, und fallen eindeutig eher in den Bereich der Evidentialität. Bei der Deduktion tritt die epistemisch-modale Dimension noch mehr in den Hintergrund als bei der Schlussfolgerung.




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Im Einzelnen könnten die verschiedenen Überlappungsverhältnisse beider funktional-semantischer Kategorien wie folgt dargestellt werden:

Abb. 2: Die unterschiedlichen Grade der Überlappung von epistemischer Modalität und Evidentialität beim Ausdruck der verschiedenen Arten der Wissensherleitungen.

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Anmerkungen

* Ich danke einerseits Paul Gévaudan, der mich zu einem Artikel für PhiN eingeladen hat und andererseits Christoph Bürgel für die Idee, mich explizit mit dieser Thematik – mit den verschiedenen Arten von Wissensherleitung – zu befassen.

1 Vgl. auch Gévaudan (2010: 55), der Modalität als „rein inhaltliche Kategorie“ auffasst.

2 Ein zusätzliches Problem in Ballys Ansatz ist, „dass Modalität nicht nur als Einstellung des 'sprechenden Subjekts' (sujet parlant) konzipiert wird, sondern auch als Einstellung 'anderer Subjekte' […]. Diese anderen Subjekte sind 'grammatische' bzw. 'semantische Subjekte', d.h., genau genommen, deren Referenten […]“ (Gévaudan 2010: 34).

3 Natürlich kann Modalität auch auf phonologischer Ebene realisiert werden: durch den Ausdruck der Sprechereinstellung anhand von Intonation.

4 Konstruiertes Beispiel in Bezug zum authentischen Beispiel (2).

5 Zum modalen und evidentiellen Gebrauch kognitiver Verben im Spanischen siehe auch Hennemann (2012).

6 Der Begriff der Perspektivierung in Bezug auf Evidentialität bzw. benachbarte Bereiche (wie oben in Bezug auf die Modalität; Gévaudan 2010: 57) wurde bereits von Mayer (1990), Mushin (2001: 190), Tátrai/Csontos (2009) auf Englisch, von Diewald (1999: 211) auf Deutsch, von Wachtmeister Bermúdez (2005: 28) auf Spanisch und in leicht abgewandelter Form von Haßler (2010a: 225; auch 2011: 3) verwendet. Dennoch wurde der Begriff der Perspektivierung noch nicht auf andere Kategorien – außer Evidentialität und Modalität – bezogen. Außerdem hat der Perspektivierungsbegriff bis jetzt nicht als Bezeichnung für eine übergeordnete Kategorie gedient.




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7 Z.B. Tariana (Aikhenvald 2003) und Tuyuca (Barnes 1984) bzw. vgl. auch Foley (1986).

8 Vgl. hierzu auch: Wachtmeister Bermúdez (2004: 8), de Haan (1999, 2001a) und Volkmann (2005: 90–95).

9 Siehe auch die Ausführungen Comries (2000: 2) zum Türkischen und den iranischen Sprachen sowie McLendons (2003: 101–113) Studie zum Eastern Pomo.

10 Wenn im Folgenden von inferentiellen Ausdrucksmitteln oder Inferenz im Allgemeinen die Rede ist, dann sind damit auch die anderen Arten von Wissensherleitung gemeint. Da sich die anglo-amerikanische Literatur hauptsächlich mit dem 'Problem der Inferenz' (inference) auseinandersetzt, wird der Begriff hier im Zusammenhang mit der Zuordnungsfrage in Analogie übernommen.

11 Dies wiederum entspricht den verschiedenen Arten der Wissensherleitung.

12 Auch Squartini (2001: 297–298) setzt sich mit dem 'Zuordnungsproblem' der Inferenz auseinander, indem er auf van der Auweras / Plungians (1998) Ausführungen Bezug nimmt.

13 Diewald / Smirnova (2010: 92) „assume that the sub-domains of epistemic necessity and inferential evidentiality can and must be distinguished“, weil a) nicht jede inferentielle Aussage auch eine epistemische Modalisierung ausdrückt und weil b) nicht jede Äußerung, die eine epistemische Notwendigkeit ausgedrückt, ein Resultat eines Inferenzprozesses ist (vgl. Diewald / Smirnova 2010: 92). Meiner Meinung nach sollte aber lediglich die automatisch angenommene Korrelation zwischen Inferenz und Notwendigkeit / Sicherheit (wie von van der Auwera / Plungian 1998 postuliert) abgelehnt werden, nicht der Überlappungsbereich von Modalität und Evidentialität bei dem Ausdruck einer Schlussfolgerung / Inferenz / Annahme / Deduktion im Allgemeinen.




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14 Zum synthetischen Futur unter modalen und evidentiellen Gesichtspunkten in einer romanischen oder in mehreren romanischen Sprachen siehe bspw. Haßler (1997: 42; 1998: 176), Squartini (2001, 2008), Wachtmeister Bermúdez (2004), Volkmann (2005: 287), Pietrandrea (2005, 2007), Dendale / Van Bogaert (2007), Giacalone Ramat / Topadze (2007: 40, 25) oder Hennemann (2013: 381–403; 2014: 15–18).

15 Zum Gebrauch kognitiver Verben im Allgemeinen und der englischen Äquivalente zu creer und suponer siehe Cappelli (2007). Zu creer im Speziellen siehe Hennemann (2012: 157–159; 2013: 279–282); zu suponer vgl. Hennemann (2012: 163–166; 2013: 307–309).

16 Zum Gebrauch des Adverbs probablemente vgl. Hennemann (2012: 151–153; 2013: 266–270) und zu posiblemente siehe Hennemann (2012: 149–151; 2013: 261–266). Vgl. außerdem Haverkate (2002: 36).

17 Siehe auch Helin (2004).

18 Zum Gebrauch von parecer (según parece, al parecer, me parece und por lo que parece) siehe Cornillie (2007a, 2007b).

19 Ich danke Paul Gévaudan für den Hinweis, dass das Futur im Beispiel (18) auch an eine deontische Notwendigkeit gebunden sein könnte.

20 Wie bereits oben dargestellt, gibt es für Cappelli (2007) aber auch affektive Evidenz.

21 Begriff der konzeptionellen Mündlichkeit in Anlehnung an Koch / Oesterreicher (1994); vgl. auch Söll (1980).