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Susanne Wegener (München)



"Question Authority?"
Autor(ität) und Rezeptionssteuerung in Truman Capotes In Cold Blood



"Question Authority?"
Author(ity) and Reader Response Control in Truman Capote's In Cold Blood

Against the background of a changed understanding of the concepts of authority and authorship that developed in the course of a general questioning of received paradigms during the 1960s, the article aims to highlight the gap between Truman Capote's claim to utmost authorial reserve in his nonfiction novel In Cold Blood and his control and manipulation of readers' perceptions despite the novel's alleged "impeccable factuality" and Capote's avoidance of a marked authorial presence. The analysis focuses on Capote's public commentary on the novel as well as his ingenious use of narrative technique within the text.



1 Einleitung: Question Authority!

Die 1960er Jahre waren in den USA eine Zeit heftiger politischer und sozialer Unruhe, in der Ereignisse wie der Vietnamkrieg und die Morde an John F. Kennedy, seinem Bruder Robert und Martin Luther King ein Klima von Angst und Verunsicherung erzeugten.

Kritische Auseinandersetzung prägte die Dekade: "The 1960s [...] showed little, if any respect for established traditions, values and conventions." (Tonn 1994: 198). Vor allem jüngere Amerikaner begannen, die dominante Kultur und ihre Werte in Frage zu stellen. "Question Authority!" wurde der Schlachtruf, mit dem die Counterculture-Bewegung dem Establishment den Krieg erklärte und einen nachhaltig wirksamen, kulturellen Paradigmenwechsel einleitete.

Das dramatische Aufbrechen verkrusteter Strukturen forderte auch Künstler und Schriftsteller zu innovativen Entwicklungen heraus: "[...] they became field workers out to explore the upheavals, transformations, oddities and hitherto unrecognized areas of contemporary American life." (Tonn 1994: 198)




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Journalisten und Schriftsteller suchten durch Verquickung journalistischer und literarischer Techniken nach neuen Formen, die geeignet waren, die atemberaubenden Ereignisse der Dekade angemessen zu repräsentieren und gleichzeitig die Bedürfnisse eines Publikums zu bedienen, das Horst Tonn als "obsessed with technique, hagridden by Facts, in love with information" beschreibt (Tonn 1994: 198). So entstanden Mischformen, die sich factual fiction, nonfiction literature, faction oder journalit nannten, und mit ihnen entwickelte sich die Forderung nach einem veränderten Selbstverständnis der Autoren, wie es John Hollowell zusammenfasst: "[N]ovelists who have temporarily turned away from fiction have created documentary forms and varieties of public testimony in which the writer is placed in the role of witness to the moral dilemmas of our times." (Hollowell 1977: 15)

Die eher bescheidene Definition des Autors als Zeitzeuge impliziert die Absage an das romantische Ideal vom Autor als dem genialen Schöpfer "hoher Kunst". In diesem Sinne entfaltet der Slogan "Question Authority", übertragen auf das Gebiet der Literatur, eine weitere Bedeutungsebene, die aus der semantischen Nähe der Begriffe Autor und Autorität entsteht. So gelesen wird "Question Authority" zur Aufforderung, die literarische und kulturelle Autorität des Autors als Produzent von Wahrheit und Bedeutung in Frage zu stellen.

Dies tut auch Michel Foucault, wenn er kritisiert "dass 'literarische' Diskurse [...] nur noch rezipiert werden, wenn sie mit der Autor-Funktion ausgestattet sind."(Foucault 2003 : 247) Diese "Autor-Funktion" definiert er in Die Ordnung des Diskurses so:

[Aber] ich denke, daß [...] das Individuum, das sich daranmacht, einen Text zu schreiben, aus dem vielleicht ein Werk wird, die Funktion des Autors in Anspruch nimmt. Was es schreibt und was es nicht schreibt, was es entwirft, und sei es nur eine flüchtige Skizze, was es an banalen Äußerungen fallen lässt – dieses ganze differenzierte Spiel ist in der Autor-Funktion vorgeschrieben, die es von seiner Epoche übernimmt oder die es seinerseits modifiziert. (Foucault 1974: 21)

Wenn auch die Auseinandersetzung mit der Rolle des Autors im Amerika der sechziger Jahre pragmatischer wirkt als die kritischen Reflektionen zur Autorposition in den Texten poststrukturalistischer Philosophen wie Michel Foucault, zeichnet sich doch die zentrale Frage nach dem Verhältnis des Autors zum dominanten Diskurs als Gemeinsamkeit ab.

Mit ihrer Neudefinition der Autorenrolle lenken die hybriden Formen der nonfiction literature Aufmerksamkeit auf die komplexen moralischen Implikationen des Autorenbegriffs und damit auf die Frage, ob der Autor als Zeitzeuge nicht dennoch, auf Grund der Macht, die der "Autor-Funktion" innewohnt, Gestalter und Urheber der Diskurse seiner Kultur bleibt.




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Ziel der folgenden Analyse und Diskussion es, die Ambivalenz der Autorposition, die in Truman Capotes nonfiction novel In Cold Blood deutlich spürbar ist, zu untersuchen. Verstärkt wird diese Ambivalenz durch paratextuelle Erklärungen Capotes, die im Widerspruch zu der im Text nachweisbaren literarischen Strategie zu stehen scheinen. Diese Kommentare und ihre diskursive Funktion sollen im zweiten Kapitel unter der Überschrift "Without ever appearing myself" betrachtet werden. Das dritte Kapitel mit dem Titel "Narration als Panopticon" befasst sich mit der Analyse von Capotes Erzähltechnik, wobei die Untersuchung von Fokalisierung und Stimme der Erzählinstanz den Schwerpunkt bildet.


2 "Without ever appearing myself": Rezeptionssteuerung durch Autorität und Paratext

Dass Truman Capote die "Autor-Funktion" und die diskursive Autorität, die Foucault mit ihr verknüpft sah, als wenig problematisch erlebte und seine auktoriale Macht sogar genoss, zeigt die Souveränität, mit der Capote sich bei der Vermarktung seines "Tatsachenromans" In Cold Blood die Spielregeln des Literaturbetriebes zunutze machte. Als er den Roman 1966 nach jahrelanger Recherche und Schreibarbeit veröffentlichte, machten die enormen Verkaufszahlen schon nach kurzer Zeit deutlich, dass er in mehrfacher Hinsicht den Nerv der Zeit getroffen hatte. Neben der Instinktsicherheit, mit der er aus einer Fülle an Nachrichten gerade einen Artikel der New York Times als Ausgangspunkt seiner minutiösen journalistischen Recherche ausgewählt hatte, der vom alarmierenden Auftauchen eines unbestimmten, erratischen "Bösen" in einem ländlichen, uramerikanischen Kleinstadtidyll berichtete, waren es vor allem Capotes eigene, vollmundige Kommentare, die seinem Roman Publicity und hohe Auflagenzahlen verschafften. Sein Status als schillerndes Mitglied der New Yorker Society, wie er auch in Bennett Millers gerade erschienenem Film Capote zum Ausdruck kommt, gab dem Autor Gelegenheit, sein Buch mit werbewirksamen Äußerungen in der Öffentlichkeit zu lancieren, die überwiegend dessen genre-innovative Grenzüberschreitung betonten:"I have single-handedly created a new literary genre that is the envy both of novelists and reporters. They can equal neither my impeccable factuality nor the narrative skill with which I tell my story." (zitiert in Hollowell 1977: 60)

Es ist das "Pathos der Avantgarden" (Ralf Konersmann in Foucault 1974: 69), das in dieser und ähnlichen Aussagen mitschwingt, in denen Capote sich brüstete, das neue, hybride Genre nonfiction novel geschaffen zu haben – und so nicht nur machtvoller Mitgestalter eines Diskurses, sondern noch mächtigerer Diskursivitätsbegründer zu sein – es ist also das öffentliche Zelebrieren des Gefühls der eigenen diskursiven Macht, das in eigentümlicher Spannung zu Capotes narrativer Strategie zu stehen scheint.




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Die Fülle grundsätzlicher Kommentare zu den Gesetzmäßigkeiten seiner nonfiction novel bestätigt den Eindruck, dass es Capote um Macht in Form von Kontrolle über den Diskurs geht. Michel Foucault nennt Kommentar und Autor die beiden zentralen Prinzipien der "Verknappung des Diskurses", darauf ausgerichtet, den Zufall des Diskurses zu bannen:

Um den Zufall des Diskurses in Grenzen zu halten, setzt der Kommentar das Spiel der Identität in der Form der Wiederholung und des Selben ein. Das Spiel der Identität, mit dem das Prinzip des Autors denselben Zufall einschränkt, hat die Form der Individualität und des Ich. (Foucault 1974: 22)

Eine solche Zufallsbeschränkung durch zahlreiche Kommentare – die Ausdruck und Wiederholung des in irgendeiner Form im Text schon Gesagten sind –, läuft letztlich auf die Suggestion bestimmter Lesarten des Textes und damit auf eine Art paratextueller Rezeptionssteuerung hinaus. Wie sehr die Verknüpfung von Text und Paratext im Kommentar das "Spiel der Identität" des Autors innerhalb eines Diskurses und damit auch die Rezeption seines Textes bestimmt, macht das folgende Capote-statement deutlich:

My feeling is that for the nonfiction novel to be entirely successful, the author should not appear in the work. Ideally. Once the narrator does appear, he has to appear throughout, all the way down the line, and the I–I–I intrudes when it really shouldn't. I think the single most difficult thing in my book, technically, was to write it without ever appearing myself, and yet at the same time, create total credibility. (Capote zitiert in Tonn 1996: 234)

Hier grenzt sich Capote von anderen Autoren des literarisch-journalistischen Diskurses der nonfiction literature ab, ohne explizit auf diese Bezug zu nehmen. Seine Entscheidung gegen eine identifizierbare Erzählerfigur ist auch eine Entscheidung gegen die dezidiert und erkennbar subjektive Erzählhaltung, die etwa Tom Wolfe für den New Journalism gefordert hatte (vgl. Hollowell 1977: 22). Doch was Capote hier als eine Besonderheit und neue Konvention des angeblich von ihm gegründeten Genres darstellt, ist nichts anderes, als die traditionelle Erzähltechnik des realistischen Romans (vgl. Cohn 1999: 29). Dabei bemüht er sich implizit um Abgrenzung von "herkömmlichen" Texten, die ihre Glaubwürdigkeit aus der diskursiven Macht der "Funktion Autor" beziehen. Paradoxerweise ist es gerade dieses "I – I – I", um dessen Vermeidung er sich in In Cold Blood so geschickt bemüht (auf welche Weise wird im Folgenden noch zu zeigen sein), das er hier im paratextuellen Kommentar verschwenderisch einsetzt, um seine Autorenmacht im kulturellen Diskurs zu konsolidieren und mit ihrer Hilfe seinem Roman zusätzliche Autorität zu verleihen.

Capotes irritierende Verwirrung der Begriffe "Autor" und "Erzähler" in dem oben zitierten Kommentar zeigt, wie sehr der dokumentarische Anspruch der nonfiction literature eine klare Abgrenzung der beiden Konzepte erschwert.




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Dennoch wird in diesem Kommentar deutlich, dass es Capote darauf ankommt, jeden Eindruck narrativer Subjektivität in In Cold Blood zu vermeiden. Die öffentliche Zurschaustellung der eigenen Person als mächtiges Autorsubjekt einerseits und die Betonung erzählerischer Zurückhaltung zugunsten dokumentarischer Objektivität andererseits lenken die Aufmerksamkeit auf eine Ambivalenz des Textes, die weit subtiler und aufschlussreicher erscheint als die vieldiskutierte Ambiguität, die der Roman aus der angeblichen Uneindeutigkeit seiner Genrezugehörigkeit bezieht.

Bereits der Untertitel A True Account of a Multiple Murder and its Consequences transportiert diese Ambivalenz, denn er enthält nicht nur den ästhetisch konventionalisierten Topos des Wahrheitsanspruches, er klingt darüber hinaus "resoundingly archaic" (Sauerberg 1991: 20) und drückt durch seine stilistische Nähe zum Titel einer Moritat – einer von fahrenden Bänkelsängern des 17. und 18. Jahrhunderts vorgetragenen, häufig parodistischen Erzählung – ein Versprechen auf eine moralische Bewertung und Stellungnahme durch den Text aus, das durch die parodistische Konnotation jedoch gleichzeitig ironisch gebrochen wird. Dies ist ein paratextuelles Signal, aber auch innerhalb des Textes finden sich zahlreiche Doppelcodierungen dieser Art, die in ihrer Widersprüchlichkeit die Identifizierung einer Autorposition oder Werkinstanz in In Cold Blood erschweren. Im gesamten Roman scheint die hier angekündigte – und im selben Augenblick ironisierend in Frage gestellte – moralische Positionierung, an der etwa eine gesellschaftskritische Deutung des Textes eindeutig festzumachen wäre, zu oszillieren.

In ähnlicher Weise wie die öffentlichen Kommentare und der Untertitel dienen auch die "Acknowledgements", die Capote seinem Roman vorangestellt hat, dazu, eine bestimmte Wahrnehmung und Lesart des Textes zu provozieren. Im Schutz der literarischen Konvention der Danksagung erlaubt er sich – auch hier bei ungehemmter Verwendung des im Text so bewusst vermiedenen "I – I – I" – die eigene akribisch-genaue Recherche zu betonen und sie durch Signalwörter zu beglaubigen, die Seriosität und Exaktheit suggerieren, wie etwa "official records" oder "result" (ICB: "Acknowledgements"). Diese noch vage Anspielung auf die Beglaubigung durch die Macht staatlicher Institutionen und wissenschaftlicher Diskurse nimmt am Ende der Danksagung konkretere Formen an. Hier zählt Capote die Personen auf, deren Beiträge zu seiner Arbeit "very specific" waren, und mit ihnen die zentralen Institutionen und Wissensformationen, die sie repräsentieren. Vertreter von Polizei und Strafvollzug werden hier als Experten ebenso genannt, wie der Präsident einer Universität, ein Jurist und ein Journalist. Unter dem Vorwand der Danksagung gelingt es Capote, durch diese beeindruckende Aufzählung von Repräsentanten institutioneller und diskursiver Macht, die eigene Autorität gleichsam anzureichern und seinem Text die Autorität der Be-Deutung und des Normativen zu verleihen, deren Sichtbarkeit im Text er unter allen Umständen vermeidet.




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In seinem Aufsatz "Autor und Täter", einer der wenigen Untersuchungen, die In Cold Blood nicht in erster Linie unter dem Genreaspekt betrachten, spricht Horst Tonn von Capotes objektivierender Darstellung und stellt fest:

Weder Opfer noch Täter werden auf eine Weise behandelt, die man als gezielte Lesersteuerung deuten könnte. [...] Die zentralen Fragen von Schuld, Verantwortung und Strafe, die vor Gericht und in der Presse hinreichend leicht zu beantworten sind, erlangen vor dem Hintergrund der düsteren Biographien beider Täter und ihrer daraus resultierenden psychopathologischen Eigenschaften einen Grad an Komplexität, der die Grenzen zwischen Täter und Opfer zunehmend fragiler erscheinen lässt. (Tonn 1996: 234, 235)

Dass die so entstehende moralische Ambivalenz, die durch das Verschwinden der Autorposition hinter einer bewusst anonym gehaltenen Erzählinstanz begünstigt wird, Objektivität nur "in einem engeren Sinne" erzeugt, gesteht auch Tonn ein (vgl. Tonn 1996: 234). Dass In Cold Blood nicht einmal "im engeren Sinne" objektiv ist, sondern Lesersteuerung gerade hinter der Pose der Objektivität und des dokumentarischen Anspruchs auf sehr subtile Weise stattfindet, soll im folgenden Kapitel gezeigt werden. Ein wichtiger Aspekt wird dabei der Wahrnehmungsstandort des Erzählers sein, der auf ein Erzählmedium reduziert und als Figur nicht greifbar ist und dessen willkürliche Omnipräsenz und anonymer Blick nicht zufällig an eine Überwachungskamera erinnern. In Verbindung gebracht mit dem Konzept des Panoptismus, das Michel Foucault als eines der zentralen Überwachungs- und Kontrollinstrumente der Disziplinargesellschaft beschrieben hat, kann die genauere Betrachtung dieses narrativen Verfahrens und seiner Funktion dazu beitragen, die Frage nach der Autorposition (und ihrem Verhältnis zum dominanten Diskurs) in Capotes Roman eindeutiger zu beantworten (vgl. Cohn 1999).1


3 Narration als Panopticon: Narrative Rezeptionssteuerung und die Fiktion der Übersichtlichkeit

1975 prägte Michel Foucault in Überwachen und Strafen den Begriff des Panoptismus, der "mit seiner Schaffung eines bewussten und permanenten Sichtbarkeitszustandes" (Foucault 1976: 257) die entscheidende Voraussetzung zur Konstitution des bürgerlichen Subjektes bildet. Abgeleitet wurde der Begriff vom Konzept des Panopticons, einem Architekturmodell, das der utilitaristische Sozialphilosoph und Jurist Jeremy Bentham 1787 zur Perfektionierung der Kontrolle von Gefangenen im Strafvollzug entworfen hatte. Durch die ringförmige Anordnung von Gefängniszellen um einen Überwachungsturm, der sich in der Mitte des Gebäudes befindet, wird die permanente Überwachung der Gefangenen durch Aufseher ermöglicht, die ihrerseits für die Gefangenen unsichtbar bleiben:




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Das Panopticon ist eine Maschine zur Scheidung des Paares Sehen / Gesehenwerden: im Außenring wird man vollständig gesehen, ohne jemals zu sehen; im Zentralturm sieht man alles, ohne je gesehen zu werden. (Foucault 1976 : 259).

Foucault erkennt in Benthams architektonischer Konstruktion die Verkörperung des Prinzips einer anonymisierten Überwachung, eine "wundersame Maschine", die "Macht automatisiert und entindividualisiert" (Foucault 1976: 260) und längst nicht nur in geschlossenen Institutionen wirksam ist. Er warnt davor, das Panopticon auf die Utopie eines wissenschaftlichen Gefängnisses zu reduzieren, es als "Traumgebäude" misszuverstehen und betont:

[e]s ist das Diagramm eines auf seine ideale Form reduzierten Machtmechanismus; sein Funktionieren, das von jedem Hemmnis, von jedem Widerstand und jeder Reibung abstrahiert, kann zwar als rein architektonisches und optisches System vorgestellt werden: tatsächlich ist es ein Gestalt politischer Technologie, die man von ihrer spezifischen Verwendung ablösen kann und muß. (Foucault 1976: 264)

Das Panopticon wird so zur Metapher für die kontrollierende Präsenz einer gesichtslosen Macht, die längst alle Lebensbereiche der liberalen, bürgerlichen Gesellschaft bis in die Gedanken- und Gefühlswelt der Individuen hinein durchdringt.

Sowohl die Anonymität als auch die allgegenwärtige Macht eines Blicks, der – wo es dem Autor notwendig erscheint – bis ins Innere seiner Protagonisten dringt, sind Merkmale die Truman Capotes Erzähltechnik in In Cold Blood mit dem Panopticon vergleichbar machen. Diese Erzähltechnik kreiert einen narrativen Raum als panoptisches Schema, sie suggeriert die Existenz von "Raumeinheiten, die es ermöglichen, ohne Unterlass zu sehen und zugleich zu erkennen" (Foucault 1976: 257), wie sie das Panopticon bietet. Und es ist diese Erzähltechnik, mit der es Capote gelingt, in seiner nonfiction novel die Fiktion totaler Übersichtlichkeit und Kontrolle zu erzeugen.

Zum Teil geschieht dies durch Auswahl und Arrangement der durch die Recherche gewonnenen Fakten, das emplotment, das durch willkürliches Nebeneinandersetzen kontrastierender Szenen, die sich an ganz unterschiedlichen Schauplätzen des narrativen Raums abspielen, die Illusion einer geordneten und damit kontrollierbaren Struktur hervorruft. Robert A. Smart weist auf den entscheidenden Kontrast zwischen dieser betont kontrollierten Form und dem so beschriebenen Verbrechen hin: "He supplies the symmetry and form which the murders themselves lacked at the time." (Smart 1985: 80) Hier deutet sich an, dass die Fiktion von Kontrolle und Übersichtlichkeit in der Beschreibung einer in ihrer Grausamkeit und aleatorischen Beliebigkeit zutiefst antisozialen Kriminalität dem tiefen Wunsch eines bürgerlichen Publikums nach Wiederherstellung einer Sicherheit bietenden Ordnung entspricht.




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Gleichzeitig wirkt der schnelle Szenenwechsel mit seinen oft harten Schnitten wie ein Zugeständnis an filmische Prinzipien, ein Rückgriff auf die Technik anderer, elektronischer Medien, wie etwa des Massenmediums Fernsehen, das der Literatur gerade in den sechziger Jahren zunehmend Konkurrenz macht.

Neben dem emplotment ist es vor allem ein heterodiegetischer Erzähler, der die Fiktion der Übersichtlichkeit hervorruft. Heterodiegetisch ist – nach einer Definition Gerard Genettes – ein Erzähler, der keine Figur der erzählten Welt ist (vgl. Genette 1994: 132). In Capotes Roman bleibt die Identität dieses Erzählers anonym; es handelt sich eher um eine Erzähl-instanz, die nur durch ihre Macht der variablen Fokalisierung näher charakterisiert wird. Das bedeutet, dass der narrativen Instanz ein breites Spektrum an Blickwinkeln zur Verfügung steht, die sie je nach gewünschtem Rezeptionseffekt einsetzen kann. Übertragen auf das Modell des Panopticons, nimmt die Erzählinstanz die Position des anonymen (weil unsichtbaren) Aufsehers im Zentralturm ein. Bei völligem Verzicht auf explizite Erzählerkommentare lenkt allein die Auswahl und Montage der Bilder, die die variable Fokalisierung produziert, die Wahrnehmung des Lesers und suggeriert durch ihren Blick auf äußere Ereignisse und ihren gleichzeitigen Einblick in das innere Erleben der Protagonisten den Eindruck einer Art Supervision durch eine übergeordnete Macht. So entsteht, was Horst Tonn Capotes "detached style" nennt (Tonn 1994: 204), eine Illusion von Objektivität der Darstellung, hinter der die tatsächlich stattfindende Rezeptionssteuerung nur schwer zu erkennen ist.

Hinsichtlich des dokumentarischen Anspruchs, den Capote für seine nonfiction novel erhebt, ist die interne Fokalisierung, also der Zugang des Erzählmediums zur Subjektivität der Figuren, entlarvend, denn "[...] it is in the nature of fiction to enable this type of unnatural discourse; or, to put it in another way, that fiction is recognizable as fiction only if and when it actualizes its focalizing potential. (Cohn 1999: 25)

Dass die interne Fokalisierung als das Stilmittel der Fiktionalisierung gilt, unterstreicht zusätzlich die wichtige bedeutungsstiftende Funktion, die sie in einem Text hat, der "impeccable factuality" für sich in Anspruch nimmt. Es stellt sich die Frage, ob das Erzählmedium durch das "Eintauchen" in den subjektiven Wahrnehmungshorizont einer Figur (wie es bei der internen Fokalisierung geschieht) mit dem "objektiven" Blick auch die autoritäre Rezeptionslenkung aufgibt und welche Bedeutung andere narrative Faktoren wie Modus und Stimme im Zusammenspiel mit der Fokalisierung haben.

Dieses Zusammenspiel von Fokalisierung, Modus und Stimme soll im Folgenden untersucht werden, um Hinweise auf eine ideologische Standortbestimmung der angeblich objektiven Erzählinstanz in Capotes Roman zu sammeln.




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Es wird zu zeigen sein, wie der panoptische Supervisionsblick der Erzählinstanz in In Cold Blood Bilder von unterschiedlicher Schärfe, Färbung und Differenzierung hervorbringt, um so in der Wahrnehmung des Lesers zu erzeugen, was Robert A. Smart als "unified meaning" bezeichnet (Smart 1985: 78).


3.1 Paradise Blurred: Ein mythischer Ort

Das Bild, das Capote im ersten Absatz des Romans von der Landschaft entwirft, in der der Tatort der spektakulären Cluttermorde liegt, wirkt unscharf und seltsam stereotyp:

The village of Holcomb stands on the the high wheat plains of western Kansas, a lonesome area that other Kansans call 'out there'. Some seventy miles east of the Colorado border, the countryside, with its hard blue skies and desertclear air, has an atmosphere that is rather more Far West than Middle West. The local accent is barbed with a prairie twang, a ranch-hand nasalness, and the men, many of them, wear narrow frontier trousers, Stetsons, and highheeled boots with pointed toes. The land is flat, and the views are awesomely extensive; horses, herds of cattle, a white cluster of grain elevators rising as gracefully as Greek temples are visible long before a traveller reaches them. (ICB: 1)

Dies liest sich kaum wie die topographische Beschreibung eines spezifischen Ortes mit spezifischen Merkmalen. Stattdessen wirkt die Landschaftsdarstellung wie die Beschwörung des uramerikanischen Mythos der Grenze, eine Invokation der mythischen Fabel von der Frontier als dem Austragungsort des Kampfes der Zivilisation gegen die Widrigkeiten der Wildnis. Richard Slotkin weist auf die dreihundertjährige Geschichte des Frontier-Mythos hin und betont seine fundamentale Bedeutung für die nationale Identität der USA:

According to this myth-historiography, the conquest of the wilderness and the subjugation or displacement of the Native Americans who originally inhabited it have been the means to our achievement of a national identity, a democratic polity, an ever expanding economy, and a phenomenally dynamic and "progressive" civilization. (Slotkin 1992: 10)

An anderer Stelle heißt es über die symbolische Befrachtung des Frontier-Konzepts: "For an American allusions to 'the Frontier', [...] evoke an implicit understanding of the entire historical scenario that belongs to the event and of the complex interpretive tradition that has developed around it." (Slotkin 1992: 6)

In diesem Sinne nutzt Capote die Möglichkeit, mit wenigen "Reizwörtern" wie frontier, countryside, prairie twang, ranch hand, flat und extensive im Leser die Vorstellung eines zeitlosen, idealtypischen Ortes hervorzurufen, der mit den mythischen Konnotationen der Frontier und des amerikanischen Westens aufgeladen ist.




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An Orten wie diesem erfüllt sich die gottgewollte Mission des amerikanischen Volkes, Zivilisation und Fortschritt auf dem Kontinent zu verbreiten.

Der Satz "[the countryside] has an atmosphere that is rather more Far West than Middle West" drückt unmissverständlich aus, dass es Capote hier weniger um die geographische als um eine ideologische Einordnung geht; er suggeriert, dass die beschriebene Landschaft die Idee des Westens als Ort zivilisatorischer Auseinandersetzung und ständiger Erneuerung der amerikanischen Identität in so idealer Weise verkörpert, dass die tatsächliche geographische Lage hinter der Bedeutung einer nur verschwommen und durch die mythische Codierung angedeuteten 'atmosphere' zurücktritt.

Zusätzlich erfährt der ideologische Kultstatus dieses mythisch-idealisierten Ortes durch den Vergleich der Getreidesilos mit griechischen Tempeln eine quasi-religiöse Überhöhung: Den grain elevators als Symbolen der Landwirtschaft des Mittleren Westens wird die gleiche Wahrzeichenfunktion zugeordnet wie den Tempeln, die die Ideale der griechischen Antike verkörpern. Der Ausdruck "gracefully rising" bezogen auf die eher plumpe Silhouette von Getreidesilos fügt dem Vergleich allerdings einen ironischen Unterton hinzu, der fast beiläufig eine Distanz zu dem zuvor zitierten Frontier-Mythos herstellt. So wird auch hier, wie schon im Untertitel des Romans, auf subtile Weise eine moralische Uneindeutigkeit vermittelt und dem ohnehin schon komplexen Deutungspotential des "hermeneutischen Sprengsatzes Mythos'" (vgl. Schlesier / Gödde: 2000) eine ironische Dimension hinzugefügt. Das Verhältnis des Autors zu den zentralen amerikanischen Mythen und der Ideologie, die sie transportieren, wirkt zwiespältig und oszilliert zwischen dem idealisierten, verschwommen wirkenden Bild der einsamen Gegend, irgendwo "out there" in Kansas, das er entwirft, und der gleichzeitigen ideologischen Distanzierung von diesem Bild, durch die subtile Ironie der Erzählstimme.

Als Exposition eines Settings ist die unspezifische Beschreibung einer "uramerikanischen" Landschaft aber zunächst ein deutliches Identifikationsangebot und stimmt den Leser gleichzeitig darauf ein, dass der Roman nichts Geringeres verhandelt, als den Kampf um die kulturellen Normen und Werte der amerikanischen Nation.

Nachdem der panoptische Blick der Erzählinstanz dieses erste Bild mit der Unschärfe eingefangen hat, die aus großer Distanz entsteht, nähert er sich in einer langsamen Zoom-Bewegung dem tatsächlichen Ort des Verbrechens. Doch auch die Darstellung des Dorfes Holcomb und des etwas größeren, benachbarten Garden City bleibt vage und unspezifisch.




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Erwähnt werden vor allem die Spuren, die die identitätsstiftenden, historischen Ereignisse, wie der Bürgerkrieg, der transkontinentale Eisenbahnbau und die Große Depression der dreißiger Jahre im Ortsbild hinterlassen haben. Es ist kein geschöntes, naiv nostalgisches Bild das so entsteht, denn Capote gelingt auch hier durch geschickte Wortwahl eine doppelte Codierung. Zwar ruft er mit der Erwähnung des Garden City-Gründers "Mr. M.C. (Buffalo) Jones" (ICB: 30) erneut den romantisierenden Frontier-Mythos auf, aber er relativiert ihn durch ironische Entlarvung der selbstgerechten Doppelmoral des Büffeljägers.

Beiläufig rücken der Nebensatz "the glamours of the past are today entombed." (ICB: 31) und die Häufung von Formulierungen wie "dark huge chambers" und "echoing hallways" die mythische Geschichtsschreibung in die Nähe einer Gothic-Erzählung, die idealisierte Vergangenheit der Nation erscheint so als düstere Heimsuchung. Das Gothic-Motiv taucht etwas später in der Passage über die konfessionelle Zuordnung der Bevölkerung von Garden City wieder auf, wo der Bible Belt als "gospel-haunted strip of American territory" (ICB: 32) bezeichnet wird. Hier wird deutlich, dass auch eine ironisierende Wortwahl einen wertenden Erzählerkommentar transportiert und eine subjektive, ideologische Distanz zu der beschriebenen Welt hervorruft, obwohl der Blick der Erzählinstanz in diesem ersten Teil des Romans dominant unfokalisiert ist und vorgibt, eine Art Übersicht zu vermitteln.

Wie das diffuse Bild der Landschaft dient auch die Beschreibung Holcombs und Garden Citys eher der Einordnung in den Diskurs nationaler Mythen und der Vermittlung einer prototypischen Durchschnittlichkeit, als der differenzierten Darstellung individueller, real existierender Orte:

Anyone who has made the coast-to-coast journey across America, whether by train or by car, has probably passed through Garden City, but it is reasonable to assume that few travellers remember the event. It seems just another fair-sized town in the middle – almost the exact middle – of the continental United States. (ICB : 31)

Mit der Annäherung an Holcomb und Garden City rückt zunehmend die Bevölkerung der Gegend ins Blickfeld und auch sie repräsentiert in ihrer unspezifischen Durchschnittlichkeit uramerikanische Normalität. Capote stellt dies durch eine Liste von Allgemeinplätzen dar, in denen die Bewohner ihre Zufriedenheit gerade mit der unspektakulären Mediokrität ihrer kleinstädtischen Lebenswelt ausdrücken. Diese unvermittelt aufgelisteten "O-Ton"-Zitate haben – wie die Landschaft und der Ort – einen hohen Wiedererkennungswert, denn sie vermitteln in quasi-authentischer Diktion die Werte einer amerikanischen moral majority. Doch Capote ironisiert auch diese erzählerisch unvermittelte, scheinbar objektive Aufzählung. Während die ersten Zitate Freundlichkeit, gute Nachbarschaft und Sicherheit der Kinder als Vorzüge des Kleinstadtlebens betonen, lässt er die Liste der bürgerlichen Werte mit dem Satz enden:




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"And everything else a decent man needs. We've got that, too. Beautiful churches. A golf course." (ICB: 31). Diese augenzwinkernde, satirische Reduktion der vom bürgerlichen Amerika hoch geschätzten decency auf Kirchgang und Freizeitsport ist ein Beispiel für Capotes Technik der Bewertung durch Arrangement und Kontextualisierung von Aussagen und Szenen. Wie das Beispiel zeigt, genügt es, bereits vorhandenes Material – sei es dokumentarisch oder nicht – so zu ordnen, dass durch inhaltliche oder formale Inkompatibilität Spannung erzeugt und Unzulänglichkeit sichtbar wird. Durch Hinzufügen eines inkompatiblen Elements wird die vollständige Aufzählung bürgerlicher Werte in ein neues, leicht satirisches Licht getaucht.

Diese Technik macht durch ihre subtile Lenkung der Leserwahrnehmung jeden explizit bewertenden Leserkommentar überflüssig. Auffällig ist, dass Capote die Ironisierung der kleinstädtischen Welt, die er beschreibt, so vorsichtig dosiert, dass der Text nicht eindeutig satirisch wirkt, sondern Ironie nur stellenweise aufblitzt. So drückt sich in dieser Darstellung durchaus auch eine grundsätzliche Sympathie für dieses ländliche Durchschnittsamerika und seine prototypischen Bewohner aus. Gleichzeitig macht Capote aber deutlich, dass dem unbestechlichen Blick seiner Erzählinstanz Widersprüchlichkeit und Verdrängung in der Haltung des braven, vaterlandsliebenden Mittelstandsamerikaners nicht entgeht:

Without exception, Garden Citians deny that the population of the town can be socially graded ('No, sir. Nothing like that here. All equal, regardless of wealth, colour, or creed. Everything the way it ought to be in a democracy; that's us'), but, of course, class distinctions are as clearly observed, and as clearly observable, as in any other human hive. (ICB : 32)

Obwohl sich die Erzählinstanz hier klar von der naiven, idealisierenden Identifikation mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung distanziert, wird die denunzierende Wirkung dieser entlarvenden Beobachtung durch geschickte Einordnung in den größeren Kontext einer natürlichen Ordnung relativiert. Die Formulierungen "of course" und "human hive" suggerieren, dass eine hierarchische Gesellschaftsordnung quasi natürlich sei. Die Verdrängung eines solchen 'Naturgesetzes' zugunsten eines uramerikanischen Gründungsideals und das gebetsmühlenhafte Zitat der verfassungsmäßig postulierten amerikanischen Grundwerte wirken durch diese Wortwahl zwar naiv, aber auch patriotisch und positiv. So etabliert Capote seine Erzählinstanz als mächtig, überlegen und unbestechlich, gleichzeitig aber als durchaus wohlwollend und im Einklang mit dem amerikanischen Idyll, das sie vermittelt. Dass die gleiche Erzählinstanz später im Roman die fatalen Auswirkungen der gesamtgesellschaftlichen Verdrängung der fundamentalen Ungleichheit, die durch die Marginalisierung von Rassen und Klassen entsteht, mit großer Sensibilität beleuchten wird, lässt diese Stelle nicht einmal erahnen.





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Es scheint, als sei die Unschärfe, die durch Vereinfachung entsteht, notwendig, um ein mythisch aufgeladenes Bild von small-town-America und seiner schlichten, aber in ihrem naiven Idealismus liebenswerten Bevölkerung entstehen zu lassen; ein 'weichgezeichnetes' Bild, dessen Wirkung durch kleine, ironisch ausgeleuchtete Fehler insgesamt eher gesteigert wird; das Bild eines unschuldigen Idylls vor dem Sündenfall, wie es in einem Nebensatz Herbert Clutters zum Ausdruck kommt: "an inch more of rain and this country would be paradise – Eden on earth." (ICB: 11)


3.2 Like Royalty: Die idealisierten Opfer

Eingebettet in die Exposition der Landschaft und des Ortes, beginnt die Darstellung der ermordeten Familie Clutter auf den ersten Seiten des Romans. Im Gegensatz zum Tatort und den Tätern, von denen er sich einen persönlichen Eindruck machen konnte, standen Capote nur die Informationen über die Clutters zur Verfügung, die er aus Dokumenten wie Photos und Tagebüchern, sowie aus Interviews mit Nachbarn, Bekannten und Freunden der Familie zusammengetragen hatte. Das Bild, das sich aus solchen Bruchstücken persönlich eingefärbter, auch aus Pietätsgründen idealisierender Erinnerungen – de mortui nihil nisi bene – zusammensetzt, ist ohnehin ein tendenziell beschönigendes Mosaik. Durch Capote erfährt dieses Bild nun eine weitere Bearbeitung, er inszeniert und referiert selektiv die Informationen, die geeignet sind, die Familie Clutter zur uramerikanischen Idealfamilie zu stilisieren.

Die Szenen, in denen die Clutters dargestellt werden, sind dominant extern fokalisiert, obwohl es einige Stellen gibt, die einen flüchtigen und relativ oberflächlichen Einblick in das subjektive Erleben der Figuren andeuten (zu dem Capote nicht einmal durch Informationen "aus zweiter Hand" Zugang haben konnte und die folglich ein Produkt seiner Imagination und Gestaltung sind). Dennoch liegt hier keine interne Fokalisierung vor, denn der Blick der Erzählinstanz hat sich zwar den Figuren im Vergleich zu Landschafts- und Ortsbeschreibung deutlich angenähert, er nimmt jedoch zu keiner Zeit ihre Perspektive ein. Die Erwähnung von Ideen, Gedanken und Motiven der ermordeten Clutters stützt sich weitgehend auf Urteile und Hypothesen, die aus Handlungen und Äußerungen der einzelnen Familienmitglieder oder ihrer Nachbarn und Freunde abgeleitet werden können. Damit ist Capote in ähnlicher Weise an "historische" Quellen gebunden, wie die Verfasser historischer Biographien und muss folglich auf eine minutiöse Darstellung des subjektiven Erlebens seiner Figuren verzichten, wenn er nicht auf die spekulative"must have grammar" zurückgreifen will, auf die Dorrit Cohn hinweist: "In the absence of reference, the historian will have to make do with inference (and its conjectural "must have" grammar) – or else opt for history devoid of any allusions of individual psychology." (Cohn 1999: 118)




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Es ist offensichtlich, dass die Verwendung einer "must have grammar" die Fiktionalisierung der Fakten empfindlich gestört hätte und schon deshalb für Capotes Zwecke nicht in Frage kam. Wichtiger ist aber, dass es Capote hier offenbar nicht um eine authentische, psychologisch 'dichte' Darstellung im Sinne von differenzierten, individuellen Portraits geht. Vielmehr dient die in ihrer Konsequenz stellenweise entnervende Idealisierung und Stereotypisierung der Clutters eher dazu, den sozialen Code und die Werte einer kulturell und politisch dominanten amerikanischen Mehrheit zu skizzieren.

In der Darstellung des Familienvaters Herb wird das besonders deutlich. Es sind die körperlichen Eigenschaften Herb Clutters, mit denen Capote seine Exposition beginnt, doch schon die Beschreibung dieser Äußerlichkeiten kommuniziert Herbs Einklang mit den herrschenden Normen. Die Betonung seiner breitschultrigen Männlichkeit ("he cut a man's-man figure", ICB: 3) deutet nicht nur Kraft an, sondern, als subtilere Connotation, auch die Eindeutigkeit seiner heterosexuellen Orientierung, eine Eigenschaft, die in der homophoben amerikanischen Gesellschaft der fünfziger und sechziger Jahre durchaus eine Voraussetzung für Erfolg ist. Derart mit sichtbarer, markiger Gesundheit gesegnet ("teeth, unstained and strong enough to shatter walnuts" , ICB: 3) signalisiert Herb schon rein äußerlich, dass er alle Voraussetzungen erfüllt, um in der patriarchalen Ordnung einen hohen Rang einzunehmen. Außerdem ist er wohlhabend, aber bescheiden und beliebt, praktizierender Methodist, diszipliniert und prinzipiengeleitet, mit Hang zur Askese, aber ohne aufdringliches Sendungsbewusstsein. Durch unbeirrbare Zielstrebigkeit (auch diesen "Biss" signalisieren seine "teeth, unstained and strong"), harte Arbeit und eine gute, pragmatische Ausbildung (sein Universitätsabschluss in "agriculture" steht für bodenständige Bildung ohne elitären highbrow-Anspruch) hat er sein Leben zur success story gemacht. In seiner Person verbinden sich in idealer Weise puritanische Sittenstrenge und Arbeitsethos mit dem Fortschrittsgeist und dem Optimismus des amerikanischen selfmade man. Entsprechend prominent ist auch seine Rolle im öffentlichen Leben Holcombs und Garden Citys. Herb Clutter – und das ist möglicherweise seine wichtigste Eigenschaft – ist ein "die-hard community-booster" (ICB: 19), sein Gemeinschaftssinn beschränkt sich nicht auf seine Rolle als vorbildlicher Familienvater, sondern drückt sich auch in den zahlreichen kommunalen Ehrenämtern aus, die er übernommen hat (vgl. Hollowell 1977: 80).

Neben verschiedenen Szenen, die Clutters soziale Kompetenz als "joiner" und "born leader" (ICB: 25) vorführen, zeigt Capote ihn auch in einer Szene, die ihn als naturverbundenen Asketen ausweist. Es ist die gleiche Szene, in der die Erzählstimme auch Clutters oben zitierte Redensart referiert, in der er sein Land für "beinahe" paradiesisch erklärt. Capote verdichtet das Bild vom unschuldigen Paradies in dieser Szene durch etliche beiläufige Hinweise. Dazu gehören die Betonung von Clutters asketischer "Reinheit" ebenso, wie die Tatsache, dass er einen Apfel isst während er über sein Anwesen spaziert.





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Und es ist kein Zufall, dass Capote die Formulierung "ever ready to raise Cain" (ICB: 11) wählt, um hier die Wachsamkeit des Familienhundes Teddy zu beschreiben. Dass die Ermordung des 'reinen' Gutmenschen Clutter und damit der Sündenfall und die Zerstörung des Paradieses unmittelbar bevorsteht, deutet sich in dieser Szene zunächst unterschwellig durch das ungewöhnliche Auftauchen einer Gruppe von bewaffneten Jägern an ("it was not a place that strangers came upon by chance." ICB: 11) und wird durch den letzten Satz der Szene zur düsteren Gewissheit: "Then, touching the brim of his cap, he headed for home and the day's work, unaware that it would be his last." (ICB: 12).

Aber auch jenseits des Paradiesmythos' gelingt es Capote, Herb Clutters edle Qualitäten zu unterstreichen. So bringt er ihn wiederholt und äußerst geschickt mit der Idee der Aristokratie in Verbindung, wie etwa in dem folgenden Satz: "[...] Mr Clutter was entitled to rank among the local patricians, but just as he had never joined the Garden City Country Club, he had never sought to associate with the reigning coterie." (ICB: 33)

Clutters puritanisch wirkende Ablehnung aristokratisch dekadenten Wohllebens steigert noch die Auszeichnung durch diese Einordnung in die lokale Führungselite, die der Satz vordergründig kommuniziert. Auch die Aussage "Like royalty, he was famous for never carrying cash." (ICB: 45) rückt Clutter in die Nähe der Hocharistokratie. Obwohl Capote mit dieser Diktion implizit erneut den amerikanischen Gleichheitsgrundsatz aufruft, durch den sich die Gründungsväter von feudalistischer Hierarchie distanzieren, suggeriert die Wortwahl auch, dass Herb Clutter als idealtypische Inkarnation amerikanischer Werte wenigstens dem Gesinnungsadel der Republik zuzuordnen ist.

Die Darstellung von Herbs Ehefrau Bonnie fällt vergleichsweise sparsam und blass aus, und dies aus guten Gründen. Die Tatsache, dass Bonnie Clutter ein "on-and-off psychiatric patient" (CBI: 4) war, hätte den Glanz der Familie in den Augen des bürgerlichen Publikums der Zeit empfindlich trüben können, denn psychiatrische Erkrankungen oder auch nur psychische Probleme galten in den fünfziger Jahren noch als Stigma und wurden deutlich tabuisiert. Capote umschifft diese Klippe geschickt, indem er das gesellschaftliche Tabu implizit anspricht und die in ihm ausgedrückten gesellschaftlichen Ängste gleichzeitig entkräftet:

Not that the truth concerning 'poor Bonnie's afflictions' was in the least a secret; everyone knew she had been an on-and-off psychiatrist patient the last half-dozen years.Yet even upon this shadowed terrain sunlight had very lately sparkled. [...] with joy she informed him that the source of her misery, so medical opinion had at last decreed, was not in her head but in her spine – it was a physical matter of misplaced vertebrae. (ICB: 5)

Durch die Diagnose der körperlichen Ursache für Bonnies "little spells" (ICB: 4) wird der Makel, der die familiäre Reputation deutlich beschädigt hätte, fast ausradiert, zumindest aber gemildert.




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So genügt es, an anderer Stelle Bonnies Persönlichkeit aus alten Tagen heraufzubeschwören und in Aussicht zu stellen, dass sie nach einer Wirbelsäulenoperation wieder "the affectionate and charming Bonnie her friends cherished" (ICB: 25) sein werde.

Capote nutzt die Beschreibung dieser Hoffnung auf eine bessere Zukunft, um die Grausamkeit von Bonnie Clutters bevorstehendem, gewaltsamen Tod zu unterstreichen, durch den diese Zukunft zynisch zerstört wird. Er beendet die Szene mit dem Zitat des Psalms auf dem Lesezeichen, das man später in Bonnie Clutters Bibel finden wird. Der Vers erhält durch das Wissen um den Mord den Charakter einer düsteren Warnung: "'Take ye heed, watch and pray: for ye know not when the time is.'" (ICB: 28)

Während Kenyon, der einzige Sohn der Familie, ebenfalls nur relativ kurz als introvertierter Halbwüchsiger mit einer typisch männlichen Neigung zu technischen Basteleien skizziert wird, ist die Darstellung der sechszehnjährigen Nancy Clutter in ähnlicher Weise ausführlich und idealisierend wie die ihres Vaters. Wie Herb nimmt auch Nancy trotz ihrer Jugend, eine zentrale Rolle in Holcombs Gesellschaftsleben ein und ist als "town darling" (ICB: 4) bekannt und beliebt. Analog zu der Vollkommenheit, mit der Herb Clutter den stereotypen gesellschaftlichen Rollenerwartungen an den weißen mittelständischen Mann entspricht, erfüllt Nancy die bürgerlichen Vorstellungen darüber, was das Wesen und die Bestimmung der amerikanischen Frau sei.

Wie auch bei der Charakterisierung Herb Clutters bemüht sich Capote um eine lebendige szenische Illustration dieser schnell penetrant wirkenden Glorifizierung und Stereotypisierung. Dazu unterbricht er den Bericht der Erzählinstanz durch dialogreiche Szenen, wie etwa die, in der Nancy einem Nachbarkind hilft, einen Kuchen zu backen. Diese Szene führt Nancy nicht nur als perfekte kleine Hausfrau vor, die alle Attribute der stereotypen weiblichen Geschlechterrolle auf das Schönste in sich vereinigt, sie zeigt auch Nancys Potential als mütterliche Lehrerin und Vermittlerin weiblicher Tugenden, ein Potential, das sie als ideale zukünftige Mutter ausweist, die an der Zementierung der vorherrschenden Geschlechterkonzeptionen Anteil haben wird. Auf diese Weise kompensiert Capote durch die Darstellung Nancys Bonnie Clutters defizitäre Erfüllung ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter.

Die Implikation einer Zukunft, deren Unmöglichkeit der Leser im Gegensatz zu Nancy kennt, ist eine subtilere Variante des foreshadowing, mit dem Capote spannungssteigernd das Unheil andeutet, das sich dem amerikanischen Idyll unaufhaltsam nähert und von dessen Existenz die unschuldigen, tugendhaften Opfer nichts ahnen.




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Eine andere Form des foreshadowing ist die raffinierte Parallelmontage von Szenen der beiden Handlungsebenen, durch die die simultanen Ereignisse in den verschiedenen Lebensräumen von Tätern und Opfern nach dem filmischen Prinzip von Schnitt und Gegenschnitt verknüpft werden. Dabei laden sich die Szenen durch ihr kontrastierendes Nebeneinander symbolisch auf und erzeugen Spannung und den Eindruck schicksalhafter Unausweichlichkeit und Tragik.

Auch dies ist eine Form der Rezeptionssteuerung durch Arrangement und Kontextualisierung, bei der Capotes Erzählinstanz immer wieder ihre Macht über verschiedene Blickwinkel demonstriert. Gleichzeitig erzielt auch die Erzählstimme in einigen Szenen eine düster-ironische Symbolhaftigkeit (vgl. Smart 1985: 80), die aus der Kluft zwischen dem umfassenden Wissen der Erzählinstanz und der Ahnungslosigkeit der Opfer entsteht. So referiert die Erzählstimme zum Beispiel die Beobachtung des Versicherungsagenten, bei dem Herb Clutters nur wenige Stunden vor seiner Ermordung eine Lebensversicherung abschließt: "The mood of a man insuring his life is not unlike that of a man signing his will; thoughts of mortality must occur." (ICB: 45), und spielt damit gezielt darauf an, dass Herb Clutter eben nicht weiß, dass sein Tod unmittelbar bevorsteht. Diese zu Beginn zurückhaltend andeutenden Formen des foreshadowing werden in einer deutlichen Steigerung immer expliziter und erzeugen Sympathie und Mitleid mit den Opfern, wie etwa die berührende Szene, in der Nancy am Abend vor ihrer Ermordung ihre Kleider für den nächsten Tag zurechtlegt, den sie nicht mehr erleben wird: "She set out the clothes she intended to wear to church next morning: nylons, black pumps, a red velveteen dress – her prettiest, which she herself had made. It was the dress in which she was to be buried." (ICB: 50)

Capotes Erzählinstanz bietet dem Leser diese Darstellung einer intakten, amerikanischen Mittelstandsfamilie, die in ihrer annähernden Vollkommenheit die Werte und Ideale der moral majority verkörpert, in einem Kaleidoskop aus Erzählerbericht, dialogreichen Szenen und Augenzeugenberichten, die als langes Zitat den dokumentarischen Anspruch der Darstellung untermauern sollen. Trotz dieser Vielzahl der Blickwinkel wirken die Charaktere der Familienmitglieder schemenhaft und stereotyp, weil die rigide Zensur der Erzählinstanz nur Bilder produziert, die das sozial Erwünschte zeigen. Fast alle negativen Merkmale und Widersprüchlichkeiten werden ausgeblendet, um ein makelloses Hochglanzportrait entstehen zu lassen, das in seiner strahlenden Perfektion übertrieben und fast satirisch wirkt.

Doch Ironie ist in dieser Darstellung nur als Subtext der Übertreibung und der oben beschriebenen Parallelmontage spürbar und nicht konkret festzumachen. Deshalb bleibt die Frage nach dem Verhältnis des Autors zu dem glorifizierenden amerikanischen Idyll, das er zeigt, und der Normalität der bürgerlichen weißen Mittelstandsgesellschaft, deren Ideale es symbolisiert, an dieser Stelle noch offen.




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Für die Darstellung der Mörder Perry Smith und Dick Hickock dient das Familienidyll als strahlende Kontrastfolie, vor deren Hintergrund die düsteren, deformierten Persönlichkeiten und die gesellschaftliche Bedrohung, die sie verkörpern, besonders deutlich werden.


3.3 Close up: Perry Smith und Dick Hickock

In seinem Aufsatz über In Cold Blood nennt John Hollowell das Portrait des Mörders Perry Smith "Capote's greatest accomplishment" (Hollowell 1977: 75), und Horst Tonn verweist auf die Autorisierung, die Capote selbst in öffentlichen Äußerungen aus der freundschaftlichen Beziehung ableitete, die er im Verlauf der Recherche zu Smith und Hickock entwickelt hatte. Er belegt dies mit diesen Zitaten "I did win their confidence and we became very close." und "I knew them better than they knew themselves" (Capote zitiert in Tonn 1996: 231). Trotz der berechtigten Zweifel, die Horst Tonn an der Aufrichtigkeit von Capotes Freundschaft zu Perry Smith ausdrückt, muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass Smith Capote bereitwillig mit einer Fülle von Informationen versorgte und mit den Niederschriften seiner Gespräche mit Capote einverstanden war (vgl. Plessen, zitiert in Tonn 1996: 231). Diese Gespräche, die über einen Zeitraum von fast fünf Jahren (vgl. Tonn 1996: 231) stattfanden, bilden die Grundlage des facettenreichen Portraits, das Capote aus seiner genauen Kenntnis der Persönlichkeit von Perry Smith entwickelt hat.

Perry Smiths Vertrauen und Offenheit ermöglichten Capote auch die erzähltechnische Annäherung an seine Figuren, so dass der Blick seiner Erzählinstanz nicht mehr nur die von außen wahrnehmbaren oder aus dem Sichtbaren und Referierten ableitbaren Eigenschaften einfangen kann, sondern Zugang zur Subjektivität der Figur erhält. So werden die extern fokalisierten Eindrücke aus den Berichten der zahlreichen Quellen, auf die sich die Darstellung der Mörder stützt, in der Charakterisierung Perry Smiths durch Passagen ergänzt, in denen eine interne Fokalisierung auf seinen Wahrnehmungshorizont die differenzierte Darstellung innerer Vorgänge wie Ängste und Wünsche, Träume und Visionen ermöglicht.

Doch auch in diesen intern fokalisierten Passagen gibt die Erzählinstanz ihre privilegierte, mächtige Position nicht auf, obwohl Capote versucht, diesen Anschein zu erwecken. Durch ein geschicktes Spiel mit dem Potential des Erzählmodus, der sich übergangslos der direkten Rede in der Form von Dialogen und der indirekten Zitate oder Gedankenzitate (die durch Verben des Denkens und Fühlens in der Art von "er dachte" oder "er erinnerte sich, wie" gekennzeichnet sind), stellenweise aber auch der erlebten Rede bedient, tritt die Erzählinstanz als Steuerungsagens hinter der Vielzahl der Stimmen scheinbar zurück.




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Die folgende Passage macht deutlich, wie schwer es an vielen Stellen ist, zu erkennen, wer gerade spricht. Es ist die Passage, in der sich Perry, während er in einem Waschsalon darauf wartet, dass seine Wäsche fertig wird, an den Beginn seiner kriminellen Karriere als jugendlicher Handtaschendieb erinnert hat und nun Bilanz zieht:

Things hadn't changed much. Perry was twenty-odd years older and a hundred pounds heavier, and yet his material situation had improved not at all. He was still (and wasn't it incredible, a person of his intelligence, his talents?) an urchin dependant, so to say, on stolen coins. (ICB: 186)

Ob die ungläubige Verwunderung über die Diskrepanz zwischen Perrys Begabung und seiner unverändert schlechten finanziellen Lage an dieser Stelle eher der Erzählinstanz oder Perry selbst zuzuordnen ist, bleibt verschwommen. Nur die Konjunktion and in der Formulierung "and wasn't it incredible..." deutet die subtile Ironie an, mit der ein Erzähler auf die verzerrte Selbsteinschätzung einer Figur Bezug nimmt und sich implizit von ihr distanziert.

Die spezifische Kombination von O-Ton-Zitat, von indirekter und erlebter Rede, die weite Teile der Darstellung Smiths bestimmt, führt die Fortsetzung der Passage vor:

A clock on the wall kept catching his eye. At half past ten he began to worry; by eleven his legs were pulsing with pain, which was always, with him, a sign of approaching panic – 'bubbles in my blood'. He ate an aspirin, and tried to blot out – blur, at least- the brilliantly vivid cavalcade gliding across his mind, a procession of dire visions: Dick in the hands of the law, perhaps arrested while writing a phony cheque, or for commiting a minor traffic violation (and found to be driving a 'hot' car). Very likely, at this very instant Dick sat trapped inside acircle of red-necked detectives. And they weren't discussing trivialities – bad cheques or stolen automobiles. Murder, that was the topic, for somehow the connection that Dick had been so certain no one could make now had been made. And right now a carload of Kansas City police were on their way to the Washateria. (ICB: 186)

Nur die Eleganz von Formulierungen wie "brilliantly vivid cavalcade gliding across his mind" weist hier auf die Präsenz der Erzählinstanz hin, deren Stimme sonst kaum von dem inneren Monolog zu unterscheiden ist, der Perrys ängstliche Phantasien ausdrückt. Erschwert wird die Identifizierung und eindeutige Zuordnung selbst dieser eleganten Diktion durch Perry Smiths notorische Vorliebe für ausgefallene Fremdwörter, die Capote zuvor beschrieben hat. Eingebettet in die Modi der direkten und indirekten Zitate ist die uneindeutige Vermischung von Erzähler- und Figurenrede an dieser Stelle ein Charakteristikum der erlebten Rede, einer Zwischenform von indirekter und direkter Rede, in der Unterschiede des Wahrnehmungsstandortes von Erzähler und erlebender Figur vermischt werden. Jochen Vogt spricht von der "Doppelstimme" der erlebten Rede und betont ihre Möglichkeiten des Ausdrucks komplexer psychologischer Zustände:




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Dies eigentümliche Fluktuieren zwischen verschiedenen grammatischen Formen und Ausdrucksqualitäten macht sie besonders geeignet, subjektive, flüchtige, in sich widersprüchliche affektiv betonte Zustände, Phasen und Reflexe der Psyche einzufangen und dem Leser zu vermitteln. (Vogt 1998: 166)

Die Stellen, in denen Capote erlebte Rede einsetzt, sind meist so kurz und so schwer vom vorherrschenden Modus des indirekten Zitats zu unterscheiden, dass die von Dorrit Cohn für dieses Phänomen verwendete Bezeichnung "stylistic contagion" (Cohn 1978: 33) treffender erscheint. Durch dieses kurze Aufblitzen der eigenen, überlegenen Diktion bringt Capotes Erzählinstanz die eigene Präsenz in Erinnerung, ohne jedoch die Illusion von Objektivität zu stören und behält damit auch in den intern fokalisierten Passagen die Kontrolle über das dargestellte Geschehen. Dorrit Dohn verweist darauf, dass auktoriale Erzählhaltungen im Roman sich auch in der tendenziellen Vermeidung von "psycho-narration" ausdrücken und gibt dafür folgende Erklärung:

It almost seems as though the authorial narrator jealously guards his prerogative as the sole thinking agent within his novel, sensing that his equipoise would be endangered by approaching another mind too closely and staying with it too long. (Cohn 1978: 25)

Capotes Vermeidung einer reinen, nicht durch das Bewusstsein der Erzählinstanz gefilterten "psycho-narration" ist wohl weniger einer eifersüchtigen Haltung geschuldet, als vielmehr dem Bemühen um Kontrolle bei gleichzeitiger komplexer und multiperspektivischer Darstellung. Es bleibt festzuhalten, dass die Autorität seiner Erzählinstanz hier zwar zurücktritt, aber nicht völlig verschwindet. Dennoch lässt die kontinuierliche Wahrnehmungssteuerung der Erzählinstanz ein vielschichtiges, differenziertes Bild der beiden Mörder, vor allem der Persönlichkeit Perry Smiths entstehen.

Die körperliche Erscheinung der Täter wird von Capote in ähnlicher Weise zum Ausdruck ihrer Persönlichkeit und ihres Verhältnisses zu den herrschenden gesellschaftlichen Normen stilisiert wie die Herb Clutters. So wie Capote Clutters Gesundheit und körperliche Harmonie mit dem herrschenden männlichen Ideal betont, schildert er Perry Smiths Unproportioniertheit als groteske Entsprechung seiner deformierten Psyche und seiner kriminellen Randexistenz.

Geschickt rückt Capote dabei konnotative Aspekte des Trügerischen und Widersprüchlichen in den Vordergrund, die auch Smiths psychologische Darstellung bestimmen. Der Bruch zwischen einem Normalität vortäuschenden, ersten Eindruck und einem grotesk deformierten Gesamtbild bei näherer Betrachtung, wird so schon in dieser ersten körperlichen Schilderung angedeutet: "Sitting, he deemed a more than normal-sized man [...] when he stood up, he was no taller than a twelve-year-old child" (ICB: 13).




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In ähnlicher Weise signalisiert auch Dick Hickocks äußeres Erscheinungsbild eine trügerische Normalität, die die Gefahr, die er für die Gesellschaft darstellt, maskiert.Um diese Kluft zwischen einer sichtbaren, den kulturellen Normen entsprechenden Larve und Hickocks verborgener, tatsächlicher Identität schon frühzeitig im Roman anzudeuten, schildert Capote minutiös eine für die Entwicklung der Handlung irrelevante Situation, in der Dick sich auszieht, um sich zu waschen nachdem er sein Auto repariert hat :

Dick stripped to his briefs was not quite the same as Dick fully clothed. In the latter state, he seemed a flimsy dingy-blond youth of medium height, fleshless and perhaps sunken- chested; disrobing revealed that he was nothing of the sort, but rather an athlete constructed on a welterweight scale. (ICB: 29)

Auch Hickocks Physiognomie kommuniziert Widersprüchlichkeit, Dissonanz und andeutungsweise sogar eine gewisse Persönlichkeitsspaltung:

It was as though his head had been halved like an apple, then put together a fraction off centre. [...] the tightening action of a smile contracted his face into its correct proportions, and made it possible to discern a less unnerving personality – an American-style 'good kid' with an outgrown crew cut - sane enough, but not too bright. (Actually he was very intelligent.) (ICB: 29)

Dick Hickocks Lächeln wird hier als ein Täuschungsmanöver entlarvt, als eine Art Mimikry, durch die der Psychopath Hickock gesellschaftliche Normalität und psychische Gesundheit vortäuscht. Immer wieder macht Capote deutlich, dass es Hickock gelingt, trotz seiner offenbar pathologischen Persönlichkeit, seine Umwelt (einschließlich seiner Eltern) und sich selbst von seiner störrisch behaupteten Normalität zu überzeugen und die eigene antisoziale Neigung zu verdrängen: "I'm a normal" (ICB: 106) ist die Formel, mit der er seine Umwelt immer wieder blendet und die Tatsache, dass ihm diese Täuschung durch oberflächliche Anpassung gelingt, wirft kein gutes Licht auf die Qualität dieser bürgerlichen Normalität.

Neben der Tatsache, dass Hickock als Weißer sichtbar der herrschenden Rasse angehört, ist es auch seine von Capote immer wieder betonte, eindeutig heterosexuelle Maskulinität ("authentically tough, invulnerable, 'totally masculine'", ICB: 15), durch die er den gesellschaftlichen Normen und den Rollenerwartungen der patriarchalen Ordnung entspricht.

Neben Hickocks fassadenhafter Normalität zeigt Capote, dass Perry Smiths groteske, äußere Erscheinung mit einer in fast allen Aspekten normabweichenden Persönlichkeit korrespondiert. Im Gegensatz zu Hickocks prätentiöser Maskulinität wirkt Perry Smiths sexuelle Identität in Capotes Darstellung unsicher und kaum eindeutig männlich.





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Wiederholt suggeriert Capote durch die subtile Zuordnung weiblich codierter Attribute und Verhaltensweisen (etwa wenn er davon spricht, dass Smiths Füße so klein sind, dass sie in "ladies' dancing slippers" (ICB: 13) passen würden) die Vorstellung einer hybriden, geschlechtlichen Uneindeutigkeit, der auch Perrys Gleichgültigkeit Frauen gegenüber entspricht. Unmännlich, wenn nicht sogar kindlich wirkt auch Perrys narzisstische Versunkenheit in die Betrachtung seines eigenen Spiegelbildes:

[...] his own face enthralled him. Each angle of it induced a different impression. It was a changelings face, and mirror-guided experiments had taught him how to look now ominous, now impish, now soulful; a tilt of the head, a twist of the lips, and the corrupt gipsy became the gentle romantic. (ICB: 14)

Diese brilliante, symbolisch aufgeladene Verdichtung der Uneindeutigkeit von Perrys Identität durch das Spiegelbild, das zum rätselhaften Vexierbild wird, fasst Capote im märchenhaften Begriff des "changeling" pointiert zusammen. Diese Szene wird so zum Sinnbild für das facettenreiche, changierende Portrait, das Capote im Roman von Perry Smith entwirft und das jede vereinfachende Kategorisierung Smiths erschwert.

Gleichzeitig korrespondiert der Begriff des "changeling" auf subtile Weise mit der Erwähnung von Perrys ehnischer Hybridität, die den Sohn einer Indianerin und eines irischstämmigen Weißen schon von Kindheit an als Mitglied einer unterprivilegierten, marginalisierten Minderheit ausweist und als "Halbblut" stigmatisiert. So bringt Capote implizit das Tabu der miscegenation und das stereotype Klischee vom genetisch minderwertigen, körperlich abstoßenden und moralisch verdorbenen half breed mit den negativen Connotationen des "changeling"- Konzeptes in Verbindung und demonstriert hier ein weiteres Mal seine meisterhafte Handhabung der Wahrnehmungslenkung durch Arrangement und Kontextualisierung.

Perry Smiths gesellschaftliche Benachteiligung und ihre Folgen zeigt Capote, indem er Perrys eigene Erinnerungen durch Berichte von Perrys Vater und seiner Schwester ergänzt. So entsteht – auch hier durch verschiedene Blickwinkel – ein komplexes, empathisches Bild einer typischen dysfunctional family und einer traurigen, traumatisierenden Kindheit. "Yes, Perry birth was normal. Healthy ,yes." (ICB: 121) Mit diesen Worten beginnt der Bericht, mit dem Perrys Vater die Frage nach der Kindheit seines kriminellen Sohnes beantwortet. Trotz seines euphemistischen Berichts wird deutlich, dass nach seiner Geburt nichts mehr in Perrys Leben "normal" oder "healthy" war. Das wirtschaftliche und soziale Scheitern der Eltern, ihre Überforderung als Erzieher, der Alkoholismus der Mutter, das unstete Nomadenleben, das eine ordentliche Schulbildung Perrys unmöglich machte, sind Faktoren, die eine normale Entwicklung verhindert haben.




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Diese Darstellung Perrys Smiths als gesellschaftliches Opfer deckt sich mit seiner Selbsteinschätzung und seinem grundsätzlichen Gefühl des Betrogenseins das sich auch in der vagen Erklärung ausdrückt, die Smith am Ende seines Geständnisses gibt: "They [the Clutters] never hurt me. Like other people. Like people have all my life. Maybe it's just that the Clutters were the ones who had to pay for it." (ICB: 294)

Doch auch diese vereinfachende Variante einer wohlfeilen sozialpsychologischen Erklärung, die die zunehmende Bereitschaft seiner Zeit reflektiert, gesellschaftliche Bedingungen kritisch als Ursache individueller Fehlentwicklungen anzuprangern, auch diese Erklärung lässt Capote so nicht stehen. John Hollowell weist darauf hin (vgl. Hollowell 1977: 74), dass Capote diese Art der einfachen moralischen Ausflucht durch einen Dialog kommentiert, der zwischen zwei Reportern während des Gerichtsverfahrens stattfindet und in dem der erste Reporter vor dem Hintergrund der Lebensgeschichte Smiths, Mitgefühl und Verständnis für ihn ausdrückt, woraufhin der zweite Reporter antwortet:" Many a man can match sob stories with that little bastard. Me included. Maybe I drink to much, but I sure as hell never killed four people in cold blood." (ICB: 298) Capote lässt das Gespräch mit der folgenden Entgegnung des ersten Reporters enden: "Yeah, and how about hanging the bastard? That's pretty goddam cold-blooded, too." (ICB: 298). Auf diese Weise offenbart er seinen Romantitel als moralisch ambivalentes "twin-edged sword" (Hollowell 1977: 74) und gibt das, trotz seiner autoritären Erzählinstanz uneindeutige, moralische Oszillieren der Autorposition in seinem Roman als programmatischen Teil seiner Botschaft zu erkennen.


4 Resumé: Authority affirmed?

Ziel der vorgehenden Analyse und Diskussion war die Einordnung der Autorenposition in Truman Capotes Tatsachenroman In Cold Blood, deren Identifizierung durch den unpersönlichen Reportagenstil und den Objektivitätsanspruch der hybriden nonfiction novel erschwert wird. Es sollte gezeigt werden, dass und auf welche Weise Truman Capote die Wahrnehmung seiner Leser, trotz dieser – selbstdefinierten – Konvention des neuen Genres lenkt.

Ausgehend von dem kulturellen Paradigmenwechsel, mit dem eine Problematisierung und Neudefinition des Selbstverständnisses und der gesellschaftlichen Aufgabe von Schriftstellern einherging, befasste sich die Untersuchung im zweiten Kapitel mit der Funktion der zahlreichen öffentlichen Kommentare Capotes und paratextueller Elemente, wie Untertitel und Danksagung. Dabei wurde deutlich, dass Capote Kommentar und Paratext nutzt, um seine diskursive Macht als Autor – und damit als Produzent von Wahrheit – vorzuführen und seinem Roman eine breite Öffentlichkeit zu verschaffen.




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Aus dem Widerspruch zwischen Autorenmacht und dem Anspruch auf objektive Darstellung der "Fakten" ohne die bewertende Autorität eines Erzählerkommentars erwächst eine moralische Ambivalenz, die als Subtext im gesamten Roman präsent ist. Darüber hinaus wurde deutlich, dass der Anspruch der Objektivität und des Verzichts auf eine Bewertung des Dargestellten einer genaueren Untersuchung nicht standhält.

Capotes souveräne Handhabung der Fokalisierung und die "sich verheimlichende Macht" (Foucault 1976: 261) seiner anonymen Erzählinstanz legten den Vergleich mit Michel Foucaults Panoptismusbegriff nahe. Es wurde deutlich, dass Capote subtile narrative Verfahren einsetzt, um eine Fiktion der Übersichtlichkeit hervorzurufen und die Wahrnehmung seiner Leser zu lenken, ohne dabei in Erscheinung zu treten.

Trotz der Ironie in der Darstellung uramerikanischer Mythen, Ideale und Werte und der deutlich spürbaren Sympathie für die normabweichende Persönlichkeit Perry Smiths scheinen sowohl die Illusion der Kontrolle, die Capote durch narrative Verfahren hervorruft, als auch der beschriebene Sieg der Staatsmacht über die beunruhigende, antisoziale Kriminalität die bestehende Ordnung zu affirmieren. Dennoch lässt sich kein eindeutiges moralisches Urteil Capotes identifizieren, und es bleibt der Eindruck einer ambivalenten Autorposition.

Aus Platzgründen konnte Capotes Darstellung der staatlichen Rituale der Wahrheitsfindung und Bestrafung (Verfolgung, Verhör, Gerichtsverfahren, Gefängnis und Todesstrafe), durch die der Staat seine diskursive Macht zu schützen und zu erhalten versucht, hier nicht mehr untersucht werden. Aber auch diese Darstellung ist von scharfsinniger Treffsicherheit und verweigert, trotz kritischer, zum Teil satirischer Distanz ein simplifizierendes Urteil.

In Cold Blood scheint in seiner moralischen Uneindeutigkeit Truman Capotes ambivalentes Verhältnis zum gesellschaftlich dominanten Diskurs widerzuspiegeln, dem er seine auktoriale Macht verdankt, der aber gleichzeitig der Diskurs ist, der die Marginalisierung und Kriminalisierung des Normabweichenden produziert. Es erscheint widersprüchlich, dass Capote, dessen eigene Vita eine Fülle von Normabweichungen aufweist, seine literarische Autorität in den Dienst von Normalisierungsverfahren der Disziplinarmacht stellt und es ist dieses widersprüchliche und ambivalente Verhältnis zur Autorität, das In Cold Blood prägt.


Bibliographie

Capote, Truman (1967): In Cold Blood. London: Penguin Books. (= ICB)




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Cohn, Dorrit (1978): Transparent Minds. Princeton, NJ: Princeton University Press.

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Cohn, Dorrit (1999): The Distinction of Fiction. Baltimore: Johns Hopkins University Press.

Foucault, Michel (1969): "Was ist ein Autor?" In: Foucault, Michel: Schriften zur Literatur. Frankfurt: Suhrkamp 2003, 234–270.

Foucault, Michel (1974): Die Ordnung des Diskurses. Inauguralvorlesung am College de France. München: Carl Hanser Verlag.

Foucault, Michel (1976): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt: Suhrkamp Verlag.

Genette, Gerard (1994): Die Erzählung. Übersetzt von Andreas Knop. München: Fink.

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PhiN 39/2007: 63


Anmerkungen

1 In dem Aufsatz "Optics and Power in the Novel" setzt sich Dorrit Cohn (1995) kritisch mit Versuchen auseinander, Foucaults Konzept der panoptischen Wahrnehmung und Überwachung auf die Erzählsituation von Romanen des Realismus zu übertragen. Cohns Einwänden zum Trotz scheint mir das Konzept jedoch gerade im Fall von Capotes nonfiction novel geeignet zu sein, den Gesichtspunkt der Wahrnehmungslenkung durch die Erzählinstanz zu verdeutlichen.