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Günther Philipowski (München)



"It don't Worry Me":
Nashville von Robert Altman – seine Struktur, seine Kritik und Strukturkritik



"It don't Worry Me":
Robert Altman's Nashville– Critical Structure and Structural Critique

Starting out from a discussion of the formal qualities of Robert Altman's major film Nashville, the paper will discuss whether Gilles Deleuze is right in taking Nashville as a prime illustration for the decline of the 'action-image.' The focus will be on the important role of music and sound editing for the development and sustainment of narrative structures and their potential continuity. Finally, the paper will address the apparent contradictions of the closing sequence, answering Rick Altman's claim that in the final analysis, despite it's formal inventiveness Nashville succumbs to Hollywood conventions of filmic narration and linearity.



1 Einleitung

"Amerika unterscheidet sich von allen vorangegangenen politischen Experimenten vor allem durch seine grenzenlose Hoffnung, seinen ungeheuren Enthusiasmus und einen Optimismus, der manchmal von erstaunlicher Blauäugigkeit geprägt ist." So beginnt Jeremy Rifkin einen Artikel, in dem er anlässlich der EU-Verfassung die Mentalitäten in Europa und den USA vergleicht. (Rifkin 2004)1 Robert Altman spricht von seinem 1975 entstandenen Film Nashville als einer "metaphor for America" (Kolker 1988: 394) und scheint damit gerade jene von Rifkin beschriebene Haltung der amerikanischen Kultur als oberflächlich zu denunzieren, indem er die Abgründe zu zeigen versucht, die hier überspielt werden.

Die sehr umfangreiche Sekundärliteratur zu Altman im Allgemeinen und Nashville im Besonderen steht nun vor dem Problem, entweder über eine Analyse des Inhalts




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oder durch eine Diskussion über dessen Form (letzteres tun vor allem Kolker 1988, Keyssar 1991 und Self 2002) zu zeigen, was der Film eigentlich bezweckt. Was immer auch immer durch eine solche Auseinandersetzung 'gezeigt' werden soll, der Terminus (und die Geste des) 'zeigen' selbst scheint bei Altman besonders inadequat, denn: "Altman, more than any other American filmmaker, has insisted upon positioning the viewer within the process of narrative" (Kolker 1988: 355; meine Hervorhebung). Mit anderen Worten, es ginge Altman darum, den Zuschauer zu einem aktiven Teil seines Films zu machen, ihm keine Aussagen vorzugeben. Doch dies ist gerade bei einem Medium, das mit konkreten Bildern arbeitet, zweifelhaft. Es soll daher gefragt werden, ob Joan Tewkesbury, auf deren Drehbuch der Film basiert, den Zuschauer zu Recht auffordert, sich zum 25. Protagonisten des Films zu machen und ob man daraus schlussfolgern kann, jede Lesart des Films sei richtig (Kolker 1988: 354).

Wir wollen uns im Folgenden (nach einer knappen Verortung des Films im Schaffen Altmans) vornehmlich kritisch mit der Frage nach den formalen Eigenschaften des Films befassen, und dabei die These von Gilles Deleuze diskutieren, der Film sei Ausdruck der 'Krise des Aktionsbildes'. Ein weiterer Teil dient im Speziellen der Suche nach Handlungsstrukturen und wie diese anhand der Musikbehandlung verdeutlicht werden können. Am Ende wollen wir fragen, ob sich der von Rick Altman aufgezeigte Widerspruch der Schlusssequenz nicht doch auflösen lässt.


2 Nashville im Kontext von Robert Altmans Schaffen

Doch bevor wir Nashville genauer untersuchen, wollen wir den Film kurz ins Schaffen Altmans einordnen – was angesichts des Ausmaßes seines œuvres2 allerdings nur ansatzweise geleistet werden kann.

Altman (Jahrgang 1925) wird allgemein dem art-cinema (Robert T. Self) oder auch dem New Hollywood (Hans Günther Pflaum) zugeordnet. Dass Robert Philipp Kolker über ihn trotz seines zeitlich und thematisch weit gespannten Wirkens sagen kann, "few American Filmmakers have confirmed the fragile legitimacy of the auteur theory with such a visible expression of subjectivity in their work" (Kolker 1988: 305) ist sicher Zeichen seines besonderen künstlerischen Ranges.3




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Nashville ist nach M*A*S*H (1969) der zweite große Erfolg des Regisseurs, der bereits 1955 mit The Deliquents seinen ersten Kinofilm gedreht hatte. Er führt zum einen die mit M*A*S*H beginnende Genre- Diskussionen4 nach McCabe and Mrs. Miller (1970/71), The long Goodbye (1972) und Thieves like us (1973) fort: immer wieder widmet sich Altman einem Genre (dem Anti-Kriegsfilm, dem Western, dem Detektiv-Film und der Gangster-Geschichte), um dann dessen Form aufzubrechen, wobei diese Entwicklung mit Altmans nächstem Film Buffalo Bill and the Indians, or Sitting Bull's History Lesson (1975/76) ihr vorläufiges Ende findet. Was Nashville mit späteren Filmen vor allem wie A Wedding (1977/78), Short Cuts (1993), Prêt-à-Porter (1994) und Gosford Park (2001) stärker verbindet, ist der Gedanke der simplifizierenden Linearität herkömmlicher Hollywood-Produktionen ein komplexes Geflecht von unübersichtlich vielen Charakteren und Einzelgeschichten gegenüber zu stellen, in dem besonders die Schwierigkeiten des Individuums mit vorgeformten Identitätsmodellen offensichtlich werden. Was Nashville darüber hinaus mit Buffalo Bill and the Indians, The Player (1992) und Prêt-à-Porter verbindet, ist die kritische (Selbst)Reflexion über Mechanismen und Auswirkungen des Showgeschäfts.

Darüber hinaus reiht sich der Film in Altmans Schaffen bis Ende der 70er Jahre durch seine Produktionsweise ein, die sich auszeichnet durch eine von großen Studios unabhängige Finanzierung, durch ein vergleichsweise festes Ensemble und durch einerseits das freie 'Sich-Einbringen-Können' aller Beteiligten unter der andererseits festen Führung Altmans.5

Und schließlich ist Nashville ein immer wieder besonders gelobtes Beispiel für ein weiteres Markenzeichen Altmans: für seine innovative, sorgfältige Tonbehandlung. "Man muss den Ton hören, aber nicht unbedingt einzelne Wörter. (...) Wir gehen nach dem einfachen Prinzip vor, dass das Publikum hören soll, was es sonst auch hören würde."6 In Nashville hat Altman das Verfahren, den Ton mittels eines 8-Spur-Verfahrens direkt am Drehort aufzuzeichnen und das bei California Split (1974) zum ersten Mal zum Einsatz kam, weiter entwickelt und verfeinert (unter anderem kam hier auch noch ein tragbares 16-Spur-Gerät für die Musik dazu, was zusammen genommen die oft beschworene Zahl 24 ergibt). Durch dieses Verfahren erreicht Altman eine Wirklichkeitstreue, die vor allem bei Nashville Dokumentarfilmcharakter erreicht.





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3 Einleitende Betrachtung von Nashville

Der Film entsteht in einer Stimmung, die Robert T. Self beschreibt als "between a modernist point of view of alienation and the postmodern celebration of being lost in the fun house" (Self 2002: x). Deleuze nennt als Gründe für dieses in Hollywood in den 70er Jahren aufkommende Gefühl: "in loser Reihenfolge wären anzuführen: der Krieg mit seinen Folgen, der in jeder Hinsicht ins Wanken geratene 'amerikanische Traum', das neue Selbstverständnis der Minoritäten, die Bilderflut und die Bilderinflation sowohl der Außenwelt wie auch in den Köpfen der Leute, das Einwirken neuer experimenteller Erzählweisen in der Literatur auf den Film, die Krise Hollywoods und der alten Filmgattungen" (Deleuze 1989: 76). Ideeller Hintergrund dieser These ist eine Weltanschauung, die Teleologie ablehnt und Realität als kafkaeskes Konstrukt begreift. Wirklichkeit wird von undurchsichtigen Institutionen hergestellt, hinter denen keine verantwortlichen Individuen stehen. Im undurchsichtigen Netz von unaufhörlichen, gegenseitigen Manipulationen geht der sowieso 'sozial' konstruierte einzelne Mensch unter.

Auf den ersten Blick wirkt Nashville tatsächlich wie der bloße Ausdruck eines solchen Gefühls. Der Film erscheint zunächst als interessenloser Bericht, eine kommentarlose Dokumentation oder Filmreportage: während einer bestimmten Zeiteinheit wird an einem bestimmten Ort das Leben als solches aufgezeichnet. Eine verwirrend große Anzahl an nur lose miteinander verbundenen Protagonisten wird von der Kamera begleitet, ohne dass wir den Eindruck erhalten, sie würden sich in einer bestimmten, von einem Autor entworfen Geschichte befinden. Viele Einstellungen wirken wie rein zufällig von der Kamera eingefangen. Alles spielt sich in einer klar markierten 'hier- und jetzt' – Zeit ab, am Vorabend zur 200-Jahr-Feier der Vereinigten Staaten, der Entstehungszeit des Films. Der reale Ort, der dem Film seinen Namen gibt, ist scheinbar Subjekt des Films. Der Film verzichtet dabei auf Elemente, die artifiziell wirken würden: gedreht wird hauptsächlich an Originalschauplätzen, der chronologische Ablauf wird nicht durchbrochen oder in Frage gestellt. Das Licht wirkt beinahe immer natürlich, realistisch. Ebenso der Ton, der oft polyphon und unverständlich bleibt. Der Zuschauer ist so zunächst gezwungen, sich selbst zurecht zu finden.

Gilles Deleuze nennt dieses Gefühl die "Krise des Aktionsbildes" (Deleuze 1989: 264).7Er führt diese auf Alfred Hitchcock zurück, von dem er sagt, "er macht die Relation zum Gegenstand eines Bildes, das sich dem Wahrnehmungs-, Aktions- und Affektbild nicht einfach hinzugesellt, sondern diese umrahmt und transformiert" (ebd.: 272).




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Deleuze meint, dass das Bild keine kausal aufeinander folgenden Handlungen mehr zeigt, sondern hier einzelne Element aufgedeckt werden, die die Bildregie zueinander in Beziehung setzt und der Zuschauer sich durch diese Beziehung der einzelnen Elemente zueinander die Geschichte selbst konstruiert (er nennt das auch die "Erfindung des mentalen Bildes – oder Relationsbildes", ebd.: 274) und also in den Film miteinbezogen wird.8

Zu dieser Kategorie von Filmen zählt Deleuze, neben vielen anderen Werken von Robert Altman, wie A Perfect Couple, A Wedding und Quintet, vor allem Nashville. Er nennt fünf Merkmale, durch die sich diese neue Art von Film allgemein auszeichnet9: "die dispersive Situation, die absichtlich schwachen Verbindungen, die Form der 'balade'10, die Bewusstwerdung des Klischees und die Denunziation des Komplotts" (ebd.: 281).


4 Nashville Krise des Aktionsbildes?

Die allgemeine These zur "Krise des Aktionsbildes" von Deleuze scheint im Prinzip viel für sich zu haben und unbewusst folgt die Sekundärliteratur zu Nashville zumeist auch seiner Theorie. Robert T. Self z.B. nennt es (unter Bezugnahme auf Robert Altman selbst) "subliminal reality". Sie rührt seiner Meinung nach von "anxiety and doubt about ultimate meanings" her "[and] tells meandering and unclosed stories" (Self 2002: vii). Er trifft sich mit dem "mentalen Bild" von Deleuze, wenn er von ihr sagt: "it engages an active audience awareness as necessary and complicit in the construction of consequence" (ebenda). Als Ort der "subliminal reality" sieht er "lyrical fictions (...) metaphoric discourse, and […] inexplicable human associations" (Self 2002: vii).

Robert Phillip Kolker spricht (ungefähr zeitgleich wie Deleuze) davon, dass "Altman is imposing peripheral action onto the central focus of the sequence" (Kolker 1988: 311) und dass "the point of view given the viewer is that of discoverer and connector" (Kolker 1988: 318).

Helene Keyssar beruft sich zwar gleich auf Derrida und Wittgenstein zusammen: "Robert Altman makes situations and episodes into texts, therby creating discourse and reinventing the author or the reader as author" (Keyssar 1991: 12), und weiter: "Altman shares with Wittgenstein a conception of knowing that argues that meaning is achieved by lateral, diachronic juxtaposition, not by layers that can be penetrated" (Keyssar 1991: 23).




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Ihre Diskussion des Filmes fügt sich aber ebenso in die Konzeption von Deleuze' "mentalem Bild" ein, wenn sie zu dem Schluss kommt, "in many instances it is the interpretation of shots that establishes narrative and makes the film mean." (Keyssar 1991: 23)

Wir wollen nun aber fragen, ob diese Klassifizierung von Nashville dem Film auch ausreichend gerecht wird. Wir wollen also zunächst untersuchen, inwieweit Altmans Film die Kriterien von Deleuze tatsächlich erfüllt, um dann zu sehen, ob Nashville die "Krise des Aktionsbildes" nicht sogar noch weiter verschärft.


4.1 Dispersive Situation

Zunächst zur "dispersiven Situation". Sicher bilden die 24 Charaktere keine homogene Gruppe und Deleuze erkennt richtig, dass das verbindende Element, das dennoch für eine gemeinsame Situation sorgt, darin besteht, dass "alle Personen in derselben Wirklichkeit stehen" (Deleuze 1989: 277). Das Nashville der Counrtymusik ist der gemeinsame Hintergrund. Doch ist es nicht nur dieser, der ein Zerfallen in allein für sich stehende Sketche oder Episoden verhindert, sondern der zumeist sehr bewusste Kontakt der Personen untereinander. Es ist vor allem das klar denotierbare Interesse der Figur des John Triplette (Michael Murphy), das dem Film in seinem Schweifen zwischen den einzelnen Charakteren nicht nur Zusammenhalt, sondern auch (wie wir sehen werden) Struktur verleiht.

Auch die zunächst verwirrend große Anzahl an Figuren entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als von bestimmten Systemen geordnet (lässt man ihr Geschlecht einmal beiseite). So weist z.B. Helene Keyssar zu Recht darauf hin, dass die Charaktere "are presented as either insiders or outsiders in relation to the town of Nashville" (Keyssar 1991: 143) – gleiches gilt z.B. für ihr Verhältnis zur Musikindustrie – und dies ist kein Muster, das sich erst langsam enthüllt, spätestens nach dem Stau am Anfang des Films ist geklärt, wer in welche Gruppe gehört. Durch diese einfachen, dualistischen Systeme11 werden klare Ausgangspositionen geschaffen und der Prozess ihrer Durchdringung (z.B. Außenstehende werden zu Eingeweihten) wird zum sich in den verschiedenen Figuren wiederholenden Muster.




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Was die Figur der Opal (Geraldine Chaplin) betrifft, so bekommt der Film durch sie zwar einerseits einen stärkeren Zusammenhalt, weil sie für den Zuschauer Figuren verbindet (was auf eine dispersive Grundsituation deutet). Aber Altman benutzt sie vor allem, um das Thema des Films zu verdoppeln: Sie nimmt mit ihrer Reportage scheinbar die Rolle des Zuschauers ein, der als Fremder in die Welt von Nashville eintaucht und scheint diesen zu spiegeln, indem sie, vom Zufall geleitet durch Nashville streift, Impressionen sammelt und diese versucht zu einem Bild zusammen zu fügen. Doch sie ist auf der anderen Seite Teil des Films, den der Betrachter aus einer anderen Perspektive, von einem höheren Standpunkt aus verfolgt – anders als der Zuschauer kann sie am Ende nicht wissen, was passiert ist. So ist diese Figur mit ihrer Reportage ein Mittel, dem Betrachter fälschlich zu suggerieren, der Film entspräche ihrer Reportage, wäre genauso ungeordnet und nur vom Zufall bedingt.


4.2 Herumstreifen (Balade)

Hier käme dann die "balade" ins Spiel: die scheinbare Ungerichtetheit der Bewegungen von Protagonisten und Geschichte, das 'Herumstreifen' zwischen Orten und fragmentierten Handlungssträngen, was für Deleuze ein zentrales Merkmal des neuen Kinos, besonders der Filme der franzöischen – Nouvelle Vague darstellt.

Dieses Merkmal trifft aus zweierlei Gründen nicht auf Nashville zu. Zum einen ist es auffällig, dass der Film zwar viele Ortswechsel beinhaltet, ein tatsächliches Wandern aber findet praktisch nicht statt. Die Handlung gleitet nicht, sondern ereignet sich in einer Serie von statischen Momentaufnahmen. Doch gibt es zum anderen nicht nur diese Partikularismen, die sich scheinbar einzig vor dem Hintergrund der allgemeinen Situation zu einem Bild zusammenfügen, es gibt auch eine gewisse Anzahl an Orten, an die der Film immer wieder zurückkehrt: vor allem das Krankenhaus, aber auch die privaten Lebensräume von Tom (Keith Carradine), der Familie Reese, von Mr. Green (Keenan Wynn) und von Sueleen Gay (Gwen Welles) kehren mehrmals wieder und verleihen dem Film etwas Statisches. Einzig auf der Ebene einzelner Figuren wie Albuquerque (Barbara Harris) und Opal, vor allem aber in der des Tricycle-Man (Jeff Goldblum) ist der Ansatz einer "urbanen Wanderung" (Deleuze 1989: 278) erahnbar.




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4.3 Denunziation des Komplotts

Von der "Denunziation des Komplotts" in Nashville ist Deleuze besonders überzeugt. Es geht ihm dabei einerseits darum, "dass man an eine mächtige konzentrierte Organisation glaubt, an eine riesige Verschwörung, der es gelungen ist, die Klischees von außen nach innen und von innen nach außen zirkulieren zu lassen" (Deleuze 1989: 280). Hinzu kommt, und das ist seiner Meinung nach die entscheidende Neuerung im Hinblick auf das konventionelle Erzählmuster, dass diese Organisation "von ihren Effekten, ihren Trägern und Medien (...) nicht mehr zu unterscheiden [ist]" (ebd.:281). Sicher ist der Film von einer Ubiquität der Medien- und Unterhaltungsindustrie geprägt und auch, dass Effekt und Träger eines Systems nicht mehr getrennt auftreten macht z.B. die Figur des Haven Hamiltons (Henry Gibson) sehr deutlich. Dieser proklamiert nicht nur ein Klischee (der aufopferungsvolle Vater, der in Weiß gekleidete 'man of manners'), sondern lebt auch in diesem gefangen – nicht dazu Passendes verdrängt und negiert er (sogar sein Sohn Bud (Dave Peel) ist im Gespräch mit Opal während der Gartenparty nicht bereit, sich die desaströse Familiensituation einzugestehen).

Die Verquickung von Medien und Politik im Film kann man ebenfalls als eine Art Denunziation betrachten: "Hal Phillip Walker is, in a way, a mystery man" stellt schon Howard K. Smith im Film fest. Der Zuschauer bekommt, ebenso wie die Charaktere im Film (bis auf Triplette) Walker nie zu Gesicht. Dieser bleibt Phantom hinter seiner Stimme, die sich in Phrasen ergeht und sich via Lautsprecher aggressiv Gehör verschafft. So zeigt Altman Politik als undurchsichtiges Machwerk ohne Inhalt und nur auf affektiven Wählerstimmenfang bedacht, was vor allem am Ende des Films auffällt, wenn (das Konstrukt) Walker im Autocorso verschwindet, ohne sich in die Situation einzumischen, oder Stellung zu beziehen.

Altman bettet diese Kritik jedoch in eine weiterfassende ein: Wie sehr die Realität des Zuschauers von Konstrukten beherrscht wird macht Altman hier deutlich, indem er den realen Nachrichtensprecher Howard K. Smith zwar erscheinen lässt, aber nur mittelbar. Der Zuschauer bekommt Smith nur so zu sehen, wie er ihn auch bei sich erlebt, als Bild auf einem Fernsehmonitor. Trat der fiktive Reporter während der Flughafenszene noch als integrales Element des Films auf, ist hier Smith nur virtuelles Element innerhalb der Fiktion, wodurch sein Beitrag real wirkt und dem Zuschauer die Frage gestellt wird, inwiefern seine eigene Erfahrung von medialen Formen abhängig ist.




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Was im Argument von Deleuze weniger einleuchtet ist hingegen der Gedanke des Komplotts. In Altmans Film gibt es kein 'dahinter' als Ziel einer möglichen Denunziation. Denn selbst existenzielle Gefühle wie Gewalt, Leid und Tod werden nur vor dem gemeinsamen Hintergrund thematisiert. Wades (Robert Doqui) Ausbruch gegen Tommy Brown (Timothy Brown) hat mit dessen Erscheinung im Showgeschäft zu tun, Mr. Greens Schmerz über den Tod seiner Frau wird nur in der Gegenüberstellung mit der Unterhaltungsindustrie gezeigt. Es gibt kein jenseits des Systems und niemanden, der nicht in einer klassischen Herr-Knecht Dialektik abhängiger Teil desselben wäre, am wenigsten die sogenannten 'Macher'. Und auch wenn Walker ein mysteriöses Konstrukt bleibt, haben wir in der Figur seines Managers jemanden, der zwar nicht im Hintergrund die Fäden zieht, aber doch für seine Tätigkeit vom Zuschauer verantwortbar gemacht werden kann. Es gibt keine "Organisation", bei Altman hängen Medien, Politik und Unterhaltungsindustrie als Ganzes unentwirrbar zusammen und bilden gemeinsam das kritisierte Gesellschaftspanorama – es ist eher eine Kritik, wie sie Horkheimer/Adorno an der Kulturindustrie üben: "Jedem beliebigen Tonfilm, jeder beliebigen Radiosendung lässt sich entnehmen, was keiner einzelnen, sondern allen zusammen in der Gesellschaft als Wirkung zuzuschreiben wäre. Unweigerlich reproduziert jede einzelne Manifestation der Kulturindustrie die Menschen als das, wozu die ganze sie gemacht hat." (Horkheimer/Adorno 2003: 135)12


4.4 Bewusstwerdung des Klischees

Die "absichtlich schwachen Verbindungen" und die "Bewusstwerdung des Klischees" bedingen sich laut Deleuze gegenseitig.13 Sicher finden sich in Altmans Film viele 'Aktualitäten', sie begründen seinen oberflächlichen realistischen Dokumentarfilmcharakter. Von ihrer Aufgabe sagt Deleuze, dass sie in der Außenwelt zirkulieren und unsere Innenwelt konstituieren, denn damit "die Leute sich selbst und die Welt ertragen, muss das Elend ins Innere des Bewusstseins gedrungen und das Innen dem Außen gleich geworden sein" (Deleuze 1989: 279).

Dies stimmt auf der intrafiktionalen Ebene des Films, doch gerade der vordergründige Dokumentarfilmcharakter lässt letzten Endes die Fiktion des Ganzen umso deutlicher bewusst werden (Barbara Jean (Ronee Blakley) und ihr Mann Barnett (Allen Garfield) hören zwar im Krankenhaus eine Live-Übertragung der Opry-Show, aber es ist die fiktive Veranstaltung des Films).




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Es gibt kein reales Außen, vielmehr ist dies bei Nashville umgekehrt nach dem Innen, dem inneren Elend konstruiert: die Figuren sind erfunden (auch wenn sie teilweise Anlehnungen an reale Personen enthalten14), die Lieder sind speziell für den Film geschrieben und was an Fernseh- und Radionachrichten oder Übertragungen auftaucht, ist ebenfalls fiktiv. Tatsächlich aktuelle gesellschaftliche oder politische Ereignisse kommen fast nicht vor.15


4.5 Absichtlich schwache Verbindungen

Als Merkmal der absichtlich schwachen Verbindungen nennt Deleuze, dass der Zufall "zum einzigen roten Faden [wird]" (Deleuze 1989: 277). Auch dies scheint vordergründig zu stimmen, wie ein kurzer Blick auf die Handhabung des sehr auffallenden Elements von Hal Phillip Walkers Wahlkampfwagen veranschaulichen soll.

Auf der Handlungsebene völlig unverbunden und nicht einmal indirekt interagierend mit anderen Handlungssträngen oder anderen Personen des Films,16 zieht er seine Kreise. Auffällig wird er dabei durch sein behauptetes Wesen, seine proklamierte Inhaltlichkeit: per Lautsprecher verkündet die angebliche Stimme des Wahlkampf-Kandidaten Walker seine politischen Thesen und Meinungen. Indem sich diese Auftritte mit verschiedenen Aussagen durch den Film ziehen, erwecken sie den Eindruck, es handle sich um einen Kommentar auf Metaebene.

Das erste Erscheinen des Vans eröffnet den Film, wobei der Kernpunkt dieser ersten Proklamation die Aussage ist: Politikverdrossenheit und Desinteresse sind weitverbreitet aber es kann kein unpolitisches Verhalten geben: "All of us are deply involved with politics whether we know it or not and whether we like it or not."

Während dem ersten Auftritt also tatsächlich ein programmatischer Charakter zugeschrieben werden kann (auf ihn folgt Hamiltons patriotisches 200 years), verliert sich der direkte inhaltliche Bezug zum Geschehen danach und es bleiben nur zufällig wirkende Beziehungen. So wenn beim dritten Auftritt vom Verlust des praktischen Sinns die Rede ist und die vom Flughafen abfahrenden Autos eine Parkschranke demolieren, wenn während des Staus konstatiert wird "there's no breathing space", beim fünften Erscheinen Albuquerque nach Geld in ihrer Börse sucht während die Lautsprecher behaupten zu wissen, wie es sich anfühlt kein Geld zu haben.




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Beim letzten (hörbaren)17 Auftritt dagegen beziehen sich die Wahlkampfaussagen klar auf den zuende gehenden Tag (Sonntag), die verschiedenen Gottesdienste. Altman führt das Element des Vans also bedeutungsschwer ein, um dann Erwartungen nach inhaltlicher Gliederung des Geschehens oder übergeordneten Kommentaren zu brechen. Sein Erscheinen ist aleatorisch, seine Aussagen bleiben Plattitüden in einer "Allgegenwart seiner Radioreden (...), welche die Allgegenwart des göttlichen Geistes [als sinnstiftendes Element] dämonisch parodier[en]" (Horkheimer/Adorno 2003: 168).

Nun liegt der Gedanke nahe, dass die einzelnen Figuren analog zum Wahlkampfwagen behandelt werden, sich die Figuren also begegnen, sich daraus aber nur unzusammenhängende Situationen ergeben. Doch Altman stattet fast alle Figuren mit einer Geschichte aus, die sie mit den anderen Figuren verknüpft. Schon indem er sie mehr oder weniger alle zusammen zu Beginn des Films einführt, ergibt sich bereits aus der bloßen Chronologie ihrer Auftritte meist eine Geschichte, die über die bloße Darstellung einer Figur in einer Situation hinausgeht (wie es etwa in A Wedding hauptsächlich der Fall ist). Hinzu kommt weiter der Umstand, dass die meisten Figuren nicht vereinzelt auftreten, sondern von Beginn an (im Verlauf sich erweiternde) Kleingruppen oder Paare bilden. In nur wenigen Figuren geht der Gedanke von den "schwachen Verbindungen" auf: allen voran natürlich mit der Figur des Tricycle-Man, bis zu einem gewissen Punkt mit der der Opal (man bedenke z.B. ihren unvermittelten, unerklärlichen Auftritt im Tonstudio, mitten in einer laufenden Szene) mit Norman (David Arkin), Tommy Brown, Star (Bert Remsen) und Connie White (Karen Black). Das sind Figuren ohne eine durchlaufende, sich entwickelnde Geschichte, Figuren die keine Vergangenheit oder Zukunft haben und die für den Zuschauer nur in dem Moment existieren, in dem er sie sieht. Ganz im Gegensatz dazu stehen die Geschichten, die Altman den anderen Charakteren gibt, wie vor allem die Ehekrise im Hause Reese (man beachte, dass nicht nur Linnea (Lily Tomlin) eine Affäre hat, auch die sexuelle Belästigung von Sueleen durch Delbert Reese (Ned Beatty) wird bereits angekündigt wenn diese bei ihrem ersten Erscheinen in der Flughafen-Bar Delbert sichtlich auffällt) oder das Auseinanderbrechen der Band und der privaten Beziehungen von Bill (Allan Nicholls), Mary (Christina Raines) und Tom.

Schließlich hat Kolker recht, wenn er sagt: "the controlling thematic of celebrity, power, their illusions and abuses, is adressed in each sub-narrative and through each character." (Kolker 1988: 355)




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5 Handlungsstrukturen

Haben wir also gesehen, wie umsichtig Altman sich dem Thema der Verbindungen der Figuren untereinander annimmt, wollen wir nun noch nach Handlungssträngen in Nashville fragen.18 Denn neben der zeitlichen Struktur sind es vor allem kausal-logisch nachvollziehbare, weil vorgeführte Handlungssequenzen, die letztlich den Zuschauer doch davon 'befreien' sich aktiv gegenüber dem Film zu verhalten, sich die gesehenen Ereignisse19 selbst in eine Ordnung zu bringen (wie es etwa bei Filmen wie Resnais' und Robbe-Grillets L'Année dernière à Marienbad (1960) oder David Lynch's Mulholland Drive (2002) der Fall ist). Bei Altman fügt sich unserer Meinung nach also so viel zusammen, dass es als sehr fraglich erscheint, ob die "Fiber des Universums, die für die Kontinuität der Ereignisse sorgte" (Deleuze 1989: 277) tatsächlich als gerissen betrachtet werden kann.

Ein eindrückliches Beispiel dagegen liefert Altman schon früh in seinem Film. Nach der Flughafen-Sequenz wird der Zuschauer zum Zeugen eines Verkehrsunfalls, der den Stau auf der Schnellstrasse auslöst. Anders als alle später beteiligten Figuren kann er so den Hergang genau nachvollziehen. Die Szene ist von besonderer Bedeutung, weil sie mit dem Stau die erste Sequenz einleitet, in der wirklich alle Figuren zusammen an einem Schauplatz versammelt sind, wie es erst wieder am Schluss des Films eintreffen wird. Auch verweist sie bereits auf dieses Ende,20 wo dem Zuschauer die symbolische Parallele zwischen dem Unfall und dem Attentat nicht wird entgehen können. Indem der Zuschauer bei dem Stau (im normalen Erfahrungshorizont oft ein beinah unerklärliches Phänomen) erst die Ursache und dann die Wirkung verfolgen kann, macht Altman deutlich, dass er an der Kausalität als Prinzip festhalten will, so zufällig die Einstellungen zunächst auch wirken mögen. Der Zuschauer kann sich hier darauf einstellen, dass er zum allwissenden Beobachter wird, dem alle wichtigen Informationen für die eintretenden Ereignisse auch präsentiert werden. Gibt es so Hinweise auf eine den Ereignissen im Film inhärente Kausalität, liegt die Frage nach einer Struktur nahe.

Die zugrunde liegende Struktur ist sicher die Organisation der Wahlkampfveranstaltung am Parthenon für Hal Phillip Walker. Mit der Ankunft des Organisators John Triplettes am Flughafen und der Fahrt von dort nach Nashville selbst, lernt der Zuschauer die Figuren des Films kennen.




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Die Figur des Managers kommt als Outsider an und wird im Verlauf des Films zum Insider, indem sie mit fast allen anderen Figuren bewusst in Kontakt kommt. Der Film endet schließlich mit der alle Figuren wieder versammelnden Veranstaltung. Waren die Figuren in der Stau-Sequenz scheinbar zufällig anwesend, so sind sie es bei der Schlussveranstaltung alle entschieden bewusst.

Altman verschleiert diese klare Struktur, indem er auf seinem Weg zum großen Finale Zwischenstationen einbaut. So wird der Zuschauer bereits in der Flughafenszene auf die Opry-Show vorbereitet. Ebenso wird schon früh die Spendensammelaktion erwähnt, deren Vorbereitungen parallel zur späteren Großveranstaltung laufen und schließlich gibt es kleinere vorbereitete Szenen, wie etwa Toms Auftritt im "No Exit". Durch diese Kleinstrukturen wird die große beinahe aus dem Blickfeld des Betrachters gedrängt. Indem immer wieder Etappenziele erst entworfen und dann erreicht werden, entsteht eine irreführende Wahrnehmung des Films als Reihe von nicht hierarchischen Ereignissen.

Eine ähnliche Wirkung erzielt Altman, indem er die klar begrenzte Handlung der Organisation der Parthenon-Veranstaltung in verwandten, aber nicht begrenzten Elemente aufzulösen sucht. Auf diese Weise wird z.B. die generelle Propaganda für Walker benutzt. Hinweise auf diesen anfangs- und endlosen Wahlkampf lässt Altman während des gesamten Films auftreten, nicht nur in Form des Wahlkampfwagens, sondern vor allen Dingen als visuelle Zeichen in Form von Plakaten, Aufklebern und Buttons, die von Helferinnen (diese in passenden 'Stars-and-Stripes'- Kostümen gekleideten Figuren tauchen immer wieder im Hintergrund auf) in der gesamten Stadt verteilt werden. Die sich entwickelnde Organisation wird oberflächlich in den Charakter des Walkampfes integriert, der als bloße statische, den Film umfassende Situation erscheint.

Vor allem aber ist der Film in sich schlüssiger als er scheint, indem das Ende psychologisch vorbereitet wird. Wie man die Organisation der Schlussfeier mitverfolgen kann, hat Altman auch Hinweise auf den sich verschärfenden psychischen Zustand von Kenny Fraiser (David Hayward) eingearbeitet. Man mag, wie Helene Keyssar21 behaupten, diese Hinweise (der überkochende Autokühler, Kennys Telefonat mit seiner Mutter, seine Verkrampfte Reaktion auf Martha/L.A. Joan, sein bewusstes Anhören der Sätze aus Walkers Wahlkampfwagen am Abend des dritten Tages,22 seine Begräbnisteilnahme, seine im Schuss/Gegenschuss gefilmte Zeugenschaft von Barbara Jeans Dues und My Idaho Home) bedürften immer noch einer Auslegung, die vom Autor nicht vorgegeben wäre - allein, sie sind da.23




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Der Schuss kommt nicht aus der anonymen Masse, man sieht den Schützen und kennt ihn (und dass Kenny sicher auch als ein Opfer der Umstände, als Produkt seiner Umgebung gezeigt wird, ist zwar sozialkritisch, ändert aber nichts am Aufbau) – ja, ein geübter Zuschauer wird sicherlich beim ersten Sehen nicht nur fragen, wer von den beiden Anwärterrinnen Sueleen Gay und Albuquerque den Durchbruch schaffen wird, sondern auch wer von den fast doppelgängerhaft inszenierten Figuren Kenny Fraiser und Pfc. Glenn Kelly sich als tickende Zeitbombe erweisen wird.24 Indem die Andeutungen im Nachhinein sich als konkret und nachvollziehbar erweisen, entsteht die Tat nicht aus einer völlig allgemeinen "subliminal reality" heraus, wie Robert T. Self behauptet (Self 2002: 195).

Wenn Self sagt, "the unmotivated action of the story parallels its lack of reason in the culture" (ebd.), so gilt das nur für das Gefühl des Betrachters beim ersten Sehen, das vom Informationsüberfluss geprägt ist. Denn wie Keyssar schreibt, sollte man den Film ein zweites Mal sehen, wird man nach Andeutungen und Hinweisen suchen – und sie dann auch finden.

Ebenso wird die Figur der Barbara Jean schon durch ihren Zusammenbruch am Ende der Flughafen-Sequenz als Opfer eingeführt und nach ihrem, in einer mittleren Katastrophe endenden ersten Auftritt ist ihr Manager-Mann nahe daran zu erkennen, dass sie bereits Opfer der eigenen Vermarktung ist – um sie dann allerdings gleich zu ihrem Auftritt während der Parthenon-Veranstaltung zu verpflichten. Dies verweist wieder auf die Doppelbödigkeit von Altmans Film, der vordergründig Struktur und Kausalität negiert, sich diesen aber schließlich doch beugt.


5 1 Die Bedeutung der Musik in Nashville

Doch nicht nur in der Handlungsführung auf der Figuren-Ebene erzählt Altman kausal-koheränte Geschichten, auch seine Musikbehandlung scheint uns alles andere als zufällig und damit der These von Deleuze zu widersprechen. Wir wollen im Folgenden untersuchen, wie dieser für den Film zentrale Themenkomplex25 behandelt wird, wie differenziert und damit systematisch sich Altman diesem annimmt.





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Ziemlich in der Mitte des Films befindet sich eine Sequenz, die die verschiedene Protagonisten an unterschiedlichen, doch rein christlichen Gottesdiensten teilnehmend zeigt. Es gibt eine proklamierte Vielfalt, doch letztlich ist es ein sehr beschränkter Diskurs. Altman legt sein besonderes Gewicht dabei auf die Musik. Der Zuschauer bekommt die verschiedenen Gottesdienste anhand der musikalischen Einlagen präsentiert. Indem Altman harmonisch von einer Musiknummer zur nächsten wechselt, betont er die Musik als das verbindende, Unterschiede überbrückende Element. Die Protagonisten werden dabei teils als Solo- und Chorsänger teils als Gemeindemitglieder vorgeführt. Zunächst fällt die Parallele zum Show-Geschäft auf: Es scheint Darsteller und Publikum, Bühne und Zuschauerraum zu geben. Doch Altman macht die Unterschiede schnell deutlich. So kommt die Musik hier ohne offensichtliche elektronische Vermittlung oder Verstärkung aus, wodurch sie den Anschein des Privaten und Natürlichen bekommt. Ob die Musik nun eher ekstatisch oder meditativ, ob Solo-, Chor- oder Gemeindegesang gezeigt wird, in den Gottesdiensten herrscht ein Gemeinschaftsgefühl, weil das Verhältnis der Anwesenden zueinander bestimmt wird durch ihre gemeinsame Ausrichtung auf ein Transzendentales, auf Gott.

Den Höhepunkt und Abschluss in dieser Szenenfolge bildet die Krankenhauskapelle mit Barbara Jean. Man hört den gefeierten Star zum ersten Mal singen. Die Kamera isoliert sie zunächst in einer Nah-Aufnahme und bettet sie erst durch einen langsamen Zoom in die Umgebung ein. Sie singt privat und doch in einer Gemeinschaft. Sie singt von ihrem Erlöser, "He speaks and the sound of his voice/ Is so sweet the birds hush their singing/ And the melody that He gave to me/ Within my heart is ringing." Der göttliche Trost ist gleichbedeutend mit Musik, die im Innersten des Menschen und sogar in der Natur wirkt.

Altman zeigt die Musik in dieser Sequenz an ihrem Ursprung: dem feierlich-religiös Rituellen und verweist damit auf den Anfang seines Films, in dem der Zuschauer zusammen mit Opal Zeuge von Linneas Einspielung von Yes, I Do geworden ist. So technisiert und kommerzialisiert das war, Opals Beobachtungen (die freilich nicht über Klischees hinausreichen) von menschlichen Urzuständen kommen nicht von ungefähr und auch die Ekstase von Linnea und dem Chor scheint nicht künstlich zu sein. Das Aufgehen und Verschwinden der sehr hell geschminkten weißen Solokünstlerin im farbigen Chor wirkt durch die Musik organisch-glaubhaft.

Altman macht die Wurzeln der Unterhaltungsindustrie kenntlich als in dem Urbedürfnis der Menschen liegend, nach etwas außerhalb ihrer eigenen Existenz zu fragen.




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Musik als Ausdruck der Sehnsucht nach etwas Größerem, Höherem, in dem sich das individuelle Selbst aufgehoben fühlen kann und Musik als Mittel, dieses Gefühl des Aufgehobenseins in einer diesseitigen Gemeinschaft zu verwirklichen. In diesem Sinne funktioniert auch die Szene, in der Linnea Reese mit ihren tauben Kindern Gesang und Zeichensprache zusammenbringt. Hier geht es nicht um Musik als artifizielle Folge von Tönen, sondern um ihr Wesen als rhythmisiertes Gefühl, das darauf angelegt ist, geteilt zu werden. Es gilt für die ursprüngliche Musik bei Altman, was Adorno (in Bezug auf das Wagnersche Orchester in Versuch über Wagner) formuliert: "Indem [sie] die Angst des hilflosen Menschen ausspricht, könnte [sie] den Hilflosen, wie immer schwach und verstellt, Hilfe bedeuten, und aufs neue versprechen, was der uralte Einspruch der Musik versprach: Ohne Angst Leben." (Adorno 1997: 145)

Dicht auf die Gottesdienst-Sequenz folgt die Szene, in der Albuquerque während eines Autorennens ihren ersten Musik-Auftritt hat. Damit stellt Altman der 'Geburt' der Musik ihren 'Tod' in der Unterhaltungsindustrie einer kapitalistisch entwickelten Gesellschaft gegenüber. Indem man keine Fahrer sieht, wird der Rennsport als entmenschlichter, monotoner Wettstreit von Maschinen vorgeführt, der die Langeweile des Publikums nur mäßig dämpft. Auffällig ist die Werbung für die Musiker der Branche, die hier ganz wie ein industrielles Produkt, den kapitalistischen Marktgesetzen gehorchend beworben wird. Vor allem aber ist hier die Tatsache wichtig, dass Albuquerque während ihres Auftrittes nicht zu hören ist. Der Motorenlärm übertönt sie trotz (visuell erkennbarer) elektronischer Verstärkung. Die Musik ist so sehr zu einem reinen Unterhaltungsmittel verkommen, dass sie noch nicht einmal hörbar zu sein braucht – man hört ihr sowieso nicht mehr zu. Zur Unterhaltung genügt das visuelle Bild und ironischer Weise steht Albuquerque bei ihrem Auftritt auf einem Podest, das den Schriftzug "Nashville" trägt: durch ihre Omnipräsenz ist die Musik zur leeren Hülle geworden, ihres Wesens beraubt, es bleibt nur noch die (visuelle) Show. Dabei richtet sich die Kritik nicht prinzipiell gegen 'leichte' Kunst,26 sondern es gilt: "was sich einprägt, ist die automatisierte Abfolge genormter Verrichtungen. (...) Das Vergnügen erstarrt zur Langeweile, weil es, um Vergnügen zu bleiben, nicht wieder Anstrengung kosten soll und daher streng in den ausgefahrenen Assoziationsgeleisen sich bewegt.". (Horkheimer/Adorno 2003: 145)27






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5.2 Musik vs. Geschäft

Zwischen diesen, in der Mitte des Films einander gegenübergestellten Polen, bewegt sich der Status der Musik in Altmans Film. Da er sich vor allem auf die Musikindustrie konzentriert, zeigt er ausführlich welchen Mechanismen die kommerzialisierte Musik folgt. Er verdeutlicht sie, indem er erfolgreich Produzierende, scheiternde Aspiranten und das Publikum vorführt. Erfolg hat das sich versteckt am Markt orientierende Lied, das dabei behauptet, Ausdruck der eigenen Persönlichkeit zu sein.28 Besungen wird, was der allgemeinen Zustimmung sicher sein kann: Patriotismus, Familie, Optimismus (als vorwiegend männliche Domäne). Melancholische Lieder bleiben zart melodisch (unterwerfen sich keiner Übermacht des Gefühls) und erzählen von allgemein nachvollziehbaren Gefühlen, einem Gefühl von Verlorensein, einem Gefühl von Liebesschmerz (als vorwiegend weibliche Domäne). Negative Emotionen werden als schmerzhaft, aber nicht als existenziell bedrohend vermittelt.

So scheitert Sueleen Gay nicht nur an ihrer mangelhaften Stimme, sondern vor allem weil sie das Gesetz des Marktes falsch interpretiert. Zu offensichtlich richtet sie sich nach dem 'sex sells' – System. Während die Erfolgreichen vorgeblich Persönliches (vgl. z.B. Hamiltons For The Sake Of The Children) in konsumierbarer Weise vermarkten, versucht sie offensichtlich Vermarktbares, aber ihrer Persönlichkeit Widersprechendes herzustellen (sie polstert sich ihren Busen mit Taschentüchern auf, probt vor einem Spiegeltisch, der mit Madonnen-Figuren vollgestellt ist und ist so fromm, dass sie an der katholischen Messe mit Kopftuch teilnimmt). Ihr Kostüm bei ihrem Auftritt während der Spendensammelaktion für Walker ist (sehr viel mehr als die Roben der anderen Sänger) offensichtliche Verkleidung, sie erscheint buchstäblich in einer Maske.29 Das Publikum, der Möglichkeit der Selbsttäuschung so beraubt, reagiert aggressiv: Es verlangt dann tatsächlich die nackten Tatsachen.

Wie heikel das Verhältnis Künstler, Rolle und Publikum tatsächlich ist, macht Altman darüber hinaus an anderer Stelle deutlich, nämlich beim Auftritt Barbara Jeans im Opry Belle. Ist diese mit ihrem als femme fragile klar denotierbaren äußeren Erscheinungsbild (weiße, lange Kleider, Schleifen im Haar) sehr erfolgreich, so kippt die Situation – die Vorstellung – in dem Augenblick total, in dem sie ihre Künstlichkeit, ihren theatralen 'als ob'- Charakter verliert.




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Gehören anrührende Geschichten über eine einfach-ärmliche, ländliche Kindheit zum festen Inventar dieser Musik-Szene (vgl. z.B. viele Lieder [My Tennessee Mountain Home, Daddy's Working Boots u.a.] und Äußerungen von Dolly Parton), so fällt die Figur der Barbara Jean aus dem vom Publikum erwarteten Muster, wenn zum einen ihre Erzählung das tatsächlich Abgeschmackte eines solchen realen Lebens enthüllt und vor allem bricht sie mit der Erwartungshaltung, wenn ihre fragile Natur existentiell bedrohende Realität wird. Das Publikum feiert sie in der mit ihrem Typus übereinstimmenden, also glaubhaften Rolle der mädchenhaft Zerbrechlichen, doch in dem Moment, in dem sie tatsächlich das zerbrechende Mädchen ist, wird sie untragbar und ausgebuht – das Publikum will das unterhaltende Spiel, nicht die unangenehme, bedrohliche Realität. Die Wunschprojektion zugunsten einer größeren Glaubwürdigkeit, das lyrische Ich sei mit dem Künstler identisch – eine Projektion, die dem Rezipienten auch erlaubt, den Waren-Charakter dieser Kunst zu verdrängen , darf nicht in Erfüllung gehen.


5.3 Die Schluss-Veranstaltung

Nachdem wir die verschiedenen Aspekte gesehen haben, unter denen Robert Altman die Musik beleuchtet, fragt sich nun, wie es um das Singen am Schluss des Films bestellt ist. Es scheint zunächst ein Debakel für die Musik zu werden. Vor dem Hintergrund einer Reproduktion des Parthenon-Tempels von Athen finden sich alle Musik-Schaffenden ein, um die Wahlkampfveranstaltung Walkers zu unterstützen und ziehen tatsächlich ein beachtliches Publikum damit an. Der symbolträchtige Bau im "Athens of the South" steht dabei nicht nur, wie die Sekundärliteratur im Allgemeinen schreibt, für die griechische Demokratie als Ursprung westlicher Staatsform, sondern verweist in diesem Kontext vor allem auf den ursprünglichen Zusammenhang von Politik, Religion und Theater (Musik). Was einst heiliger Ritus war, wird nun am Ort seiner billigen Reproduktion zur profanen und dabei instrumentalisierten Unterhaltung.

Nach den Schüssen auf Barbara Jean gibt Haven Hamilton30 das Mikrofon mit der expliziten Aufforderung zu singen weiter und wird von der Bühne geleitet. Nach dem Prinzip 'le roi est mort, vive le roi' entscheidet sich Altman nun für einen zynischen Schluss. Vor dem Plakat "Replacement Party" wird der Zuschauer zum Zeugen von, wie wir annehmen müssen, Albuquerques Karrierenbeginn.




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Hat Altman durchaus die konstruktiven Möglichkeiten, die im Wesen der Musik liegen gezeigt, lässt er seinen Film nun mit dem Triumph des Systems enden, indem er das konventionelle Muster 'from rags to riches' erzählt. Wir kennen den neuen Star, wie wir den Attentäter kennen.

Fängt das Lied noch unsicher an, könnte man zunächst annehmen, es ginge hier um das menschliche Überleben in einem sinnentleerten Dasein, in dem die bewusst trotzige Akzeptanz der Unfreiheit ein Zeichen für das Erkennen derselben und damit für einen Rest geistiger Freiheit ist. Die Musik wäre dann Ausdruck eines lebensbejahenden Prinzips, einer trotzigen Lebensfreude im Angesicht des ideellen Elends – zumindest aber wäre es Ausdruck, dass, wie Kolker schreibt, "a kind of endurance is possible, albeit a passive, lonely one" (Kolker 1988: 339).

Doch das Lied entwickelt sich zum bloßen Ausdruck von Albuquerques künstlerisch-technischen Fähigkeiten, der Auftritt wird zur gewöhnlichen Show. Das Einstimmen des Publikums, das Erscheinen des Hintergrundchores auf der Bühne sind kein Zeichen einer bewussten Entscheidung, vielmehr zeigt Altman durch große Nahaufnahmen auf die verwirrten Gesichter deutlich, dass das Fortsetzen der Show ein rein pawlovscher Reflex ist: Die Menschen sind derart konditioniert, dass sie automatisch in die Show einsteigen. Das System hat die Subjekte derart unterworfen, dass ein kritisches Außerhalb undenkbar scheint und in den Großeinstellungen, in denen nun vor allem die Kinder im Publikum gezeigt werden, macht Altman deutlich: Sie wachsen innerhalb dieses Systems von Medienunterhaltung auf und werden mit dieser Sozialisierung unausweichlich fest konditioniert. Der Kameraschwenk am Ende nach oben in den Himmel versinnbildlicht die pessimistische Aussage. Kein Gott, keine erlösende Transzendenz, nur Leere.31


6 Das Parthenon-Paradox

Dieser Kameraschwenk ist nun durch seine aufgeladene Bedeutung mit das augenfälligste filmische Kunstmittel des Films. Dieser ist dabei bis zur Schlusssequenz scheinbar sehr darum bemüht, seinen artifiziellen Charakter zu verbergen, was ihm hauptsächlich durch die realistische Tonbehandlung gelingt. Wie Rick Altman in seiner Analyse gezeigt hat, ist diese nicht hierarchische Handhabung ein Mittel, sich gegen die künstlich geglätteten Aufnahmen der Film- und Musikindustrie und damit gegen diese selbst zu stellen.




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Die Hierarchie zwischen inhaltlich-narrativem und charakterisierendem oder realitätsschaffendem Ton wird vermindert, demokratisiert. Der Zuschauer erhält den Eindruck des Unverfälschten und Polyphonen, in dem er sich selbst zurecht finden muss – eine dispersive Situation im Sinne von Deleuze (s. o.), oder wie Rick Altman schreibt: "the multiple available tracks in the sound mix offer the auditor diverse possible listening patterns" (Altman 2000: 8).

Darüber hinaus wird der Ton benutzt, um den Bildraum zu erweitern. Indem wir auch Ton aus nicht im Bild befindlichen Quellen wahrnehmen, wird das perspektivische Bild gesprengt, der feste Rahmen der Leinwand durchbrochen, wodurch eine größere 'Welthaftigkeit', ein verstärkter Realismus erzielt wird.32 Doch bleibt Robert Altman nicht dabei stehen. Immer wieder desavouiert er dieses Verfahren als künstlich, so wenn man die Tontechniker in der Anfangsszene wahrnimmt, die Opry-Show von hinter den Mischpulten aus gefilmt wird oder wenn Hamilton aus dem Kirchenchor hervorgehoben wird – mag der Ton noch so sehr an einen realistischen, wahrhaftigen Dokumentarfilm erinnern, es ist dennoch kalkulierte Fiktion: "the sound mixers in the story are subject to a higher authority, a mixer of mixers who has control over both sound and image" (ebd.: 5). Und Robert Altman selbst sagt: "Ich trage während der Dreharbeiten Kopfhörer (...) um festzustellen, ob ich genug verstehe".33 Der Regisseur fordert und schärft so von Beginn an die Wahrnehmung des Zuschauers, drängt ihn aus der passiven Konsumentenhaltung (ganz im Sinne von Deleuze) und kritisiert so gleichzeitig die ihn genau zu letzterer verdammenden Medien, die ihm eine fertige, sorgfältig konstruierte Weltsicht einimpfen.

Aber Robert Altman geht noch einen Schritt weiter. Rick Altman hat unter dem Untertitel "The parthenon paradox" in seiner Analyse darauf hingewiesen, dass der Regisseur in der Schlusssequenz, in der man eigentlich die Apotheose der "democratization of sound" (Altman 2000:11) erwartet, zu einer sehr konventionellen Tonbehandlung zurück kehrt. Er erklärt dies damit, dass Altman hier auch in der Narration zu traditonellen Mustern findet: "The earlier layered soundscape is now reduced to a single line of sound, just as the promised 24-track narrative has unexpectedly been mixed down to the most traditional of linear narratives." (Altman 2000: 13) Doch diese Erklärung fragt nicht, ob es nicht schon früher in Szenen galt, dass "narrative necessity takes hold" ohne dass "innovative sound techniques go out the door" (ebd.: 14).




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Sie fragt erst recht nicht nach dem Warum – Rick Altman bleibt bei der Feststellung stehen, dass "when Nashville's twenty-four separate sound sources finally reach the Parthenon, [non-hierarchical sound and balanced sound mixes] too succumb to the classical techniques of intermittent sound mixing and standard continuity editing." (ebd.: 15)

Eine mögliche Erklärung können wir wieder bei Deleuze finden. Er sagt vom Filmschaffenden in der Zeit der "Krise des Aktionsbildes", er habe "eine Chance, aus all den Klischees ein wirkliches Bild herauszulösen und es dann gegen jene zu kehren." (Deleuze 1989: 281) Dafür bedürfte es aber "eines positiven Konzepts" (ebd.: 282) und weil das gerade im amerikanischen Film fehle, bliebe es bei Kritik und der Parodie des Klischees. Deleuze schließt mit der Kritik von D.H. Lawrence: "das Wüten gegen die Klischees bringt nicht viel, solange es sich darauf beschränkt, sie zu parodieren: auch wenn es zermalmt, verstümmelt und zerstört wird, steigt das Klischee früher oder später aus seiner Asche wieder empor." (ebd.)34

Das klingt zunächst plausibel, doch ist unserer Meinung nach das "Parthenon paradox" nicht mit "Kritik (...) in knirschendem Leerlauf" (ebd.) beantwortet. Die Schlusssequenz ist, wie wir gesehen haben, zu sehr vorbereitet, zu viel läuft hier zusammen. Wir haben auch schon gesehen, dass der Regisseur hier dem Film eine ordnungsstiftende Klammer setzt. Auf der Ebene der einzelnen Figuren kehrt Altman hier nun ebenfalls in höchst klassische Narrationsmuster zurück. Nach dem Attentat erzählt er viele der angeschnittenen Handlungsstränge zuende, vor allem was die Beziehungen zwischen den Geschlechtern betrifft. Dies fängt damit an, dass Green seine patriarchalische Überzeugung nun durchzusetzen strebt und seine Nichte seinem Einfluss zu unterwerfen sucht. Auch Bill ergreift die Initiative und zieht seine Frau Mary von der Bühne, nachdem er zuvor mit Martha/LA Joan im Publikum zu sehen war, in einen anzunehmenden Neuanfang ihrer Beziehung. Delbert Reese läuft an Sueleen Gay zielstrebig in Richtung auf seine Frau Linnea vorbei, die er nun vom Podium holt. Nicht nur im formalen Toneinsatz, auch in der formalen Behandlung der Handlungsschemata kehrt Altman hier in die Konvention zurück. Der Mann holt sich die zu ihm gehörende Frau, sei es als Ehefrau oder Nichte.35 In diesem Muster spiegelt Altman, und dies wird von der gesamten Sekundärliteratur übersehen, seinen eigenen inhaltlichen Schluss, der Regisseur stimmt beinahe unmerklich in den Schlusschor von "It don't worry me" ein.

Nachdem Altman dem Zuschauer über zwei Stunden hinweg an seiner Medien- und Wahrnehmungskritik hat teilhaben lassen, ihn scheinbar zur Emanzipation und Initiative (vgl. "mentales Bild") gezwungen hat, scheint sich der Film am Schluss in sein Gegenteil zu verkehren.




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Hier muss an den Anfang des Films erinnert werden, an den Anspann. Zunächst werden in herkömmlicher Weise die Namen der Produzenten Eingeblendet (ABC Entertainment, Robert Altman). Darauf folgt jedoch nun an der Stelle, an der für gewöhnlich der Filmtitel erscheint, eine im Stile eines "comercials" gehaltene Introduktion. Eine Überfülle an gleichzeitiger Information überwältigt den Zuschauer: am linken Bildrand laufen in alphabetischer Reihenfolge aufsteigend die Namen der Schauspieler ab, während am rechten Bildrand absteigend die Titel der Musikstücke laufen. Dazwischen sieht man sich in rascher Folge abwechselnd Bilder der einzelnen Figuren (in Übereinstimmung mit den Namen der Schauspieler), über das Ganze wird immer wieder der Titel eingeblendet. Zu diesen visuellen Informationen hört man zum einen Einspielungen der Musiktitel (in Übereinstimmung mit dem Erscheinen ihrer Titel) und zum anderen als "voice over" die Stimme eines Ansagers, der die Namen der Schauspieler nennt (synchron mit dem Erscheinen ihrer Bilder) und für eine Platte mit den erwähnten Musiknummern wirbt.

Trotz dieser bissig-ironischen Überzeichnung wird der gesamte Film so zu einem Element gerade der Unterhaltungsindustrie gestempelt, die er behandelt. Es ist nicht nur ein Prolog von dessen Wirkung man wie Helene Keyssar sagen kann: "we are clearly being thrust into the world of show business" (Keyssar 1991: 137), sondern ein Stück Realität. Dies liegt vor allem an der Musik. Wir hören hier die Titel angespielt, die wir später zur Gänze hören werden. Sie sind speziell für den Film komponiert worden und Robert Altman sagt von ihnen: "We aimed to meet the spectrum of songs coming out of the Nashville music scene in 1974 (...) we were trying to create our take on the indigenous music of Nashville." (Altman 2000a) Er verwendet keine Zitate zur Charakterisierung oder Denunziation, die Schauspieler werden nicht mit ihren Rollennamen genannt. Altman schafft ein Stück Wirklichkeit und dass es die angepriesene Platte danach tatsächlich gegeben hat zeigt, wie sehr es ihm gelungen ist, Teil des Systems zu werden.36 Dazu fügt sich dann schließlich auch, dass sich die Credits bis in die ersten Szenen des Films, im Tonstudio, hinziehen. Altman macht klar: soviel Realismus hier vorgeblich auch gezeigt werden mag, es handelt sich um einen Spielfilm.

Wie Altman seinen Film hier (wenn auch überzeichnet) als Teil der schlimmsten Unterhaltungsindustrie vorführt, ergibt er sich am Ende diesem. Er bestreitet somit, dass das Kino "ein wirkliches Bild" (s.o.) schaffen kann und scheint aus dem Resultat, zu dem später Deleuze kommt, die Konsequenz zu ziehen, die Kritik am Aktionsbild selbst zum "mentalen Bild" zu machen.




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Kolkers Kritik greift unserer Meinung nach zu kurz, wenn er Altman schlicht vorwirft, "the film tends to lose ist way, become ambiguous rather than responsible and temper ist anger with sad contemplation." (Kolker 1988: 354) Wie sich beim wiederholten Ansehen nicht nur der Schluss, sonder in weiten Teilen der gesamte Film als in herkömmlichen Mustern verharrend erweist, hinterfragt Altman zwar Hollywood, Politik, die Medien- und Unterhaltungsindustrie, nimmt sich selbst davon aber nicht aus und gibt zu verstehen, selbst Teil des kritisierten Systems zu sein. Helene Keyssar schreibt über Nashville: "while [it] exposes the decay of the old roots, it also makes transparent the error in conceiving of roots as the order of things that can be replaced or dismissed through analysis." (Keyssar 1991: 15)

Analog dazu kann man sagen, dass Altman in seinem Film gleichzeitig eine Kritik am Unterhaltungssystem vorführt und auf die Unmöglichkeit aufmerksam macht, diese Kritik mittels Unterhaltung zu üben. Altman scheint zu wissen, dass alle "Verstöße gegen die Usancen des Metiers (...) [verziehen werden], weil sie als berechnete Unarten die Geltung des Systems um so eifriger bekräftigen" (Horkheimer/Adorno 2003: 137) – und verstört deshalb durch die Verweigerung des Verstoßes.

Weiterhin liesse sich mit Roland Barthes argumentieren, der über die Wirkmächtigkeit der avant-garde- Kunst gegenüber der von ihr kritisierten etablierten Bourgeoisie schreibt: "the avant-garde rarely pursues its career as a prodigal son all the way; sooner or later it returns to the bosom which had given it, with life, a freedom of pure postponement. (...) It seems that no sooner the avant-garde won over to the necessity of revolutionary tasks than it renounces itself, agrees to die." (Barthes 1972: 68)

Indem Altman sich nicht an die Spielregeln der avant-garde hält, verweigert er einen Effekt, den Barthes treffend als Bestandteil derselben erkannt hat: "The avant-garde is in fact another carthartic phenomenon, a kind of vaccine intended to inject a little subjektivity, a little freedom under the crust of bourgeois values: we feel better for having taken part – a declared but limited part – in the disease." (ebd.)






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7 Schlussbetrachtung

Wir haben gesehen, dass Nashville sich nicht ohne weiteres in einen "art cinema"-Stil fügt, dass der Film herkömmliche Formen des Erzählens nicht in der Weise aufbricht, wie es zunächst scheinen mag und auf dem Gebiet der rein formalen Innovation sicher einem Vergleich mit etwa Resnais' und Robbe-Grillets L'Année dernière à Marienbad nicht standhalten könnte. Wir haben aber auch gesehen, dass Altmans Rückkehr in gewohnte Erzählmuster nicht als Unentschiedenheit oder gar Fehler gedeutet werden muss, sondern dass sich diese Rückkehr analog zur sich entwickelnden kritischen Aussage des Films ereignet. So liegt seine verkannte Bedeutung im Entwurf einer Utopie von 'realen Bildern' und dem vorgeführten Scheitern desselben im Angesicht einer selbstkritischen Negierung des eigenen Mediums. Altman raubt dem Publikum die Illusion, Kino könne moralisch besser als Kino sein. Was er tatsächlich kritisieren möchte, kann nur der Zuschauer kritisieren. Der Regisseur gibt ihm dazu nur die Waffen – auch gegen sich selbst – in die Hand. Dadurch hat Altman das Kino für sich aber auch davon befreit, das eigene Metier permanent kritisch zu thematisieren (so hat er auch in The Player eher das System 'Hollywood' als das System 'Kino' hinterfragt). Aus seiner Kritik hat er nicht den Schluss gezogen, sich vom Kino zurück zu ziehen – man mag ihm im Gegenteil attestieren, nun sogar einen Grund zu haben, seiner Lust am Kino umso freieren Lauf lassen zu können.

Was sicherlich noch zu Fragen übrig bleibt, ist die (erneute) Aktualität der Verquickung von Politik und Showbusiness, Aufklärung und Propaganda (z.B. Michael Moore). Selten wurde das Parteiergreifen und das Engagement von Schauspielern und Sängern derart thematisiert, wie anlässlich des US-amerikanischen Wahlkampfs 2004 (vgl. z.B. die Kampagne vote for change). "Zum Wesen der Kunst gehört aber das Fragezeichen. Nach meiner Erfahrung schätzen die Leute die Antwort viel mehr, wenn sie selber draufkommen. (...) Wenn wir begreifen würden, was Kunst kann, dann wäre Politik nicht mehr so wichtig." (Warner 2004: 17)


Bibliographie

Adorno, Theodor W. (1997): Gesammelte Schriften in zwanzig Bänden. Bd. 13. Die musikalischen Monographien. Frankfurt a.M., Suhrkamp.




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Barthes, Roland (1972): "Whose Theater? Whose Avant-Garde?" in: Critical Essays. übers. v. Richard Howard. Evanston: Northwestern UP.

Deleuze, Gilles (1989): Das Bewegungs-Bild. Kino 1. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Fuchs, Walter (1994): Das Buch der Country Music. Schindellegi: Heel.

Genette, Gérard (1994): Die Erzählung. München: Fink.

Gumbrecht, Hans Ulrich (2001): 1926: Ein Jahr am Rand der Zeit. Frankfurt a.M., Suhrkamp.

Jansen, Peter W. u. Wolfram Schütte (1981) (Hg.): Robert Altman. München Wien: Hanser.

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Kolker, Robert Phillip (1988): A Cinema Of Loneliness. Penn, Kubrick, Scorsese, Spielberg, Altman. New York: Oxford UP.

Kreye, Andrian (2004): "Mackerposen fürs Vaterland", in: Süddeutsche Zeitung 09. September. [http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/839/38801/; 15.01.2006]

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Ostendorf, Berndt (1992): "Die amerikanische "Kulturindustrie" und ihre Rückwendung auf Deutschland am Beispiel des Jazz", in: Wolfgang Reinhard u. Peter Waldmann (Hg.): Nord und Süd Amerika. Gegensätze, Gemeinsamkeiten, Europäischer Hintergrund. Freiburg: Rombach.

Rifkin, Jeremy (2004): "Europa, du hast es besser", in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 181, Rubrik: Feuilleton, Samstag, 7. August 2004, S. 11.

Self, Robert T. (2002): Robert Altman's Subliminal Reality. Minneapolis: U of Minnesota P.

Warner, Brian [alias Marylin Manson] (2004): "Humanist? Irgendsowas in die Richtung", in: Süddeutsche Zeitung v. 30. September. [http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/259/40219/; 15.01.2006]



Anmerkungen

1 Dass Rifkin 'Amerika' als Synonym für 'USA' nimmt, ist hier zu diskutieren nicht der Ort.

2 Zur Filmografie Altmans siehe: [http://www.imdb.com/name/nm0000265/. 30.10.2004]

3 Zur auteur- Diskussion siehe: Keyssar (1991: 713) und Self (2002: x).

4 Vgl. hierzu: Jansen/Schütte (1981).

5 Vgl. hierzu z.B.: Jansen/Schütte (1981: 1013).

6 Robert Altman, zit. nach Jansen/Schütte (1981: 18).

7 Was Deleuze unter einem "Aktionsbild" versteht, beschreibt er am besten anhand eines Beispiels, das er Fritz Langs Dr. Mabuse, der Spieler entnimmt: "eine in Raum- und Zeitsegmenten organisierte Handlung mit synchron laufenden Uhren, die den Mord im Zug skandieren, dem Wagen, der das gestohlene Dokument davonträgt und dem Telefon, über das Mabuse benachrichtigt wird" (Deleuze 1989: 101; vgl. auch 94 - 97).




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8 Vgl.: "Das Wesentliche ist auf jeden Fall, dass die Handlung ebenso wie Wahrnehmung und Affekt in ein Gewebe eingefügt werden. Eben diese Beziehungskette konstituiert das mentale Bild...". (Deleuze 1989: 268)

9 Deleuze ist dabei durchaus klar: "Niemals besteht ein Film nur aus einer Art von Bildern (...) Allerdings überwiegt in einem Film (...) stets ein Bildtypus" (Deleuze 1989: 102).

10 Darunter versteht er ein "Herumstreifen", das an die Stelle der Aktion getreten ist (Deleuze 1989: 278).

11 Vgl. hierzu auch: Self (2002: 192).

12 Max Horkheimer/ Theodor W. Adorno: Kulturindustrie. In: Dies. 2003: 135. Horkheimer und Adornos Kritik der Populärkultur als 'Kulturindustrie' ist oft kritisiert worden. Vor allem die Kritik am Jazz (die eher auf Adorno zurückzuführen ist) erscheint heute kaum noch vertretbar. So schreibt etwa Berndt Ostendorf: "Die amerikanische Hegemonie im Jazz [...] war weniger konspirativ, systematisch, eindimensional oder total und seine deutschen Konsumenten waren nicht gar so unkritisch, willenlos und apathisch, wie der Terminus 'Kulturindustrie' suggeriert. [...] Die dialektisch verschränkte Entwicklung von 'popular governement' und 'popular culture' bei gleichzeitigem Ideologieverdacht aller höfischen, vornehmlich europäischen Kultur geben dem Wort 'popular' in Amerika eine besondere positive Resonanz." (Ostendorf 1992: 1250). In dieselbe Richtung argumentiert auch Hans Ulrich Gumbrecht, wenn er über die beginnende deutsche Beurteilung des Jazz schreibt: "Die Autoren, von denen die Herausforderung des Jazz angenommen wird, sind vom Streben beseelt, Neudefinitionen der Kultur als ganzer zu geben." (Gumbrecht 2001: 156) Zu fragen bliebe dabei allerdings, was aus der "Unterwanderung des weißen, angelsächsisch-protestantischen Kulturguts" (Ostendorf 1992: 157) wird, wenn diese in jene verwandelt wird; mithin, ob die Kritik von Horkheimer/Adorno nicht in der (wissenschaftlichen) Ächtung der 'Populärkultur' dieser den Raum des 'Draußen' erhält, von dem aus 'Unterwanderung' einzig möglich scheint.

13 "was in einer Welt ohne [...] Verkettung eine Gesamtheit aufrechterhält [...] sind die Klischees". (Deleuze 1989: 279)

14 Eine tabellarische Gegenüberstellung der fiktiven Charaktere und möglicher realen Vorbilder findet sich bei: Dirk, Tim (o.J.): Nashville (1975), [http://www.filmsite.org/nash.html, 30.10.2004]. Vgl. dazu auch: Fuchs (1994).

15 Einzig die Watergate-Affäre wird in dem Lied Trouble in the USA (das als Hintergrundmusik die finale Sequenz einleitet) erwähnt.

16 Nur Kenny hört ihm einmal bewusst zu (am Abend des vierten Tages), worauf noch einzugehen sein wird.

17 Wie wir noch sehen werden, ist anzunehmen, dass er während der beginnenden Parthenon-Veranstaltung stumm bleibt, um den Ton dieser finalen Sequenz nicht wie bisher realistisch zu verkomplizieren.

18 Ich verstehe dabei Handlung analog zu Gérard Genette als "Signifikat oder narrativen Inhalt". (Genette 1994: 16)

19 Nach Genette wären diese die Erzählung, der Signifikant oder "die Aussage" (Genette 1994: 16).

20 Spätestens seit The Great Gatsby lässt ein Unfall zu Beginn auf ein wenig gutes Ende schließen.




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21 Vgl.: Keyssar (1991: 22): "We may associate Barbara Jean's song about her mommy and daddy and their Idaho home with Kenny's strained conversation with his mother earlier in the film, but that is a story we tell ourselves, not one the movie tells us […]" doch schon zwei Seiten später schreibt sie: "Each editorial gesture in Nashville […] adds a detail to at least one of the stories being told, and […] [the film tells his] most vivid stories […] by the accumulation of pairings of signs that become codes and then evolve into meaningful patterns." (Keyssar 1991: 25) und erst recht widerspricht sie sich auf S. 158, vgl. auch Anmerkung 26.

22 "Know all will not be easy, but we will bask in the satisfaction of having done what we should have done, and if we don't get it done today, we may run out of tomorrows."

23 "As open and malleable as its structure of meaning might be, the elements that make up that structure – the immediate forms of what the viewer sees and hears – are permanent and removed" (Kolker 1988: 354).

24 "In the post-Vietnam 1970s, the uniform of the soldier carries negative symbolic weight for many spectators; we thus pay wary attention to the soldier whenever he appears while ignoring the accumulating cues that Kenny is a more threatening presence." (Keyssar 1991: 158).

25 Über Countrymusik schreibt etwa Andrian Kreye, dass sie "wahrscheinlich die Launen der amerikanischen Volksseele besser widerspiegelt als jede andere Form der Popkultur." (Kreye 2004: 13).

26 "Ernste Kunst hat jenen sich verweigert, denen Not und Druck des Daseins den Ernst zum Hohn macht und die froh sein müssen, wenn sie die Zeit, die sie nicht am Triebrad stehen, dazu benutzen können, sich treiben zu lassen." Horkheimer/Adorno (2003: 143).

27 Diese Differenzierung zwischen Inhalt und Form der "leichten" Kunst übersieht Kolker, wenn er Altman vorwirft, einerseits "the banal hypocrisy of country and western music" zu exponieren "while applauding ist vitality" (Kolker 1988: 358).

28 "Innerlichkeit, die subjektiv beschränkte Gestalt der Wahrheit, war stets schon den äußeren Herren mehr als sie ahnte untertan. Von der Kulturindustrie wird sie zur offenen Lüge hergerichtet." (Horkheimer/Adorno 2003: 152).

29 Eine schöne Koinzidenz ist es, dass es fast 30 Jahre später in Altmans Gosford Park heißen wird: "Green – difficult colour."

30 Warum die Sekundärliteratur ihn in dieser Szene beinahe zum Helden stilisiert bleibt wenig einsichtig, tut die Figur doch, was sie zuvor schon immer getan hat, wenn etwas ihren Vorstellungen widersprach. Der Ausspruch "This isn't Dallas. This is Nashville!" ist unserer Meinung nach im Zusammenhang mit den Bemerkungen gegenüber Frog am Anfang im Tonstudio ("You don't belong in Nashville.") und Tommy Brown ("This isn't typical for Nashville") nach dessen Anklage als "whitest Nigger in town" im Club von Lady Pearl zu sehen: Von ihren Vorstellungen von Nashville kann die Figur noch nicht einmal von einer so erschreckenden Tat abgebracht werden. Die Figur des Hamilton lebt in einer fiktiven Welt, in der sie zwischen Show und Realität nicht mehr unterscheiden kann.

31 Kolker tut unserer Meinung nach Altman unrecht, wenn er ihm unterstellt, "the drift of the camera to the skies at the end on Nashville" sei die Suggestion "that the best way out of an impossible situation is simply to leave it behind". (Kolker 1988: 380)

32 "Commonly defining large spaces with one end of the zoom […] Altman then uses […] off-screen sound sources to represent the continued presence of that larger space" (Kolker 1988: 10).




PhiN 35/2006: 59


33 Robert Altman, zitiert in: Jansen/Schütte (1981: 19).

34 Deleuze bietet hier eine Zusammenfassung der Seiten 187-190 von Lawrence (1955).

35 Einzig der Konflikt zwischen Albuquerque und ihrem Mann Star wird nicht aufgelöst, auch wenn jener in der Schlusssequenz anwesend ist.

36 Dass die religiöse Musik sowohl im Anspann als auch in der Veröffentlichung fehlt, unterstreicht dabei deren oben erwähnten Gegensatz zur übrigen, kommerziellen Musik.