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Sabine Schrader (Leipzig)



Irina O. Rajewsky (2002): Intermedialität. Tübingen / Basel: A. Francke (= UTB).
Irina O. Rajewsky (2003): Intermediales Erzählen in der italienischen Literatur der Postmoderne: von den giovani scrittori der 80er zum pulp der 90er Jahre. Tübingen: Narr.



Auf dem Germanistentag 2001 in Erlangen diskutierte man in den Sektionen Virtualisierung I: Von der Gutenberg-Galaxis ins WorldWideWeb und Virtualisierung II: Computereinsatz in Forschung, Lehre, Unterricht über das Verhältnis von Literatur und anderen Medien. Ein ähnliches Forum bot der Romanistentag mit der Sektion unter dem Titel Medientechniken von Literatur und Sprache: Kino – Hörspiel – Hypertext – Multimedia (München 2001) und zwei Jahre später wurden diese Diskussionen in der Romanistik in den Sektionen Medienwandel und romanistische Linguistik, EgoLogie – Subjektivität und Medien in der Spätmoderne, Medium und Gedächtnis, HIP-HOP-Kultur(en) (Kiel 2003) fortgesetzt. Text and Image: Intermedial Relationships hieß es dagegen 2003 auf dem Münchener Anglistentag. Und diese Reihe könnte noch fortgesetzt werden.

Keine Frage: Intermedialität ist längst in aller Munde und hat sich in den Geisteswissenschaften etabliert. Wie alles, was scheinbar neu daher kommt, setzt sich auch die Intermedialitätsforschung dem Vorwurf der Mode aus. Doch haben die Forschungsarbeiten der letzten Jahre längst gezeigt, dass sich Medien schon immer aufeinander bezogen haben, dass die Auseinandersetzungen mit der Malerei, der Fotografie oder dem Film Strukturen des Textes verändern und die Texte selbst zu Metatexten avancieren können. Doch fehlte bislang ein einführendes Werk in die Intermedialitätsforschungen, das die bisherigen Ergebnisse bündelt und den doch weiterhin etwas 'schwammigen' Begriff der Intermedialität präzisiert.

Dies musste auch Irina Rajewsky feststellen. Für ihre Dissertation Intermediales Erzählen in der italienischen Literatur der Postmoderne: von den giovani scrittori der 80er zum pulp der 90er Jahre (Tübingen: Narr 2003) erarbeitete sie eine Typologie intermedialer Bezüge, um die intermedialen Verfahren in der zeitgenössischen Literatur systematisch erfassen und deuten zu können. Ihre daraus resultierende Auseinandersetzung mit der Intermedialitätsforschung und ihre Methodik erschien 2002 in dem als Einführung konzipierten UTB-Band mit dem Titel Intermedialität.




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Im Vordergrund dieser Besprechung soll der letztgenannte Einführungsband von UTB stehen. Um es vorweg zu nehmen: Der vom Verlag gewählte Titel Intermedialität verspricht mehr als eine einzige Monografie in der von Rajewsky gewählten und dem Gegenstand angemessenen Komplexität leisten könnte. Dessen ist sich die Verfasserin sehr wohl bewusst und betont statt dessen schon eingangs ihr literaturwissenschaftliches Erkenntnisinteresse, welches der Arbeit zugrunde liegt (26) und somit ihre Fokussierung auf intermediale Bezüge in der Literatur. Der 'Traditionslinie Film und Literatur' und der Verquickung von Literatur- und Medienwissenschaften Rechnung zollend (8), erörtert Rajewsky ihre Methodik am Beispiel des Filmischen in der Literatur. Sie weist zu Recht darauf hin, dass die Überlegungen längst nicht so neu sind wie sie manchem erscheinen. Die inter art studies z.B., die vorrangig in der Komparatistik oder den Kunstwissenschaften angesiedelt sind, beschäftigten sich schon länger mit den Wechselbeziehungen zwischen bildender Kunst, Literatur und Musik. So ist es ein nicht zu unterschätzendes Verdienst der Arbeit diese doch unterschiedlichen Forschungsansätze gesichtet, zusammengetragen und diskutiert zu haben.1

Die ersten drei Kapitel der Monografie können m.E. in einem ersten Teil zusammengefasst werden. In den Unterkapiteln "Was heißt 'Intermedialität'?", "Intermediale Bezüge – Grundlagen, Probleme und Lösungsversuche" und "'Intertextualität' und 'Intermedialität' revisited" skizziert sie die Definitionsversuche des "'termine ombrello(ne)' Intermedialität" (6) in der bisherigen Forschung und grenzt ihn von der Intertextualität ab.

Der dann folgende zweite Teil "Intermediale Bezüge – Ein systematischer Neuansatz" (78–184) bildet zweifelsohne das Kernstück des Buches. Mit dem von ihr erarbeiteten Arbeitsinstrumentarium löst Rajewsky ihren Anspruch auf "eine adäquate Erfass-, Benenn- und Analysierbarkeit der in Frage stehenden Phänomene sowie eine systematische Untersuchung von intermedialen Bezügen im jeweiligen Text- bzw. Werkganzen" (78) erfolgreich ein.

Im ersten Teil unterscheidet Rajewsky grundsätzlich zunächst Inter-, Intra- und Transmedialität. Unter Transmedialität fasst sie alle "medienunspezifischen Wanderphänomene", wie z.B. das Vorkommen "desselben Stoffes oder die Umsetzung einer bestimmten Ästhetik bzw. eines bestimmten Diskurstyps in verschiedenen Medien" (12), ohne dass dabei das kontaktgebende Medium relevant ist. Im Fall der Intramedialität kommt es zu Bezügen innerhalb eines Mediums, sprich ein Film bezieht sich auf einen anderen. Intertextualität wäre damit ein Sonderfall der Intramedialität. Der Intertextualität in Abgrenzung zur Intermedialität bringt Rajewsky ein besonderes Interesse entgegen (40–77) und zeigt auch die gedankliche Herkunft ihres Ansatzes. In Anlehnung an Pfisters (v.a. 1985) und Hempfers (v.a 1991) Arbeiten zur Intertextualität versucht sie dann im Kernteil die intermedialen Bezüge zu klassifizieren – mit Hilfe der bis dato vorliegenden Modelle. So unterscheidet sie wie in der Intertextualitätsforschung zwischen Einzel- und Systemreferenz, wobei die Einzelreferenz immer auch das altermediale System indiziert. Ihr Hauptinteresse gilt damit der Systemreferenz.




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Unter Intermedialität wiederum versteht Rajewsky "Mediengrenzen überschreitende Phänomene, die mindestens zwei konventionell als distinkt wahrgenommene Medien involvieren" (13). Darunter fällt die Medienkombination wie z.B. der Photoroman, der Film oder die Oper und der Medienwechsel wie z.B. die Literaturverfilmung, die wohl zu den in diesem Zusammenhang am meisten erforschten Phänomenen gehört. Die Verfasserin interessiert sich jedoch vorrangig für einen dritten Komplex, den der intermedialen Bezüge, also das, was gemeinhin als 'filmisch', 'malerisch' bezeichnet wird. Diese Qualität des Intermedialen beschreibt sie wie folgt: Sie "betrifft in diesem Fall ein Verfahren der Bedeutungskonstitution, nämlich den (fakultativen) Bezug, den ein mediales Produkt zu einem Produkt eines anderen Mediums oder zum anderen Medium qua System herstellen kann" (17). Während sie für die ersten zwei Subkategorien die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Disziplinen zusammenträgt, klassifiziert Rajewsky den Teilbereich der intermedialen Bezüge im zweiten Teil der Arbeit neu. Dabei geht es ihr nicht nur um die Systematisierung der Bezüge, sondern auch um die Auswirkungen auf den jeweiligen Text. Es geht um den Mehrwert, wie er auch durch die Medienkombination erzeugt werden kann, um die Möglichkeiten der Lesarten oder, wie Paech fordert, "um den Prozess der Mediatisierung als solcher".2

Als eines der Grundprobleme zur Erforschung intermedialer Bezüge nennt Rajewsky neben der mangelnden Präzision der Begriffe die Historizität der jeweiligen Medienerfahrung (32). Sie fordert auf zu reflektieren, was 'filmisch' in der zu besprechenden Zeit hieß, z.B. in der Stummfilmzeit. Als weiteres Grundproblem nennt die Verfasserin die Identifizier- und Nachweisbarkeit der Bezüge als wesentliches Kriterium der Bezüge – in bewusster Abgrenzung zur problematisch gewordenen Einflussforschung. Intermediale Bezüge existieren ihrer Meinung nur dann, wenn sie als solche markiert sind (z.B. durch ein Zitat, Anspielung etc.) (37f). Das dritte Grundproblem ist augenfällig, der literarische Text – auch wenn er filmisch wirkt – bleibt ein Text, der das 'Filmische' nachahmt und somit einen als-ob-Charakter erzeugt (39ff), was anderen Orts lautet: "Wo er nicht tönen kann, will der Text Stimme sein, wo er keine Bilder zeigen kann, will er wie ein Film wirken, [...]." (Löser 1999: 18) Diese von Iser einst beschriebenen 'Akte des Fingierens' (1983) werden implizit auf die Imitation eines anderen Mediums übertragen, der Illusionsprozess wird nachgezeichnet (85–91).

In der Subkategorie intermedialer Bezüge unterscheidet Rajewsky wiederum die Systemerwähnung und die Systemkontamination. Unter den Begriff Systemerwähnung fällt alles Reden über ein anderes Medium, z.B. jegliches Thematisieren des Films, ohne dass dies die Struktur des Textes gemäß des anderen Mediums modifiziert. Diese Systemerwähnung kann aber auch "qua Transposition" stattfinden und zwar immer dann, wenn das altermediale System evoziert, simuliert oder (teil-)reproduziert wird. In diesen Momenten wird der oben schon angesprochene als-ob-Charakter hergestellt, sodass "bestimmte Textelemente und/oder -strukturen vom Leser als altermediale – d.h. 'filmische', 'televisuelle', etc. oder zumindest als dem jeweiligen Bezugssystem analoge rezipiert werden" (88). Diese Illusionsbildung überwindet den intermedial gap (128), der zwischen den Medien entstanden ist.




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Eine Systemerwähnung wird von Rajewsky immer dann als evozierend bezeichnet, wenn die Nennung sich nicht im Thematischen erschöpft, sondern Ähnlichkeitsbeziehungen oder Vergleiche vorhanden sind. Simulierend wäre sie, wenn das altermediale Bezugssystem diskursiv nachgeahmt wird. Die dritte Qualifizierung nennt Rajewsky nun (teil-)reproduzierend und meint damit die Übernahme der Elemente, die zwar nicht zwingend medienspezifisch sind, aber in der Rezeption aufgrund bestimmter Konventionen als zu einem Medium gehörend wahrgenommen werden. Die Verfasserin nennt hier bestimmte Verfahren des Hollywoodmelodrams, man denke aber auch an die Montage, die zur Metapher des Filmischen avanciert ist (Bulgakowa 2001: 460f).

Während bei der Systemerwähnung von einem punktuellen Bezug auf fremdmediale Mikroformen die Rede ist, es also kein dominantes anderes System gibt, bezeichnet Rajewsky mit dem Begriff der Systemkontamination solche "Arten des Bezugs, bei denen sich ein Text durchgehend in Relation zu einem fremdmedialen Bezugssystem konstituiert" (121). Das Wort selbst stammt letztlich aus dem Italienischen, wo man von 'contaminazione delle arti' spricht. Und auch diese Form qualifiziert sie wieder in simulierend und (teil-)reproduzierend, sprich medienspezifisch als das Medium mitkonstituierend oder als eine Eigenschaft, die man aufgrund der Konventionen einem bestimmten Medium zurechnet.

Die Verfasserin diskutiert dabei immer einzelne Varianten des jeweiligen Verfahrens und grenzt sie von anderen ab. Sie führt währenddessen zahlreiche Beispiele an, die die doch recht komplexe Ausdifferenzierung und das damit einhergehende Vokabular veranschaulichen. Die Beispiele stammen alle aus der zeitgenössischen italienischen Literatur, die dank der Übersetzungen auch für Nichtitalianisten verständlich sind.

So verschafft Rajewsky auf der einen Seite im ersten Teil ihres Buches der Intermedialität eine internationale, fächerübergreifende Forschungstradition, konkretisiert aber auf der anderen Seite ihre Analysen mit Beispielen aus der italienischen Literatur. Es geht der Verfasserin vorrangig um die Beschreibung und Kategorisierung intermedialer Bezüge, sie betont aber zugleich, dass man in der konkreten Textanalyse immer auch nach den Funktionen fragen muss. Dabei hebt sie die illusionszerstörende Wirkung als eine wesentliche Funktion heraus.

Am Seitenrand werden der Übersicht halber die einzelnen Absätze verschlagwortet, sodass man sich schnell zurechtfinden kann. Die zusätzlichen Schemata dienen ebenfalls der Anschaulichkeit der Systematisierung. Ein Glossar ermöglicht es, die eingeführte Fachterminologie sowie bereits bestehende Begrifflichkeiten schnell nochmals nachzuschlagen, was in Anbetracht der Komplexität sehr sinnvoll ist. Das Literaturverzeichnis schließlich verzeichnet einen mehr als repräsentativen Einblick in die Intermedialitätsforschung. Die Lektüre der sehr logischen und gut lesbaren Erörterung wird jedoch leider manchmal durch Redundanzen unterbrochen.




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Es ist unschwer zu erkennen, dass es sich hier um einen strukturalistischen Ansatz handelt, der wie alle strukturalistischen Ansätze versucht, Klarheit und Präzision in die Diskussion zu bringen, indem er die Phänomene benennt und Ordnung in ihre Vielzahl bringt. Wie jede Form der Schematisierung muss jedoch auch diese in der konkreten Textanalyse immer wieder überprüft und modifiziert werden. Das gilt natürlich zunächst für die hier diskutierten Bezüge zwischen Literatur und Film. Meines Erachtens wäre z.B. zu hinterfragen, ob ein dermaßen ausdifferenziertes Modell sich nicht einem größeren Spielraum und Kreativität der Lesarten entgegenstellt bzw. wann Systematisierungen sich zu verselbständigen beginnen, die Texte quasi 'rechts überholen' und das Instrumentarium nicht mehr textadäquat ist. Auch der Unterscheidung zwischen Systemerwähnung qua Transposition und Systemkontamination wird wohl bei der konkreten Textanalyse die Strenge genommen werden müssen. Auch darf hinterfragt werden, wann man von Transmedialität und wann von einer Teilaktualisierung sprechen kann, da es sich in beiden Fällen um medienunspezifische Phänomene handelt. Gerade hier zeigen die in der Regel sehr überzeugend gewählten Beispiele die Schwierigkeiten zu differenzieren, welche Erfahrungen welchen Medien durch welche Konventionen zuzuordnen sind.

Es wird sich ebenfalls in weiteren Forschungsarbeiten erweisen, inwiefern das Instrumentarium, das für die Analyse von Film, Fotografie und Literatur diskutiert und entwickelt wurde, für Malerei und Literatur bzw. Musik und Literatur etc. übertragen bzw. verändert werden muss.

Rajewsky kennt all diese möglichen Schwierigkeiten ihrer Pionierarbeit. Entsprechend proklamiert sie keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern lädt vielmehr zur kritischen Hinterfragung ihres Modells ein (27), doch hat sie mit ihrer klug und umsichtig durchdachten Typologie eine Grundlage für die folgenden interdisziplinären Forschungen geschaffen. Damit ebnet sie bewusst einer kritischen Umsetzung ihrer Methodik den Weg und sorgt dank ihres Arbeitsinstrumentariums für eine intersubjektive Überprüfbarkeit der Ergebnisse.

In der knapp ein Jahr später erschienenen Dissertation Intermediales Erzählen in der italienischen Literatur der Postmoderne: von den giovani scrittori der 80er zum pulp der 90er Jahre stellt Rajewsky die Anwendbarkeit ihrer Theorie überzeugend unter Beweis. Gewählt hat sie italienische Texte der 80er und 90er Jahre von Antonio Tabucchi, Andrea De Carlo, den giovani scrittori wie Enrico Brizzi und der gioventù cannibale, die durch Aldo Nove und Niccolò Ammaniti vertreten ist. Die hier besprochenen Autoren zeichnen sich durch eine starke Affinität zur Fotografie, zum Fernsehen, zur Videoästhetik und zum Film aus, in ihren Texten decken sie das Spektrum von der expliziten Systemerwähnung bis hin zur Systemkontamination ab. In ähnlicher Weise verwenden diese Schriftsteller intermediale Bezüge als Vehikel der Abkehr vom mimetischen Schreiben.

Dank der an diesen Texten entwickelten Typologie kommt es zu sehr schönen Textanalysen, in denen eine Vielzahl möglicher Funktionen intermedialer Textstrategien herausgearbeitet werden. Irina Rajewsky zeigt z.B., wie die intermedialen Bezüge in den Texten von Tabucchi einerseits der Visualisierung und damit auch der Authentisierung des Geschehens dienen, andererseits aber gleichzeitig die Fiktionalisierungsstrategien der Medien problematisieren (142). Bei Andrea de Carlo nimmt die Intermedialität rein quantitativ zu und während bei Tabucchi die intermedialen Verfahren vorrangig dazu dienen, den Wirklichkeitsbegriff zu reflektieren, "werden die Texte de Carlos im Sinne einer Ästhetik der 'Entwirklichung' und Simulation erkennbar; diagnostiziert und ausgestellt wird ein Verschwinden des Realen gegenüber einer Allmacht und Omnipräsenz des Medialen" (381).




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In den Texten der 90er Jahre (Brizzi, gioventù cannibale) beginnen das Fernsehen und die Videoästhetik eine größere Rolle als der Kinofilm zu spielen. Zugleich gehen Vergleiche zugunsten von Ähnlichkeitsrelationen zurück, die Protagonisten erleben die 'Wirklichkeit' oft als mediale Wirklichkeit – ohne dass sie die Möglichkeit verlieren zwischen medial und 'unmittelbar' zu unterscheiden. Diese Medialität schafft wie bei Nove vielmehr eine ironische oder satirische Distanzierung zu sämtlichen Wirklichkeitsentwürfen.

Mit ihren Ergebnissen trägt Irina Rajewsky wesentlich zu einer Dehysterisierung der Mediendebatte bei. Schriftgut wird nicht gegen die Bilderproduktion ausgespielt, es bleibt die nüchterne Erkenntnis, dass die alltägliche Lebenswirklichkeit des Menschen "in einem vielfachen Bezug zur 'Wirklichkeit' der Medien steht" (387). Die Texte berichten davon und die intermedialen Bezüge sind Bestandteile des metafiktionalen Erzählens geworden, die mit Hilfe ihres Instrumentariums jetzt bestimmt werden können.

Nun setzt jede Arbeit Schwerpunkte voraus, in diesem Fall liegt ein eindeutig strukturalistisches Erkenntnisinteresse zugrunde, dem wir (s.o.) eine neue in sich geschlossene, medienadäquate Methodik verdanken. Aber nicht nur der Begriff der Intermedialität ist ein "termine ombrello(ne)" (12), sondern auch der der Postmoderne, der im Titel der Arbeit aber nicht wirklich zur Disposition steht. Auch das Verhältnis Intermedialität und Postmoderne bleibt aus diesem Grunde unklar. Wenn 'Postmoderne' als Epochenbezeichnung dient, wie es hier der Fall zu sein scheint (85), bleibt doch die Frage offen, wie sich die besprochenen Texte zu denen von Stefano Benni, Claudio Magris, Claudio Piersanti, Maurizio Maggiani, Erri de Luca und anderen verhalten, die mindestens ebenso maßgeblich für die italienische Literatur der 80er und 90er Jahre sind. In der italienischen Literaturkritik sind die von der Verfasserin besprochenen Texte von so unterschiedlich positionierten Literaturkritikern wie Giulio Ferroni (1996: 152) und Remo Ceserani (1999) mit Ausnahme von Tabucchi als Texte des 'respiro corto' heftig angegriffen worden, sodass die Texte durch diese Polemik selbst zu einem Medienereignis der ausgehenden 90er Jahre geworden sind, über deren Nachhaltigkeit gestritten werden darf, umso mehr, wenn ein Autor wie Ammaniti in seiner jüngsten Veröffentlichung neue (alte) Wege des Erzählens sucht. Dies räumt zwar auch Rajewsky für die gioventù canibale ein, es bleibt aber schwer einzuschätzen, inwiefern es sich hier um Ausreißversuche handelt oder ob die italienische Literatur sich nicht trotz dieser hier besprochenen Autoren wieder wie schon zu Beginn des Novecento als weitgehend resistent in Hinblick auf die neuen Medien erweist. Auch hier laden die ausgezeichneten Textanalysen von Rajewsky zu neuen Forschungen ein.




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Bibliografie

Bulgakowa, Oksana (2001): "Film / filmisch", in: Barck, Karl Heinz u.a. (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 2. Stuttgart / Weimar: Metzler, 429–462.

Ceserani, Remo (1999): "Sperimentazioni narrative e condizionamenti del mercato nell'epoca postmoderna", in: Horizonte 4: 83–97.

Ferroni, Giulio (1996): Dopo la fine: sulla condizione postuma della letteratura. Torino: Einaudi.

Iser, Wolfgang (1983): "Akte des Fingierens", in: Henrich, Dietrich / Iser, Wolfgang (Hg.): Funktionen des Fiktiven. München: Fink: 121–151.

Löser, Philipp (1999): Mediensimulation als Schreibstrategie. Film, Mündlichkeit und Hypertext in postmoderner Literatur. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Hempfer, Klaus W. (1991): "Intertextualität, Systemreferenz und Strukturwandel: die Pluralisierung des erotischen Diskurses in der italienischen und französischen Renaissance-Lyrik (Ariost, Bembo, Du Bellay, Ronsard)", in: Titzmann, Michael (Hg.): Modelle des literarischen Strukturwandels. Tübingen: Niemeyer, 7–43.

Paech, Joachim (1998): Intermedialität. Mediales Differenzial und transformative Figurationen, in: Helbig, Jörg (Hg.): Intermedialität : Theorie und Praxis eines interdisziplinären Forschungsgebiets. Berlin: Erich Schmidt: 14–30.

Pfister, Manfred (1985), "Konzepte der Intertextualität", in: Broich, Ulrich / Pfister, Manfred (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien. Tübingen: Niemeyer, 1–30.

Rajewsky, Irina O. (im Druck): "Intermedialität 'light'? Intermediale Bezüge und die 'bloße' Thematisierung des Altermedialen", in: Lüdeke, Roger / Grevber, Erika (Hg.): Intermedium Literatur: Beiträge zu einer Medientheorie der Literaturwissenschaft. Göttingen: Wallstein.


Anmerkungen

1 Dass in der Intermedialitätsforschung weiterhin viele neue Erkenntnisse zu verzeichnen sind, belegt ein neuer Forschungsüberblick von Rajewsky (im Druck).

2 Paech (1998: 15f), zitiert nach Rajewsky (2002: 25).

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