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„Wir sind da. Jeden Tag.“

Die Stabsstelle Diversity und Antidiskriminierung hat ihre Arbeit aufgenommen – zu einer Zeit, in der sie dringender denn je gebraucht wird

22.04.2024

Die fünf Mitarbeiterinnen der Stabsstelle Diversity stehen vor dem Siegel der Freien Universität Berlin

Setzen sich für mehr Chancengerechtigkeit an der Universität ein (v.l.n.r.): Eileen Quandel, Uyanga Delgermaa, Anita Orkiszewska, Dina Hammouda und Rebecca Mak
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

„Es ist sehr einfach und sehr komplex zugleich: Was wir uns wünschen, ist ein respektvolles Miteinander auf dem Campus“, sagt Rebecca Mak. „Wir wollen dafür sensibilisieren, wie unsere Universität ein Ort wird, an dem alle sich wohl- und sicher fühlen.“

Die Leiterin der 2023 neu eingerichteten Stabsstelle Diversity und Antidiskriminierung steht vor der Aufgabe, ein neues Verbindungsglied zwischen Präsidium und Campus aufzubauen: Mithilfe ihrer Stabsstelle soll mehr Chancengerechtigkeit innerhalb der Universität erreicht sowie diskriminierenden Mechanismen und Tendenzen entgegengewirkt werden.

2021 verabschiedete das Präsidium das Diversity-Konzept, das die Diversity-Strategie der Freien Universität sowie Ziele und Maßnahmen festlegt. Das Konzept gilt bis zum Jahr 2026 und bildet die Grundlage der Arbeit in der jüngsten Stabsstelle der Hochschulleitung. Im Februar 2023 erhielt die Freie Universität die Zertifizierung des Audits „Vielfalt gestalten“ des Stifterverbands. Damit verpflichtete die Universität sich, dem Thema Diversity mit breiter Beteiligung eine hochschulweite Sichtbarkeit zu geben und eine entsprechende Organisationsstruktur zu schaffen.

Aufgabe aller Mitglieder der Freien Universität

Denn „Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und macht leider auch nicht vor Hochschulen Halt“, führt Verena Blechinger-Talcott, Erste Vizepräsidentin und für das Themenfeld Diversität zuständig, fort und betont: „Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Stabsstelle nun vollständig besetzt ist und sich um den Abbau von Diskriminierung einerseits und die Förderung von Diversity andererseits kümmert.“

Verena Blechinger-Talcott betont allerdings auch, dass es Aufgabe aller Mitglieder der Freien Universität sei, die Hochschule durch wertschätzendes und diskriminierungssensibles Verhalten als inklusiven Ort zu gestalten, an dem alle gemeinsam lehren, lernen und forschen können.

Gegen Antisemitismus und Rassismus: Die Stabsstelle Diversity und Antidiskrimierung organisiert Vorträge, Workshops und Fachberatungen für Lehrende, Beschäftigte und Studierende der Freie Universität, etwa einen Workshop für angehende Lehrkräfte mit dem Titel „Den Nahostkonflikt besprechbar machen – Antisemitismus und Rassismus entgegentreten“. >> Zum Terminkalender

Die Eskalation der Gewalt in Israel und Gaza konnte damals niemand kommen sehen. Ebenso wenig die in unmittelbarer Nähe zum Campus stattfindenden Demonstrationen, die vielen Medienanfragen, die Erklärungen für das Geschehen fordern.

Dass jüdische, muslimische und arabisch-gelesene Hochschulangehörige so offen antisemitischen, muslimfeindlichen und rassistischen Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sein würden, war damals ebenfalls nur schwer vorstellbar. „Durch die weltpolitische Lage hat Diversity einen ganz anderen Stellenwert bekommen“, sagt Rebecca Mak.

Auf die Entwicklungen im Nahen Osten reagieren

Plötzlich gehe es weniger um Behinderung und chronische Erkrankungen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung – obwohl all das auch in den Aufgabenbereich der Stabsstelle fällt.

„Unser Plan war es, erst einmal unsere Strukturen aufzubauen und den Kontakt zu allen Fachbereichen zu festigen, um dann mit Workshops und Beratungen auf dem Campus aktiv und sichtbar zu werden“, sagt Rebecca Mak. Durch die Entwicklungen im Nahen Osten musste Maks Team häufig spontan auf die dynamischen Auswirkungen des politischen Geschehens auf dem Campus reagieren.

Dennoch gelingt es Rebecca Mak und ihrem Team, die Aufgaben der Stabsstelle nach und nach umzusetzen. Zahlreiche Workshops gab es bereits, weitere sind in Planung.

Die fünf Mitarbeiterinnen der Stabsstelle Diversity bei einer Besprechung an einem runden Tisch

„Durch die weltpolitische Lage hat Diversity einen ganz anderen Stellenwert bekommen“, sagt Rebecca Mak (rechts). Ihr Team reagiert mit Veranstaltungen, Beratungs- und Workshop-Angeboten.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

„Auch hier ist momentan besonders das Thema Antisemitismus und Rassismus nachgefragt, die Warteliste ist lang“, sagt Anita Orkiszewska, in der Stabsstelle zuständig für Diversity-Förderung und die Prävention von Diskriminierung. Sie betreibt inner- und außeruniversitäre Netzwerk-Arbeit, um „eine sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Angeboten statt Doppelstrukturen zu schaffen“ und veranstaltet unter anderem „Empowerment-Workshops“ für marginalisierte Gruppen innerhalb der Studierendenschaft, in denen Betroffene Gehör finden, sich austauschen können und Empfehlungen bekommen, wie sie mit problematischen Situationen umgehen können.

Langfristig möchte Anita Orkiszewska auch andere Statusgruppen der Universität erreichen und damit zu mehr Sensibilität für Diversity-Themen zum Beispiel in der Lehre beitragen. Zudem soll ein Fonds geschaffen werden, bei dem sich Fachbereiche und Mitglieder der Universität um Mittel für die Realisierung von Projekten mit Diversity-Bezug bewerben können. Gerade weil die Stabsstelle sich noch im Aufbau befindet, sei das Team dankbar für Rückmeldungen, welche Angebote sich die Universitätsmitglieder wünschen.

Antidiskriminierungsberatung: Die Tür steht allen offen

Für die Antidiskriminierungsberatung in der Stabsstelle ist Dina Hammouda zuständig. An sie können sich alle wenden, die Diskriminierung auf dem Campus erfahren mussten.

Besonders wichtig ist ihr zu betonen, dass ihre Tür wirklich allen Studierenden und Mitarbeitenden der Freien Universität offenstehe, ohne dass diese eine Benachteiligung fürchten müssen: „Wir sind als Stabsstelle dem Präsidium unterstellt, aber die Beratung ist selbstverständlich vertraulich, und ich bin in meiner Tätigkeit nicht weisungsgebunden“, sagt Dina Hammouda.

Uyanga Delgermaa baut ein Konflikt- und Beschwerdemanagement auf. Die studierte Juristin möchte an die Stabsstelle herangetragene Konflikte dadurch adäquater bearbeiten und im besten Fall auch lösen. „Wer zu uns kommt, erhofft sich oft eine Konsequenz“, sagt Uyanga Delgermaa. „Das können wir leider nicht immer leisten. Was wir aber immer tun wollen, ist, jeden Fall ernstzunehmen, den Betroffenen ihre Möglichkeiten zu erklären und Hilfestellungen zu geben, wie es für sie weitergehen kann.“

Universität und Gesellschaft brauchen einen Kulturwandel

Rebecca Mak ergänzt: „Als Universität sind wir weder die Polizei noch die Justiz, sondern eine Institution. Was wir in der Stabsstelle tun, ist: beraten, sensibilisieren und aufklären.“ Die Universität müsse, wie auch die Gesellschaft als Ganzes, einen Kulturwandel durchlaufen, um ein Bewusstsein für Diversity und Antidiskriminierung zu entwickeln. „Was wir dafür brauchen, ist Vertrauen in die Institution. Wir müssen uns eingestehen, dass es Diskriminierung auf dem Campus gibt. Und wir müssen Diversity leben, Transparenz schaffen und zeigen: Wir sind da“, sagt Rebecca Mak. „Das ist unsere Aufgabe. Jeden Tag.“

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