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Bernd Sösemann Theodor Wolff. Ein Leben für die Zeitung. München 2000.

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Das Hauptwerk über Theodor Wolff ist die Biographie mit dem Titel "Theodor Wolff - Ein Leben mit der Zeitung" von Bernd Sösemann. Die fünf Abschnitte des Buches markieren Zäsuren und heben die wichtigsten Lebensepochen hervor. Den Anstoß zu dieser Einteilung gab Theodor Wolff selbst mit seiner Feststellung, die zwölf Jahre in Paris seien die schönsten für ihn gewesen. Der Blick auf sein gesamtes Leben zeigt, daß man es in einen Zwölf-Jahres-Rhythmus gliedern kann. Von 1894, dem Jahr einer Reise nach Paris ausgehend, schreitet man jeweils zwölf Jahre zurück und voran: In der Retrospektive gehören zu der Zäsur von 1882 die ersten namhaften poetischen Versuche Theodor Wolffs; ein Dutzend Jahre über 1894 hinausgeblickt, zeigt sich trotz einiger feuilletonistischer Nachklänge aus der Pariser Zeit mit den Veröffentlichungen von 1906, der Übernahme der Chefredaktion in Berlin, ein ausgeprägteres politisches Bewußtsein und Engagement als je zuvor. Es folgen mit der 1918 einsetzenden Phase die Mitbegründung einer liberalen Partei, die Übernahme offiziöser politischer Missionen nach Frankreich und der Versuch, mit der Zeitung für die Demokratie zu wirken. Der Sommer 1930 brachte die alarmierende Erkenntnis wachsender innenpolitischer Bedrohungen und damit die verschärfte Fortsetzung eines von Theodor Wolff mit Entschiedenheit geführten Kampfes gegen den Links- und Rechtsradikalismus im Übergang von den autoritären Präsidialkabinetten, einer ”legal maskierten Diktatur”, zum nationalsozialistischen Gewalt- und Vernichtungssystem.

Für das biographische Porträt wurde die Überlieferung quellennah genutzt. Theodor Wolff kommt dabei mit seinen Artikeln, Werken, Manuskripten und Briefen häufig zu Wort, damit ein tieferer Eindruck von seiner sprachlich-stilistischen Brillanz vermittelt werden kann. Im Unterschied zu Wolfram Köhler und Margrit Bröhan (Theodor Wolff, 1992) bevorzuge ich nicht im gleichen Umfang die autobiographischen Aufzeichnungen im Exil, sondern die zeitlich unmittelbaren Zeugnisse. Allein sie sind von der Perspektive des resümierend Zurückblickenden frei, der vom Ende aller Geschichten weiß und nur allzu häufig dazu neigt, das Vergangene zu schönen und zu verklären oder auch zu dramatisieren und einer Entwicklung eine unangemessene Stringenz zu verleihen. Zu jeder Epoche gelang es, neue Quellen in einem größeren Umfang zu erschließen und unsere Kenntnisse über die journalistischen und schriftstellerischen Tätigkeiten deutlich zu erweitern. Bislang war nicht bekannt, wie entschieden und grundsätzlich Theodor Wolff das wilhelminische System kritisierte und welche minimalen Chancen er dem innenpolitisch in eine Krise steuernden Kaiserreich Ende 1913 gab. Auf dem außenpolitischen Feld fiel sein Urteil über große Teile der adligen Führungsschicht keineswegs positiver aus. Die scharfe Kritik an den Regierungen Brüning verdichtet sich jetzt stärker zu einem negativen Gesamtbild der Präsidialkabinette. Theodor Wolffs Ansicht, seit 1930 bestimmten diktatoriale Strukturen die deutsche Innenpolitik, kann mit zahlreichen Beispielen und der Skizzierung einer differenzierten Argumentation belegt werden. Der von ihm geprägte Begriff vom ”legal maskierten Diktaturregime” rückt die letzten drei Jahre der Weimarer Republik dichter an die Anfangsphase der nationalsozialistischen Diktatur heran. Außerdem können erstmals die Kriegsjahre des Exils und die Schlußphase seines Lebens genauer dargestellt werden.

Da am Anfang das ”Berliner Tageblatt” stand und die Bestellung zum Chefredakteur dieser Zeitung von mir als herausragendes biographisches Schlüsseldatum eingeschätzt wird, soll die Darstellung mit einer Geschichte des Verlegers und der Redaktion einsetzen. Hätte Rudolf Mosse seinen Cousin Theodor Wolff 1906 nicht in die Führungsposition des ”B.T.” berufen, wäre dieser vermutlich seinen literarischen Ambitionen nachgegangen. Ob er dabei über den Status einer ”Fußnote” in der Literatur- und Kulturgeschichte weit hinausgekommen wäre, darf nach der Lektüre des Publizierten nicht ohne weiteres vermutet werden.

Auf die Frage, warum es sinnvoll ist, sich heute noch mit der Person Theodor Wolff zu beschäftigen, gibt die seit 1962 jährlich vorgenommene Verleihung der nach ihm benannten Journalistenpreise durch alle deutschen Verleger, die im Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (Berlin) zusammengeschlossen sind, eine klare Antwort. Dort steht der Name für hohe journalistische Qualität und eine beeindruckende Lebensleistung: für Brillanz in Sprache, Stil und Form und für Maßstäbe, die der Chefredakteur des ”Berliner Tageblatts” gesetzt hat. Seine Leitartikel, die ”lundis”, sind bis heute ein Zeugnis freiheitlichen, demokratischen und gesellschaftspolitischen Verantwortungsgefühls.

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  © UNIV.-PROF. DR. BERND SÖSEMANN - AKiP 2007