Bernd Sösemann

PROPAGANDA
Medien und Öffentlichkeit in der NS-Diktatur

Eine Dokumentation und Edition von Gesetzen, Führerbefehlen und sonstigen Anordnungen sowie propagandistischen Bild- und Textüberlieferungen im kommunikationshistorischen Kontext und in der Wahrnehmung des Publikums

Mit 57 Organigrammen, 100 Statistiken und Übersichten, 240 Abbildungen sowie einer Chronologie und Spezialbibliographie

in Zusammenarbeit mit Marius Lange

Beiträge zur Kommunikationsgeschichte, Band 25
2 Bde., 1640 Seiten, Stuttgart 2011
ISBN 978-3-515-09635-5.



Inhaltsverzeichnis (PDF)

Einführung (PDF)


1. Zum Inhalt

2. Zum Aufbau
Erster Teil
Zweiter Teil
Dritter Teil


1. Zum Inhalt

Öffentliche Kommunikation umfasst neben den Möglichkeiten der Informationsübermittlung und Nachrichtensteuerung auch Formen politischen und sozialen Handelns. Das Quellenwerk vermittelt einen detaillierten Überblick zu den Themen Öffentlichkeit, Informations- und Nachrichtensteuerung,  Medien, propagandistische Einflussnahme und Zensur in der NS-Diktatur. Es berücksichtigt aus kulturgeschichtlicher Perspektive Initiatoren und Kommunikatoren ebenso wie Adressaten und Rezipienten. Die Dimensionen des „Propagandistischen“ werden im historischen Kontext und somit in den einzelnen Phasen der Machteroberung und des Machtausbaus entwickelt. Dabei zeigt sich, in welchem Maß der Propagandist eines „Gläubigen“, eines glaubensbereiten Zuhörers und Zuschauers bedarf. Der generelle Verweis auf Techniken der „Verführung“ und „Manipulation“ kann selbst für den Fall einer totalitären Diktatur nicht überzeugen.

Das im Folgenden umgesetzte Konzept bietet eine zuverlässige Grundlage für multiperspektivisch angelegte Interpretationen des breiten und heterogenen Themenfeldes. Im Mittelpunkt steht der Zeitraum von 1933 bis 1945; die kommunikationsgeschichtlich bedeutsamen Gesetze aus der Weimarer Republik und dem deutschen Kaiserreich werden jedoch mit berücksichtigt. Dadurch entsteht ein Panorama, das sich vorwiegend aus Texten und Abbildungen zusammensetzt, die den Alltag in der Diktatur prägten. Es erlaubt synchrone und diachrone Blicke auf alle Formen des Öffentlichen und der gesteuerten „Volksgemeinschaft“, der „politischen Werbung“ und der Repression, aber auch der Opposition. Im „völkischen Führerreich“ kam zwar sämtlichen weltanschaulich bedeutsamen Äußerungen, Symbolen und Abbildungen eine propagandistische Funktion zu. Doch selbst eine an sich politikferne und „bedachtsame“ Äußerung konnte durch das Regime instrumentalisiert und somit korrumpiert werden. Letztlich erzielten die Machthaber trotz ihres großen medialen Aufwands und terroristischer Maßnahmen keine „totale Gleichschaltung“. Die Auffassung von einer deutlichen Trennung zwischen „Verführern“ und „Verführten“ ist zwar eine populäre Bewusstseinstatsache, jedoch wird sie durch die Quellen nicht bestätigt.

Erstmals werden bisher private Dokumente und unveröffentlichte Archivalien einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dazu gehören Texte und Abbildungen aus verschiedenen Institutionen: Die Archive von Bayreuth, Berlin, Darmstadt, Düsseldorf, Euskirchen, Freiburg, Hamburg, Hannover, Jerusalem, Koblenz, Ludwigsburg, München, Nürnberg, Potsdam, Tel Aviv, Wien und die Bibliotheken des „Friedrich-Meinecke-Instituts“ für Geschichtswissenschaft und des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin sowie die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin.

In der Gesamtschau entsteht dadurch nicht nur ein differenziertes Bild von den Zielen und Intentionen der nationalsozialistischen Führungselite, sondern auch ein Eindruck von den alltäglichen Kommunikationsbedingungen in der Diktatur. Die erreichte thematische Komplexität durch Verschränkung der Textdokumente, Grafiken und Abbildungen ist in Form und Umfang einmalig.


2. Zum Aufbau

Die Publikation besteht aus drei Teilen, die sich in mehrere Unterabschnitte gliedern. Vorangestellt ist ein einführendes Kapitel, das auf die Begriffsfelder Recht und Herrschaft, Öffentlichkeit und Medien, Publizistik und Journalismus, persuasive Verfahren und Zensur auf 68 Seiten eingeht. Ein Unterabschnitt erklärt Auswahlprinzipien und Präsentation der Dokumente.

Einführung

Zu den vorrangig berücksichtigten Dokumenten gehören

  1. medien- und kulturgeschichtliche Quellen, die Propagandakommunikation multiperspektivisch und polyvalent erfassen;
  2. Texte und Bilder, die langfristige Aktionen dokumentieren oder die Quintessenz aus einer Fülle kurzfristiger darstellen;
  3. alle Gesetz und (Führer-)Befehle, Verordnungen und Weisungen, Anordnungen und Erlasse, Bekanntmachungen und Reglementierungen, Proklamationen und Aufrufe zu den Bereichen öffentlicher Kommunikation, Medien und Information, Öffentlichkeit und Propaganda;
  4. zusätzlich noch diejenigen, die im kritischen Rückblick ebenfalls als einschlägig für die genannten Bereiche zu verstehen sind;
  5. Regelungen jenseits der kommunikativen, medialen und propagandistischen Ebenen, wenn ihre Kenntnisnahme für die Propagandakommunikation aufschlussreich ist;
  6. alle erstmals erschlossenen Dokumente, die Neues enthalten oder Sachverhalte aus einer neuen Perspektive präsentieren.

Alltägliches Leben, Denken und Handeln ist in einer Diktatur noch schwerer analytisch zu erfassen als in freien Gesellschaften. Diese Feststellung gilt für die Propagandakommunikation und ihren Einfluss offensichtlich in einem noch höheren Maß. Die diktatorialen Informationsstrategien erleichterten der Bevölkerung das Ignorieren unangenehmer Realitäten und verstärkten im Publikum jene Neigung zur Konformität, die in einer verordneten „Volksgemeinschaft“ am stärksten ausgeprägt sind.

Das Wegsehen und das Verdrängen von unliebsamen bzw. inopportunen Erfahrungen wurden vom Regime ebenso honoriert wie die politische Abstinenz.



Erster Teil: Edition und Dokumentation

Die sechs Abschnitte des ersten Teils umfassen 743 Dokumente auf 732 Seiten. Abschnitt I dokumentiert juristische Grundlagen aus der Zeit vom Deutschen
Kaiserreich bis zu den Präsidialkabinetten am Ende der Weimarer Republik, die nach dem Regierungswechsel 1933 vom NS-Regime sukzessive verändert, ausgehöhlt und instrumentalisiert wurden – wie das „Gesetz über die Presse“ (7.5.1874), „Die Verfassung des Deutschen Reichs“ (11.8.1919) oder das „Lichtspielgesetz“ (12.5.1920). Ferner findet die „Kampfzeit“ der NSDAP während der Weimarer Republik Berücksichtigung, ohne die der spätere Aufstieg zur Staatspartei nicht erklärt werden kann – etwa das „25-Punkte-Programm der NSDAP“ (25.2.1920).

Die folgenden Abschnitte II bis VI enthalten rund 695 Textdokumente unterschiedlicher rechtlicher Qualität und medialer Ausprägung aus der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Darunter sind offizielle Dokumente wie das „Schriftleitergesetz“ (12.9.1933), die „Erklärung der Reichsregierung zum Tode Hindenburgs“ (2.8.1934), der nicht realisierte „Gesetzesentwurf für ein neues Reichspressegesetz“ (12.11.1936) oder Auszüge aus dem „Organisationsbuch der NSDAP“ (1943).

Die Textdokumente werden ergänzt durch zahlreiche Organigramme, die den Aufbau einzelner Ministerien und NS-Organisationen (oftmals im zeitlichen Verlauf) wiedergeben. Zusätzlich berücksichtigen Auszüge aus Tagebucheinträgen, Briefen, Flüsterwitzen, Flugblättern und Gerüchten die Ebenen der öffentlichen Wahrnehmung, Rezeption und Reaktion. Des Weiteren bieten Übersichten und Statistiken – z.B. über Hörfunkteilnehmer, das Verlags- und Presseimperium der NSDAP, die Häufigkeit und Qualität von Ausstellungen oder den Lebensweg des „gleichgeschalteten“ Staatsbürgers – zusätzliche Informationen jenseits der Gesetzesnorm. Ähnliches gilt für die eingeschobenen Abbildungen; zumal jene die Textlastigkeit minimieren und weitere Medien nicht-juristischer Ausprägung dokumentieren sollen – also Briefmarken, Münzen, unternehmerische Werbung oder Tarnschriften.

Am Schluss des ersten Bandes finden sich Farbtafeln: Landkarte – Banknoten – Sammelbild – Briefmarken – Postkarte – Zigarettenwerbung – Plakat – Schulbuch – Zeichnung – Gemälde – HJ-Lied – Fahnen – Uniformen – Werbeplakate – Orden – Zeitschriften – „Führer“-Portrait – Widerstand.

Zweiter Teil: Komplexe öffentlicher Kommunikation

Im zweiten Band dokumentiert der zweite Teilspezielle Themenkomplexe öffentlicher Kommunikation auf 645 Seiten: Im Mittelpunkt stehen ausführlichere Beiträge und Reden sowie Auszüge aus grundlegenden Monographien – wie z.B. Goebbels’ Rede über „Wesen und Aufbau der nationalsozialistischen Propaganda“ (1.6.1934), die Rede Hitlers vor über 400 Journalisten und Verlegern im Führerbau in München (10.11.1938), der Lexikonartikel Ernst Röhms über „SA und SS“ (1934), die Ausführungen Heinrich Hoffmanns über seine Hitler-Fotografie auf dem Odeonsplatz 1914 (1936) oder Reflexionen über die Umstellung von der Fraktur- auf die Antiquaschrift (1941).

Ausführlicher als im ersten Band werden in diesem zweiten Teil der Dokumentation Medien jenseits des juristischen Formats in Abbildungen dokumentiert. Dazu gehören Schulbücher und -aufsätze, Gegenstände des täglichen Gebrauchs, Gesellschaftsspiele und Unternehmenszeitschriften. Außerdem finden sich Abbildungen von Litfasssäulen, Banknoten, aus Ausstellungskatalogen, der Monatsschau „Panorama“ oder aus der Kulturzeitschrift „Tele“, die nach dem erwarteten „Endsieg“ in Europa vertrieben werden sollte.

Dritter Teil: Übersichten und Hilfsmittel

Der dritte Teil umfasst eine 112-seitige Spezialbibliographie und eine synoptisch angelegte, umfangreiche und sachlich stark untergliederte Chronologie mit den Tagesdaten kultur- und kommunikationsgeschichtlicher Ereignisse und Vorgänge. Sie sollen den Überblick erleichtern, die Forschung anregen und eine Weiterarbeit begünstigen.

Eine chronologische Übersicht der Text- und Bilddokumente, Organigramme, Statistiken und Übersichten schließt die Publikation ab. Die folgenden fünf Register finden sich am Schluss des zweiten Bandes: Medien – Sachbegriffe – Institutionen und Organisationen – Geographische Begriffe – Personen.