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Gefreiter der VP Waldemar Weiß

Der 19-jährige Grenzpolizist starb, als sich unerwartet ein Schuss aus seiner MPi löste.

geboren am 1. September 1938

gestorben nach Schusswaffenunfall am 25. Oktober 1957

Ort des Zwischenfalls: Neuendorf bei Teistungen (Thüringen)

Es war ein ganz alltäglicher Grenzdienst, der am frühen Abend des 25. Oktober 1957 hinter dem Gefreiten Waldemar Weiß lag. Gemeinsam mit seinem Posten Günter J. hatte er um 12.00 Uhr die Dienststelle Neuendorf bei Teistungen verlassen, um einen Beobachtungsturm nahe der Straße nach Etzenborn zu übernehmen. Doch das Postenpaar, das abgelöst werden sollte, war bereits auf dem Rückweg nach Neuendorf. Waldemar Weiß sah sie am Ortseingang. Er rief ihnen hinterher, aber sie konnten ihn nicht hören. Da nahm er seine MPi und gab einen Signalschuss ab. Nun kehrten die beiden Grenzpolizisten zurück, das Streifengebiet konnte ordnungsgemäß übernommen werden.

Auf dem Beobachtungsturm waren Waldemar Weiß und Günter J. bis 18.00 Uhr. Vor sich die Grenze nach Niedersachsen und das Eichsfelder Land mögen die Freunde über Fußball sinniert haben, das war ihr gemeinsames Hobby. Waldemar Weiß spielte als Torwart beim SG Dynamo Neuendorf und hatte sogar eine Delegierung zur Sportschule des SV Dynamo in Dresden erreicht. Vielleicht freute er sich auch auf die nächsten freien Tage – im nur 40 Kilometer entfernten Mühlhausen war der gelernte Tischler zu Hause, dort lebte auch seine Freundin. Um 18.00 Uhr jedenfalls verließen die beiden Grenzpolizisten den Beobachtungsturm und gingen zum Schlagbaum zurück. Wahrscheinlich auf Ablösung wartend, setzten sie sich an einem Transformatorenhäuschen nieder. Während sie sich weiter unterhielten, nahm Waldemar Weiß die MPi zwischen seine Knie mit der Laufmündung nach oben und überprüfte die Munition in der Trommel. Wie es kam, dass aus der Waffe plötzlich ein Schuss brach, konnte später nicht geklärt werden. Wahrscheinlich hatte er nach dem Einführen der Trommel den Abzug berührt. Man nahm an, dass er, ohne es zu bemerken, seit dem Signalschuss am Vormittag mit durchgeladener MPi seinen Dienst verrichtet hatte.

Der Schuss traf Waldemar Weiß in den Kopf und verletzte die Hirnschlagader. Günter J. verband die starke Blutung und alarmierte die Dienststelle. Ein Sanitätsfahrzeug brachte den Bewusstlosen ins Kreiskrankenhaus Worbis. Der Chefarzt schätzte aufgrund der gravierenden Verletzung die Überlebenschancen als gering ein. Dennoch entschied er sich für eine Notoperation. Es war nun 21.00 Uhr, die Eltern des Verletzten wurden mit einem Fahrzeug in Mühlhausen abgeholt. Doch als sie kurz nach 22.00 Uhr im Krankenhaus eintrafen, war ihr Sohn bereits gestorben.

Im Untersuchungsbericht der Deutschen Grenzpolizei Nordhausen zu diesem Unfall wurde betont, der Vorfall sei in allen Abteilungen der Grenzbereitschaft Nordhausen ausgewertet und „zum Gegenstand einer eingehenden Belehrung gemacht“ worden. Doch im gut 100 Kilometer entfernten Meiningen kam bereits einen Tag später auch der Grenzpolizist Klaus Deutschmann durch einen fahrlässigen Schusswaffengebrauch ums Leben. (Recherche: MP und jk; Autor: jk)