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Horst Richter

„Es soll ja keiner wagen abzuhauen, dann knallt es!“, rief der Grenzpolizist Günter Z. Doch der Schuss, der sich aus seiner Waffe löste, traf seinen Kollegen Horst Richter tödlich.

Richter, Horst
Bildquelle: BArch Militärarchiv

geboren am 30. März 1938

gestorben durch fahrlässigen Schusswaffengebrauch am 8. August 1957

Ort des Zwischenfalls: Bahnhof Goetheweg an der Bahnstrecke Schiercke-Brocken (Sachsen-Anhalt)

Horst Richter wuchs in der nordsächsischen Stadt Belgern bei Torgau auf und erlernte dort den Beruf eines Maschinenschlossers. Mit 19 Jahren trat er am 1. April 1957 in den Dienst der DDR-Grenzpolizei. Er kam als Streifenposten zum Kommando Brocken. Drei Monate später wurde seine Fotografie der Tafel „Die Besten der Dienststelle“ hinzugefügt. In einem Begleittext hieß es: „In der inneren Ordnung sowie in der Sauberkeit ist er Vorbild gegenüber anderen Genossen und ist bemüht auch seinen Genossen zu helfen. Genosse Richter ist ledig und über sein moralisches Verhalten ist nichts Nachteiliges bekannt.“ Die Bemerkung, dass er im Grenzdienst „einige Anstrengungen“ unternehmen müsse, um einen nicht näher beschriebenen Fehler „so schnell wie möglich wieder gut“ machen zu können, weist dennoch auf Probleme zu Beginn des neuen Dienstverhältnisses hin.

Am 8. August 1957 wurde Horst Richter gemeinsam mit einem Gefreiten zur Grenzsicherung am Bahnhof Goetheweg eingesetzt. Sein Dienst begann um 5.30 Uhr und sollte acht Stunden dauern. Der Bahnhof Goetheweg lag an der Strecke der heutigen Harzer Schmalspurbahnen zwischen Schiercke und dem Bahnhof Brocken. Wenige hundert Meter westlich des Bahnhofs verlief die Grenze zum Bundesland Niedersachsen. Wegen seiner Grenznähe befand sich der Bahnhof bereits im Sperrgebiet und wurde nur noch als Ausweichgleis für die zum Brocken verkehrenden Personenzüge verwendet. Fahrgäste durften hier nicht mehr aussteigen. Die Grenzpolizei nutzte den Kreuzungsbahnhof jedoch für Personenkontrollen.

Gegen 9.30 Uhr wartete Horst Richter mit dem Gefreiten Sch. im Bahnhäuschen auf den nächsten Zug, den sie kontrollieren sollten. Eine zweite Streife kam hinzu. Nachdem die vier Grenzpolizisten ihren Dienst besprochen hatten, gingen sie zu den Gleisen. Der Gefreite Günter Z. rief noch, „Es soll ja keiner wagen abzuhauen, dann knallt es!“ und versuchte dabei das Schloss seiner MPi zurückzuziehen, doch es glitt ihm aus der Hand. Ein Schuss löste sich und traf Horst Richter. Dieser brach getroffen zusammen. Er blutete stark am Hals. Das Geschoss hatte beide Halsschlagadern zerrissen. Verstört begann Günter Z. die Wunden zu verbinden, doch es gelang ihm nicht die Blutung zu stillen. Nach fünf Minuten war Horst Richter tot. Er wurde am 12. August 1957 in Belgern beerdigt.

Das Kreisgericht Nordhausen verurteilte Günter Z., der nach dem Vorfall aus der Deutschen Grenzpolizei entlassen wurde, wegen fahrlässiger Tötung zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten. (Recherche: MP und jk; Autor: jk)