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Hauptwachtmeister Manfred Portwich

Das Grenzkommando Mühlhausen meldete am 27. Oktober 1951 die „Erschießung des Volkspolizei-Hauptwachtmeisters Portwich durch bewaffnete Banditen“.

Portwich, Manfred
Bildquelle: Frotscher, Kurt; Liebig, Horst

geboren am 7. Mai 1925

erschossen am 27. Oktober 1951

Ort des Zwischenfalls: Katharinenberg, Mühlhausen (Thüringen)

Manfred Portwich wuchs in Mühlhausen, Thüringen, als Kind einer evangelischen Familie auf. Dort besuchte er auch bis 1939 die Volksschule, er galt als guter Schüler. Nach seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser arbeitete er als Schlosser und Kraftfahrer. Im Oktober 1942 wurde er zunächst zum Reichsarbeitsdienst und im Januar 1943 zur Wehrmacht eingezogen. Er wurde im „Rußlandfeldzug“ zum Kriegsdienst eingesetzt und erlitt bei einem Luftangriff so schwere Verwundungen, dass er bis zum Kriegsende im Lazarett lag. Nach fünfwöchiger amerikanischer Gefangenschaft in Regensburg durfte der 20-Jährige in seine Heimat zurückkehren, wo er versuchte nach den schlimmen Kriegserfahrungen ein neues Leben zu beginnen. Gemeinsam mit seinem Schwager eröffnete er 1946 eine Autovermietung. Ein Jahr später heiratete er seine Frau Edith. Trotz seiner schlimmen Kriegserlebnisse und dem gelungenen Neuanfang im zivilen Leben entschloss er sich zu einer Bewerbung in den bewaffneten Kräften. Im Juli 1949 trat er in den Volkspolizeidienst ein und kam schon kurz darauf im August 1949 bei der Grenzpolizei-Bereitschaft Köppelsdorf zum Einsatz. Um in der Nähe seiner Familie zu sein, beantragte er im Januar 1950 seine Versetzung zur Grenzpolizei-Bereitschaft Mihla. Dies wurde ihm aufgrund seiner guten dienstlichen Beurteilung auch genehmigt. So konnte er mehr Zeit mit seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern verbringen. Manfred Portwich liebte seine Familie, die mehrere Generationen unter einem Dach vereinte. Zusammen mit seiner eigenen jungen Familie lebten seine Eltern und die Familie seiner Schwester in einer Hausgemeinschaft.

Ein Zwischenfall am 17. Oktober 1951 zerstörte jäh dieses kleine Glück. Seit zwei Tagen befanden sich damals die Posten im Grenzbereich zwischen Wendehausen und Faulungen in erhöhter Alarmbereitschaft. Aus westlicher Richtung hatten Unbekannte dort im Frühnebel des 25. Oktober mit einem hellgrauen Porsche die Grenze passiert und sich der Kontrolle durch die DDR-Grenzpolizei entzogen. Die Verfolgung des Fahrzeugs durch berittene Grenzpolizisten verlief aussichtslos. Als Manfred Portwich zusammen mit seinem Gruppenführer am Samstag des 27. Oktober 1951 an der Straße, die kurz hinter Katharinenberg über die innerdeutsche Grenze führte, auf Posten stand, näherte sich gegen 7.00 Uhr ein Fahrzeug. Die beiden Grenzer hörten zunächst das Motorengeräusch und vermuteten, dass es sich dabei um den gesuchten Porsche handele. Hauptwachtmeister Portwich stellte sich hinter einen Baum und sicherte seinen Kollegen Menge, der den Wagen anhielt und die beiden Insassen aufforderte, auszusteigen und die Hände hoch zu heben. Die beiden Männer leisteten der Aufforderung Folge, stiegen aus und hoben die Hände in Brusthöhe. Nach der Aufforderung, die Hände gänzlich hochzuheben, sprang der Fahrer plötzlich drei Schritte zurück und zog eine Pistole. Hauptwachtmeister Menge, der seine geladene Pistole in der Hand hielt, drückte auf den Abzug seiner Waffe. Es ertönte jedoch nur ein metallisches Klicken. Später stellte sich heraus, dass zwar der Schlagbolzen vorschnellte, aber das Zündhütchen der Patrone nicht traf. Menge betätigte nun mehrfach kurz hintereinander den Abzug seiner Waffe, doch erst beim fünften Mal löste sich ein Schuss, der den bewaffneten Porschefahrer in den rechten Unterarm traf. Davor hatte dieser jedoch seinerseits bereits acht Schüsse auf die beiden Grenzpolizisten abgefeuert. Einer davon traf Manfred Portwich in den Unterleib, er brach sofort zusammen. Unmittelbar danach erschienen eine Streife des Kommandos Wendehausen, eine Reiterstreife des Kommandos Faulungen und die in der Nähe eingesetzte reguläre Streife des Kommandos Faulungen vor Ort und eröffneten das Feuer auf die beiden Männer. Durch eine Karabinerkugel in der Brust getroffen brach der Porschefahrer zusammen.

Manfred Portwich war in der Nabelgegend getroffen worden. Man setzte ihn auf den Beifahrersitz des Porsche und brachte ihn nach Lengenfeld in das dortige Krankenhaus. Nach einer ersten Wundversorgung veranlasste der behandelnde Arzt die sofortige Überweisung des Verletzten zu einer Notoperation in das Kreiskrankenhaus nach Mühlhausen. Auf dem Transport dorthin erlag Manfred Portwich seinen schweren inneren Verletzungen.

Aus den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nach der Wiedervereinigung geht hervor, dass die beiden Männer mit dem Porsche eine Freundin aus Craula (Thüringen) nach Menden in die Bundesrepublik holen wollten. Bis in die Morgenstunden des 27. Oktobers 1951 blieben sie in Craula. Da ihre Freundin schließlich aber doch nicht mit in die Bundesrepublik kommen wollte, entschlossen sich die beiden jungen Männer zur Rückreise. Das Schwurgericht Mühlhausen verurteilte den schwerverletzt festgenommenen Todesschützen Ludwig P. nach seiner Genesung am 19. Mai 1952 zu einer lebenslangen und seinen Beifahrer zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren. Die Staatsanwaltschaft Erfurt stellte das nach der Wiedervereinigung eingeleitete Ermittlungsverfahren am 6. August 1996 ein. Ludwig P. beteuerte gegenüber den Ermittlern, Portwich habe zuerst auf ihn geschossen. (Recherche: MK, MP; Autorin: MP)