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Gefreiter Jörg Krüger

Nach einem feucht-fröhlichen Abend im Boizenburger Kulturhaus „Kurt Bürger“ kehrte der Gefreite Jörg Krüger mit seinen Kameraden in die Unterkunft der 3. Grenzkompanie in den Ortsteil Bahlen zurück. Kurz nachdem er eingeschlafen war, wurde Alarm ausgelöst und die Truppe zur Suche nach einem Fahnenflüchtigen an die Grenze geschickt. Krüger überlebte diesen Einsatz nicht.

geboren am 29. März 1962

ertrunken am 25. Juli 1983

Ort des Zwischenfalls: Sude unweit der Einmündung in die Elbe (Mecklenburg-Vorpommern)

Gegen 22.30 Uhr verließ Jörg Krüger mit sieben seiner Kameraden das Kulturhaus „Kurt Bürger“. Auf dem Weg zum Standort der Einheit ging Wilfried G. in einigem Abstand hinter den anderen. In einer Gartenanlage verloren sie ihn aus den Augen. Da sie ihn auch nach einer etwa zehnminütigen Suche nicht auffanden, setzten sie den Rückweg ohne ihn fort. Am Standort der Einheit angekommen, meldeten sie dem Diensthabenden Offizier das Verschwinden von Wilfried G. Der Diensthabende Unterleutnant L. nahm an, G. werde mit anderen noch fehlenden Ausgängern bis Mitternacht zurückkehren. Als er jedoch auch um 0.02 Uhr noch nicht eingetroffen war, kommandierte der Unterleutnant den Alarmzug zur Suche in die Gartenanlage, wo G. zuletzt gesehen worden war. Außerdem meldete L. die Ausgangsüberschreitung dem vorgesetzten Grenzkommando. Um 0.30 Uhr löste der Grenzsignalzaun Alarm aus. Da die Soldaten des Alarmzuges bereits zur Suche nach dem vermissten Soldaten ausgerückt waren, befahl der Diensthabende Unterleutnant alle in der Einheit anwesenden Kräfte zur Abriegelung des Geländes an die Staatsgrenze, darunter auch die sieben Grenzer, die den Abend in der Gaststätte verbracht hatten und noch immer unter Alkoholeinfluss standen. Um 0.45 Uhr entdeckte eine Kontrollstreife Fußspuren am ersten Grenzzaun. Die neu eintreffenden Kräfte erhielten den Befehl, der Spur zu folgen. Unter der Führung eines Unterfeldwebels nahmen Jörg Krüger und drei weitere Soldaten die Verfolgung der Spur hinter dem Grenzzaun I auf. Dort stießen sie am Ufer der Sude auf die Uniformbluse und die Hose des Gesuchten. An der Stelle, an der die Spur am Ufer endete und der Gesuchte offenbar ins Wasser gestiegen war, versuchten sie in voller Montur den Fluss zu durchqueren. Dabei unterschätzten sie die Tiefe des Wassers und dessen Strömung. Jörg Krüger gelang es im Unterschied zu seinen Kameraden nicht mehr, sich von seiner Ausrüstung zu befreien. In Sekundenschnelle trieb er ab. Seine Leiche wurde am Morgen des 25. Juli 1983 von Tauchern der Grenztruppen nahe der Sudemündung der Elbe geborgen. Er hinterließ Frau und Kind.

Nach der Untersuchung des Vorfalls kam die MfS-Hauptabteilung I zu dem Ergebnis, die Befehlsgebung durch Unterleutnant L. sei unzweckmäßig gewesen. Sieben zur Suche eingesetzte Grenzer seien „unter Alkoholeinfluß stehend zum Einsatz an die Staatsgrenze“ kommandiert worden. „Diese Kräfte waren zum Teil, wie die Untersuchung herausarbeitete, nicht handlungsfähig.“ Eine Abhöreinheit der Stasi fing Funksprüche des westdeutschen Grenzzolldienstes ab, der die Taucher der Grenztruppen im Bereich der Sudemündung der Elbe beobachtete. Der Berliner Tagesspiegel meldete am Dienstag, den 26. Juli 1983, dass einem DDR-Soldaten und einem 18-jährigen Arbeiter am Wochenende die Flucht nach Niedersachsen gelungen war. (Recherchen: jos., TP; Autor: jos.)