Springe direkt zu Inhalt

Gefreiter der VP Ulrich Krohn

Während eines Wachdienstes im Grenzgebiet erschoss ein Grenzpolizist seinen 20-jährigen Postenführer Ulrich Krohn und flüchtete anschließend in die Bundesrepublik.

geboren am 23. August 1931 in Zachow

erschossen am 16. Mai 1952

Ort des Zwischenfalls: an der Bundesstraße 208 bei Groß Thurow (Mecklenburg-Vorpommern)

Ulrich Krohn kam im Dorf Zachow zur Welt, das zur Gemeinde Groß Nemerow (Mecklenburg-Vorpommern) gehört. Da seine Mutter früh starb, wuchsen er und seine fünf Geschwister bei den Großeltern auf, die einen Bauernhof unterhielten. Nach dem Abschluss der Volksschule arbeitete Ulrich Krohn zunächst auf dem großelterlichen Bauernhof mit. Im Alter von 19 Jahren meldete er sich zum Dienst bei der Grenzpolizei in Groß Thurow. Seine Vorgesetzten bescheinigten ihm eine zuverlässige Dienstausführung und erwirkten bald seine Beförderung zum Oberwachtmeister.

Am 16. Mai 1952 rückte Krohn als Postenführer mit Wachtmeister Hartmut Trübe zum gemeinsam Streifendienst aus. Um 10.00 Uhr bezogen sie ihren Postenstand nahe dem Schlagbaum an der Bundesstraße 208. Gegen 13.20 Uhr überbrachte Grenzpolizei-Wachtmeister Horst Raffel den beiden Posten das Mittagessen. Er plauderte noch eine Viertelstunde mit ihnen und ging dann zur Grenzwache zurück. Weder er noch Postenführer Krohn konnten ahnen, dass der 20-jährige Hartmut Trübe an diesem Tag in die Bundesrepublik flüchten wollte. Er stammte aus dem Kreis Parchim und diente erst seit einem Monat an der Grenze. Als um 14.30 Uhr die Ablösung für die beiden Posten erschien, fehlte von Trübe jede Spur. Ulrich Krohn lag tot im Beobachtungsstand. Die Mordkommission stellte vier Karabinergeschosse in Krohns Oberkörper fest. Zwei der von vorn auf ihn abgegebenen Schüsse führten zu seinem sofortigen Tod. Krohns Karabiner, seine Armbanduhr und seine Brieftasche samt Dienstausweis fehlten.

Der Landesstaatsanwalt von Mecklenburg-Vorpommern beantragte die Auslieferung des in die Bundesrepublik desertierten Tatverdächtigen Hartmut Trübe. In der Tagesmeldung der Grenzpolizei vom 19. März 1952 heißt es, in Tatortnähe sei auf der Westseite gegen 16.10 Uhr ein „PKW des amerikan. Geheimdienstes“ erschienen, „der nach kurzem Halt wieder davonfuhr. Es ist anzunehmen, daß der VP-Wachtmeister Trübe in dieses Fahrzeug aufgenommen wurde.“ Aufgrund dieses Umstands meldete die DDR-Nachrichtenagentur ADN, Trübe habe „im Auftrage der imperialistischen Westmächte“ gehandelt: „Nach der Mordtat flüchtete der Agent über die Zonengrenze, wo ihn Kraftfahrzeuge seiner Auftraggeber erwarteten.“ Als im September 1952 das niedersächsische Justizministerium die Auslieferung Trübes an die DDR-Behörden ablehnte, bezeichnete das Neue Deutschland Trübe als „Raubmörder“. In seiner Chronik des Ortes Zachow ging Kurt Eifert davon aus, dass Krohn sich Trübe entgegengestellt habe, um ihn an der Fahnenflucht in die Bundesrepublik zu hindern. Hartmut Trübe gestand den westdeutschen Ermittlern seine Tat. Im Dezember 1952 verurteilte ihn die Jugendkammer des Landgerichts Lüneburg zu einer zehnjährigen Haftstrafe.

Ulrich Krohn wurde am 20. Mai 1952 in seinem Heimatort beigesetzt. Zum 30. Jahrestag der Gründung der DDR-Grenztruppen fand an seinem Grab, das inzwischen eingeebnet ist, eine feierliche Kranzniederlegung statt. DDR-Zeitungen ehrten ihn als „Opfer bewaffneter Anschläge und Provokationen an der Staatsgrenze der DDR“. Zum Gedenken an Oberwachtmeister Krohn unterhielt das Grenzregiment Schönberg bis zum Ende der DDR-Zeit eine Ausstellung in einem Traditionszimmer. (Recherche: jk, MK; Autor: jk)