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Gerald Ißleib

Bei der verbotenen Spielerei „schnelles Ziehen“ verletzte ein Feuerstoß aus der Maschinenpistole des Postenführers den Grenzsoldaten Gerald Ißleib schwer. Er starb noch am gleichen Abend im Kreiskrankenhaus Eisenach.

geboren am 9. März 1964 in Wittstock/Dosse

tödlich verletzt bei einem Schusswaffenmissbrauch am 15. Dezember 1983

Ort des Zwischenfalls: 1300 Meter westlich der Ortslage Lauchröden (Thüringen)

Auf einer ehemaligen Ortsverbindungsstraße bei Lauchröden (Kreis Eisenach), 200 Meter westlich der Grenzsäule 1508 versahen der Postenführer Gefreiter Dietmar D. und der Grenzsoldat Gerald Ißleib am 15. Dezember 1983 Dienst als Fußstreife. Die Temperaturen lagen eine halbe Stunde vor ihrer Ablösung um 21.00 Uhr noch über dem Gefrierpunkt. Die beiden Grenzer unterhielten sich über den bevorstehenden Dienstschluss und verabredeten, sich später bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken aufzuwärmen. Nach Aussagen des Postenführers lief Ißleib um 20.35 Uhr in einer Entfernung von drei Metern hinter ihm, als er hörte, wie dieser seine Maschinenpistole entsicherte. Daraufhin entsicherte er ebenfalls seine Waffe, lud sie blitzartig durch und fuhr herum. Dabei kam er aus Versehen an den Abzug seiner MPi und löste einen Feuerstoß aus. Gerald Ißleib stürzte getroffen zu Boden. Dietmar D. rannte zu der 20 Meter entfernten Sprechstelle und alarmierte den diensthabenden Oberleutnant der Kompanie. Danach lief er zurück und leistete Ißleib Erste Hilfe. Der fragte stöhnend, „wann kommt der Arzt“. Nun schoss D. mit einer Leuchtspur das Notsignal „Alarmgruppe zur Grenze“ in den Himmel. Eine Kontrollstreife, die in der Nähe patrouillierte, eilte zum Ereignisort. Gegen 20.54 Uhr brachte ein Geländewagen der Grenztruppen den Verletzten in die Kaserne der 9. Grenzkompanie nach Lauchröden. Eine Ärztin aus der Nachbarschaft wurde herbeigerufen. Nach notdürftiger Versorgung der schweren Schussverletzungen Ißleibs, forderte sie einen Rettungswagen des Kreiskrankenhauses Eisenach an. Dort versuchten die Ärzte vergeblich, den 19-Jährigen am Leben zu erhalten. Zwei Geschosse hatten ihm beide Lungenflügel zerfetzt. Um 23.05 Uhr erlosch im Operationssaal sein Herzschlag.

Vernehmungen anderer Soldaten der 9. Grenzkompanie ergaben, dass Posten während ihrer Grenzstreifen häufiger das „schnelle Ziehen“ übten. Diese vorschriftswidrige Spielerei trieben offenbar auch Ißleib und sein Postenführer, als es zu dem Zwischenfall kam. Die Ermittlungen brachten jedenfalls keinerlei Fluchtabsichten Ißleibs zutage. Das Militärgericht Erfurt verurteilte Dietmar D. im März 1984 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. (Recherchen: jk, jos, TP; Autor: jos.)