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Gefreiter Detlef Groschke

Die Splitterminen (Selbstschussanlagen) an den Grenzzäunen explodierten oft unvorhergesehen und verwundeten dabei auch Angehörige der Grenztruppen. Der Gefreite Detlef Groschke war zu Reparaturarbeiten am Grenzzaun eingesetzt. Dabei löste er aus Versehen eine Selbstschussanlage aus. Er erlitt schwere Verletzungen, die schließlich zu seinem Tod führten.

geboren am 27. April 1958 in Rostock

verletzt durch Splittermine am 31. August 1978, gestorben am 10. September 1978

Ort des Zwischenfalls: bei Groß Thurow (Mecklenburg-Vorpommern)

Am 31. August 1978 waren nach einem Gewitter um die Mittagszeit mehrere SM-70-Splitterminen an den Grenzzäunen im Sicherungsabschnitt des Bataillons Schattin explodiert. Unterfeldwebel G. fuhr daraufhin gemeinsam mit einem ihm unterstellten Wartungstrupp zu den Grenzanlagen. Unter den Soldaten war auch der gelernte Elektriker Detlef Groschke. Als Unterfeldwebel G. mehrere fehlerhaft ausgelöste Minenschaltungen feststellte, befahl er dem 20-jährigen Gefreiten die Fehlschaltung an einer Splittermine zu beseitigen und so die Anlage wieder scharf zu machen. Groschke stieg auf eine Leiter, um den Schalter auszudrehen. Dabei kam er mit dem Kopf unmittelbar vor den Schusstrichter. Plötzlich detonierte das Gerät und feuerte scharfkantige Stahlsplitter mit starker Streuwirkung aus dem trichterförmigen Gehäuse ab. Mehrere davon trafen Detlef Groschke in den Kopf. Der Schwerverletzte wurde zunächst ins Kreiskrankenhaus Wismar eingeliefert und später in die Chirurgische Universitätsklinik Rostock überführt. Die Mine hatte ihm das Gesicht zerrissen, die Augäpfel zerstört und mehrere Trümmerbrüche der Schädelknochen zugefügt. Seine Kameraden flüsterten sich hinter vorgehaltener Hand zu: „Hoffentlich stirbt er bald …“. Er hatte noch zehn Tage zu leiden, bis schließlich eine schlecht verheilte Wunde an der Schlagader zu seinem Tod führte.

Gegen Unterfeldwebel G. ermittelte die Militärstaatsanwaltschaft des Grenzkommandos Nord wegen Verletzung der Dienstaufsichtspflicht. Tatsächlich war die Minenanlage entgegen der Dienstvorschrift nicht außer Betrieb gesetzt worden, als G. ihre Reparatur befahl. Eine Untersuchungskommission begründete jedoch die Explosion mit einer atmosphärischen Entladung als Nachwirkung eines bereits abgezogenen Gewitters. Der Militärstaatsanwalt stellte deshalb fest, „daß die Mine auch bei außerbetrieb gesetzter Anlage detoniert wäre“ und stellte das Ermittlungsverfahren ein. Unterfeldwebel G. habe weder vorsätzlich noch schuldhaft fahrlässig die Sicherheitsbestimmungen verletzt. „Über die ganze Angelegenheit war jedenfalls striktes Redeverbot erlassen worden“, erinnerte sich ein ehemaliger Grenzer. Die Ermittlungsakte der Militärstaatsanwaltschaft schließt mit einem Bericht über die Beerdigung von Detlef Groschke in Rostock ab. Den Eltern gegenüber wurde jeder Verweis auf die tödlich wirkenden Minenanlagen vermieden. Befriedigt stellte ein Major der Grenztruppen fest, dass die Eltern bei der Beerdigung geäußert hätten, stolz auf ihren Sohn zu sein, der in der vorbildlichen Ausführung seines Dienstes durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen wäre. (jk)