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Carola Jordanow

Gemeinsam mit ihrer Freundin Diana K. versuchte die 20-jährige Carola Jordanow am 15. August 1986 über die ungarische Grenze nach Österreich zu flüchten. Der Fluchtversuch scheiterte, Carola Jordanow erstickte im Transportcontainer eines niederländischen Lastzuges.

Carola Jordanow
Bildquelle: BStU

geboren am 12. Oktober 1965

bei Fluchtversuch erstickt am 15. August 1986

Ort des Zwischenfalls: Ungarn, Grenzgebiet bei Hegyeshalom

Die beiden Kindergärtnerinnen aus Erfurt Carola Jordanow und Diana K. verbrachten ihren Sommerurlaub an der rumänischen Schwarzmeerküste. Am 12. August 1986 reisten sie über den Grenzübergang Nagylak nach Ungarn ein und fuhren mit dem Zug von Szeged nach Budapest, wo sie in einem Privatquartier unterkamen. Am Abend des 14. August besuchten die beiden Freundinnen das Cafe des Hotels „Wien“ in Budapest. Dort kamen sie mit dem westdeutschen Lastkraftwagenfahrer Norbert K. aus Lübeck ins Gespräch. Sie fragten ihn, ob er sie nicht in seinem Lastwagen verstecken und über die österreichische Grenze mitnehmen könne. Das erschien Norbert K. wegen der üblichen Grenzkontrollen seines Fahrzeugs zu riskant. Er lehnte die Fluchthilfe ab, bot aber an, die beiden jungen Frauen mit dem holländischen Fernlastfahrer Andre A. bekannt zu machen, der mit seinem Containertransporter die Grenze passieren würde. Andre A. erklärte sich bereit, die beiden in einem der drei Container seines Lastzuges zu verstecken, falls nicht doch noch kurzfristig eine Zuladung erfolgen würde. Diese erfolgte dann aber doch am Vormittag des 15. August. Die Container erhielten für die Rückreise eine Auffüllung mit etwa 60 Grad heißem Fett. Andre A. traf am frühen Nachmittag, wie verabredet, die beiden jungen Erfurterinnen auf dem Parkplatz des Hotels „Wien“ und erklärte ihnen, er könne sie wegen der Zuladung nun doch nicht in einem Container verstecken. Carola Jordanow und ihre 19-jährige Freundin Diana K. flehten ihn an, sie doch mitzunehmen. Andre A. ließ sich erweichen und nahm die Frauen im Führerhaus des Lastkraftwagens bis etwa einen Kilometer vor die Grenzübergangsstelle Hegyeshalom mit. Dort hielt er auf einem Parkplatz an, stellte eine Leiter an den mittleren Container und öffnete dessen Deckel, ohne die Zollplombe zu beschädigen. Dann schob er die Leiter in den mit 900 Litern ca. 60 Zentimeter hoch gefüllten Container. Die beiden Freundinnen kletterten hinein und setzten sich auf die Leiter. Andre A. ließ den Containerdeckel offen und fuhr bis auf etwa 500 Meter an den Grenzübergang heran. Dann stoppte er nochmals und verschloss den Container. Kurz vor der Grenze hielt er erneut an und fragte die beiden Frauen durch die Containerwand, wie es ihnen gehe. Sie antworteten „schlecht“ und klagten über Luftmangel. Andre A. wendete daraufhin seinen Lastzug und fuhr zu einer etwa 600 Meter entfernten Tankstelle zurück. Als er dort die Containerluke öffnete, war Carola Jordanow bereits erstickt. Diana K. kam in lebensbedrohlichem Zustand in ein Krankenhaus des Verwaltungsbezirks Györ. Nach ihrer Genesung lieferte sie die ungarische Staatssicherheit in die Haftanstalt Györ ein. Dort saßen bereits Andre A. und der deutsche Fernfahrer Norbert K. ein. Alle drei brachte man am 29. August 1986 in die Haftanstalt Budapest. Die Leiche von Carola Jordanow blieb zur Obduktion in Györ.

Am 2. Mai 1989, nicht einmal drei Jahre nach Carola Jordanows Tod, durchtrennten ungarische Grenzer in Hegyeshalom den Stacheldrahtzaun. Damit begann die Demontage des Eisernen Vorhangs. (jos.)