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Hauptwachtmeister Gerd Eisenbach

Am 16. Dezember 1975 errichtete die Volkspolizei an den Landstraßen, die im Thüringer Raum zur Grenze führten, Straßensperren. Mit höchster Alarmstufe wurde nach dem am Vortag aus einer Kaserne in Spremberg geflüchteten NVA-Soldaten Werner Weinhold gefahndet. Auf der Landstraße bei Vachdorf löste sich während einer Fahrzeugkontrolle ein Schuss aus einem dort eingesetzten leichten Maschinengewehr. Hauptwachtmeister Gerd Eisenbach wurde getroffen und tödlich verletzt.

geboren am 22. April 1949

getötet durch fahrlässigen Schusswaffengebrauch am 16. Dezember 1975

Ort des Zwischenfalls: Landstraße zwischen Vachdorf und Leutersdorf (Thüringen)

Im Rahmen der Fahndungsmaßnahmen gegen den am 15. Dezember 1975 aus der Panzerkaserne in Spremberg geflüchteten Soldaten Werner Weinhold richteten Volkspolizisten an der F 89 zwischen den Ortschaften Vachdorf und Leutersdorf bei Themar einen Sonderkontrollpunkt ein. VP-Meister Harald J. erhielt bei der Einrichtung des Kontrollpunktes den Befehl, ein leichtes Maschinengewehr (LMG) in Stellung zu bringen. VP-Meister Fiedler, der das Kommando an der Kontrollstelle führte, wies Harald J. an, das LMG schussbereit zu machen, eine Patrone einzuführen und die Waffe zu sichern. Der Versuch, den Gurt einzulegen, gelang nicht sofort. Harald J. behauptete später, er habe den Kommandoführenden darauf hingewiesen, dass er nicht an dieser Waffe ausgebildet worden sei. Gerd Eisenbach half daraufhin seinem Kollegen, das LMG schussbereit zu machen. Dann begab er sich kurz nach 18.00 Uhr auf die Straße zum Kontrollpunkt. Nach Angaben von Harald J. habe er das Schloss des LMG zurückgezogen, das sei vorgeschnappt und ein Schuss löste sich. Gerd Eisenbach, der in einiger Entfernung im Schussfeld des LMG stand, wurde in den Rücken getroffen. Er habe noch gesagt, „was macht ihr denn“ und brach dann zusammen. Volkspolizeimeister Fiedler ließ den schwer Verletzten in einen ‚Wartburg‘ aus der wartenden Fahrzeugkolonne legen und zum Krankenhaus Meiningen bringen. Dort konnten die Ärzte nur noch seinen Tod feststellen. Nach ihrer ersten Einschätzungen handelte es sich bei der Schussverletzung um einen Lungendurchschuss und eine Verletzung der Lungenschlagader.

Der Rapport an das DDR-Innenministerium über den tödlichen Zwischenfall enthält folgenden kritischen Hinweis: „Entgegen der Festlegung, die Einsatzkräfte am KP mit Mpi auszurüsten, hatte der Leiter der Schutzpolizei des VPKA Meiningen die Anweisung gegeben, einen Genossen der Einsatzkräfte des Fahndungskontrollpunktes mit LMG zu bewaffnen. Bisherige Überprüfungen ergaben, dass der LMG-Schütze, Meister der VP Harald J. (31), keine gründliche Ausbildung an dieser Waffe hat. Er handelte fahrlässig bei der Herstellung der Feuerbereitschaft.“

Während die DDR-Medien sich ausführlich mit den Todesfällen der von Weinhold an der Grenze erschossenen Soldaten Jürgen Lange und Klaus-Peter Seidel befassten und diese zum Gegenstand ihrer Propaganda gegen die Bundesrepublik machten, spielte der Tod von Gerd Eisenbach in den Berichten über den Ablauf der Fahnenflucht Werner Weinholds keine Rolle. (Recherchen: MK, ST; Autor: jos.)