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Detlev Quandt

Auch vor der Gründung beider deutschen Staaten starben an der damaligen Zonengrenze der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Menschen. Einer davon war Detlev Quandt, der Bürgermeister von Zarnewenz am Dassower See.

Detlev Quandt
Bildquelle: Privat Hannelore Quandt

geboren am 16. November 1907 in Bäk bei Ratzeburg

erschossen am 20. November 1945

Ort des Zwischenfalls: Zarnewenz am Dassower See (Mecklenburg-Vorpommern)

Detlev Quandt wurde am 16.11.1907 in Bäk bei Ratzeburg geboren. Nach der Schulzeit machte er eine Müller-Lehre im Betrieb seiner Mutter in Römnitz, anschließend arbeitete er als Geselle in Schönberg. 1937 heiratete hat er Johanna Sterley. Das Paar bekam zwei Kinder: Hannelore, geb. 1941 und Detlev, geb. 1946.

1939 wurde Detlev Quandt zur Wehrmacht eingezogen und erlitt drei Verwundungen. Da er aus der Landwirtschaft kam, arbeitete er als Sonderführer auf einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kaukasus. Später geriet er in britische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1945 entlassen wurde. Seine Verwundungen wurden ambulant in Lübeck behandelt. Er lebte und arbeitete nach Kriegsende mit seiner Familie und den Schwiegereltern auf deren Hof in Zarnewenz am Dassower See. Das Anwesen befand sich seit 1525 im Familienbesitz. Nach Kriegsende lag es im Grenzgebiet der Sowjetischen Besatzungszone.

Johanna und Detlev Quandt mit Tochter Hannelore ca. 1943.              Foto: Privat Hannelore Quandt

Da er keiner Partei angehört hatte, musste er auf Drängen der Behörden das Amt des Bürgermeisters in Zarnewenz übernehmen. Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, in unregelmäßigen Abständen die sowjetischen Soldaten nach 22 Uhr auf nächtlichen Kontrollgängen durch den Ort zu begleiten. Am 20. Dezember 1945 wurden er und sein Schwiegervater durch ungewöhnlich heftiges Rütteln an Haustür und Fensterläden geweckt. Da beide Männer eine große Unruhe der Soldaten bemerkten, ging sein Schwiegervater mit vor die Haustür, beide erblickten im Lampenschein drei russische Soldaten mit in Richtung Haustür vorgehaltenem Gewehr, die riefen: „Bürgermeister rauskommen, wir schießen“.

Detlev Quandt zog seinen Schwiegervater sofort zurück in den Hausflur und verschloss die Haustür von innen. Beim Abschließen der Haustür traf ihn eine Kugel in den Kopf, er war sofort tot. Die Russen brachen die Haustür auf, konnten den Toten liegen sehen und verschwanden in der Dunkelheit der Nacht. Vergeblich auf eine amtliche Untersuchung wartend, ließ die Familie den Toten bis zum nächsten Abend im Flur liegen.

Die Witwe musste nun den Hof alleine mit ihren Eltern bewirtschaften. Wegen angeblicher Wirtschaftssabotage (Sollablieferungen) kam sie von Oktober bis Dezember 1951 in U-Haft nach Grevesmühlen. Hilde Benjamin musste sie freisprechen. Den Hof konnte der Staat auf andere Weise übernehmen: Am 6. Juni 1952 wurde die ganze Familie aus dem Ort, der ab Ende Mai 1952 im Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze lag, ausgewiesen und mit der Eisenbahn nach Abtshagen bei Grimmen verfrachtet. Die Großmutter verstarb bald darauf „regelrecht an gebrochenem Herzen“. Die Familie ist dort nie wieder in normalen Lebensverhältnissen angekommen. Im April 1961 flüchtete sie über West-Berlin in die Bundesrepublik. (verf. von Inge Bennewitz nach Auskunft von Hannelore Quandt)