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Heinrich Niehoff

Heinrich Niehoff aus Osnabrück wartete am 7. September 1961 gemeinsam mit seiner Frau im Fahrzeug am Grenzübergang Marienborn auf die Abfertigung, als plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ein DDR-Lastwagen heran raste und den Ford Taunus der Eheleute Niehoff gegen das Abfertigungsgebäude schob. Heinrich Niehoff kam dabei ums Leben.

Heinrich Niehoff

geboren am 26. Juni 1917 in Köln

gestorben am 7. September 1961

Ort des Zwischenfalls: Grenzübergang Marienborn (Sachsen-Anhalt)

Der Kaufmann Heinrich Niehoff aus Osnabrück reiste am 6. September 1961 gemeinsam mit seiner Frau Ursula nach Leipzig, um dort Verwandte zu besuchen. Die Volkspolizei verweigerte ihnen jedoch am 7. September eine Aufenthaltsgenehmigung und forderte sie auf, bis 24:00 Uhr die DDR zu verlassen. Kurz vor Mitternacht erreichte das Ehepaar den Grenzübergang Marienborn und wartete dort in seinem Ford 17M auf die Abfertigung, als plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ein Dreieinhalbtonner der Marke Horch 3 A herangerast kam. Die DDR-Grenzer hatten zuvor einen aus West-Berlin kommenden LKW-Fahrer gezwungen, mit seinem Laster die Fahrbahn zu blockieren. Der schwere Horch-LKW prallte mit etwa 70 km/h auf den Ford Taunus der Eheleute Niehoff und drückte ihn gegen das Abfertigungsgebäude. Heinrich Niehoff erlag noch an Ort und Stelle seinen schweren Verletzungen, seine Frau überlebte schwer verletzt. Sie wurde in ein Marburger Krankenhaus gebracht und lag dort fast ein halbes Jahr, bis sie soweit wiederhergestellt war, dass sie nach Osnabrück zurück transportiert werden konnte. Die 37jährige musste nun allein für ihre fünf minderjährigen Kinder sorgen, die zwischen 6 und 15 Jahre alt waren. Ursula Niehoff ist 2016 in Osnabrück gestorben.

Die Volkspolizei nahm die Insassen des Lastwagens fest. Es handelte sich um fünf Jugendliche aus Halberstadt, die in den Westen flüchten wollten. Die MfS-Auswertung des Zwischenfalls meldete ein „westdeutsches Todesopfer nach Fluchtversuch von DDR-Jugendlichen“ und ordnete die fünf Festgenommenen einer Halberstädter Jugendbande zu, die untereinander westliche „Schund- und Schmutzliteratur“ aus- getauscht und seit dem Vorjahr wiederholt Bürger und Volkspolizisten sowie SED- und FDJ-Mitglieder provoziert habe. Außerdem hätten diese Jugendlichen mehrfach anlässlich von Staatsfeiertagen DDR-Fahnen und rote Fahnen zerstört, unter Alkohol- einfluss Fahrzeuge aller Art unbefugt benutzt und damit Passanten gefährdet.

Frankfurter Allgemeine Zeitung,16.09.1961

 Die Berliner Zeitung machte am 14. Oktober 1961 unter der Schlagzeile „Die Mörder von Halberstadt“ eine „konterrevolutionäre Bande“ für Niehoffs Tod verantwortlich und behauptete, „die Verbrecher wurden vom Westen angeleitet“. Das Neue Deutschland berichtete einen Tag später unter der Überschrift „Terrorbande erhielt gerechte Strafe“, der Erste Strafsenat des Bezirksgerichtes Magdeburg habe eine elfköpfige „Terrorbande“ aus Halberstadt zu hohen Haftstrafen verurteilt. „Fünf Verbrecher hatten am 7. September dieses Jahres in Marienborn vorsätzlich den westdeutschen Kauf- mann und Vater von fünf unmündigen Kindern Heinrich Niehoff getötet und seine Frau lebensgefährlich verletzt. Das Ehepaar befand sich auf dem Wege zur Leipziger Herbstmesse. Vier der Angeklagten, die sich als die politischen Inspiratoren erwiesen haben, wurden am Donnerstag zu lebenslänglicher Haft, die weiteren Bandenmit- glieder zu Freiheitsstrafen zwischen 15 und drei Jahren verurteilt.“ (Recherche: jk, jos., MP, US; Autor: jos.)