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Stufenweise Wiedereingliederung- "Hamburger Modell"

Die stufenweise Wiedereingliederung (STWE, § 74 SGB V; § 44 SGB IX) ist eine therapeutische Maßnahme, die der Erprobung der beruflichen Belastbarkeit dient. Sie wird nach einer langen Erkrankung häufig durchgeführt und hat eine sehr hohe Erfolgsquote. Allerdings steht sie grundsätzlich nur Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung offen.

Sukkulente

Sukkulente

Durch die stufenweise Wiedereingliederung soll die Arbeitsunfähigkeit der bzw. des Beschäftigten verkürzt und stufenweise die volle Arbeitsbelastbarkeit wiederhergestellt werden. Die Zielsetzung beinhaltet daher:

  • arbeitsunfähige Beschäftigte schrittweise am bisherigen Arbeitsplatz an die Arbeitsbelastung heranführen,
  • individuell angepasste Steigerung von Arbeitszeit und Arbeitsbelastung,
  • positive Beeinflussung des Genesungsprozesses.

Dabei erhalten arbeitsunfähige Beschäftigte die Möglichkeit, ihre berufliche Belastbarkeit kennen zu lernen ihre Selbstsicherheit wiederzugewinnen und die Angst vor Überforderung und einem Krankheitsrückfall abzubauen.

Voraussetzung für die STWE ist eine aus medizinischer Sicht ausreichende Belastbarkeit und günstige Prognose. Es handelt sich um eine freiwillige Maßnahme. Ihre Durchführung bedarf immer der Zustimmung der zurückkehrenden Beschäftigten, der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers und der Krankenkasse. Allerdings ist zu beachten, dass sowohl für die/den Arbeitnehmer*in als auch für die/den Arbeitgeber*in die Notwendigkeit besteht, durch geeignete Maßnahmen die Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit zu fördern, soweit dies den Umständen nach möglich und zumutbar ist.

Beschäftigte sind während der STWE weiter arbeitsunfähig; entsprechend wird Krankengeld von der Krankenkasse bzw. Übergangsgeld von der Rentenversicherung gezahlt und die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat in dieser Zeit keinen Anspruch auf die Arbeitsleistung.

Damit die stufenweise Wiedereingliederung (STWE) erfolgreich sein kann, ist folgendes zu beachten:

  • Die STWE muss abhängig von der Arbeits- und Leistungsfähigkeit derzurückkehrenden Beschäftigten und den Belastungen am Arbeitsplatzindividuell geplant,
  • flexibel gestaltet und durchgeführt werden,
  • ist medizinisch zu überprüfen sowie im Bedarfsfall anzupassen und
  • muss gemeinsam vorbereitet, koordiniert und begleitet werden.
  • Das direkte Arbeitsumfeld sollte über die stufenweise Wiedereingliederung informiert werden. Verständnis und Kooperation des Umfeldeshaben einen nicht unerheblichen und positiven Einfluss auf den Erfolgder Maßnahme.
Optimaler Ablauf Hamburger Modell

Optimaler Ablauf Hamburger Modell

  • Abstimmung mit behandelndem Arzt/behandelnder Ärztin, ab wann Wiedereingliederung beginnen kann und wie die schrittweise Erhöhung der Arbeitszeit aussehen könnte
  • Beschäftigte*r stimmt sich mit seinem Arbeitsbereich (Vorgesetzte*r/Verwaltungsleitung) ab, ob Wiedereingliederung zum geplanten Zeitpunkt möglich ist
  • Einreichen der medizinischen Unterlagen bei der Personalstelle
  • Personalstelle prüft mit zuständigem Arbeitsbereich die beantragte Maßnahme und gibt der/m Antragsteller*in und der/m Kostenträger*in Rückmeldung
  • Bereich bereitet sich auf stufenweise Rückkehr vor (Abstimmung der Aufgaben/Zuständigkeiten/Ansprechpartner*innen)
  • Abstimmung mit betreffender Person über Aufgaben und Zuständigkeiten, bestenfalls vor Antritt
  • Begleitung während der Maßnahme durch Vorgesetzte (regelmäßige Gespräche über Arbeitsanfall und Leistungsfähigkeit, evtl. anpassen)

Neben den schon benannten Herausforderungen zu Urlaub, Überstunden und Lehre können weitere Probleme aber auch Grenzen in der Umsetzung auftauchen.


Probleme beziehen sich häufig auf eine Diskrepanz zwischen finanziellen Erfordernissen und der tatsächlichen Arbeitsfähigkeit, z.B.:

  • wenn die betroffene Person im Rahmen einer STWE nicht länger nur mit Kranken- oder Übergangsgeld über die Runden kommen kann
  • wenn das Krankengeld ausgeschöpft ist (nach 78 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung), aber die Arbeitsfähigkeit noch nicht wiederhergestellt ist und unklar ist, wer im weiteren Verlauf die Kosten übernimmt.

In solchen Fällen bitten wir Sie, die oder den Betroffene*n frühzeitig an die Sozialberatung zu verweisen, damit möglichst eine tragfähige Lösung gefunden werden kann und alle relevanten Formalien beachtet werden. Insbesondere durch das Auslaufen des Krankengeldes kann es schnell um die finanzielle Existenz gehen.

Ein weiteres typisches Problem im Rahmen der Wiedereingliederung ist ein langer Anfahrtsweg bei Teilzeittätigkeit bzw. nur wenigen Stunden Arbeit am Tag im Stufenplan der STWE. Es stellt dann die Frage, ob Aufwand und Nutzen für die oder den Betroffene*n im Hinblick auf die Genesung in einem angemessenen Verhältnis stehen. Je nach Tätigkeit kann in solchen Fällen mobiles Arbeiten ein Baustein der Lösung sein. Wie auch sonst lassen sich oft – wenn auch nicht immer – im Gespräch mit der oder dem Betroffenen und unter Einbindung der im Folgenden benannten vielfältigen Unterstützungsmöglichkeiten Lösungen finden.

Es kann sich aber auch herausstellen, dass sich die Arbeitsfähigkeit nicht in ausreichendem Maße wiederherstellen lässt oder dass die bisherige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann und dadurch das Erfordernis auftaucht, eine andere Tätigkeit zu finden, die den Ressourcen und Einschränkungen des oder der Mitarbeitenden entspricht. In diesen Fällen sind die Verwaltungs- oder Abteilungsleitung, die Personalstelle und ggf. die Interessenvertretung(en) in das weitere Vorgehen einzubeziehen.