PhiN 87/2019: 77



Nicole Häffner (Saarbrücken)



Dieterle, Bernhard / Engel, Manfred (2018): Theorizing the Dream. Savoirs et théories du rêve. Würzburg: Königshausen & Neumann (Cultural Dream Studies 2).


Nach dem ersten Band über Arten des Schreibens im Kontext von Traum liegt nun der zweite Band der Reihe "Cultural Dream Studies" der Herausgeber Bernard Dieterle und Manfred Engel vor. Dieses Mal geht es um theoretische Konzepte zum menschlichen Phänomen des Traums. Dabei wird der Wechselwirkung zwischen Wissens- und Überzeugungskomponenten und verschiedenen Formen von Literatur wie auch der fiktionalen Komponenten unter Berücksichtigung der entsprechenden und vielschichtigen Kontexte Rechnung getragen, wie Manfred Engel im Vorwort ankündigt. Erneut wird eine bemerkenswerte geographische, zeitliche und kulturelle Bandbreite abgedeckt, von der fernasiatischen und europäischen Antike über das Barockzeitalter, die Aufklärung und die Romantik bis hin zu modernistischen Romanen, dem Surrealismus, Freud und der experimentellen Traumforschung.

Den Anfang macht Manfred Engel mit Überlegungen zu einer Art "Meta-Theorie" der Traumtheorien. Als Aufgabe, der sich die vielfältigen, oft koexistierenden und ineinander übergehenden Traumtheorien zuwenden, bestimmt er das Erklären, Verringern oder Schließen der gefühlten Diskrepanz zwischen Traumwelt und Wachwelt ausgehend von einigen divergierenden Charakteristiken. Es wird eine deskriptive Matrix für Traumtheorien gegeben, in der Ursprünge, Bewertung, Dechiffrierungstechniken, Typen, Rituale, Nachbarphänomene und Position im Wissenssystem der Zeit aufgeführt werden, gefolgt von einem Typologie-Vorschlag, bestehend aus übernatürlichen, epistemologischen/ontologischen, rationalistischen und natürlich-supernatürliche/romantischen Traumtheorien. Abschließend wird die Traumtheorie Carl Gustav Jungs als Fallstudie in Kontrast zu Freuds Theorie dargestellt und in den letztgenannten Traumtyp eingeordnet.

Dorothy Figueira gibt einen Überblick über den Traum in der antiken indischen Literatur und Philosophie. Anhand eines Korpus von hinduistischen Vedas, Upanishads, buddhistischen Sutren und der/dem Yogavashishtha sowie Sanskrit-Epen und Dramen arbeitet sie eine stark ausgeprägte Kontinuität und die Wahrnehmung von Traum als einer anderen Stufe von Realität heraus. Diese Sichtweise steht im Zusammenhang damit, dass die gesamte menschliche Erfahrung als illusionär und alle Wahrnehmung als mentale Projektion betrachtet wird. Figueira gibt eine umfangreiche kleine Bibliographie und determiniert eine Verwischung der Trennlinie zwischen Traum und Wachwelt als Charakteristikum des indischen Denkens.




Phin 87/2019: 78


Das große Gewicht von Träumen und ihre Bedeutung als Beginn von Kausalketten und Motor der Realität wird anhand der epischen Tradition aufgezeigt. Traumdeutung und prophetische Träume spielen auch in den Erzählungen von Buddhas Leben eine bedeutende Rolle. Das Streben nach Befreiung von dieser Welt wird als wichtiges Element in Traum-Narrativen nachgewiesen und dabei auch Unterschiede zwischen Buddhismus und Hinduismus und die Unterscheidung von vier Zuständen der Seele dargelegt und erläutert. "Indian dream narratives refute our common Western assumption that dreams are unreal and lives are real." (51)

Den prognostischen Aspekten von Träumen in chinesischen und koreanischen Denkweisen und Texten der Vormoderne mit ihrem (dennoch) rationalen Grundtenor wendet sich Marion Eggert zu. Es werden drei koexistierende Traumkonzepte dargestellt: das naturalistische (d.h. physiologisch bzw. psychologisch erklärte), das transzendente (Kontakt mit einer anderen Dimension) und das Konzept des Traums als Event mit oft transformativer Macht. Auch skeptische Positionen, buddhistische, taoistische und neo-konfuzianistische Elemente, eine klare Trennung zwischen dem Realen und Illusorischen und daraus folgende Abwertung des Traums, die Instrumentalisierung des Träumens als individuelle spirituelle Fortschrittsanzeige mit entsprechendem Druck einer solchen normativen Oneirologie, eine erneute Aufwertung der Wandelbarkeit des Traums als Bereicherung der täglichen Erfahrung und die Rolle des Traums in Utopien werden thematisiert. Dabei finden sich viele traumtheoretische Elemente eher in Narrativik und Gleichnissen als in theoretischen Abhandlungen.

Im nächsten Artikel gibt Christophe Chandezon einen Überblick über traumtheoretische Aspekte in der europäischen Antike von Homer bis Artemidor. Die Quellenlage ist hierbei sehr lückenhaft und die Positionen sind schwer voneinander abzugrenzen und existieren oft in parallelen Versatzstücken. Wohl auch deshalb scheint hier die Struktur ein wenig unklar und zum Teil redundant. Es werden sehr viele primäre und sekundäre Quellen sowie Zitate geliefert. Die zwei Arten von Träumen und der Botschafts-Traum der homerischen Tradition, mythisch-göttliche und physiologische Traumursprünge, Validität, Defizienz als divinatorische Methode durch Unklarheit und mangelnden Zugriff, das Ritual der Inkubationsträume, Verbindung zur Wachwelt und folglich Realitätsstatus, Skeptizismus, psychische Ursprünge (Tagesreste), Taxonomien, divinatorische Qualitäten auch ohne göttliche Intervention und zwei Tendenzen (Stoiker und Epikuräer) werden etwa umfangreich behandelt anhand von zahlreichen Autoren wie Hesiod, Euripides, Aischylos, Vergil, Ovid, Lukian von Samosata, Pindar, Aelius Aristides, Diogenes Laertius und Herodot. Dabei erfolgt auch eine Auseinandersetzung mit einer relativ neuen und offenbar in gewissem Maße von üblichen Forschungsmeinungen abweichenden Monographie von William Harris (2009). Ciceros Darstellung von Pro und Contra divinatorischer Bedeutung der Träume und Artemidors komplexe Theorie mit der Unterscheidung zwischen Enhypnia und Oneiroi und bei Letzteren dann zwischen klaren Ankündigungen und verschleiertem Sinn werden näher beleuchtet.




PhiN 87/2019: 79


Am Ende entsteht ein Eindruck der Koexistenz mythischer und physischer Erklärungen, von divinatorischen Konzepten, dem der Seele als Ursprung der Träume, körperlichen Faktoren und skeptischen Positionen.

Stefan Seit befasst sich mit der "Intellektualisierung von Visionen und Träumen bei Augustinus und ihrer Rationalisierung bei Thomas von Aquin" (117). Dass Augustinus Visionen nach sensualen, spirituellen und intellektuellen/mentalen Visionen klassifiziert, was auch Auswirkungen auf die Darstellung Hildegards von Bingens eigener religiöser Visionen hat, wird hier deutlich gemacht, wobei die Brücke zu Cicero und dem Akademischen Skeptizismus und einer langen Tradition der Kritik an divinatorischen Praktiken geschlagen wird. Mit diesem Konzept gehen eine Depotenzierung der Bilder, ein Entbehrlich-Werden einer deutenden Person und eine Verteidigung der prophetischen Qualität mancher Träume nach entsprechender kritischer Prüfung und Interpretation durch den menschlichen intellektuellen Geist einher. Im 13. Jahrhundert erfolgt dann eine Naturalisierung des Traums und Thomas von Aquin stellt mit seiner moralisierenden Warnung besonders die Machenschaften von Dämonen und die Übertretung menschlicher Kompetenz ins Zentrum, die in den meisten Fällen die Idee prophetischer Macht von Träumen bedeute. All dies stellt Seit mit einer gut strukturierten Zusammenfassung der Ergebnisse dar.

Gilles Polizzi wagt eine Untersuchung der Ähnlichkeiten zwischen Béroalde de Verville, Freud und der Traumtheorie des Barockzeitalters (155–171), auch und gerade anhand der mechanischen Metaphorik der ewigen Quelle bzw. Wasseruhr, welche auch poetische Implikationen aufweist. Zwischen dem objektiven allegorischen Traum des Barock und Freuds subjektivem Traum des Unbewussten stehe Verville mit einem gewissen Vorläufer von Verdrängung und Unbewusstem, etwa in Form eines generierten Doubles des Träumers im Traum. Die damaligen populären Kunstformen der so genannten "Rébus" (165) und "Hieroglyphen" (165) werden ebenso mit einbezogen wie Vervilles vierteiliger Roman Avantures de Floride (1592-1596) und mechanische Modelle in Verbindung mit dem Postulat eines mechanistischen Denkens Freuds.

Andreas Bähr beschäftigt sich in seinem Beitrag mit den Traumnarrativen sowie Theorie und Praxis der Traumauffassung, -kategorisierung und -interpretation des Jesuiten Athanasius Kircher, was Texte seines Schülers Caspar Schott miteinschließt. Die historische und biographische Kontextualisierung ist hierbei interessant, wie gezeigt wird, im Hinblick etwa auf die Debatte um die Unterscheidung zwischen göttlichen und teuflischen Träumen, eine mögliche prophetische Vorwegnahme der Befreiung der Protestanten 1631 durch die Schweden oder psychologische Implikationen des Traums, in dem Kircher zum Papst gewählt wird. Rahmenbedingungen, Wirkungen und mögliche Interpretationen der Träume im Kontext der entsprechenden Zeit und ihrer politischen und gesellschaftlichen Situation werden thematisiert.




Phin 87/2019: 80


Weiterhin wird der bzw. ein Traum als Strukturelement von und Inspiration zu Kirchners kosmologischem Werk Itinerarium exstaticum (1656/57) im Zusammenhang einer rechtfertigenden Funktion beleuchtet.

Um das Traumverständnis von Philosophen der Aufklärung (Descartes, Locke, Leibniz) geht es im folgenden Artikel von Murat Ates. Es wird argumentiert, dass bei allem Misstrauen und aller Abwertung des Traums zugunsten einer kontrollierbaren, rational geordneten Welt der Traum als Gegenpart gerade die wichtige Position des "Anderen" erfüllt, mit der Funktion, als Kontrastfolie zu zeigen, was Realität sei. Dahingehend werden die Positionen der drei Philosophen im Detail analysiert und miteinander in Bezug gesetzt.

Gerade im Kontrast dazu eine Auffassung des Traums als integratives Phänomen mit besonderer Aufmerksamkeit für die Zwischenzustände von Einschlafen und Aufwachen und einer positiven, aufwertenden Sichtweise der Unverständlichkeit von Träumen stellt Paul Ziche heraus. Dabei geht es um Traumtheorien im deutschsprachigen philosophischen Diskurs des Idealismus um 1800 mit Vertretern wie Kant, Fichte, Schelling, Hegel, Schleiermacher und Baggesen und es wird eine Verbindung zur romantischen Traumnarrativik von Novalis gezogen.

Daran schließt sich eine Darstellung der Traumtheorien in der deutschen romantischen Anthropologie an, konkret bei Schubert, Troxler und Carus, basierend auf der Naturphilosophie Schellings. Dabei analysiert Christian Quintes die jeweiligen Auffassungen von der Natur der Träume, ihrem Ursprung, ihrer eventuellen Bedeutung und wie man diese erkennt sowie von der Bewertung von Träumen. Anschließend werden diese drei Theorien miteinander in Bezug gesetzt und Gemeinsamkeiten herausgestellt. Dabei spielen Konzepte und Aspekte wie ein triadisches Geschichtsmodell, das Gangliensystem, eine besondere Sprache, Traum und Poesie, die Aufhebung des Dualismus von Körper und Geist sowie verschiedene Arten von Träumen eine Rolle.

Im Folgenden gibt Ricarda Schmidt eine zugängliche Darstellung der gegensätzlichen Verwendungen, anthropologischen Annahmen sowie narratologischen Funktionen von Traum bei E.T.A. Hoffmann. Dazu werden im Besonderen die Werke Das Gelübde (1817) und Prinzessin Brambilla (1820) herangezogen. Während in Ersterem der Traum ein zentrales Element ist, das zum Untergang der Protagonistin führt, ermöglicht er im zweiten Fall den Lernprozess und das Happy End des komischen Helden. Der Aspekt der Einsicht in das Verhältnis zwischen Traum und Realität wird dabei als übergreifend zentral determiniert. Bezüge zu Kants Konzept der Urteilskraft und Schuberts Vorstellung von einer kosmischen Verbindung zwischen Liebenden sowie dem Somnambulismus werden hergestellt. Elemente wie Metamorphose, Dopplung, eine indirekte prophetische Funktion und besonders der Umgang mit Träumen werden behandelt. Hoffmanns Traumtheorie wird als beide Extreme, d.h. (Über-) Rationalismus sowie abergläubischen Mystizismus herausfordernd bestimmt.




Phin 87/2019: 81


Ausgehend von Victor Hugos Essay Promontorium somnii (1863/64), in dem er die Erfahrung des Blicks durch ein Teleskop im Observatorium zu einem Modell für die Erfahrung des Träumers macht, untersucht Patricia Oster den Aspekt des Beobachtens als wichtiges Element in wissenschaftlichen und poetischen Traumdiskursen des 19. Jahrhunderts und deren Entwicklung. Neben weiteren Autoren werden auch Maury, Nodier, Nerval und eine medizinisch-psychologische Zeitschrift behandelt. Dabei geht es etwa um Selbstbeobachtung und -erkenntnis, Wahnsinn, kollektive Imagination und persönlichen Mythos, sowie die Grenzen der Darstellbarkeit.

Jacqueline Carroy untersucht die Theoretisierung erotischer Träume im 19. Jahrhundert in Frankreich in verschiedenen Disziplinen, Diskursen und Medien wie Medizin, katholische Theologie, erotischer Literatur und Tagebüchern. Zentral dabei sind der Bezug zwischen den Träumen und physischen Reaktionen, Bewertung nach gesund/ungesund, Genderaspekte – konkret etwa die Dominanz männlicher Beispiele auch aufgrund des Faktors der Ejakulation während des Schlafs/Traums und die Suche nach einer Entsprechung bei der Frau, explizit oder implizit dargestellte Trauminhalte sowie moralische Implikationen.

Herausgeber Bernard Dieterle beschäftigt sich mit Traumtheorien in literarischen Texten des französischen Modernismus, schwerpunktmäßig der beiden Vertreter Baudelaire und Lautréamont. Es wird der hohe Stellenwert der Aspekte der Konstruktion von Träumen und der Kontrolle über die entsprechende Traumwelt für beide Autoren herausgearbeitet. Dieterle spricht von einer Poetik des "Sich-bewusst-Seins" ("poetics of awareness" S. 309). Beispielhaft werden dahingehend ein Traumbericht in einem Brief von 1856 sowie das Gedicht Rêve parisien (1860) von Baudelaire und eine Stelle aus Lautréamonts Les Chants de Maldoror (1869) analysiert.

Joachim Pfeiffer stellt grundlegende Ideen der Traumtheorie Freuds dar, sein Verständnis von Traum als Wunscherfüllung und sein besonderes hermeneutisches Interesse an unverständlichen oder (scheinbar) "sinnlosen" Texten. Vor dem Hintergrund eines Wiens der Widersprüche zu Freuds Zeiten wird auf die Neuartigkeit des Wissenschaftskonzepts des Begründers der Psychoanalyse und das Element der Selbstanalyse eingegangen, welches starke gegensätzliche Reaktionen auslöste. Weiterhin thematisiert werden der Aspekt der Wunscherfüllung, die Gegensätze von manifesten und latenten Trauminhalten, Traumarbeit und Interpretationsarbeit, die Mechanismen der Traumentstellung, Kindheitswünsche, das Unbewusst, Veränderungen des Traumkonzepts und dessen Verdienst.






Phin 87/2019: 82


Mit seinem zweiten Beitrag liefert Herausgeber Manfred Engel eine umfangreiche Analyse mit Textausschnitten zu Traumtheorien in modernistischer Literatur, konkret in Prousts Recherche, Joyces Ulysses und Kafkas Das Schloss (341–391). Zur Rekonstruktion der jeweils eigenen Traumtheorie werden faktuale Traumberichte, Reflexionen zum Traum und literarische Träume der drei Autoren verwendet sowie Ähnlichkeiten und Unterschiede zu Strömungen und Autoren, wie etwa Freud, Jung, Bergson. Dabei werden bei Proust folgende vier Kategorien aufgestellt, innerhalb derer Charakteristiken, Traumwissen und Besonderheiten festgestellt werden: 1. Basis-Wissen, 2. Zeit, Raum und Erinnerung, 3. Verschiedene Schichten bzw. der Traum als "anderes Leben" (347), 4. Traum und Imagination/Literatur. Es folgt eine genauere Analyse des zweiten Traums der Figur Swann im ersten Band der Recherche. Bei Joyce wird anhand seiner Interpretation eines Traumnotats seiner Frau die psychologische aber nicht psychoanalytische Anlage hervorgehoben. Elemente seiner (literarischen) Beschäftigung mit dem Traum sind etwa eine spezifische Technik freier Assoziation, kulturelle Topoi, verwischte Grenzen zwischen Träumen und Wachen, Tagesreste, Diskontinuität. Genauer betrachtet, gerade im Hinblick auf eine narrative und psychologische Dimension, wird eine Textstelle aus der Episode 15, eine Halluzination während eines Bordell-Tanzes, in der der Vater und die tote Mutter auftreten (369–375). Bei Kafka werden etwa die Verbindung zwischen Traum und literarischem Schreiben, Oneirizität und narrative Finesse, eine gewisse Nähe zu Jung, was eine höhere Wahrheit angeht sowie 2 Typen von Träumen (Spiegel psychologischer Zustände und Wissen über das Wachbewusstsein hinaus) beleuchtet bzw. festgestellt. Genauer analysiert werden der zweite Traum aus einem Brief an seine Verlobte (Dez. 1912) sowie K.'s Traum im nächtlichen Herrenhof während des Gesprächs mit dem Sekretär gegen Ende des Romans Das Schloss. Festgehalten werden besonders die Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Traum und Literatur im Zusammenhang einer romantischen Tradition und eines Übersteigens rationalen Denkens, zur psychologischen Dimension, einer gewissen Ferne zu Freud und Nähe zu Jung, sowie der Rolle von onirischem Schreiben und markierten Träumen in modernistischer Literatur.

Tania Collani beschäftigt sich mit dem modernen Traum anti-prosaischer Avant-Garde-Strömungen wie dem Futurismus, dem Dadaismus und dem Surrealismus (393–405). Nach einer Definition des modernen Traums werden 3 poetische Prinzipien beleuchtet: Authentizität, Automatismus, Spontaneität. Dabei spielen Phänomene wie die Schlaflosigkeit, Träumerei und Hypnose eine Rolle. Auch werden Entwicklungen und Unterschiede der Strömungen aufgezeigt sowie sich mit der großen Utopie der Zeit, dem "réaliser le rêve" (404) beschäftigt.

Den Abschluss bildet eine Überblicksdarstellung von Michael Schredl über eine andere Disziplin, die sich mit dem Traum beschäftigt: die empirische, experimentelle Traumforschung (407–419). Sowohl Erkenntnisse zum Einfluss von Themen und Emotionen des Wachlebens auf den Traum wie auch umgekehrt werden beleuchtet.




Phin 87/2019: 83


Weitere behandelte Aspekte sind: kein direkter Zugriff, Traum während des Schlafs generiert, auch in Non-REM-Phasen, Faktoren für die Traumerinnerung und im Zusammenhang einer quantitativen Inhaltsanalyse auch die Kontinuitätshypothese. Zum Ende werden Forschungsmethoden sowie deren Vor- und Nachteile dargelegt. Bemerkenswert scheint auch der Aspekte des Traums als Handlungsimpuls für den Träumer in der Wachrealität.

Abschließend lässt sich sagen, dass der vorliegende Band umfangreiche und vielfältige Einblicke in Traumtheorien verschiedener Epochen, Genres, Typen und grundsätzlicher Traumauffassungen gibt; vom alten Indien über den europäischen Barock, die Aufklärung, die Romantik bis hin zu Freud, den Avantgarden und der aktuellen experimentellen Traumforschung. Sowohl für die intensive Lektüre im Falle von Vertrautheit mit dem Thema, als auch für eine erste und/oder punktuelle Beschäftigung mit einem spezifischen Teilbereich von Traumwissen sehr zu empfehlen.