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Andreas Blum (Erlangen)



Zur Abgrenzung und Verwendung von Etymologie und Wortgeschichte in Romanistik und Germanistik



Concerning the definition and usage of Etymologie and Wortgeschichte in Romance and German Studies
The term Wortgeschichte ('word history') was very popular in the first half of the 20th century. It was the terminological reflection of a change in the methods of etymological investigation. While during most of the 19th century etymologists focussed on the search for the origins of words – the so-called etyma –, their perspective broadened in the following century: All the changes that a word had undergone since its creation had also to be explained. Not only did its origin need a commentary, but also its development and how other words had influenced this development. Today, we come across different interpretations of the relationship between the concepts word history and etymology. And in a linguists everyday business the term Etymologie has not been replaced by Wortgeschichte, which is hardly ever used.



1 Einleitung

Ein Blick in die Vorlesungsverzeichnisse deutscher Universitäten aus den letzten Jahren offenbart, daß dort in den Philologien immer wieder Lehrveranstaltungen zu Etymologie und Wortgeschichte (z.B. ~ des Deutschen, ~ des Französischen, Romanische ~ ) angeboten werden. In den Namen dieser Lehrveranstaltungen stehen also der auf die griechische Antike zurückgehende Terminus Etymologie und das vergleichsweise neue Wortbildungsresultat Wortgeschichte nebeneinander.

Auch als Titel von Beiträgen in Handbüchern, in denen die Grundlagen eines Faches dargelegt werden sollen, findet man dieses Wortpaar, so z.B. im Lexikon der Romanistischen Linguistik (Max Pfister: Etymologie und Wortgeschichte), im Handbuch Französisch (Jürgen Lang: Etymologie und Wortgeschichte) und im HSK-Band Romanische Sprachgeschichte (Ernst et al.), in dem acht Artikel mit dem Titel Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: […] (z.B. ~ Französisch, ~ Spanisch) enthalten sind.




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Im folgenden wird erläutert, wie der Ausdruck Wortgeschichte (und analog histoire du mot/histoire des mots), der ursprünglich wohl nur ein Synonym für Etymologie darstellte, zur terminologischen Erfassung einer methodischen Weiterentwicklung in der Wissenschaft Etymologie verwendet wurde. Anschließend wird dargestellt, auf welch unterschiedliche Weise die Begriffe Etymologie und Wortgeschichte in der wissenschaftlichen Literatur zueinander in Beziehung gesetzt worden sind. Abschließend wird aufgezeigt, daß sich Wortgeschichte im heutigen linguistischen Sprachgebrauch nicht etabliert hat bzw. die Sprachwissenschaft wieder bei einer mehr oder weniger synonymen Verwendung von Etymologie und Wortgeschichte angekommen ist.

In diesem Beitrag geht es also einerseits um die Bestimmung bzw. Abgrenzung von Begriffen (Was ist Wortgeschichte? Was ist Etymologie?) und andererseits um die Verwendung oder Nicht-Verwendung von Wörtern (Wann wird etwas mit dem deutschen Wort Wortgeschichte bezeichnet? Wann wird etwas mit dem deutschen Wort Etymologie bezeichnet?). Hierzu werden vor allem die Aussagen wegweisender Philologen ins Gedächtnis gerufen und neuere Nachschlagewerke zur Linguistik konsultiert. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf Werken der deutschsprachigen Romanistik.

Das Wort Etymologie ist polysem. Es bedeutet – hier ist mit Absicht eine weite Definition gewählt – "Wissenschaft, die sich mit der Vergangenheit der Wörter beschäftigt"1 und "Vergangenheit eines einzelnen Wortes". Die Wissenschaft Etymologie sucht nach den Etymologien einzelner Wörter. Mit Wortgeschichte verhält es sich ganz analog ("Wissenschaft, die sich mit der Geschichte der Wörter beschäftigt" und "Geschichte eines einzelnen Wortes"). Streng genommen hat man es bei Etymologie sowie bei Wortgeschichte also jeweils mit zwei Begriffen zu tun. Aufgrund der jeweiligen gegenseitigen Abhängigkeit der Begriffe voneinander (Etymologie ist die Wissenschaft von den Etymologien, Wortgeschichte ist die Wissenschaft von den Wortgeschichten) kann im folgenden vereinfacht und vom Begriff Etymologie und vom Begriff Wortgeschichte gesprochen werden.

Etymologien werden von Wissenschaftlern beschrieben und gesammelt. Auch eine (z.B. in einem wissenschaftlichen Aufsatz oder in einem etymologischen Wörterbuch enthaltene) Erläuterung der Etymologie eines einzelnen Wortes – also den erklärenden Text – bezeichnet man häufig einfach als Etymologie, und nicht z.B. als Erklärung einer Etymologie oder etymologische Erklärung. Analog kann Wortgeschichte zur Bezeichnung eines Textes verwendet werden, in dem die Geschichte eines einzelnen Wortes erzählt wird.




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Vor allem Wortgeschichte, seltener Etymologie wird auch gebraucht, um sich auf die Gesamtheit aller Wortgeschichten bzw. Etymologien einer Sprache, also die Geschichte des Wortschatzes einer Sprache zu beziehen.



2 Das Verhältnis zwischen Etymologie und Wortgeschichte

2.1 Das Aufkommen des Begriffs Wortgeschichte

Für den Erstbeleg von Wortgeschichte verweisen das Grimmsche Wörterbuch (GRIMM 1577) und das Deutsche Wörterbuch von Hermann Paul (Paul 2002: 1184) auf eine Textstelle aus Friedrich Kluges Vorwort zur ersten Auflage seines etymologischen Wörterbuchs von 1883. Wortgeschichte wird von Kluge dort, wie Etymologie, mit Blick auf die Gesamtheit des Wortschatzes einer Sprache gebraucht:

Ließe deutsche Etymologie sich in gleichem Maße wie die französische aus dem Material der bekannteren Kultursprachen aufbauen, so wären ihr schon längst dieselben Sympathien sicher gewesen, welche der französischen gelten. Aber die Erkenntnis der geschichtlichen Zusammenhänge ist erschwert, wo die sprachlichen Vorstufen nicht so zugänglich sind wie das Latein für romanische Wortgeschichte. Wissenschaftliche Erkenntnis in deutscher Etymologie fußt auf Thatsachen, deren Zusammenhänge über die hauptsächlichen Kultursprachen hinausgehen. Soweit zu folgen ist dem Gebildeten nur dann möglich, wenn ihm alle Schwierigkeiten dargelegt und beseitigt, wenn ihm alle zur Erkenntnis der Wortgeschichte nötigen Momente vorgeführt werden (Kluge 1883: xi).

Schon früh wird Wortgeschichte allerdings dazu verwendet, eine Veränderung in der Methodik der wissenschaftlichen Etymologie terminologisch zu erfassen, d.h. um den Unterschied zwischen einer älteren (Etymologie) und einer neueren Vorgehensweise (Wortgeschichte) sprachlich herauszustellen.

Die wissenschaftliche Etymologie, die im 19. Jh. ihren Anfang nahm, zeichnete sich in ihrer frühen Phase durch eine Konzentration auf die lautliche Ebene aus. Nachdem William Jones bereits Ende des 18. Jhs. das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Sanskrit und u.a. Latein und Griechisch aufgedeckt hatte, erarbeiteten Franz Bopp und August Friedrich Pott die Grundlagen für den indogermanischen Sprachvergleich und damit für die moderne Etymologie. Die Erkenntnis, daß in den einzelnen Sprachen zu bestimmten Zeitpunkten ihrer Geschichte regelmäßige Lautentwicklungen stattgefunden hatten, änderte die Voraussetzungen für die Herleitung von Wörtern auf fundamentale Weise.




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Hatte man beim Etymologisieren in vorwissenschaftlicher Zeit jede beliebige Veränderung der Lautgestalt eines Wortes annehmen können, war das entscheidende Kriterium für die Plausibilität einer vorgeschlagenen Etymologie nun ihre Vereinbarkeit mit den sogenannten 'Lautgesetzen'. Im Vorwort zu seinem 1853 erschienenen Etymologischen Wörterbuch der romanischen Sprachen stellte Friedrich Diez klar: "Die etymologie hat ihre wissenschaftliche grundlage in der lautlehre […]" (Diez 1878: xvii). Es ging also vorwiegend darum, ein Etymon (d.h. eine Entsprechung eines untersuchten Wortes in einer älteren Sprachstufe) zu finden, das sich nach Anwendung dieser Lautgesetze in ein zu jener Zeit existierendes Wort 'verwandelte'.

Gegen Ende des 19. Jhs. tritt eine Erweiterung der Perspektive der Wissenschaft Etymologie in Erscheinung. Die Etymologen beginnen zunehmend, andere Ebenen der Sprache in ihre Überlegungen miteinzubeziehen. Die semantische Komponente, d.h. die Wortbedeutung und ihre Entwicklung, erfährt größeres Interesse. Und man widmet sich auch auf der historischen Ebene der Beziehung zwischen 'Wörtern und Sachen' (so sogar der Titel einer Zeitschrift). Die Erkenntnisse der Sprachgeographie werden für die Etymologie genutzt. Kurt Baldinger weist auf die zentrale Rolle von Jules Gilliéron hin, dessen sprachgeographische Arbeiten am und um den Atlas linguistique de la France der Etymologie eine neue Dimension eröffneten (Baldinger 1977: 219).

Außerdem nimmt die Etymologie in ihrer neueren Ausprägung nicht nur eine semasiologische Perspektive (vom Ausdruck ausgehend nach den Bedeutungen und ihrer Entwicklung fragend) ein, sondern betrachtet den Wortschatz auch aus einem onomasiologischen Blickwinkel (vom zu bezeichnenden Gegenstand ausgehend nach den hierfür möglichen Ausdrücken fragend2).

Als Folge der Berücksichtigung dieser Forschungsrichtungen durch die Etymologie richtet sich deren Aufmerksamkeit nicht mehr nur auf den Ursprung oder die Herkunft des Wortes, sondern die gesamte Entwicklung des Wortes – seine Geschichte – findet Beachtung. Walther von Wartburg faßt diese Neuorientierung der etymologischen Forschung wie folgt zusammen:

Wir sehen, wie heute die Etymologie Ernst machen muß mit der Aufgabe, einen jeden Wandel eines Wortes zu beobachten und zu schildern, zu verstehen, zu erklären. Sie kann es nicht mehr bewenden lassen bei dem faden Strich, der Anfangs- und Endpunkt miteinander verbindet […] (Wartburg 1977: 154).




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Von Wartburg verdeutlicht die neue Ausrichtung der Etymologie u.a. am Beispiel von lat. FERĪRE. Es reiche eben nicht, einfach das lateinische Etymon und seine Nachfolger in den romanischen Sprachen (z.B. frz. férir, span. herir, pg. ferir, it. ferire) anzugeben. Sondern man müsse auch auf die Bedeutung des Wortes achten, die im Lateinischen ursprünglich "schlagen" war, während der Nachfolger des Wortes in einigen der romanischen Sprachen (z.B. dem Italienischen und dem Spanischen) "verwunden" bedeute. Daraus ergäben sich z.B. die Fragen, was mit dem Wort geschah, das im Lateinischen die Bedeutung "verwunden" hatte (VULNERĀRE) und wie es dazu kommt, daß im Französischen mit dem Germanismus blesser noch ein anderes Wort mit dieser Bedeutung erscheint (Wartburg 1977: 148f.).

Auf die etymologische Forschung seit der Jahrhundertwende zurückblickend schreibt von Wartburg deshalb im Vorwort zu seinem ab den zwanziger Jahren erscheinenden Französischen Etymologischen Wörterbuch:

Seit etwa 20 jahren ist auch auf dem gebiet der romanischen sprachwissenschaft die wortgeschichte gegenstand einer stets wachsenden aufmerksamkeit geworden. Hat man sich früher gewöhnlich dabei beruhigt, wenn man die herkunft eines wortes feststellen konnte, so will heute der forscher auch erkennen, welchen weg es gegangen ist und was für schicksale es auf demselben erfahren hat (Wartburg 1928: i).

Von Wartburg fühlt sich sogar gezwungen zu rechtfertigen, daß er am Ausdruck Etymologie festhält, von dem andere meinen, daß er durch Wortgeschichte ersetzt werden solle. Er verweist darauf, daß der ebenfalls jenen methodischen Wandel einfordernde Hugo Schuchardt dennoch Etymologie beibehalten und seinen Studien den Titel Romanische Etymologien gegeben habe.

Auch Ernst Gamillscheg stellt im Vorwort (von 1925) seines 1928 erscheinenden Etymologischen Wörterbuchs der französischen Sprache klar, daß es ihm in diesem Werk um Wortgeschichte geht:

[…] schwebte mir als Ziel vor, für das Französische ein Werk zu schaffen, das etwa dem Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache von Friedrich Kluge entspräche; also ein Werk, das nicht etymologische Formeln, sondern wirkliche Wortgeschichte bringen […] sollte (Gamillscheg 1969: vii).

Gleiches gilt für Wilhelm Meyer-Lübke, der in der dritten Auflage seines Romanischen Etymologischen Wörterbuchs die Veränderungen, die sich in seinem Forschungsgebiet ergeben haben, folgendermaßen resümiert: "Die Etymologie, d.h. die Forschung nach dem Ursprung eines Wortes, hat sich im Laufe der Zeit zur Wortgeschichte herausgewachsen" (Meyer-Lübke 1935: viii).




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Der Ausdruck Wortgeschichte wird zu Beginn des 20. Jhs. äußerst populär, was nicht zuletzt daran zu erkennen ist, daß er in dieser Zeit in vielen Buchtiteln auftaucht, z.B. Dietrich Behrens (1899): Zur Wortgeschichte des Französischen. Halle a. S.: Niemeyer; Dietrich Behrens (1910): Beiträge zur französischen Wortgeschichte und Grammatik. Halle a. S.: Niemeyer; Karl Arns (1910): Beiträge zur französischen Wortgeschichte. Münster: o.V.; Gustav Koukal (1911): Etymologische Streifzüge: Beiträge zur französischen Wortgeschichte. Wien: o.V.; Friedrich Kluge (1912): Wortforschung und Wortgeschichte. Aufsätze zum deutschen Sprachschatz. Leipzig: Quelle & Meyer.


2.2 Exemplarische Betrachtung der Interpretationen des Begriffspaars

Abb. 1: Etymologie als Teil der Wortgeschichte

Am Anfang seiner Schrift Romanische Etymologieen I von 1897 beschreibt Hugo Schuchardt das Verhältnis von Etymologie und Wortgeschichte folgendermaßen:

Was wir eine Etymologie nennen, ist nichts als eine mehr oder weniger abgekürzte Wortgeschichte, und eine Wortgeschichte wiederum bildet keinen festen Ausschnitt aus der gesamten Sprachgeschichte, sondern verfließt ohne bestimmte Grenzen in andere Wortgeschichten (Spitzer 1976: 113).

Die Etymologie eines Wortes ist für Schuchardt ein Teil der Geschichte dieses Wortes. Die beiden Begriffe stehen für ihn in inklusiver Opposition zueinander.

Dieses Begriffsverständnis findet man auch noch in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. So referiert etwa Theodor Lewandowski in seinem Linguistischen Wörterbuch (Lewandowski 1990: 1263f.) die Gliederung Oskar Reichmanns, der eine die lautliche und die semantische Seite betrachtende Etymologie als eine von vier "schwer voneinander trennbare[n] Unterdisziplinen" (Reichmann 1969: 51) der Wortgeschichte ansieht. Neben der Etymologie seien dies die 'historische Semasiologie und Onomasiologie', die 'kulturgeschichtlich ausgerichtete Wortforschung' und die 'Wortbildungslehre'.




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Heute dürfte für die meisten Autoren, die Etymologie als Teil der Wortgeschichte eines Wortes ansehen, Etymologie ein Synonym für Etymon sein.

Abb. 2: Wortgeschichte als Teil der Etymologie

Das umgekehrte Verhältnis, nämlich daß die Wortgeschichte als Teil der Etymologie angesehen wird, findet man z.B. bei Elmar Seebold, dem Herausgeber der 22., 23. und der aktuellen 24. Ausgabe des KLUGE. Er unterscheidet innerhalb der Etymologie zwei Teilbereiche: Wortentstehung und Wortgeschichte, wobei letztere alles das umfasse, was nach der Entstehung des Wortes geschieht (Seebold 1984: 827).

Auch für Rüdiger Schmitt ist die Wortgeschichte ein Teilbereich der Etymologie. Die Etymologie setze sich aus 'Wurzel'-Etymologie und Wortgeschichte zusammen und dürfe keine der beide Perspektiven vernachlässigen (Schmitt 1977: 4).

Abb. 3: Wortgeschichte vs. Etymologie

Bei anderen Autoren stehen Etymologie und Wortgeschichte zueinander in exklusiver Opposition.

So etwa bei Max Pfister, der sich u.a. auf Manfred Mayrhofer (1980: 11) und Clemens-Peter Herbermann (1981: 35)3 bezieht, wenn er die Etymologie als eine synchronische Disziplin ansieht, die einer diachronischen Disziplin Wortgeschichte gegenüberzustellen sei.4 Die Etymologie sehen die genannten Autoren aus dem Grunde als synchronisch an, weil sie sich, wie in der Antike, nur mit dem Augenblick der Benennung, der Motivation des zum Zeitpunkt seiner Entstehung durchsichtigen Wortes beschäftige. In der Praxis müßten, so Pfister, beide Perspektiven zwar miteinander verbunden werden, auf methodischer Ebene sei diese Trennung jedoch notwendig (Pfister 2001: 670).




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An anderer Stelle stellt Pfister nicht nur Etymologie und Wortgeschichte, sondern Etymologie, Wortgeschichte und Bedeutungswandel nebeneinander:

Ein modernes etymologisches Wörterbuch [...] versucht, neben der Etymologie auch Bedeutungswandel und Wortgeschichte innerhalb der Entwicklung einer Einzelsprache aufzuzeigen (Pfister 2003: 309).

Auch Harri Meier spricht sich für eine Unterscheidung der beiden Termini und Disziplinen aus und lehnt explizit eine Einbeziehung der Etymologie in die Wortgeschichte – oder umgekehrt – ab (Meier 1986: 40).5

Bei einigen Autoren wird die methodische Differenzierung auf etwas andere Weise ausgedrückt. Etymologie bzw. étymologie dient in den nachfolgend referierten Differenzierungsvorschlägen jeweils als Ausdruck für den Oberbegriff.

In seinem Aufsatz Grundfragen der etymologischen Forschung von 1931 möchte von Wartburg die beiden Aspekte etymologischer Wortforschung terminologisch erfassen, indem er zwischen äußerer und innerer Etymologie unterscheidet. Die äußere Etymologie sei diejenige, die unter Zuhilfenahme der Lautgeschichte das Etymon eines Wortes ermittle. Die innere Etymologie beschäftige sich mit "dem Leben der Wörter, der Stelle, die sie im Ganzen der Sprache einnehmen" (Wartburg 1977: 138). Innere Etymologie steht hier für das, was andere Autoren als Wortgeschichte bezeichnen, für die Entwicklung des Wortes zwischen seinem Anfangs- und seinem Endpunkt, wo die herkömmliche Etymologie bisher nur einen "faden Strich" (vgl. weiter oben) gezogen habe.

Diese Gegenüberstellung von innerer und äußerer Etymologie entspricht nicht der Unterscheidung von étymologie externe und interne, die Pierre Guiraud vornimmt.6 Aber auch Guiraud trennt zwischen (älterer) lautlicher und (neuerer) semantischer Perspektive, wofür er die Ausdrücke étymologie phono-historique und étymologie lexico-historique verwendet (Guiraud 1964: 86).

Bei Kurt Baldinger dient ebenfalls étymologie als Ausdruck für den Oberbegriff. Der étymologie-origine des 19. Jhs. sei im 20. Jh. eine étymologie-histoire du mot anbeigestellt worden (Baldinger 1977: 219, 221). Baldinger kombiniert in étymologie-histoire du mot die beiden Komponenten unseres Begriffspaars. Er verwendet außerdem den Ausdruck "biographie du mot" (Baldinger 1977: 219); zu dieser habe sich die moderne Etymologie entwickelt.




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Alfred Bammesberger ist wahrscheinlich Baldinger verpflichtet, wenn er von "Etymologie im Sinne von origine du mot" und "Etymologie im Sinne von histoire du mot" spricht. Allerdings interpretiert er die Begriffe in einer etwas anderen Weise: Etymologie im Sinne von origine du mot ist für ihn die Vorgeschichte des Wortes vor seiner ersten Bezeugung, also wohl z.B. eine rekonstruierte protoindoeuropäische Wortform. Die Etymologie im Sinne von histoire du mot erforsche hingegen die Entwicklung von "gegebenen Lexemen" in einer Sprache (Bammesberger 1998: 777).



3 Verwendung von Etymologie und Wortgeschichte im heutigen sprachwissenschaftlichen Alltag

Im Alltagsgeschäft verdrängte Wortgeschichte den vor allem während der Methodendiskussion der Etymologie vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jhs. so unbeliebten Ausdruck Etymologie nicht. Die englische Entsprechung word history7 ist wenig verbreitet. In der französischsprachigen Literatur konnte histoire du mot etwas mehr Raum gewinnen.

Wortgeschichte wird heutzutage vor allem dann verwendet, wenn es um die hier mehrfach angesprochene Methodendiskussion geht, also wenn man eine Veränderung der Perspektive innerhalb der Wissenschaft von der Vergangenheit der Wörter herausstellen möchte.

In der Romanistik hat sich die methodische Neuorientierung auch in den Titeln einiger Wörterbücher niedergeschlagen, z.B. Albert Dauzat, Jean Dubois & Henri Mitterand (1964): Nouveau dictionnaire étymologique et historique. Paris: Larousse;8 Emmanuèle Baumgartner & Philippe Ménard (1996): Dictionnaire étymologique et historique de la langue française. Paris: Libr. Générale Française.

Da in den wenigsten neueren etymologischen Wörterbüchern nur das Etymon eines Wortes angegeben wird, ist eine Unterscheidung zwischen etymologischen Wörterbüchern und wortgeschichtlichen Wörterbüchern in diesem Sinne eigentlich nicht mehr notwendig und wird normalerweise auch nicht gemacht.

Es gibt heute aber natürlich sehr wohl eine neue Generation von Wörterbüchern, die sich von früheren Werken dadurch abheben, daß sie sich ausführlich dem Beschreiben der Entwicklung von Wörtern widmen (auch im Verhältnis zu anderen Wörtern, als Wortfeldern zugehörig, als Ausgangspunkt für Wortbildungen usw.) und die sich, zumindest in der Romanistik, dann auch 'historisch' nennen, z.B. Alain Rey (1992): Dictionnaire historique de la langue française. Paris: Le Robert; Real Academia Española (1972–): Diccionario histórico de la lengua española. Madrid: RAE.




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Ansonsten spricht man heute normalerweise immer noch von der Wissenschaft Etymologie und einer Etymologie eines Wortes, auch wenn man von einem wortgeschichtlichen Blickwinkel oder einer wortgeschichtlichen Vorgehensweise ausgeht. In Seebolds Einführung zur aktuellen Ausgabe des KLUGE etwa erscheint Wortgeschichte gar nicht. Jürgen Lang beobachtet richtig: "Der erste der beiden in der Überschrift [Etymologie und Wortgeschichte] genannten Begriffe ist also für die Sprachwissenschaft schon weitgehend zu einem Synonym des zweiten geworden" (Lang 2002: 214).

In den meisten für Studierende verfaßten Einführungswerken zur allgemeinen, germanistischen oder romanistischen Sprachwissenschaft oder zur Sprachwissenschaft der romanischen Einzelsprachen taucht Wortgeschichte im Sachregister nicht auf.9 Zudem gibt es in fast allen gängigen Nachschlagewerken zur Sprachwissenschaft keinen eigenen Eintrag Wortgeschichte – aber natürlich einen Eintrag Etymologie. Und selbst in diesen Einträgen zu Etymologie wird Wortgeschichte (bzw. histoire du mot, historia de palabra) normalerweise nicht erwähnt.10

In umfangreicheren, die Grundlagen eines Faches für eine wissenschaftliche Leserschaft zusammenfassenden Werken ist Wortgeschichte ebenfalls wenig präsent.

Im Sachregister zum insgesamt etwa 9000 Seiten umfassenden Lexikon der Romanistischen Linguistik findet man für Wortgeschichte lediglich drei Seitenverweise – den Verweis auf den weiter oben zitierten Beitrag Etymologie und Wortgeschichte von Pfister eingeschlossen. Für Etymologie sind es sehr viele mehr – ein Zeichen dafür, daß Wortgeschichte im Tagesgeschäft der Sprachwissenschaft nicht häufig verwendet wird. Alfred Bammesberger verzichtet in seinem Beitrag Geschichte der etymologischen Forschung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts im HSK-Band Sprachgeschichte vollkommen auf die Verwendung von dt. Wortgeschichte (vgl. aber weiter oben für seinen Gebrauch von histoire du mot).

In den seltenen Fällen, in denen in Nachschlagewerke Wortgeschichte als Lemma aufgenommen wurde, stößt man häufig auf methodologisch wenig reflektierte Erläuterungen. Der Eintrag Wortgeschichte im von Helmut Glück herausgegebenen Lexikon Sprache lautet z.B.:

Im Rahmen der Etymologie erforschte und in etymologischen Wörterbüchern dokumentierte Geschichte der Herkunft und Entwicklung des Wortschatzes einer Spr. (Glück 1993: 696).

Wortgeschichte wird hier in seiner Verwendung zur Bezeichnung der Entwicklung des Wortschatzes, nicht der eines einzelnen Wortes, und auch nicht als Bezeichnung für die wissenschaftliche Disziplin definiert.




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Im Linguistischen Wörterbuch von Lewandowski gibt es ebenfalls einen eigenen Eintrag zu Wortgeschichte, der sich, wie bereits erläutert, auf die Einordnung von Reichmann stützt. Gleiches gilt für die Terminologie zur neueren Linguistik von Werner Abraham, eine Zitatensammlung, für die für Wortgeschichte ein Satz von Reichmann ausgewählt wurde:

Die Disziplinen, die die historisch-geographisch-soziale Komponente des Wortschatzes feststellen, den Bezeichnungs- und Bedeutungswandel zu klassifizieren und zu erklären versuchen, sind nacheinander die Wortgeschichte, die Wortgeographie und die Wortsoziologie (Abraham 1974: 529).

Für die meisten Sprachwissenschaftler ist Etymologie heutzutage das Wort, das sie verwenden, wenn sie Wortgeschichte meinen – und zwar sowohl, wenn es um die Wissenschaft, als auch, wenn es um die Geschichte eines einzelnen Wortes geht. Die wenigsten dürften in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch tatsächlich zwischen Etymologie (dann im Sinne von Etymon) und Wortgeschichte unterscheiden. Die Sprachwissenschaft folgt somit letztendlich Walther von Wartburg, der es nicht für notwendig ansah, Etymologie durch Wortgeschichte zu ersetzen.

Wenn gerade im Titel von Seminaren oder von Handbuchartikeln das Begriffspaar verwendet wird, soll damit womöglich angedeutet werden, daß in differenzierter Weise auf die Methodik eingegangen wird. Den in der Linguistik üblichen Sprachgebrauch spiegeln solche Titel jedenfalls nicht wider.

Dennoch soll hier natürlich nicht vorgeschlagen werden, einen der beiden Ausdrücke aus dem sprachwissenschaftlichen Vokabular zu streichen. Grundsätzlich wäre es z.B. denkbar, daß man die Ausdrücke Wortgeschichte und Etymologie (bzw. Etymon) verwendet, um auf terminologischer Ebene zu berücksichtigen, daß das bei der Erforschung der Geschichte eines Wortes zu Ermittelnde unterschiedlicher Art sein kann. Wenn man es mit lexikalischer Kontinuität (in der Terminologie von Gévaudan 2007: 14ff.) zu tun hat, gibt es nicht mehr zu ermitteln als die Form des Wortes in einer älteren Sprachstufe (z.B. sp. rueda 'Rad' < lat. ROTA 'Rad'; Etymon). Bei lexikalischer Innovation hat man es hingegen zusätzlich mit semantischen und/oder morphologischen (und/oder stratischen11) Veränderungen zu tun, die erfaßt werden müssen (Etymologie).

Des weiteren wäre es möglich, die Ausdrücke zur Unterscheidung zwischen synchroner (Etymologie) und diachroner (Wortgeschichte) Perspektive bei der Betrachtung des einzelnen Sprachwandels zu nutzen, also zur terminologischen Differenzierung zwischen 'Betrachtung der Innovation' (hier kann man noch nicht von Sprachwandel sprechen) und 'Betrachtung der Verbreitung der Innovation'. Diese Interpretation ist bei Pfister, Herbermann und Mayrhofer angelegt (vgl. 2.2).




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Anmerkungen

1 Die Etymologie ist wörtlich die "Wahrheitslehre" (Herbermann 1981: 35), die "Lehre, die das Wahre sagt". Dies spiegelt die Vorstellung der Stoiker wider, man könne durch die Rekonstruktion der Wortentstehung, durch das 'Zurückkehren' zum Augenblick der Benennung einer Sache durch den Menschen, Aufschlüsse über deren wahres Wesen gewinnen. Die von Autoren unterschiedlichster Fachzugehörigkeit unzählige Male erläuterte Etymologie bzw. Wortgeschichte von Etymologie soll uns hier nicht weiter im Detail beschäftigen, genausowenig wie das aus heutiger Sicht oft belächelte Etymologisieren selbst, d.h. die etymologische Praxis in vorwissenschaftlicher Zeit. Vgl. hierfür z.B. Herbermann 1991; Max Pfister (1980): Einführung in die romanische Etymologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Vittore Pisani (1967): L'etimologia: Storia – Questioni – Metodo. Brescia: Paideia [liegt auch in deutscher Übersetzung vor].

2 Es handelt sich beim onomasiologischen Vorgehen eben im Normalfall nicht um eine direkte Umkehrung des semasiologischen Vorgehens, geht man doch meist nicht von einem Wortinhalt, sondern von einem Referenten aus ("Wie heißt/nennt man das hier?"). Erst in einem zweiten Schritt ("Was kann (noch) alles so heißen/genannt werden?") gelangt man dann von der Wortform zum Wortinhalt.

3 Vgl. auch Herbermann 1991: 365f.

4 Für Jost Trier ist die ältere Etymologie (von der Antike bis ins 19. Jh.) vorwiegend synchronisch, die moderne Etymologie hingegen diachronisch (Trier 1972: 816).

5 Vgl. auch Meier 1980: 165.

6 Die traditionelle Etymologie, bestehend aus étymologie phono-historique und étymologie lexico-historique, wende äußere Kriterien an, wenn sie die lautliche und semantische Entwicklung von Wörtern nachzeichnet, da sie die Wörter einer Sprache isoliert betrachte. Sie müsse ergänzt werden durch eine Analyse der motivation interne des Wortschatzes einer Sprache, d.h. durch den Vergleich der morphosemantischen Struktur einzelner Wortbildungsresultate (Guiraud 1964: 88, 117, 122). Für eine kurze Zusammenfassung der Methodik Guirauds vgl. Jänicke 1991: 35f., 40f.

7 Vgl. z.B. Malkiel 1993: 9, 27, 34, 66.

8 Es handelt sich um eine Überarbeitung des Wörterbuchs von Dauzat aus dem dem Jahr 1938 durch Dubois und Mitterand.

9 Konsultiert wurden z.B. Helmut Berschin, Julio Fernández-Sevilla & Josef Felixberger (2005): Die spanische Sprache. Verbreitung, Geschichte, Struktur. 3., korrigierte und durch einen Nachtr. erg. Aufl. Hildesheim: Olms; Eduardo Blasco Ferrer (1994): Handbuch der italienischen Sprachwissenschaft. Berlin: Schmidt; Annegret Bollée & Ingrid Neumann-Holzschuh (2003): Spanische Sprachgeschichte. Stuttgart: Klett; Christoph Gabriel & Trudel Meisenburg (2007): Romanische Sprachwissenschaft. Paderborn: Fink; Livia Gaudino Fallegger (1998): Grundkurs Sprachwissenschaft Französisch. Stuttgart: Klett; Harro Gross & Klaus Fischer (1998): Einführung in die germanistische Linguistik, 3., überarb. und erw. Aufl. München: Iudidium; Martin Haase (2007): Italienische Sprachwissenschaft. Tübingen: Narr; Dieter Kattenbusch (1999): Grundlagen der italienischen Sprachwissenschaft. Regensburg: Lindner; Dieter Kattenbusch (2000): Grundlagen der französischen Sprachwissenschaft. Regensburg: Lindner; Angelika Linke, Markus Nussbaumer & Paul R. Portmann (2004): Studienbuch Linguistik, 5., erw. Aufl. Tübingen: Niemeyer; Horst M. Müller (Hg.) (2002): Arbeitsbuch Linguistik. Paderborn: Schöningh; Sokol, Monika (2001): Französische Sprachwissenschaft. Eine Einführung mit thematischem Reader. Tübingen: Narr; Achim Stein (1998): Einführung in die französische Sprachwissenschaft. Stuttgart/Weimar: Metzler; Andreas Wesch (2001): Grundkurs Sprachwissenschaft Spanisch. Stuttgart: Klett.
Bei Dietrich & Geckeler (2004: 108, 110f.) wird zwischen Etymologie (im Sinne von Etymon) und Wortgeschichte unterschieden, bei Pöckl et al. (2003: 39) wird als Aufgabe der Wissenschaft Etymologie das Erschließen von Etymon und Wortgeschichte angeführt. Weder Wortgeschichte noch Etymologie erscheinen im Sachregister z.B. folgender Einführungswerke: Peter Ernst (2004): Germanistische Sprachwissenschaft. Wien: WUV; Jörg Meibauer et al. (2007): Einführung in die germanistische Linguistik, 2., akt. Aufl. Stuttgart/Weimar: Metzler; Johannes Volmert (Hg.) (2000): Grundkurs Sprachwissenschaft, 4. Aufl. München: Fink.




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10 Konsultiert wurden z.B. Enrique Alcaraz Varó & María Antonia Martínez Linares (1997): Diccionario de lingüística moderna. Barcelona: Ariel; Hadumod Bußmann (2002): Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. akt. u. erw. Aufl. Stuttgart: Kröner; Jean Dubois et al. (1994): Dictionnaire de linguistique et des sciences du langage. Paris: Larousse; Oswald Ducrot & Jean-Marie Schaeffer (1995): Nouveau dictionnaire encyclopédique des sciences du langage. Paris: Éd. du Seuil; Harro Stammerjohann (Hg.) (1975): Handbuch der Linguistik. Allgemeine und angewandte Sprachwissenschaft. München: Nymphenburger VA; Thomas Herbst, Rita Stoll & Rudolf Westermayr (1991): Terminologie der Sprachbeschreibung. Ein Lernwörterbuch für das Anglistikstudium. Ismaning: Hueber; Fernando Lázaro Carreter (1984): Diccionario de términos filológicos, 3., korr. Aufl. Madrid: Gredos; Carl Heupel (1978): Linguistisches Wörterbuch, 3., völlig neubearb. Aufl. München: DTV; Georges Mounin (1974): Dictionnaire de la linguistique. Paris: Presses Universitaires de France; Werner Welte (1974): Moderne Linguistik: Terminologie/Bibliographie, 2 Bde. München: Hueber.

11 Vgl. Gévaudan 2007: 34ff. und 141ff. Hiermit ist vor allem die Entlehnung lexikalischer Elemente aus einer anderen Sprache gemeint.