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Julian Kücklich (München)



Auf der Suche nach dem verlorenen Text:
Literaturwissenschaften und Computerspiele



In search of the lost text: literary theory and computer games
The aim of this paper is the exploration of to what extent the terminology of literary theory is suitable for the analysis of computer games. It also attempts to define the areas of inquiry in which the development of new terminology seems necessary. The critical assessments of the work in this field to date reveal that the majority of philological approaches to this genre fail, precisely because computer games are regarded from a literary perspective. However, approaches acknowledging the influence of the theoretical framework on the object of inquiry are capable of providing us with valuable insights into questions of genre, reader response and narratology. Therefore, this paper relies heavily on models provided by Espen Aarseth, Janet Murray and Marie-Laure Ryan. Though addressing only the most basic questions, it becomes clear that a comprehensive theory of computer games is far from completion. Thus, questions as to what role identification, control and simulation play in the area of computer games must remain unanswered for the time being.

 

 

1

Im Zuge des Wandels der Literaturwissenschaften zu einer Disziplin der Kultur- und Medienwissenschaften erschließen sich der Philologie neue Untersuchungsgebiete. Eines dieser Gebiete sind multimediale Ausdrucksformen, z.B. Filme, Hypertexte und Installationen. Die Betrachtung dieser Gegenstände ist jedoch nach wie vor am Paradigma des Kodex orientiert – trotz der schrittweisen Ausweitung des Textbegriffs werden kulturelle Hervorbringungen wie Computer- und Videospiele, bei denen schriftliche Zeichen scheinbar nur eine marginale Rolle spielen, von den Literaturwissenschaften weiterhin vernachlässigt. Diese Herangehensweise lässt jedoch außer Acht, dass die Verarbeitung von Zeichen in letzter Instanz immer auf Sprache rekurriert – selbst zum Verständnis eines Bildes oder einer Skulptur ist eine gewisse Art der literacy unabdingbar, um die Referenzen des Kunstwerks auf kulturelle Codes zu entschlüsseln.1 Die mannigfaltigen Tendenzen der modernen und postmodernen Kunst, sich solchen Lesarten zu verweigern, tut dem keinen Abbruch – im Gegenteil: diese Täuschungsmanöver tragen dazu bei, die Auseinandersetzung mit Kunst spannend zu halten und den ästhetischen Diskurs weiter voranzutreiben.

Im Sinne einer Ausweitung dieses Diskurses erscheint es mir daher legitim, Computerspiele als Texte zu betrachten. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dies auch sinnvoll ist. Dass es sich bei Computerspielen vorwiegend um Erzeugnisse der Populärkultur handelt, ist in diesem Zusammenhang irrelevant – 'Trivialliteratur' und Gebrauchstexte gehören längst zum Inventar der Literaturwissenschaften. Und auch das Argument, dass die Literaturwissenschaft sich dann zunächst mit Schach und Mensch ärgere dich nicht beschäftigen müsste, um die relativ neue Erscheinung der Computerspiele im historischen Kontext betrachten zu können, soll hier nicht bemüht werden. Denn einerseits verdanken Computerspiele der literarischen Tradition mindestens ebensoviel wie der der Spiele, und gerade bei Abenteuer- und Strategiespielen, die hier besondere Berücksichtigung finden sollen, ist der narrative Aspekt wesentlich stärker ausgeprägt als bei herkömmlichen Spielen. Andererseits haben Spiele über den Umweg der Literatur längst Einzug in den Kanon der Literaturwissenschaften gehalten: Eine Analyse von Lewis Carrolls Beyond the Looking Glass oder der Werke Vladimir Nabokovs ist beispielsweise ohne genaue Kenntnis des Schachspiels kaum möglich. Und schließlich hat sich gerade in neueren Literaturtheorien die Metapher des Spiels für die Konstitution literarischer Texte aus den komplementären Akten des Schreibens und Lesens heraus längst etabliert.




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Das Argument, das dagegen spricht, Computerspiele aus literaturwissenschaftlicher Perspektive zu betrachten, ist vielmehr epistemologischer Natur. Denn das Moment der Interaktivität, das diesem Untersuchungsgegenstand eigen ist, führt dazu, dass dieser sich entsprechend der jeweiligen Herangehensweise verändert. Zwar unterscheidet sich auch die analytische Lektüre eines herkömmlichen literarischen Textes von der Lektüre eines 'unkritischen' Lesers, der die Einladung des Textes zur suspension of disbelief nur allzu gerne annimmt. Und gerade im Hinblick auf Theorien, die den Beitrag des Lesers zur Konstitution des Textes herausstreichen, wird es sehr schwierig, zwischen der Manipulation des objektiven Kodex und der produktiven Lektüre eines allenfalls intersubjektiv verifizierbaren Textes zu unterscheiden, da ein Text ja nur erfahren werden kann, indem er gelesen wird. Aber diese scheinbare Aporie lässt sich leicht auflösen, wenn der Text auf einer höheren Ebene angesetzt wird, auf der Ebene des Programmcodes, der die Regeln der fiktionalen Welt eines Computerspiels definiert. Und sobald sich die Analyse nicht mehr an der Ebene der Repräsentamen orientiert, wird es möglich, das Spiel, das ja für jeden Spieler anders verläuft, als Lektüre dieses Codes zu betrachten. Eine semiotische, an der Zeichenebene orientierte Analyse von Computerspielen, wie sie zum Beispiel Peter Bøgh Andersen (Andersen 1990) versucht, ist daher von vornherein zum Scheitern verurteilt. Denn die Mannigfaltigkeit der Zeichen, in denen sich der Code manifestiert, stellt Andersen vor unauflösbare klassifikatorische Probleme und führt dazu, dass der Autor im Gewirr der Repräsentamen sein Ziel aus den Augen verliert. Espen Aarseth kommt daher in seiner Analyse von Andersens Typologie zu dem Schluss, dass sie nicht nur "idiosyncratic and inadequate" ist, sondern auch "both too elastic and too arbitrary to be really useful in describing systems such as computer games", da sie sich nicht auf andere Computerspiele übertragen lässt (Aarseth 1997: 31, 39).

Die an narratologischen Gesichtspunkten orientierte Analyse von Astrid Dalum und Finn Sørensen scheitert wiederum daran, dass sie nicht den Code selbst, sondern eine Lektüre des Codes zum Text erhebt und damit sakrosankt setzt.2 Mit dieser Kodifizierung geht eine Ausblendung der Manipulationsmöglichkeiten einher, die über die Identifikations- und Interaktionsangebote, die das Programm offeriert, hinausgehen. Die Spieler sind den Philologen in dieser Hinsicht weit voraus: Nicht nur haben sie gelernt, aus den Zeichen der Signifikantenebene auf die Ebene des Codes zu schließen, sie machen auch freien Gebrauch von den verschiedenen Mitteln, die zur Manipulation dieses Textes zur Verfügung stehen: cheats und walkthrus sowie Editoren zur Manipulation einzelner Levels und avatars gehören seit den Anfängen der Gattung zum Handwerkszeug versierter Computerspieler. Dalum und Sørensen ziehen sich damit auf eine im Bereich klassischer literarischer Texte längst überkommene Position zurück, die den Text als autonome Einheit betrachtet und die uneingeschränkte Herrschaft des Autors über seinen Text fraglos anerkennt.

Die an der Zeichenebene orientierte Herangehensweise verfehlt also nur allzu leicht ihr Ziel, dem Text möglichst viele Bedeutungsaspekte abzugewinnen. Das Problem dieser Herangehensweise besteht meiner Meinung nach in der Verkennung der Leserichtung bei Computerspielen: Während die Strategien herkömmlicher narrativer Texte traditionell darauf abzielen, den Leser vergessen zu lassen, dass er einen Text liest, durch den ihm die Erfahrung einer fiktionalen Welt vermittelt wird, versorgt ein Computerspiel den Spieler ständig mit Hinweisen auf die Grammatik, die der scheinbar unmittelbar erfahrenen Scheinwelt zugrundeliegt. Damit soll keineswegs in Abrede gestellt werden, dass es auch in der Literatur metafiktionale Strategien gibt, die darauf abzielen, die Immersion des Lesers zu konterkarieren – der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass auch metafiktionale Kommentare den Text nicht als manipulierbar erscheinen lassen, während Computerspiele 'subversive' Lesarten geradezu herausfordern. Die Vernachlässigung dieser Möglichkeiten der Einflussnahme versetzt den Literaturwissenschaftler in die Lage des 'unmündigen' Lesers, der den Verlauf einer Handlung der allmächtigen Instanz des Autors zuschreibt und für den lediglich eine typologische Textauslegung sinnvoll ist, wohingegen die 'unkritischen' Rezipienten von Computerspielen diese paranoide Zuschreibung durch die Anerkennung der Manipulierbarkeit der Handlung längst transzendiert haben. Die Situation des Spielers gleicht also der Neos, des Protagonisten von The Matrix, der die Bewohner der Matrix bei ihren verzweifelten Versuchen beobachtet, der Simulation ihres Lebens einen Sinn zu geben, und der aufgrund der Erkenntnis der Kontingenz der Gesetze, die diese Simulation bestimmen, jenseits dieser Gesetze operieren kann.




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Die Metapher der Matrix veranschaulicht auch, inwiefern sich die Leserichtungen bei herkömmlichen Texten bzw. Cybertexten unterscheiden: Der operator Tank sieht wie ein herkömmlicher Leser durch den Code auf die fiktionale Welt der Matrix, während Neo die Agenten der Matrix schließlich auch innerhalb der Simulation als Teile des Programmcodes erkennt.

Die literaturwissenschaftliche Herangehensweise birgt jedoch nicht nur die Gefahr der Verwechslung von Text und Lektüre, sondern auch die der Gleichsetzung von Text und Handlung. Denn obwohl die meisten Computerspiele narrative Elemente enthalten, ist es schwer, wenn nicht gar unmöglich, die Handlung von Computerspielen mit der aristotelischen Definition von Handlung als etwas mit einem Anfang, einer Mitte und einem Ende in Einklang zu bringen. Und obwohl sich die Literaturwissenschaft durchaus auch mit nicht-narrativen Texten befasst, wird immer wieder versucht, Computerspiele so zu beschreiben, dass sie in dieses Schema passen. Jørgen Kirksæther unterscheidet zwar zwischen game und reading, aber dies bewahrt ihn nicht davor, diese Kategorien im Folgenden wieder durcheinanderzuwerfen. Aus der Tatsache, dass eine Lektüre, nachdem sie begonnen wurde, irgendwann unvermeidlich wieder endet, folgert er, dass sie auch eine Mitte haben müsse und stellt fest: "This middle is the really interesting part." (Kirksæther 1998) Da er sich jedoch einmal dem aristotelischen Dogma verschrieben hat, bleibt ihm nichts anderes übrig, als diese Mitte als Abfolge zirkulärer Binnenhandlungen zu beschreiben, die in den Rahmen einer Lektüre eingebettet sind. Nicht nur kommt ihm dabei die bereits getroffene Unterscheidung zwischen Spiel und Lektüre abhanden, er hält es auch für unumgänglich, dass bestimmte Passagen so oft gespielt werden müssen, bis der Code dem Spieler den Zugang zum nächsten Level gewährt. Wie Myers (Myers 1991) und Andersen hinterfragt Kirksæther die auctoritas des Codes nicht und kommt daher zu dem Schluss, dass "[t]he appeal of games isn't in mastering a complicated set of controls, but rather in submitting to a set of rules and trying to accomplish something under these rules' restrictions." (Kirksæther 1998) Und das darauffolgende Eingeständnis, dass er es nicht für möglich hält, das "graphic interface" von der Logik und der Struktur des Spiels zu trennen, macht die anfangs getroffene Unterscheidung zwischen Spiel(code) und Lektüre wieder zunichte.

Wie wir gesehen haben, tendieren literaturwissenschaftliche Herangehensweisen, die Computerspiele als interaktive Literatur (oder wie Kirksæther als interaktive Filme) betrachten, oft dazu, ihren Gegenstand den ihnen zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln anzupassen. Wenn eine literaturwissenschaftliche Betrachtung von Computerspielen sinnvolle Ergebnisse erbringen soll, muss sie sich dieser Tendenz bewusst sein und die Angemessenheit der Werkzeuge überprüfen. Einer der wenigen Wissenschaftler auf diesem Gebiet, der sich der Gefahren des Theorieexports in die terra incognita der Computerspiele bewußt ist, ist Espen Aarseth. In der Einführung zu seiner Monographie Cybertext (1997) schreibt er:

[...] I wish to challenge the recurrent practice of applying the theories of literary criticism to a new empirical field, seemingly without any reassessment of the terms and concepts involved. This lack of self-reflection places the research in direct danger of turning the vocabulary into a set of unfocused metaphors, rendered useless by a translation that is not perceived as such by ist very translators. [...] Even if important insights can be gained from the study of extraliterary phenomena with the instruments of literary theory (cautiously used), it does not follow that these phenomena are literature and should be judged with literary criteria or that the field of literature should be expanded to include them. In my view, there is nothing to be gained from this sort of theoretical imperialism, but much to lose [...] (Aarseth 1997: 14)


Im Folgenden sollen daher die Grenzen der literaturwissenschaftlichen Terminologie bei der Untersuchung von Computerspielen ausgelotet und diejenigen Aspekte definiert werden, für die möglicherweise ein neues Instrumentarium entwickelt werden muss. Ich verstehe dies weniger als einen Versuch, bestimmte Fragen, die sich aus der literaturwissenschaftlichen Betrachtung von Computerspielen ergeben, zu beantworten, als vielmehr als einen Versuch, Fragen aufzuwerfen, die bisher vernachlässigt wurden. Es wird also weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf allgemeine Gültigkeit erhoben. Obwohl sich meine Vorschläge von den meisten bisherigen Versuchen abgrenzen, eine literaturwissenschaftliche Betrachtungsweise für Computerspiele zu entwickeln, wären sie ohne diese früheren Arbeiten nicht möglich gewesen. Ich hoffe daher, durch meine Arbeit einen Beitrag zur Entwicklung dieser Theorie zu leisten, auch wenn sich manche der hier entwickelten Thesen in Zukunft möglicherweise als nicht arbeitsfähig erweisen.




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Die erste Frage, die sich bei der Entwicklung einer Theorie der Computerspiele stellt, ist die danach, welche Daseinsberechtigung eine solche Theorie hat und welche Gegenstände zu ihrem Untersuchungsbereich gehören. Warum also Computerspieltheorie? Angesichts der Tatsache, dass ein ernsthafter Diskurs über Computerspiele außerhalb der einschlägigen Zeitschriften und Websites scheinbar kaum stattfindet und dass er auch dort weitgehend unkritisch geführt wird, scheint es nicht einfach zu sein, diese Frage zu beantworten. Tatsächlich erweisen sich Computerspiele bei näherer Betrachtung als hochbrisantes Thema: Nicht nur zeigen Einrichtungen wie das Computerspielemuseum in Berlin (http://www.computerspielemuseum.de) und Veranstaltungen wie LaraCroftism (http://www.laracroftism.de), dass sehr wohl ein öffentliches und kritisches Interesse an Computerspielen besteht, sondern auch in die Massenmedien hat die Videospielästhetik längst Einzug gehalten. So wurde beispielsweise an der Kriegsberichterstattung im Golfkrieg kritisiert, dass sie die operation desert storm wie ein Videospiel inszeniert habe (und ironischerweise kam tatsächlich kurz darauf ein Spiel auf den Markt, das es dem Spieler erlaubte, in die Rolle von General Schwarzkopf zu schlüpfen). Und neben anderen militärischen Anwendungen von Computerspielen (Flugsimulatoren, Marine Doom [vgl. Richard 1998]) ist längst auch der zivile Bereich von der Videospielästhetik durchdrungen: Der bereits angesprochene Film The Matrix beispielsweise verdankt seinen großen Erfolg – trotz der Fülle von literarischen Zitaten aus den verschiedensten Quellen von der griechischen Mythologie über Alice in Wonderland bis hin zu Little Nemo – nicht zuletzt seiner Inszenierung als Computerspiel, und seiner daraus resultierenden Nähe zur Erfahrungswelt des (jugendlichen) Publikums.

Anspielungen auf Computerspiele finden sich mittlerweile in vielen zeitgenössischen Filmen, und auch die anderen Medien können nicht länger umhin, den Siegeszug von Playstation und N64 anzuerkennen. Doch während die Regisseure von Filmen wie The Matrix und eXistenZ ihr Insider-Wissen einsetzen, um der jungen Generation der Kinozuschauer zu vermitteln, dass sie einen gemeinsamen Code teilen, stehen die meisten Medien einem Phänomen wie Tomb Raider eher ratlos gegenüber. Der Generation, die ohne Gameboys und Spielkonsolen aufgewachsen ist, fehlen die Maßstäbe für die Beurteilung eines Phänomens, das sich innerhalb weniger Jahre von einem Hobby der nerds zu einem Massenmedium entwickelt hat. Allein die Umsatzzahlen von Nintendo und Sony machen deutlich, dass Computerspiele nicht länger Randerscheinungen der zunehmenden Computerisierung sind.

Der wirtschaftliche Erfolg eines Spiels kann jedoch nicht die Grundlage einer kritischen Einschätzung sein. Und auch die Spielrezensionen in den entsprechenden Fachzeitschriften betrachten ihren Gegenstand vorrangig als Verbraucherprodukt, bei dem Kriterien wie "Preis/Leistungsverhältnis" oder "Einfache Installation" denselben Stellenwert besitzen wie ästhetische Maßstäbe. Der Versuch der Musikzeitschrift Spex, Videospiele unter kulturkritischen Gesichtspunkten zu bewerten, wurde hingegen nach wenigen Folgen eingestellt. Dabei forderte Ted Friedman die Geisteswissenschaften bereits 1993 dazu auf, eine software theory zu entwickeln und hob dabei die besondere Rolle der Computerspiele hervor: "One area that has received scant attention from cultural theorists, however, offers particularly fertile ground for inquiry: the world of computer games." (Friedman 1993) Friedman ist zwar keineswegs der erste, der versucht, die Kulturwissenschaften auf dieses Gebiet aufmerksam zu machen – an erster Stelle wäre wohl Mary Ann Buckles zu nennen, die bereits 1985 mit einer Analyse des Abenteuerspiels Adventure promovierte (Buckles 1985) – aber er ist meines Wissens der Erste, der die Begrenztheit der literatur- und filmwissenschaftlichen Herangehensweisen thematisiert. Konsequenterweise richtet sich Friedmans Blick daher nicht auf ein narratives Genre der Computerspiele, sondern auf das Strategiespiel SimCity, das vom Hersteller Maxis Software nicht als computer game, sondern als software toy 3 auf den Markt gebracht wurde.




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Aber obwohl sich Friedman der Tatsache bewusst ist, dass SimCity aus dem level generator des Computerspiels Bungling Bay entwickelt wurde, macht er einen Unterschied zwischen den Manipulationsmöglichkeiten, die die Software dem Spieler explizit vorgibt und den 'inoffiziellen' Instrumenten (cheats), die dem Spieler zur Verfügung stehen. Aufgrund dieser Diskriminierung folgt Friedman weitgehend dem Diktum Orson Cards, dass jede freie Entscheidung, die die Spieledesigner dem Spieler geben, eine künstlerische Errungenschaft sei.4 Eine solche 'Regelpoetik' kann jedoch nicht das Ziel einer Ästhetik der Computerspiele sein. Spiele, die den Spieler einer mehr oder weniger fest umrissenen Handlung folgen lassen, können nicht von vornherein aus der Betrachtung ausgeschlossen werden, bloß weil sie dem Spieler an der (Benutzer-)Oberfläche weniger Möglichkeiten zur Interaktion bieten.

Eine Theorie der Computerspiele sollte also ungeachtet aller vorstellbaren und wünschenswerten Spezialisierungen in der Zukunft erst einmal möglichst breit angelegt sein. Einen solchen Ansatz verfolgt beispielsweise Espen Aarseth. In der Einleitung zu Cybertext definiert Aarseth den Begriff Cybertext wie folgt:

The concept of cybertext focuses on the mechanical organization of the text, by positing the intricacies of the medium as an integral part of the literary exchange. However, it also centers attention on the consumer, or user, of the text, as a more integrated figure than even reader-response theorists would claim. The performance of their reader takes place all in his head, while the user of cybertext also performs in an extranoematic sense. During the cybertextual process, the user will have effectuated a semiotic sequence, and this selective movement is a work of physical construction that the various concepts of 'reading' do not account for. (Aarseth 1997: 1)


Nach Aarseth zeichnen sich Cybertexte dadurch aus, dass sie ergodisch sind, ein Terminus, den er der Physik entlehnt und der aus den altgriechischen Wörtern érgon – (Arbeit) und ódos (Weg) zusammengesetzt ist: "In ergodic literature, nontrivial effort is required to traverse the text." (Aarseth 1997: 1) Notwendigerweise fallen unter diese Definition nicht nur Computerspiele, sondern auch Hypertexte, Multi User Dungeons (MUDs) und auch eine Reihe gedruckter Texte vom altchinesischen I Ching bis hin zu Raymond Queneaus Cent mille milliards de poèmes. Doch trotz dieser breit angelegten Herangehenweise schließt auch Aarseth eine bestimmte Gruppe von Computerspielen aus: In seiner Betrachtung von Adventure Games spricht er von "[the genre's] decline due to the migration to graphics"(Aarseth 1997: 114) und schließt damit implizit einen immer größer werdenden Bereich der Gattung aus seinem Blickfeld aus.5 Wie viele seiner Kollegen ist Aarseth also immer noch dem Paradigma des Kodex verhaftet – trotz seiner Problematisierung des 'theoretischen Imperialismus' der Literaturwissenschaften.

Da Aarseths Cybertext-Konzept also für eine Definition des Gegenstandsbereichs der Computerspieltheorie gleichzeitig zu eng und zu weit ist und der Ansatz Friedmans eine bestimmte Form der Interaktivität zu sehr hervorhebt, nehme ich hier die Differenzmenge der beiden Bereiche zur Grundlage einer vorläufigen Definition des Untersuchungsbereichs einer Theorie der Computerspiele. Dazu gehören demnach alle Spiele, die auf einem PC oder einer Spielkonsole gespielt werden können, unabhängig davon, welchem Genre sie angehören, ob ihr Interface auf grafischen oder textuellen Zeichen basiert oder ob ihre Interaktivität sich auf die Ebene des Spiels oder auf die Ebene des Codes bezieht. Es erscheint mir sinnvoll, Friedmans Vorschlag, Computerspiele als eigenständige Äußerungsform zu betrachten, in die Definition mitaufzunehmen, ebenso Aarseths Kriterium der ergodischen Qualität. Diese Definition wird im Folgenden immer wieder einer kritischen Überprüfung unterzogen und gegebenenfalls modifiziert werden.

 

3

Um dieses Untersuchungsgebiet genauer zu definieren und weiter zu gliedern, erscheint es angebracht, zunächst die einzelnen Genres der Computerspiele zu beschreiben und deren Eigenschaften näher zu bestimmen. Allerdings existiert natürlich längst eine Typologie der Computerspiele, die sich im Laufe der Entwicklung und Ausdifferenzierung der Gattung herausgebildet hat.6 In den einschlägigen Publikationen herrscht weitgehend Konsens darüber, dass sich die meisten Spiele in eine der Kategorien 'Actionspiele', 'Abenteuerspiele'. 'Rollenspiele', 'Simulationsspiele' oder 'Strategiespiele' einteilen lassen oder Hybridformen darstellen. Auch die Typisierung von Fritz und Fehr kann ihre Orientierung an den 'gewachsenen' Genres nicht verleugnen, da sie eine Einteilung in 'Abstrakte Denk- und Geschicklichkeitsspiele', 'Kampfspiele', 'Funny Games', 'Simulationen' und 'Spielgeschichten' vorschlagen (Fritz/Fehr 1993). Tatsächlich erscheint es wenig sinnvoll, die bestehenden Genres durch neue zu ersetzen, denn jede andere Kategorisierung wäre genauso willkürlich wie die bisherige Einteilung. Im Folgenden übernehme ich also weitestgehend die 'gewachsenen' Genres und beschränke mich auf eine kurze Skizzierung ihrer Charakteristika.




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Die Actionspiele lassen sich weiter untergliedern in Geschicklichkeitsspiele (arcade games, jump 'n' runs) sowie Kampfspiele (shoot 'em ups, beat 'em ups). Gemeinsam ist all diesen Spielen eine zyklische Grundstruktur, bei der sich ähnliche Sequenzen in verschiedenen Schwierigkeitsstufen auf den einzelnen Levels wiederholen. Damit einher geht eine Konzentration auf das momentane Geschehen, bei der die Bedeutung der Gesamthandlung eher zweitrangig ist. Darin ähneln die Actiongames den Actionfilmen, deren Ausrichtung auf Effekte und Affekte die Handlung oft ebenfalls in den Hintergrund rückt. Dennoch sollte diese Analogie nicht überstrapaziert werden, da aus dem eingangs Gesagten klar wurde, dass Computerspiele nicht als 'interaktive Filme' verstanden werden sollten.

Abenteuerspiele (adventures) und Rollenspiele (role playing games) hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass die Actionsequenzen meist lediglich als 'retardierendes Moment' eingesetzt werden und somit die Handlung von größerer Bedeutung ist als das momentane Geschehen. Die Unterscheidung zwischen Rollenspiel und Abenteuerspiel läßt sich auf mehreren Ebenen treffen, sie ist jedoch nie ganz trennscharf, und eine genaue Zuordnung fällt oft schwer. Am sinnvollsten erscheint mir dagegen eine Unterscheidung auf der Ebene der Handlung, da sich Abenteuerspiele meist durch eine eher lineare Handlung auszeichnen, wohingegen der Handlungsverlauf bei Rollenspielen sich als rhizomatisch bezeichnen lässt. Abenteuerspiele beruhen also auf einem kausalen Sinnzusammenhang, bei dem sich bestimmte Handlungsmöglichkeiten erst dann erschließen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, während Rollenspiele eine 'offenere' Struktur aufweisen, bei der es meist dem Spieler überlassen bleibt, in welcher Reihenfolge er die Aufgaben löst, vor die das Spiel ihn stellt. An dieser Stelle soll noch einmal betont werden, dass diese Unterscheidung keine Aussage über den 'Text' des Spiels darstellt, und sich lediglich auf die individuelle Lektüre bezieht. Unter dem Aspekt der Manipulierbarkeit des Codes betrachtet, lässt sich diese Unterscheidung nicht mehr ohne weiteres treffen. Dennoch ist es sinnvoll, zwischen linearen und rhizomatischen Handlungen zu unterscheiden, da eine lineare Handlung subversive Lesarten eher herausfordert als eine rhizomatische. In anderen Worten: Dadurch, dass dem Spieler beim Rollenspiel mehr Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, ist dieser näher am Text als der Spieler eines Abenteuerspiels.

Simulations- und Strategiespiele stehen auf der Skala der 'Offenheit' der Handlung noch eine Stufe höher als Rollenspiele. Denn obwohl Rollenspiele dem Spieler weitgehend freie Hand lassen, wie er das Spielziel erreicht, ist dieses Ziel meist klar definiert. Dies gilt auch dann, wenn der Spieler erst herausfinden muss, worin das Ziel des Spiels besteht. Simulations- und Strategiespiele hingegen zeichnen sich oft dadurch aus, dass es kein objektives Spielziel gibt. Strategiespiele wie SimCity oder Populous haben kein eigentliches 'Ende'. Sie enden erst dann, wenn der Spieler mit dem Erreichten zufrieden ist oder keine Lust mehr hat weiterzuspielen. Aufgrund dieser prinzipiellen 'Offenheit', die sich daraus ergibt, dass diese Spiele auf einem Set allgemeiner Axiome basieren, aus dem sich ein oft äußerst komplexer Spielverlauf entwickelt, lassen sich die Strategiespiele auch ohne weiteres als 'Simulationen' klassifizieren. Ich verwende den Begriff 'Simulation' hier allerdings in erster Linie für Spiele, bei denen das strategische Element eine eher untergeordnete Rolle spielt und bei denen vielmehr taktische Erwägungen im Vordergrund stehen. Dazu zählen neben Flug- und Fahrsimulatoren auch Sport- und Gefechtssimulationen, wohingegen Kriegssimulationen zu den Strategiespielen gehören. Anders als Strategiespiele zeichnen sich Simulationen durch eine Abfolge einzelner 'Binnenhandlungen' aus (Rennen, Missionen, Matches), die durch eine 'Rahmenhandlung' miteinander verbunden sind, welche auch strategische Elemente beinhalten kann. Trotz der grundlegenden Offenheit dieses Genres gibt es jedoch auch hier Manipulationsmöglichkeiten, die über die innerhalb des Spiels offerierten Interaktionsangebote hinausgehen.




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Die einzelnen Computerspielgenres zeichnen sich also einerseits durch verschiedene Grade der 'Narrativität' aus – wodurch sich das einseitige Interesse literaturwissenschaftlicher Betrachtungsweisen am Genre der Abenteuerspiele erklärt –, andererseits lassen sich Computerspiele anhand der Kriterien 'Offenheit' und 'Interaktivität' unterscheiden. Innerhalb einer Dreiecksmatrix, die durch diese drei Kriterien definiert ist (siehe Figur 1), nehmen Abenteuerspiele (ADV), Strategiespiele (STR) und Actionspiele (ACT) also Extrempositionen ein, während Rollenspiele (ROL) und Simulationen (SIM) einen Kompromiss aus Narrativität und Offenheit bzw. Offenheit und Interaktivität darstellen.

Dreiecksmatrix Abenteuerspiele-Strategiespiele-Actionspiele

Figur 1


Auf der Mittelposition zwischen Narrativität und Interaktivität wäre dann das Hybridgenre der Action-Adventures anzusiedeln, das sich durch die Gleichwertigkeit von momentanem Geschehen und Gesamthandlung auszeichnet. Um die vorangegangene Klassifikation von Computerspielen für eine Analyse fruchtbar zu machen, empfiehlt es sich daher, die drei Kriterien der Narrativität, Offenheit und Interaktivität im Folgenden genauer zu betrachten.

Es gilt dabei zunächst, das Kriterium der Offenheit von dem der Interaktivität abzugrenzen, da die Gefahr der Verwechslung bei diesen Kriterien sehr nahe liegt.7 Tatsächlich beziehen sich beide Kriterien auf die 'Handlungsfreiheit' des Spielers, doch die scheinbare Missverständlichkeit der Begriffe lässt sich schnell auflösen, wenn man sich vor Augen führt, dass sich 'Interaktivität' auf die Frequenz der Entscheidungen des Spielers bezieht, wohingegen der Grad der 'Offenheit' eines Spiels über das Handlungsspektrum des Spielers bestimmt.8 Ein typisches Actionspiel wie Space Invaders ist daher durch eine hohe Interaktivität gekennzeichnet – die Entscheidungen des Spielers müssen im Sekundentakt getroffen werden – die Offenheit des Spiels ist jedoch relativ niedrig, da die zur Verfügung stehenden Optionen im Wesentlichen auf die Bewegung entlang der vertikalen Achse und auf die Wahl der Waffen beschränkt sind. Ein Strategiespiel wie SimCity zeichnet sich durch geringe Interaktivität aus, da der Spieler sich ebensogut entschließen kann, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Der Grad der Offenheit ist hingegen hoch, da dem Spieler ein umfassendes Instrumentarium verschiedener Handlungs- möglichkeiten an die Hand gegeben ist. Dieses Kriterium der Offenheit bezieht sich jedoch nicht nur auf die Eingriffsmöglichkeiten, die das Spiel vorgibt, sondern auch auf die Möglichkeiten der Manipulation. Denn bei einem Spiel wie Space Invaders wird auch das Maß der Kontrolle, die der Spieler auf den Code ausüben kann, durch die Parameter des Programmcodes bestimmt. Daher bleibt die Einflussnahme des Spielers notwendigerweise auf eine Manipulation dieser Parameter beschränkt, also beispielsweise die Erhöhung der Energie, der Zahl der zur Verfügung stehenden Waffen, der zugänglichen Levels etc. Bei einem Strategiespiel wie Populous, bei dem der Spieler in die Rolle eines gottgleichen Herrschers über die simulierte Welt schlüpft, scheint das Ausmaß der Kontrolle des Spielers hingegen von Haus aus so hoch zu sein, dass ein Eingriff in den Programmcode sich gar nicht lohnt. Bei näherer Betrachtung stellt sich allerdings heraus, dass es auch hier Manipulationsmöglichkeiten gibt, die weit über die von der Software vorgegebenen hinausgehen – die Erhöhung des mana beispielsweise, das bestimmt, wie viele Aktionen der Spieler pro Runde ausführen kann. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Kriterien der Offenheit und der Interaktivität nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können, da sie in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen: Eine Ausschöpfung der Möglichkeiten eines 'offenen' Spiels wie SimCity oder Populous führt notwendigerweise zu einer Erhöhung der Interaktivität, und in gewissen Grenzen gilt dies auch umgekehrt. Denn am Beispiel von Space Invaders wird deutlich, dass eine Ausschöpfung der Interaktionsangebote, d.h. überwiegend die 'richtigen' Entscheidungen zu treffen, wiederum zu einer Erhöhung der Offenheit des Spiels führt: neue Level werden zugänglich, das Raumschiff kann ausgebaut werden etc. Auf die Position der Genres in der obenstehenden Abbildung bezogen, heißt das: Die einzelnen Genres rücken näher aneinander, und die Genregrenzen werden fließend. Statt einer absoluten ist nur eine graduelle Unterscheidung der einzelnen Genres nach den Kriterien 'Offenheit' und 'Interaktivität' möglich. Wir werden sehen, ob dies auch auf das Kriterium der Narrativität zutrifft.




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Dazu erscheint es zunächst angezeigt, sich in Erinnerung zu rufen, dass das Kriterium der Narrativität – trotz der Bevorzugung von narrativen Computerspielgenres seitens literaturwissenschaftlicher Herangehensweisen – nichts über die Textualität der in Frage stehenden Untersuchungsgegenstände aussagt. Die Textwissenschaften beschäftigen sich ja durchaus auch mit nicht-narrativen Texten. Allerdings treten die Schwächen philologisch orientierter Untersuchungen von Computerspielen nirgends so deutlich zu Tage wie bei den nicht-narrativen Vertretern der Gattung. Denn während die Analogie von adventure game und interaktiver Erzählung noch halbwegs haltbar ist, kann eine etwaige Charakterisierung eines Spiels wie Tetris als interaktives Gedicht argumentativ kaum aufrechterhalten werden. Die literaturwissenschaftlichen Ansätze zur Analyse von Computerspielen scheinen hier also an ihre Grenzen zu stoßen – es sei denn, man verabschiedete sich von überkommenen Genrekonventionen, die den philologischen Blick auf dieses Untersuchungsgebiet gewohnheitsmäßig begrenzen. Doch dies erfordert natürlich eine kritische Revision der literaturwissenschaftlichen Methoden und Terminologien – eine Revision, deren Implikationen drohen, die Literaturwissenschaft ihres ureigensten Gebietes zu entfremden. An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, den hier eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen oder ob die Entwicklung einer Computerspieltheorie ohne den Ballast der philologischen Terminologie nicht leichter und effektiver zu bewerkstelligen wäre. Allein, die Erfahrung hat gezeigt, dass es außerhalb der Textwissenschaften bisher kaum ernstzunehmende Versuche gibt, Methoden für die Kritik, Analyse und Hermeneutik von Computerspielen zu entwickeln, und trotz aller Beschränkungen sind die Möglichkeiten einer literaturwissenschaftlichen Perspektive noch lange nicht ausgeschöpft.

Wie also lässt sich die Narrativität von Computerspielen terminologisch fassen? Offensichtlich erzählen die meisten Vertreter der Gattung eine Geschichte, auch wenn diese oft in wenigen Worten zusammengefasst ist. Ebenso offensichtlich ist, dass selbst weitgehend nicht-narrative Computerspiele oft in einen narrativen Rahmen gefasst sind. In der Einleitung zu seinem Artikel "The Structure of Video Game Narration" zitiert Jørgen Kirksæther beispielsweise aus der Anleitung des Videospiels Silkworm: "[...] Earth's chances of survival hang on [sic] a thread, a thread so gossamer fine that it could be made of silk. Realizing this, the weapons scientists codenamed civilisation's last stand Operation Silkworm. Step forward hero, read the briefing and take the controls..." Und er fährt fort: "Now, if we for a minute can put aside the rather ridiculous explanation of the game's name, what happens here? I'd say three things: 1) You're being told the beginning of a story, 2) you're being invited to actively take part in it, and 3), it's quite obvious that the story isn't over." (Kirksæther 1998)

Wenn man allerdings Computerspiele wie George Landow als (Hyper)texte betrachtet9 bzw. wie Kirksæther als interaktive Filme, sind die Implikationen aus diesen Beobachtungen fatal. Denn weder die Schlussfolgerung Bolters, dass damit die seit Aristoteles gängigen Vorstellungen von plot und story in Frage gestellt werden, noch Kirksæthers Rettungsversuch der aristotelischen Handlungsdefinition ist frei von Widersprüchen, und keiner der beiden Ansätze führt zu einer überzeugenden Definition der Narrativität von Computerspielen. Wir wenden uns daher noch einmal Espen J. Aarseth zu, der immerhin davon ausgeht, dass "[t]he adventure game is an artistic genre of ist own, a unique aesthetic field of possibilities, which must be judged on ist own terms." (Aarseth 1997: 107) Aarseth scheint auch die These zu stützen, dass die Lektüre von Computerspielen eine Umkehrung der herkömmlichen Leserichtung darstellt, wenn er schreibt: "In the determinate cybertext [...] the functions of plot (szujet) and story (fabula) appear to have traded places, somehow." Allerdings fährt er fort:

But this is not exactly the case. The concept of plot is unsettled by the reader (user), who, being strategically within it, is in no position to see through it and glimpse a story behind. It is often argued that narrative plot is also something that is only discovered or reconstructed by the reader after the end is reached; and this could be seen to imply, contradictory to my argument, that there is no great difference between the narrative and the ergodic situation as far as plot is concerned. But there is a difference, and for a very simple reason: the bewildered reader of a narrative can safely assume that the events that are already encountered, however mystifying, will make sense in the end (if the plot is to make sense at all); whereas the player of an adventure game [...] is not guaranteed that the events thus far are at all relevant to the solution of the game. (Aarseth 1997: 112)




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Der Einwand, dass auch herkömmliche Erzählungen dem Leser oft irrelevante Ereignisse vor Augen führen, liegt nahe. Dieser Einwand wird jedoch dadurch entschärft, dass irrelevante Handlungen in der Erzähltheorie eindeutig als Abweichung von der Konvention gekennzeichnet sind, wohingegen die Konfrontation des Spielers mit irrelevanten Informationen bei Computerspielen durchaus in der Norm liegt und bei manchen Spielen sogar ein integrales Strukturelement darstellt.10

Die Schlüsse, die Aarseth daraus zieht, sind dramatisch: "[The adventure game] effectually disintegrates any notion of story by forcing the reader's attention on the elusive 'plot'. Instead of a narrated plot, cybertext produces a sequence of oscillating activities effectuated (but certainly not controlled) by the reader." (Aarseth 1997: 112) Anstelle des Begriffs story schlägt er für das strukturierende und kontrollierende Element von Abenteuerspielen den Begriff ergodic intrigue vor, die gegen den intriguee gerichtet ist, eine Instanz, die er sowohl mit dem impliziten Leser von herkömmlichen narrativen Texten als auch mit dem Protagonisten gleichsetzt. Dies ist insofern schlüssig, als Aarseth, aufbauend auf den Arbeiten von Brenda Laurel (Laurel 1991) und Marie Laure Ryan (Ryan 1994 und 1997), dafür plädiert, dass die Grenzen zwischen den Rollen des impliziten Erzählers, des impliziten Lesers und des Protagonisten in Abenteuerspielen verschwimmen. Weniger schlüssig ist hingegen sein Resümee: "Thus, the determinate cybertext reconfigures literary experience along a different plane than the narrative. Instead of a narrative constituted of a story or plot, we get an intrigue-oriented ergodic log – or to adopt Gérard Genette's and Seymour Chatman's term, ergodic discourse." (Aarseth 1997: 124) Denn dadurch wird das Problem der Narrativität von Computerspielen ja nur auf eine andere Ebene verlagert, auf die Zeichenebene nämlich, die – zumindest in Chatmans Modell (vgl. Chatman 1975: 310) – als Vermittlungsebene von story (Ereignisebene) und plot (Handlungsebene) figuriert. Aarseth gelingt es folglich auch nicht, den Unterschied zwischen dem narrativen und dem ergodischen discourse ohne Rekurs auf Ereignis- und Handlungsebene zu beschreiben:

In a narrative, the discourse consists of the event plane, where the narration of events takes place, and also what I call the progression plane, which is the unfolding of events as they are received by an implied reader. [...] In adventure games, the relation between events and progression is defined by a third plane of discourse: a negotiation plane, where the intriguee confronts the intrigue to achieve a desirable unfolding of events. (Aarseth 1997: 125)


Nachdem plot und story also zuvor als irrelevant für die Untersuchung von Abenteuerspielen abgetan wurden, werden sie hier über den Umweg neu definierter diskursiver Ebenen als event plane und progression plane wieder eingeführt. Das Modell, das Aarseth uns hier präsentiert, weicht im Prinzip nur in einem Detail von Chatmans Modell ab, nämlich darin, dass die Vermittlungsebene des discourse (Aarseths negotiation plane) interaktiv ist.

Der Zusammenhang zwischen Narrativität und Interaktivität lässt sich aus Aarseths diskursivem Modell offenbar nicht erschließen, da sie auf der negotiation plane so sehr ineinander verschränkt sind, dass sie nicht separat betrachtet werden können. Vielversprechender scheint eine Betrachtung unter dem Aspekt der Einflussnahme (agency) zu sein, ein Begriff, den Janet Murray einführt, um herkömmliche Texte von interaktiven Texten zu unterscheiden. Murray stellt diesen Begriff neben den der Immersion und den der Ergriffenheit (rapture), und stellt fest:

These 'three key pleasures' [...] are uniquely intensified in electronic media. [...] Immersion [...] is 'the sense of being transported to another reality, such as a game world. Rapture is the 'entranced attachment to the objects in that reality' – in other words, the addictive trance that gamers fall into for hours at a time. And agency is 'the player's delight in having an effect on the electronic world,' which is possible because the player is a free agent who can make choices. (zitiert nach: Platt 1995)




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Die Implikationen des Begriffs agency gehen insofern über die des Begriffes 'Interaktivität' hinaus, als sie Aspekte der Offenheit und Narrativität von interaktiven Texten miteinschließen. Die Terminologie Murrays scheint daher dafür prädestiniert zu sein, den Zusammenhang dieser drei Kategorien genauer zu betrachten. Es wäre naheliegend, ein einfaches Abbildungsverhältnis zwischen den beiden Begriffstriaden anzunehmen, doch diese Gleichsetzung hält einer kritischen Prüfung nicht stand. Dabei erweist sich nämlich, dass die Begriffspaare Narrativität – rapture, Interaktivität – immersion und Offenheit – agency keineswegs kongruent sind, sondern vielmehr in einem komplexen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen.

Plausibler erscheint es daher, die Kategorien in eine Ursache-Folge-Beziehung zu setzen, wie Figur 2 zeigt.

Beziehung zwischen Immersion, Rapture, Agency
Figur 2


So stellt sich rapture als Ergebnis aus Narrativität und Offenheit dar, während immersion aus der Verbindung von Interaktivität und Narrativität resultiert. Agency ergibt sich dann aus der Verbindung von Interaktivität und Offenheit. Einander gegenüber stehen sich Narrativität und agency, da eine weitgehende Einflussnahme des Spielers einen geregelten Handlungsablauf erschwert, wenn nicht sogar verunmöglicht; Immersion und Offenheit, da größtmögliche Handlungsfreiheit meist zu einer abstrahierenden und damit anti-immersiven Spielweise führt; sowie rapture und Interaktivität, da eine hohe Interaktionsfrequenz "the entranced attachment to objects in that reality" entgegenwirkt. Die Beziehung von Narrativität zu Offenheit und Interaktivität stellt sich also als Funktion dar, aus der 'Ergriffenheit' bzw. 'Immersion' resultiert. Die Beobachtung Murrays, dass die traditionellen Texteigenschaften rapture und immersion in elektronischen Medien intensiviert werden, erscheint insofern schlüssig, als in interaktiven Texten die neuen Eigenschaften der Interaktivität und Offenheit zur Narrativität hinzutreten und ihre ergreifenden und immersiven Tendenzen verstärken.

Vor diesem Hintergrund gewinnt auch Aarseths These an Relevanz, dass die Bedeutung von plot und story bei Computerspielen gegenüber dem discourse eher gering ist. Denn rapture und immersion wirken ja der kritischen Distanz entgegen, aus der heraus es erst möglich ist, die Ereignisfolge (story) und deren temporale und kausale Struktur (plot) zu erkennen. Dies gilt jedoch auch für herkömmliche narrative Texte, wenn auch in abgemilderter Form. Die agency des Spielers muss folglich ebenfalls einen Einfluss auf die Hervorhebung des discourse haben, und tatsächlich tritt die Bedeutung der Gesamthandlung gerade bei Spielen, die auf einem Kompromiss zwischen größtmöglicher Offenheit und größtmöglicher Interaktivität beruhen und die damit die weitreichendste Einflussnahme des Spielers gewährleisten, gegenüber dem momentanen Geschehen und der Art und Weise, wie dieses Geschehen vermittelt wird, zurück. Nicht zufällig ist es die Simulation, die dieser Beschreibung am nächsten kommt, denn wie Marie Laure Ryan feststellt, ist ein Simulationssystem "not a narrative, but a narrative matrix." (Ryan 1994: 11) Notwendigerweise ist der Grad der Narrativität in einer narrativen Matrix besonders niedrig, da es in einem rhizomatischen Gefüge von Handlungssequenzen keinen vorgegebenen Handlungsverlauf geben kann.




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4

Die Begriffe immersion und rapture lenken den Blick jedoch noch auf einen weiteren Aspekt, ohne den eine Betrachtung der narratologischen Strategien von Computerspielen nicht vollständig wäre. Dieser Aspekt betrifft die Perspektive, aus der das fiktionale Geschehen eines Computerspiels vermittelt wird. Wie bei herkömmlichen Texten stellen sich auch hier die beiden klassischen Fragen 'Wer sieht?' und 'Wer spricht?'. Damit verbindet sich außerdem die höchst prekäre Frage der Kontrolle, die Spieler und impliziter Autor bzw. Erzähler – angenommen, die Aufrechterhaltung dieser Instanzen hat in diesem Kontext überhaupt Sinn – auf die Handlung und aufeinander ausüben. Um diese Fragen beantworten zu können, soll zunächst untersucht werden, inwieweit die literaturwissenschaftliche Terminologie zur Beschreibung von Erzählinstanzen und -perspektiven taugt.

Es wäre naheliegend, auf traditionelle Modelle der Erzähltheorie zurückzugreifen, etwa auf das Konzept der Erzählsituationen von Franz Stanzel – insbesondere im Hinblick darauf, dass sich in Anlehnung an erzähltheoretische Termini entwickelte Begriffe wie first-person-shooter und third-person-shooter bereits im Jargon der Computerspielrezensenten etabliert haben. Allerdings weisen die traditionellen Modelle der Erzählperspektive den Nachteil auf, dass sie die eingangs erwähnten Fragen als austauschbar erscheinen lassen.11 Um eine differenzierte Betrachtung zu gewährleisten, beziehe ich mich daher im Folgenden auf differenziertere Modelle der Erzählanalyse wie sie von Shlomith Rimmon-Kenan und Mieke Bal auf Basis der Arbeiten von Gérard Genette und Dorrit Cohn entwickelt worden sind.

Zunächst soll versucht werden, eine Antwort auf die Frage 'Wer sieht?' zu finden, da ihre Implikationen weniger weitreichend zu sein scheinen als die der Frage 'Wer spricht?'. Eine unbefangene Antwort auf diese Frage könnte lauten: 'Der Spieler'. Daran schließt sich jedoch unvermeidlich die Frage an, durch wessen Augen er das Geschehen auf dem Bildschirm wahrnimmt. Am einfachsten lässt sich diese Frage bei Spielen beantworten, bei denen der Spieler in einem wörtlichen Sinn 'durch die Augen' einer Figur sieht, die Teil der fiktionalen Welt des Computerspiels ist, wie etwa in den 'first-person-shooters' Doom, Quake und Duke Nukem. In diesen Spielen repräsentiert ein sogenannter avatar den Spieler etwa in derselben Weise, wie ein first person character focalizer from within in einem herkömmlichen Text die Augen und Ohren des Lesers 'vertritt'. Damit einher gehen auch die Beschränkungen, die sich nach Rimmon-Kenan typischerweise mit dieser Erzählperspektive verbinden: ein begrenzter Überblick über die räumlichen und zeitlichen Dimensionen der fiktionalen Welt sowie ein eingeschränktes Wissen über diese Welt. Allerdings existiert in den genannten Spielen durchaus eine wertende Instanz in Form von impliziten Regeln, die definieren, was im Rahmen der fiktionalen Welt 'richtig' und was 'falsch' ist. Dies lenkt den Blick darauf, dass mit dem Sehen auch ein Gesehen-Werden einhergeht. Damit verbindet sich die Frage, von welcher Instanz dieser Blick auf den Repräsentanten des Spielers ausgeht. Offensichtlich ist diese Instanz im Programmcode des jeweiligen Spiels verankert, und daher liegt es nahe, den impliziten Autor hinter dieser Instanz zu vermuten. Dies ist allerdings insofern problematisch, als die Interaktivität von Computerspielen die Rolle des impliziten Autors zumindest in Teilaspekten auf den Spieler bzw. dessen avatar überträgt.

Zwei Auswege aus diesem Dilemma sind denkbar: Entweder teilt man die Rolle des impliziten Autors in zwei unterschiedliche Rollen auf, deren eine dann vom Code, die andere hingegen vom Spieler übernommen würde; oder man hebt die Trennung zwischen (implizitem) Autor und (implizitem) Leser auf, wie es beispielsweise Kirksæther tut.12 Das Problem der Vermittlungsinstanz kann jedoch umgangen werden, wenn man Computerspiele als eine unmittelbare Form der Kommunikation betrachtet. Brenda Laurel schlägt daher vor, computervermittelte Kommunikation als eine Form der dramatischen Interaktion zu betrachten, in der nicht die Rollen von Autor und Leser, sondern die von Zuschauer und Darsteller in der Person des Spielers zusammenfallen. Der Spieler hat dabei innerhalb der Grenzen des Textes (Codes) einen gewissen Handlungsspielraum hinsichtlich der 'Ausgestaltung' seiner Rolle: "The users of such a system are like audience members who can march up onto the stage and become various characters, altering the action by what they say and do in their roles." (Laurel 1991: 16)




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Diese Betrachtungsweise ließe sich auch für Spiele adaptieren, bei denen der Spieler nicht durch die Augen eines avatar sieht, sondern bei denen sich sein Blick auf eine Spielfigur richtet, die er durch 'Regieanweisungen' steuert. Zwar erscheint es zunächst unproblematisch, dieses Modell in die Terminologie Rimmon-Kenans zu überführen, indem die Instanz der focalization auf den Spieler übertragen wird, die Zusammenführungführung der beiden Ansätze wird jedoch fragwürdig, sobald wir uns der Frage 'Wer spricht?' zuwenden.

Denn Laurels Modell sieht ja prinzipiell keinen narrator vor, und selbst wenn wir einen 'dramatischen Erzähler' annehmen, stellt uns dies nur wieder vor dieselben Probleme, die wir durch den Rekurs auf das Konzept der Computers as Theatre zu vermeiden versucht haben. In verschärfter Form stellt sich das Problem der Unvereinbarkeit von narrativer und dramatischer Theorie in Hinblick auf Spiele dar, in denen die Identität des Spielers mit den dramatis personae schlechterdings unvorstellbar ist: bei Spielen nämlich, bei denen sich das Geschehen eindeutig als extern fokalisiert darstellt, bei Simulationen wie SimCity oder Populous beispielsweise. Denn hier ist es ja eindeutig der Spieler selbst, der spricht, indem er Anweisungen an die Bewohner der fiktiven Welt erteilt, mit denen er sich jedoch, wenn überhaupt, in ihrer Gesamtheit identifiziert. Dieses Problem kann jedoch möglicherweise durch einen Hinweis Friedmans in "Making Sense of Software" gelöst oder zumindest entschärft werden:

We could see playing SimCity, then, as a constant shifting of identifications, depending on whether you're buying land, organizing the police force, paving the roads, or whatever. This, I think, is part of what's going on. But this model suggests a level of disjunction – jumping back and forth from one role to the next – belied by the smooth, almost trance-like state of the gameplay. Overarching these functional shifts, I think, is a more general state of identification: with the city as a whole, as a single system. (Friedman 1993)


Es ist also letztendlich die Frage der Identifikation, an der sich die Frage nach der Funktion des Spielers in Computerspielen entscheidet. Und nur in relativer Abhängigkeit zu der Position des Spielers im Kommunikationsprozess des Spiels lässt sich die Position der Erzählinstanz bestimmen. Dabei ist es hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, dass das narrative Äquivalent der Erzählweise eines first-person-shooters (bzw. eines auf einem graphischen Interface beruhenden Abenteuer- oder Rollenspiels) die Schilderung des Geschehens in der zweiten Person Singular ist. Das textbasierte Abenteuerspiel Zork beginnt beispielsweise mit den Worten: "You are standing in an open field west of a white house, with a boarded front door." Die Gleichsetzung einer offensichtlich auf der Ich-Perspektive beruhenden Erzählweise mit einer Erzählweise, bei der der Spieler direkt angesprochen wird, erscheint paradox. Doch tatsächlich erweist sich dieses scheinbare Paradox als Schlüssel zum Verständnis der zugrundeliegenden Kommunikationssituation. Denn es ist ja nicht eigentlich der Spieler selbst, der in dieser Weise angesprochen wird, sondern der narratee, der jedoch nicht mit dem impliziten Leser identisch ist, wie es Aarseth mit seiner Gleichsetzung von intriguee und implizitem Leser nahelegt. Dies wird daran deutlich, dass die Ansprache dieser Instanz, anders als die Leseransprache in den meisten herkömmlichen Texten13, in keinster Weise metafiktional ist, sondern vielmehr als Mittel dient, die willing suspension of disbelief, d.h. die Immersion des Spielers zu erleichtern (vgl. Montfort 1995). Der narratee kann hingegen ohne weiteres mit den Zuschauern eines Theaterstücks verglichen werden, da die Personen auf der Bühne sich durchaus an das Publikum wenden können, ohne aus dem fiktionalen Rahmen zu treten, indem sie die Zuschauer so behandeln, als wären sie Teil der Bühnenrealität. Offenbar lässt sich Laurels Modell also doch mit einem abgewandelten Kommunikationsmodell narrativer Texte in Einklang bringen. Dies ist vor allem insofern von Vorteil, als sich die Unterscheidung zweier verschiedener Leserichtungen, die anfangs als Leithypothese eingeführt wurde, dann als trivial erweist. Um die Erzählinstanz zu verorten, reicht eine Engführung der beiden Kommunikationsmodelle jedoch nicht aus. An dieser Stelle empfiehlt sich ein Blick auf Aarseths schematische Darstellung der Komponenten eines Computerspiels (siehe Figur 3 [in Aarseth 1997: 104, Figure 5.1]).




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Aarseths Schema der Textmaschine
Figur 3


In diesem Schema entspricht der linke Kasten dem Programmcode eines Computerspiels, die durch Analysis und Synthesis gekennzeichneten Elemente stellen das Interface dar, mittels dessen der Spieler (rechter Kasten) mit dem Code kommuniziert. Dem Programmcode und dem Interface sind die simulation engine und die representation engine zwischengeschaltet. Diese Instanzen der Simulation und Repräsentation sind es, die im Folgenden genauer untersucht werden sollen. Sie stellen nämlich die Teile des Programmcodes dar, die der Spieler direkt oder indirekt zu kontrollieren vermag. Zunächst sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Schema eine dialogische Struktur aufweist, wodurch auch erklärt wird, warum Computerspieltheoretiker wie Geoffrey Rockwell auf die Dialogizitätstheorie Michail Bachtins verweisen.14 Es stellt sich also die Frage, welche Rolle die simulation engine und die representation engine im Dialog des Spielers mit dem Programmcode spielen.

Aus dem Schema wird deutlich, dass die Instanz der Repräsentation in Analogie zu der 'Stimme' steht, die den Spieler in textbasierten Spielen anspricht. Als Medium dient dieser Stimme das Interface, das die Daten des Programmcodes synthetisiert, so dass sie für den Spieler 'lesbar' werden. Die Voraussetzung der Lesbarkeit dieser Daten ist allerdings eine möglichst weitgehende Identifikation des Spielers mit seinem avatar (narratee), da die Zeichen, die das Interface ausgibt, nur innerhalb des Rahmens der fiktionalen Welt sinnvoll sind. Nur wenn diese Bedingung erfüllt ist, kann der Spieler in angemessener Weise auf diese Zeichen reagieren und das Interface in einer Weise manipulieren, die für die analytische Instanz des Interface sinnvoll ist, so dass dieser inputan die simulation engine weitergegeben werden kann. Die Erzählinstanz der representation enginehat es daher mit einem narratee zu tun, der nicht nur 'zuhört', sondern auch antwortet. Diese Erzählinstanz ist nun aber in keinster Weise 'auktorial', sondern hinsichtlich ihres Wissensstandes dem narratee gleichgestellt, da sie immer nur Zugriff auf die Daten hat, die ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Programmcode – direkt oder vermittelt durch die simulation engine– zur Verfügung gestellt werden. Der Programmcode entspricht dann dem Konzept des impliziten Autors, der darüber bestimmt, welche Informationen dem Erzähler zugänglich gemacht werden. Wir haben es also mit zwei Erzählstimmen zu tun, deren eine in der Instanz des avatar verankert ist (character focalizer from within), während die andere einem narrator focalizer from without entspricht. Die bewertende Instanz hingegen, die sich darin äußert, dass 'richtiges' Verhalten belohnt und 'falsches' Verhalten bestraft wird, ist auf der Ebene des Programmcodes anzusiedeln, der die representation engine lediglich als Exekutivorgan seiner Sanktionen benutzt. Aufgrund der dialogischen Struktur des Kommunikationsprozesses bleibt es allerdings dem Spieler überlassen, ob er diese Bewertungsmaßstäbe übernimmt oder sich dagegen auflehnt. Ein dramatisches Beispiel dafür ist der Aufruhr im Rollenspiel Ultima Online, dessen Teilnehmer die virtuelle Welt im September 1997 ins Chaos stürzten, da der strikte Moralkodex des Spiels beispielsweise keine 'Bösewichte' als Charaktere zuließ (vgl. Brown 1997) In der Online-Version des Actionspiels Quake hingegen wurden die inhärenten Wertmaßstäbe des Spiels nicht nur übernommen, sondern noch verschärft: In den Quake Clans hat sich ein rigider Ehrenkodex herausgebildet, der beispielsweise die Tötung des Gegners aus dem Hinterhalt (camping) sanktioniert, obwohl dieses Verhalten im Spiel eigentlich positiv bewertet, d.h. mit der Anrechnung eines frag 'belohnt' wird (vgl. Autio 1997). Die beiden (oder im Fall von Online-Spielen: multiplen) Erzählstimmen können also durchaus miteinander in Konflikt geraten. Angesichts dieser Vielstimmigkeit erscheint es sinnvoll, Rockwells Hinweis auf Bachtin weiterzuverfolgen, um die mit der Frage nach der Erzählperspektive einhergehenden Fragen der Identifikation und Kontrolle in Computerspielen zu beantworten.




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Abschließend soll daher zumindest ein Thema angeschnitten werden, an dem sich eine an Bachtin angelehnte Theorie der Computerspiele nach Rockwell orientieren sollte: "The types of characters that interact in the game with special attention to the character the player is allowed to develop [and] the types of interactions that can be performed in the game with special attention to the interactive possibilities for the player."(Rockwell 1999) Rockwell weist darauf hin, dass sich im Zusammenhang mit dem Problem der Identifikation die Frage stellt: "How are you defined by the choices the game affords?" (in einer E-Mail an den Verfasser, 17.1.2001). Die dieser Frage zugrundeliegende Gleichsetzung von Identifikation und Interaktion scheint darauf hinzuweisen, dass der Spieler nur durch die Anerkennung der Begrenztheit seiner Möglichkeiten eine Identifizierung mit dem Protagonisten oder avatar des jeweiligen Spiels erreichen kann. Läuft die Identifikation also über die Interaktion? Ja und nein. Einerseits sind es ja gerade die Möglichkeiten, in das Geschehen einzugreifen, die dazu führen, dass der Spieler in dieses Geschehen 'hineingezogen' wird, und die "Identifikation durch Handlung hat eine besondere Suggestionskraft." (Grassmuck 1995: 54) Aber sobald der Spieler die zwangsläufige Begrenztheit seines Handlungsspektrums erkennt, hat dies notwendigerweise negative Konsequenzen für die Immersion des Spielers – und damit für die Identifikation mit dem narratee. Dass die Figur des avatar bestimmte Dinge nicht tun kann, erscheint in anderen Worten nicht ausreichend motiviert. Friedman beschreibt das Spielen am Computer daher als Prozess der Ent-Täuschung: "Learning and winning [...] a computer game is a process of demystification: one succeeds by discovering how the software is put together." (Friedman 1993)

So stellt sich die 'Lösung' eines Computerspiels letztendlich als Prozess dar, in dem der Spieler die Zeichen des Spiels als Manifestation der im Programmcode festgelegten Regeln entschlüsselt – wenn man so will, also in der Tat eine 'Umkehrung' der herkömmlichen Leserichtung. Der Spieler kann jedoch nur durch diesen Prozess der demystification die Kontrolle über das Spiel erlangen – in letzter Instanz auch durch den eingangs erwähnten Einsatz 'illegitimer' Manipulationsmittel (cheats). Das heißt aber auch, dass die Lösung eines Computerspiels seine Hermeneutik, den Prozess der Erkenntnis seiner inneren Zusammenhänge, bereits im Prozess des Spielens selbst vorwegnimmt. Im Vollbewusstsein seiner Möglichkeiten erlangt der Spieler erst die Fähigkeit, das Spiel zu 'meistern' – allerdings um den Preis der immersiven Wirkung, die das Spielen am Computer zu so einem fesselnden Zeitvertreib macht. Darin einen Nachteil zu sehen wäre jedoch voreilig: Denn dem Spieler bleibt ja als letzter Ausweg immer noch ein jahrhundertealtes Mittel, die Beschäftigung mit fiktionalen Welten spannend zu halten: die willing suspension of disbelief.

 

5

Wie sich gezeigt hat, ist der anfangs formulierte Anspruch, Computerspiele aus literaturwissenschaftlicher Perspektive zu betrachten, ohne sich dabei des theoretischen Imperialismus schuldig zu machen, nicht immer einfach aufrecht zu erhalten. Denn die Betrachtung eines Gegenstandes unter bestimmten theoretischen Gesichtspunkten läuft nur allzu leicht Gefahr, diesen Gegenstand hinter der Theorie aus den Augen zu verlieren. Trotzdem können die Literaturwissenschaften durchaus einen Beitrag zur kritischen Betrachtung dieses Gegenstandes leisten, auch wenn die herkömmlichen und bewährten Methoden dieser Wissenschaft dabei zwangsläufig einen Wandel erfahren. So viel die vorliegende Diskussion dem literaturwissenschaftlichen Handwerkszeug verdankt, ohne den Rückgriff auf fachfremde Terminologie wäre sie zu keinem nennenswerten Ergebnis gekommen. Neben Begriffen und Definitionen, die der Informatik, Kybernetik und der Kommunikationswissenschaft entlehnt sind, habe ich teilweise eigene terminologische Bestimmungen vorgestellt. Eine Arbeit, die so verfährt, gerät leicht in den Verdacht, eklektizistisch und idiosynkratisch zu sein. Angesichts der Tatsache, dass die Forschung auf diesem Gebiet noch am Anfang ihrer Entwicklung steht, erscheint mir dieses Vorgehen jedoch entschuldbar, wenn nicht gar unvermeidlich. Der geringe Forschungsbestand hatte jedoch auch entscheidende Vorteile: Nicht nur war der Umfang der zu sichtenden Literatur wesentlich geringer als bei vergleichbaren Vorhaben, auch stießen meine Bitten um Literatur und Hinweise zu ihrer Beschaffung bei den Pionieren der Computerspieltheorie auf offene Ohren: mein Dank gilt daher Geoffrey Rockwell, Marie-Laure Ryan und Jørgen Kirksæther für die freundliche Beantwortung meiner Anfragen.




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Statt einer Zusammenfassung der Ergebnisse möchte ich mit einigen Fragen schließen, die nicht beantwortet werden konnten. Bei der Klassifikation von Computerspielen habe ich mich dagegen entschieden, einer Anregung Rockwells zu folgen, Spiele nach ihrem Chronotopos zu klassifizieren, da die Implikationen dieser Herangehensweise den Rahmen meines Ansatzes gesprengt hätten. Aus den selben Gründen musste ich darauf verzichten, Aarseths Konzept der 'aporia and epiphany ' (Aarseth 1999) in meine Diskussion der Narrativität von Computerspielen aufzunehmen. Auch Nicholas Montforts Beschreibung verschiedener Interfaces hinsichtlich ihrer Immersivität und ihres Einflusses auf die Dialogizität von Computerspielen musste ich vernachlässigen, um die Nachvollziehbarkeit meiner Argumentation nicht zu gefährden. Und schliesslich konnte auch das 'problem of death and other endings', das sowohl Montfort als auch Birgit Richard ansprechen, nicht ausreichend gewürdigt werden. Weiterführende Fragen, die m.E. ins Untersuchungsgebiet einer künftigen Theorie der Computerspiele aufgenommen werden sollten, betreffen Probleme der Mimesis und Simulation, der Intertextualität von Computerspielen, der Paratexte und Fiktionalitätssignale sowie der narrativen Rollen von Computerspielcharakteren.

 

 

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Presto Studios and Sanctuary Woods Multimedia (1995): Buried in Time, California

Wright, Will (1989): SimCity, Maxis Software, Orinda (CA)

 

 

Anmerkungen

1 "[E]ven in a purely graphical interactive fiction the interactor must do some internal reading as he or she pieces together the narrative from the images displayed. This is akin to the non-verbal 'reading' done by someone looking at a picture book or a narrative series of photographs." (Montfort 1995)

2 "[A] reason for taking a traditional approach to the analysis was that the tools at hand were, in our opinion, adequate to describe and analyze the underlying linear narrative of [Buried in Time], which essentially serves as the functional basis for the interaction and agency allowed in the game. [...] However, even though the 'newness' of the interactive media may for the time being warrant such an approach towards discussing them in an academic context, we still feel that Friedman is right in suggesting that a full description of the new media does in fact entail the development of new theoretical approaches to understanding the computer as a medium." (Dalum/Sørensen 1996)

3 "[W]hen you play with our toys, you set your own goals and decide for yourself when you've reached them. The fun and the challenge of playing with our toys lies in exploring the worlds you create out of your own imagination. You're rewarded for creativity, experimentation, and understanding, with a healthy, thriving universe to call your own." (Maxis Software Toys Catalog 1992 zitiert nach Friedman 1993)

4 "Remember, gamewrights, the power and beauty of the art of gamemaking is that you and the player collaborate to create the final story. Every freedom that you can give to the player is an artistic victory." (Orson Scott Card: "Gameplay", in: Compute, April 1989 – March 1991, zitiert nach: Ted Friedman 1993)

5 Mittlerweile scheint Aarseth seine Meinung allerdings revidiert zu haben: In seinem Artikel "Aporia and Epiphany in Doom and The Speaking Clock" (in: Ryan 1999) schreibt er: "The worst kind of mistake an aesthetic theory of ergodic art can make is to assume that there is only one type with which to be concerned, e.g., the 'electronic text', 'electronic literature', etc, with a single set of properties. This is just not the case, and by comparing such different specimens as the computer game Doom and John Cayley's poetry generator The Speaking Clock, I hope to convey some of the breadth and variety within this loosely constructed and still poorly understood field."

6 Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, habe ich auf eine historische Betrachtung von Computerspielen verzichtet. Zur Geschichte der Computerspiele siehe Aarseth (1997), Montfort (1995), Friedman (1999) und Geoffrey Rockwell: "Gore Galore: Literary Theory and Computer Games", o.O. 1999 [http://www.interchange.ubc.ca/winder/papers1999.htm].

7 Diese Verwechslung von Interaktivität und Offenheit verleitet Ted Friedman beispielsweise zu seiner qualitativen Unterscheidung zwischen computer games und software toys: "[H]ow to define interactive? How can one give the player a sense of 'control' over the game, while still propelling the player through a compelling narrative? The solution [...] has always been to set up the game as a series of puzzles. [...] In the process you're expected to regularly make mistakes, die, and restart the game in a previously saved position. Out of the flaws in this system, a whole cottage industry of hint books, 900-numbers, and bulletin boards has developed, to help players stuck halfway through their adventures." (Friedman 1993)

8 Diese Definition des Begriffs Interaktivität scheint mir dadurch gerechtfertigt, dass der Ausdruck "highly interactive" Systeme bezeichnet, die jederzeit auf Befehle des Benutzers reagieren können. (vgl. Montfort 1995)

9 "Hypertext, which challenges narrative and all literary forms based on linearity, calls into question ideas of plot and story current since Aristotle." (George Landow: Hypertext 2.0. The Convergence of Contemporary Critical Theory and Technology, Johns Hopkins University Press, Baltimore and London 1997, zitiert nach Kirksæther 1998)




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10 "[F]rustration is not always an undesirable element. A central experience in many computer games is a periodic building of tension, where a certain amount of frustration, applied in strategically important places serves as a device with which to involve the player in the game." (Dalum/Sørensen: 1996)

11 "As Genette has shown, most studies of point of view [...] treat two related but different questions as if they were interchangeable. Briefly formulated, these questions are 'who sees?' v. 'who speaks?'" (Rimmon-Kenan 1983)

12 "The compromise [...] between embracing and denouncing Aristotle, can be found in the notion of reader-as-author. [...] Landow quotes J. David Bolter's Writing Space: 'There is no single story of which each reading is a version, because each reading determines the story as it goes. We could say that there is no story at all; there are only readings.' Again, these readings are what I call sub-narratives." (Kirksæther 1998)

13 Eine Ausnahme stellt z.B. Tom Robbins' Half Asleep in Frog Pajamas dar.

14 "We can extend Bakhtin's theory of the novel to provide us with a theoretical framework for understanding computer games if we first think of games as a hypermedia metagenre that incorporates other genres of fiction and performance, and second if we substitute interaction for dialogue." (Rockwell 1999)

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