Guido Reni (1575-1642)
Maria mit Kind auf Wolken und den Hll. Paulus Eremita und Antonius
Inv. Nr. 373

Guido Renis Gemälde der Madonna mit Kind und den Heiligen Antonius und Paulus war ursprünglich für die Kapelle des Monsignore Monterezino in S. Francesco in Bologna bestimmt. Wie der Biograph Malvasia zu berichten weiß, irrte man sich jedoch in den Maßen, so daß das monumentale Bild nicht in die vorgegebene marmorne Architekturrahmung eingefügt werden konnte und daraufhin nach Rom gelangte. Dort sah es Joachim von Sandrart (1606-1688) in der Sammlung von "unsern Kunstvater Prinz Justinian", womit der Marchese Vincenzo Giustiniani gemeint sein dürfte, in dessen Inventar von 1633 (?) es auch aufgeführt wird. Es ist anzunehmen, daß der Marchese Giustiniani es sogleich nach Feststellung des Irrtums in Bologna erwarb.

Dargestellt ist die in einer Felsenhöhle angesiedelte Begegnung der beiden Eremiten Antonius und Paulus, darüber die auf Wolken schwebende Madonna mit dem Jesusknaben, flankiert von je einem Engelspaar. Nach der Legende hielt sich Antonius nach fünfundsiebzigjähriger Buße für den ältesten Eremiten. Auf göttliche Weisung besuchte er den Eremiten Paulus, der bereits neunzig Jahre in der Einsamkeit zugebracht hatte und sein Meister wurde. Auf subtilste Weise schildert Reni durch Mimik und Gestik das Schüler-Lehrer Verhältnis. Der aus der Wolke fliegende Rabe, der sonst dem Paulus ein halbes Brot zur täglichen Nahrung bringt, hält an diesem besonderen Tag einen ganzen Laib im Schnabel.

Stephen Pepper, der das Gemälde nur von der hier abgebildeten S/W-Aufnahme kannte, wollte sich bei der Datierung nicht festlegen. Aufgrund der dunklen Schattenwirkung und der Monumentalität der Figuren vermutete er zunächst eine Entstehungszeit um 1615. Gleichzeitig räumte er ein, daß die elegante Erscheinung des hl. Antonius an den im Kunsthistorischen Museum in Wien aufbewahrten hl. Hieronymus erinnert, so daß das Gemälde auch nicht vor 1630 vollendet sein kann.

Im Depot des Musée des Beaux-Arts in Grenoble befindet sich eine Kopie des Bildes (Inv.Nr. 517).

Hans-Ulrich Kessler