Giuseppe Vermiglio
(1. Hälfte 17. Jahrhundert),
Speisung der Fünftausend
Inv. Nr. 371

Das Thema des hier vorgestellten Gemäldes, die "Speisung der Fünftausend", gehört neben der "Erweckung des Lazarus", der "Hochzeit zu Kana" oder dem "Wandel Jesu auf dem Meer", zu den Wundern Christi, die als Offenbarung der göttlichen Macht Christi gelten. Das auch als Brotvermehrung bekannte Wunder wird in den Evangelien in zwei Varianten berichtet: zum einen in der in allen vier Evangelien geschilderten Speisung der 5000 (Mt. 14, 13-21; Mk. 6,34- 44; Lk. 9,10-17; Joh. 6,1-14), wo Jesus zwei Fische und fünf Laiber Brot unter die Menge verteilen läßt, zum anderen in der nur von zwei Evangelien erwähnten und selten dargestellten Szene (Mt. 15,32-39; Mk. 8,1-9), in der sieben Brote und einige Fische unter 4000 Menschen aufgeteilt werden. Da in allen Evangelien Jesus das Brot bricht und segnet, gilt das Wunder als Präfiguration des Abendmahls.

Die Autorschaft des Bildes unterlag einem ständigen Wechsel an Zuschreibungen. Im Inventar des Vincenzo Giustiniani von 1638 wird es der Hand des Bolognesen Giacinto Campana (um 1600-1650) zugewiesen: "Un quadro grande col miracolo di Christo della distribuzione di cinque pani, e dui pesci dipinto in tela, alta palmi 12 lar. 7 -in circa di mano del Campana senza cornice." Es folgten Zuschreibungen an Domenichino (Pinaroli 1725, S. 274), Caravaggio (Ramdohr 1787, S. 38), Ludovico Carracci (Vasi 1804, S. 345; Delaroche Nr. 81 und Landon, S. 25, fig. 9 sowie in den Berliner Katalogen von 1826, Nr. 80, KFM, Nr. 371,1886, S. 30). Im Berliner Katalog von 1931 (S. 615) wurde das Bild erstmals dem aus der Umgebung Genuas stammenden Maler Domenico Fiasella (1589-1669) zugewiesen. Nachdem Salerno 1960 erneut Giacinto Campana vorschlug, hat sich inzwischen die erstmals von Mina Gregori (1989) überzeugend vorgeschlagene und von Massimo Pulini (1996) bekräftigte Zuschreibung an Giuseppe Vermiglio (tätig erste Hälfte 17. Jahrhundert) durchgesetzt. Laut Verlustkatalog wird das Gemälde Domenico Fiasella, gen. Sarzena zugeschrieben. Stilistische Übereinstimmungen bestehen vor allem in Vermiglios Darstellung "Christus vor Pilatus", das sich ehemals im Auktionshaus Finarte in Mailand befand. Allem Anschein nach muß das hier vorgestellte Bild des aus dem Piemont stammenden, aber auch in der Lombardei tätigen Vermiglio mit folgendem im Giustiniani-Inventar aufgeführten Bild identisch sein: "Un altro quadro simile con il trionfo di Cristo in Hierusalem dipinto in tela, alta palmi 12, lar. 7 in circa di mano d'un Pittor lombardo senza cornice".

Hans-Ulrich Kessler