Das Thema des hier vorgestellten
Gemäldes, die "Speisung der Fünftausend", gehört neben der "Erweckung
des Lazarus", der "Hochzeit zu Kana" oder dem "Wandel Jesu auf dem Meer", zu den
Wundern Christi, die als Offenbarung der göttlichen Macht Christi gelten.
Das auch als Brotvermehrung bekannte Wunder wird in den Evangelien in zwei Varianten
berichtet: zum einen in der in allen vier Evangelien geschilderten Speisung der
5000 (Mt. 14, 13-21; Mk. 6,34- 44; Lk. 9,10-17; Joh. 6,1-14), wo Jesus zwei Fische
und fünf Laiber Brot unter die Menge verteilen läßt, zum anderen
in der nur von zwei Evangelien erwähnten und selten dargestellten Szene (Mt.
15,32-39; Mk. 8,1-9), in der sieben Brote und einige Fische unter 4000 Menschen
aufgeteilt werden. Da in allen Evangelien Jesus das Brot bricht und segnet, gilt
das Wunder als Präfiguration des Abendmahls. Die Autorschaft des Bildes
unterlag einem ständigen Wechsel an Zuschreibungen. Im Inventar des Vincenzo
Giustiniani von 1638 wird es der Hand des Bolognesen Giacinto Campana (um 1600-1650)
zugewiesen: "Un quadro grande col miracolo di Christo della distribuzione di cinque
pani, e dui pesci dipinto in tela, alta palmi 12 lar. 7 -in circa di mano del
Campana senza cornice." Es folgten Zuschreibungen an Domenichino (Pinaroli 1725,
S. 274), Caravaggio (Ramdohr 1787, S. 38), Ludovico Carracci (Vasi 1804, S. 345;
Delaroche Nr. 81 und Landon, S. 25, fig. 9 sowie in den Berliner Katalogen von
1826, Nr. 80, KFM, Nr. 371,1886, S. 30). Im Berliner Katalog von 1931 (S. 615)
wurde das Bild erstmals dem aus der Umgebung Genuas stammenden Maler Domenico
Fiasella (1589-1669) zugewiesen. Nachdem Salerno 1960 erneut Giacinto Campana
vorschlug, hat sich inzwischen die erstmals von Mina Gregori (1989) überzeugend
vorgeschlagene und von Massimo Pulini (1996) bekräftigte Zuschreibung an
Giuseppe Vermiglio (tätig erste Hälfte 17. Jahrhundert) durchgesetzt.
Laut Verlustkatalog wird das Gemälde Domenico Fiasella, gen. Sarzena zugeschrieben.
Stilistische Übereinstimmungen bestehen vor allem in Vermiglios Darstellung
"Christus vor Pilatus", das sich ehemals im Auktionshaus Finarte in Mailand befand.
Allem Anschein nach muß das hier vorgestellte Bild des aus dem Piemont stammenden,
aber auch in der Lombardei tätigen Vermiglio mit folgendem im Giustiniani-Inventar
aufgeführten Bild identisch sein: "Un altro quadro simile con il trionfo
di Cristo in Hierusalem dipinto in tela, alta palmi 12, lar. 7 in circa di mano
d'un Pittor lombardo senza cornice". Hans-Ulrich Kessler
Giuseppe Vermiglio (1. Hälfte 17. Jahrhundert),
Speisung
der Fünftausend
Inv. Nr. 371