Nicolas Poussin (1594 Villers bei Les Andelys/Normandie - 1665 Rom)

Landschaft mit Juno und Argus

Um 1633-1635
Öl auf Leinwand, 122,5 x 198,5 cm
Erworben mit der Sammlung Giustiniani 1815. – Erster Vorbesitzer Marchese Vincenzo Giustiniani.
Salerno (Inv. 1638) 1960, I, Nr. 133. – Landon 1812, S. 45, Abb. 19. – Delaroche 1812, Nr. 138. – Verzeichniss 1826, Nr. 145.

Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Kat. Nr. 463.

Von den Gemälden Poussins, die zu der Sammlung Giustiniani gehörten, ist die Landschaft mit Juno und Argus wahrscheinlich das am wenigsten bekannte Bild. Wie viele Gemälde dieser Größe fungierte es ursprünglich als dekorative Supraporte, wie aus dem Inventareintrag von 1638 hervorgeht: "Un quadro sopraporto con un Paese e figurine picciole con L’Istoria di Mercurio che ha ucciso Argo, che custodiva la Vacca Hio dipinto in tela alta palmi 5. ½ Larga 7. in circa senza cornice [di mano di Nicolò Pussin]".
In der kunsthistorischen Forschung wird die bereits im Inventar genannte Eigenhändigkeit von Poussins Landschaft mit Juno und Argus weitestgehend akzeptiert. Außer den stilistischen Elementen, die auf eine frühe Schaffensphase in den frühen dreißiger Jahren verweisen, weist das Gemälde einen gewissen Ehrgeiz in Bezug auf die Wahl des Bildthemas auf: Verwendeten Maler auf Bacchanalien oder Pastorallandschaften typischerweise zumeist wenig individualisierte Figuren, so ersetzt Poussin diese durch die nur selten dargestellte Episode von Merkur und Argus, die in den Metamorphosen des Ovid erzählt wird, ein Bildthema, das große Verbreitung in der nordischen Tradition zu Beginn des 17. Jahrhunderts gefunden hatte. Merkur wird von Jupiter geschickt, um Argus zu töten. Argus, das hundertäugige Wesen, war von Juno mit der Bewachung der in eine Kuh verwandelten Nymphe Io beauftragt worden, da Jupiter diese liebte. Poussin wählte jedoch nicht die Episode des Zusammentreffens von Merkur und Argus oder die blutige Episode des Mordes, sondern den elegischen Moment der Ehrerbietung, die Juno ihrem ergebenen Diener erweist. Die Augen des Argus verwandte sie zum Schmuck des Gefieders ihres Pfaues, dem ihr heiligen Tier.

Iris Wenderholm
(nach: Francesca Cappelletti, in: Ausst. Kat. Rom, Caravaggio e i Giustiniani 2001, Kat. E5)

Bibliographische Hinweise:
Anthony Blunt, The paintings of Nicolas Poussin. A critical catalogue, London 1966, S. 116, Kat. 160. – A. Mérot, Poussin, Paris 1990, S. 112, S. 292, Nr. 218. – J. Thuillier, Nicolas Poussin, Paris 1994, S. 267.