Lorenzo Lotto (Venedig, um 1480 - Loreto 1556)
Bildnis eines Architekten
Leinwand, 105 x 82cm. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Kat. Nr. 153.
Zirkel und Papierrolle in den Händen des Dargestellten deuten auf einen
Architekten. Identifizierung und Datierung sind umstritten. Der Dargestellte
wurde (vgl. das Giustiniani-Inventar von 1638 und Boschetto 1953) als der Architekt
Sebastiano Serlio (1475 bis 1554) angesehen. Lotto war mit ihm befreundet und
fungierte als Zeuge, als Serlio am 1. 4. 1528 in Venedig sein Testament machte.
Banti-Boschetto setzen das Bild auch aus stilistischen Gründen um 1526-28
an, Berenson (1895 bzw. 1957) dagegen um 1535-39. Der Verzicht auf jegliche
Ausdeutung des Raumgrundes, die tonige Farbigkeit und lockere Pinselführung
scheinen eher auf eine spätere Datierung zu deuten. Crowe-Cavalcaselle
(1912), Seidenberg (1958) und Prinz (1966) sehen in dem Bild ein Porträt
des venezianischen Architekten Jacopo Sansovino (1486-1570), mit dem Lotto in
den vierziger Jahren befreundet war. Sansovino war damals etwa sechzig Jahre
alt. Unterstützt wird die Identifizierung durch die physiognomische Ähnlichkeit
mit dem Porträtholzschnitt Sansovinos in der zweiten Ausgabe von Vasaris
Viten. Neuerdings hat Gilbert (1968), von dem für Lotto ungewöhnlichen
Wortlaut der Signatur ausgehend, an ein Selbstbildnis gedacht, eine Vermutung,
die von Sparrow (1969) zurückgewiesen wurde.
J. A. Crowe-G. B. Cavalcaselle, A History of Painting in North Italy, 3, London
1912, S. 426; A. Banti-A. Boschetto, Lorenzo Lotto, Florenz 1953. S. 79, Nr.
70; B. Berenson. Lorenzo Lotto (1895), Köln 1957, S.107; M. L. Seidenberg,
in: Arte Veneta 12,1958, S.190-92; L. Salerno, in: Burl. Mag. 102, 1960, S.
136, Nr. 18; W. Prinz, in: Mitteilungen des Kunsthist. Instituts Florenz, Beiheft
1966. S. 151; C. Gilbert, in: Burl. Mag.110, 1968, S.151 ; J. Sparrow, in: Burl.
Mag.111, 1969, S. 612.
(aus: Katalog der ausgestellten Gemälde des 13. - 18. Jahrhundert, Berlin
1975)
Bez. auf derPapierrolle: L. Lotto. me fec.
Slg. Marchese Vincenzo Giustiniani, Rom (1564-1637). Im Palazzo Giustiniani
bis 1812.
Erworben mit der Slg. Giustiniani, 1815.