Carillo (?) (tätig um 1480 in der Provinz Toledo)
Madonna mit dem Kind
Eichenholz, 37 x 25 cm Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Kat. Nr. 1215, Abb.
Nr. 2708.
Zur Identifizierung des Berliner Bildes, das Landon 1812 nicht erwähnt,
wurde von Danesi Squarzina ein Eintrag des Inventars Vincenzo Giustinianis aus
dem Jahre 1638 herangezogen, in dem es heißt: "Un quadro piccolo con la
Madonna che viene con Christo bambino in mano che zinna depinto in tavola alt.
pal. 2 lar. 1 maniera antica con cornice dorata." Bereits im Inventar des Kardinals
Benedetto Giustiniani aus dem Jahre 1621 wird das Madonnenbild erwähnt,
ohne daß jedoch auf Carillo oder auf seine auf den Rahmen aufgebrachte
Signatur hingewiesen würde: "Un altro quadrecto in tavola della Madonna
che da tecta a nostro Signore il quale tiene in mano una connanina [sic] della
Madonna, cornice indorate."
Von Carillo, einem spanischen Maler des 15. Jahrhunderts, der um 1480 in der
Provinz Toledo tätig gewesen sein soll, ist nur wenig bekannt. Es ist nicht
geklärt, ob Carillo mit Alonso Carrillo, der 1476 in Guadalupe erwähnt
wird, oder mit Juan Carillo identisch ist, der im Jahre 1513 in Sevilla nachgewiesen
werden kann.
Von den drei bekannten Madonnendarstellungen Carillos befand sich eine noch
zu Anfang des 20. Jahrhunderts in englischem Privatbesitz. Zudem wurde im Jahre
1911 eine weitere Madonna von Carillos Hand im Rahmen einer von der Münchner
Galerie Heinemann veranstalteten Ausstellung zur altspanischen Malerei gezeigt.
Da das Gemälde aus der Sammlung Giustiniani nicht nur mit "Carillo" bezeichnet
ist, sondern auch stilistische Gemeinsamkeiten mit den anderen bekannten Bildern
des Künstlers aufweist, kann es zumindest probeweise der etwas unsicheren
Künstlerpersönlichkeit Carillos zugeschrieben werden.
Das Berliner Gemälde zeigt Maria mit dem Kind im Typus der Madonna
lactans: Die Gottesmutter, die demütig ihren Blick gesenkt hat, ist
in ein blaues Kleid mit rotem Mantel gehüllt und hält den Christusknaben
im Arm. Beide Häupter sind von einem Strahlenkranz umgeben, während
Marias Haar die Figurengruppe umfängt und zugleich umspielt. Maria trägt
einen Perlreif im Haar und eine Kette, mit der das Kind, während es trinkt,
spielt. Funktionsgeschichtlich kann das Berliner Gemälde aufgrund seines
Formates und des Bildthemas der Gruppe der privaten Andachtsbilder zugerechnet
werden, einem Bildtypus, der in Spätmittelalter und früher Neuzeit
äußerst beliebt und sehr verbreitet war.
Iris Wenderholm
Bibliographische Hinweise:
Bezeichnet unten auf dem mit dem Bild fest verbundenen Rahmen: Carillo/ O MATER
DEY MEMENTO MEY DOMINE.
Erworben mit der Sammlung Giustiniani 1815, erster Vorbesitzer Kardinal Benedetto
Giustiniani, Rom.
Danesi Squarzina (Inv. 1621) 1997, I, No. 205. Salerno (Inv. 1638) 1960,
II, No. 225. Delaroche 1812, No. 129. Verzeichniss 1826, No. 132
fälschlich als "Corillo".
J. A. Gaya-Nuño, La Pintura española fuera de Espagna,
1958, S. 127, No. 511. Saur, Allgemeines Künstlerlexikon,
München/ Leipzig 1997, Bd. 16, S. 392, s.v. Carillo. Spanish
Artists from the fourth to the twentieth century, 2 Bde., New York 1993-1996.