Luca Cambiaso (Moneglia 1527 - El Escorial 1585)
Caritas
Um 1570 Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie,
Kat. Nr. 358.
Die Inventare der Sammlung Giustiniani nennen nicht weniger als zehn Gemälde
Luca Cambiasos, die sich anfangs in den Privatgemächern Benedettos befanden
und später von Vincenzo in die eindrucksvolle "stanza grande dei quadri
antichi" verlegt wurden. Fünf dieser Werke werden bereits im Inventar der
"Guardarobba" vom 1. April 1600 kurz nach dem Tod des Vaters Giuseppe erwähnt,
weshalb wir annehmen dürfen, daß sie sich schon länger in Familienbesitz
befanden und somit besonders in Ehren gehalten wurden. Luca Cambiaso wurde innerhalb
der Sammlung Giustiniani hoch geschätzt, da er immerhin die zum genuesischen
Zweig der Familie gehörende Villa Cambiaso Giustiniani ausgestattet hatte.
Luca Cambiaso verarbeitete sowohl venezianische als auch lombardische Einflüsse
und stand weniger in der Tradition Michelangelos oder Raffaels, sondern folgte
vielmehr den Spuren Leonardos, was das Studium optischer Phänomene, das
Sfumato der Konturen und die Gestaltung des Bildraums anbelangt. In der
Ikonographie folgt das Berliner Bild der Beschreibung Cesare Ripas Carità
(Ripa 1593, S. 64): "Donna vestita di rosso, che in cima del capo habbia una
fiamma di fuoco ardente, terrà nel braccio destro un fanciullo, al quale
dia il latte, & due altri gli staranno scherzando à piedi, uno dessi
terrà alla detta figura abbracciata la sinistra mano.", also übersetzt
etwa: "Eine rot gekleidete Frau, auf deren Kopf die Flammen eines Feuers zu
sehen sind und die im rechten Arm ein Kind hält, das sie säugt; zwei
weitere stehen ihr spielend zur Seite, deren eines sich an ihrer linken Hand
festhält".
Die besondere Wertschätzung, die vor allem Benedetto dem Gemälde
entgegenbrachte, bezeugt der Umstand, daß das Werk nicht nur in beiden
Inventaren (1600 und 1621), sondern auch in dem Testament des Kardinals erwähnt
wird. Hierin heißt es, man solle "[...] il mio quadro della Carità
di Luca Cambiago da Genova [...]" dem Kardinal Ubaldino überlassen. Diese
Anweisung wurde allerdings von dem Alleinerben Vincenzo übergangen, der
Kardinal Ubaldino stattdessen einen Tondo von der Hand oder in der Art des Giulio
Romano gab. Cambiasos Gemälde scheint ihm also offenkundig so wichtig gewesen
zu sein, daß er sich dafür sogar dem letzten Willen seines Bruders.
Einer von mehreren Hinweisen darauf, daß sich die Caritas Cambiasos
bis ins 19. Jahrhundert im Besitz der Giustiniani befand, stammt von der Reisenden
Marianne Kraus, die das Gemälde 1791 als "[...] Luca Cambiaso: eine Mutter
mit drei Kindern[...]" beschreibt. Dieser ikonographische Irrtum erscheint bereits
in den frühesten Inventaren der Giustiniani, wo das Bildthema einmal als
"Carità con tre puttini intorno" (Inv. 1600) und einmal als "Madonna
che lacta nostro Signore con dui altri pucti nudi" (Inv. 1621) beschrieben wird.
Iris Wenderholm (nach Silvia Danesi Squarzina, in: Ausst. Kat. Rom 2001,
Caravaggio e i Giustiniani, Kat. B3)
Bibliographischer Hinweis:
Öl auf Leinwand, 141 x 109,5 cm.
Siegel und Inschriften: die Initialen "G.C.", "Cambiaso", Paraphe, Siegel KFM
und Spuren eines unleserlichen Siegels.
Mit der Sammlung Giustiniani im Jahre 1815 erworben. Erster Vorbesitzer
Kardinal Benedetto Giustiniani.
Danesi Squarzina (Inv. 1600) 1997, I, Nr. 49. Danesi Squarzina (Inv.
1621) 1997, II, Nr. 21. Salerno (Inv. 1638) 1960, II, Nr. 63. Verzeichniss
1826, Nr. 139 (da das Werk zwar aus der Slg. Giustiniani stammt,
jedoch separat verkauft wurde, taucht es bei Delaroche 1812 und Landon 1812
nicht auf).
B. Suida-Manning/ W. Suida, Luca Cambiaso, la vita e le opere, Mailand 1958,
S. 154; S. Danesi Squarzina: "Caravaggio e i Giustiniani", in: Michelamgelo
Merisi da Caravaggio, la vita e le opere attraverso i documenti, Atti del Convegno
internazionale di studi, hg. v. S. Macioce, M. Gallo, M. Pupillo (Rom, Palazzo
Giustiniani, 5.-6.10.1995), Rom 1996, 94-121, S. 98-99, S. 108 und Anm. 35 und
36.