Giovanni Baglione (Rom 1566-1644)

Der himmlische Amor besiegt den irdischen Amor

um 1602/03
Leinwand, 183,4 x 121,4 cm.
Sammlung Marchese Vincenzo Giustiniani (1564-1637) Rom, (Nachlassinventar 1638)
Erworben mit der Sammlung Giusiniani, 1815

Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Kat. Nr. 381, Abb. Nr. 2479.


Der himmlische Amor, geharnischt und geflügelt, hält den Blitzstrahl in der rechten Hand. Der irdische Amor zu seinen Füßen hält zerbrochene Pfeile in seiner linken Hand, die rechte greift an den Bogen. Links im Hintergrund ein Dämon. -Baglione schreibt in seiner Autobiographie (1642) : " ...für den Kardinal Giustiniani machte er zwei Bilder mit der Darstellung des Amor Divinus, der zu seinen Füßen den Amor Profanus, die Welt, den Dämon und das Fleisch hält, und beide sieht man nebeneinander im großen Saal seines Palastes, in Lebensgröße mit Geschick gemalt". In dem Prozeß, den Baglione 1603 gegen Caravaggio und Gentileschi anstrengte, sagte letzterer am 14. 9. 1603 aus: "Als ich ein Bild, den HI. Michael darstellend, in S. Giovanni dei Fiorentini (Decollato) ausstellte, wollte er (Baglione) mir Konkurrenz machen und stellte ihm ein eigenes Bild gegenüber, das einen himmlischen Amor darstellte, den er in Konkurrenz zu einem" irdischen Amor" Caravaggios gemalt hatte; diesen "Amor divinus" hatte er dem Kardinal Giustiniani zugeeignet, und obwohl besagtes Bild weniger gefiel als dasjenige Caravaggios, schenkte ihm der Kardinal dennoch, soweit man hört, eine Kette: das Bild hatte viele Unvollkommenheiten, die ich ihm sagte, nämlich daß er einen großen und bewaffneten Mann gemalt hatte, während es doch eigentlich ein nacktes Kind sein sollte, und so malte er einen weiteren (Amor), der dann ganz nackt war". Der von Gentileschi kritisierte erste, geharnischte Amor ist, wie die Forschung übereinstimmend annimmt, mit dem Berliner Bild identisch, das nach dem Tod des Kardinals (1621) in den Besitz seines Bruders, des Marchese Vincenzo Giustiniani, überging, in dessen Inventar von 1638 es aufgeführt ist. Es ist relativ kurz vor dem Termin von Gentileschis Aussage (14.9.1603) entstanden. Das zweite Exemplar, das Baglione, wie er selbst schreibt, für den Kardinal malte, ist wohl – entgegen anderen Ansichten in der neueren Forschung, aber mit Volpe (1972) – mit dem Bild zu identifizieren, das sich 1908-1945 als Dauerleihgabe der Galleria Corsini in Rom (später Galleria Nazionale d'Arte Antica) in der italienischen Botschaft in Berlin befand und seit 1969 wieder in Rom ist. Allerdings ist der dargestellte Amor keineswegs als" Kind " wiedergegeben. Gestalt und Haltung dieses zweiten "Amor Divinus" sind fast identisch mit denen des Berliner "Amor", doch ist er nur mit einem leichten Panzer gerüstet, die Beine sind nackt.

(aus: Katalog der ausgestellten Gemälde des 13. - 18. Jahrhundert, Berlin 1975; Katalog, Gemäldegalerie Berlin, Gesamtverzeichnis/Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1996.)