© Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz

Benvenuto Tisi gen. Garofalo (Garofalo um 1476 - Ferrara 1559)

Verkündigung an Maria

Pappelholz, 32,5 x 26,5 cm
Erworben mit der Sammlung Giustiniani 1815, erster Vorbesitzer Marchese Vincenzo Giustiniani, Rom.
Salerno (Inv. 1638) 1960, II, S. 143, No. 139. - Landon 1812, S. 127, Abb. 60, 2. - Delaroche 1812, No. 7. – Verzeichniss 1826, No. 6.

Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Kat. Nr. 258.

Maria kniet lesend vor ihrem Betpult, als der Engel mit flatterndem Gewand in ihr Gemach schwebt und ihr, gen Himmel weisend, die frohe Botschaft überbringt. Maria hält affektiv ihre Linke vor die Brust, eine Geste, die Erschrecken über ihre Erwähltheit als Gottesgebärerin und zugleich Annahme des ihr von Gott zugedachten Schicksals ausdrücken dürfte. Im rechten Hintergrund, als räumliche Angabe, ist ihre Bettstatt zu erkennnen.

Die Identifizierung mit einer im Inventar des Jahres 1638 erwähnten Tafel ist an einem Punkt schwierig. Auf dem Gemälde soll laut Beschreibung zusätzlich zu dem Figurenpersonal eine Taube, Zeichen des Heiligen Geistes, dargestellt sein, die auf dem Berliner Gemälde jedoch nicht zu entdecken ist: "Un quadro picciolo con l’Angelo che annuncia alla Madonna, et lo Spirito Santo in forma di una colomba depinto in tavola alta palmi 2 – Lar. 1- inc.a con cornice negra." Die Zuschreibungsfrage ist eindeutiger zu klären. Wenn auch der Inventareintrag von 1638 keinen Malernamen mit der Tafel verbindet, so schreibt doch bereits Landon das Berliner Gemälde Garofalo zu und verweist auf seine mögliche Funktion als ausgearbeitete Skizze für ein größeres Gemälde. Heute gilt es als Werkstattarbeit.

Garofalo war ein äußerst produktiver Maler mit einer augenscheinlich relativ großen Werkstatt, der neben größeren kirchlichen Aufträgen für seine privaten Auftraggeber vor allem kleinere Andachtsbildern anfertigte. So verwundert es kaum, daß sich gleich mehrere äußerst ähnliche Versionen der Verkündigung erhalten haben: Neben der Verkündigung in der Pinacoteca Nazionale in Parma, die vermutlich eigenhändig ist und mit den Maßen 37,6 x 26,5 cm dem Berliner Bildnis sehr nahe kommt, existiert in einer römischen Privatsammlung eine weitere Version, die in die frühen dreißiger Jahre des Cinquecento datiert wird und sich ursprünglich in der Sammlung Chigi befand. Stark abweichend von diesen Versionen und als das wohl ausgereifteste Werk Garofalos desselben Themas zu bezeichnen ist die Verkündigung in der Mailänder Brera. Das 255 x 167 cm große, datierte (1550) und signierte Altargemälde hatte seinen ursprünglichen Aufstellungsort in der Dominikanerkirche S. Gabriele in Ferrara.

Iris Wenderholm

Bibliographische Hinweise:
A. Fioravanti Baraldi, Il Garofalo, Rimini 1993.