© Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz

 

Annibale Carracci (1560 Bologna - 1609 Rom)

Flußlandschaft mit Kastell und Brücke

Um 1595
Leinwand, 73 x 143 cm.
Erworben mit der Sammlung Giustiniani, 1815.
Erster Vorbesitzer Marchese Vincenzo Giustiniani.

Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Kat. Nr. 372, Abb. Nr. 2507.

Wie bereits Posner feststellte ist das Gemälde nicht mit Sicherheit in Vincenzo Giustinianis Inventar von 1638 nachzuweisen. Es wurde 1815 vom preußischen König als Einzelstück und nicht zusammen mit den anderen Werken der Sammlung Giustiniani erworben (BESCHREIBENDES VERZEICHNISS 1931, S. 86, Nr. 372). Seine Provenienz aus der römischen Sammlung wird nach E. Schleier aber dennoch durch die Siegel, die vor der Dublierung auf der Leinwand sichtbar waren, bestätigt. Erwähnt werden in Vincenzos Inventar hingegen einige andere Landschaften Annibales. Bemerkenswert ist auch, daß in der Sammlung Giustiniani Landschaften aus der Bologneser Schule vertreten sind, die häufig als Sopraporten dienten. Der einzige inventarische Hinweis, der sich auf das Berliner Gemälde zu beziehen scheint, ist in einem Verzeichnis von Bildern aus der Sammlung Farnese zu finden, die 1662 von dem Palazzo in Rom in jenen in Parma gebracht wurden. Trotz dieser Ungewißheiten über die Geschichte des Gemäldes, die es mit vielen oft nur flüchtig in den entsprechenden Sammlungsverzeichnissen beschriebenen Landschaftsbildern teilt, ist seine Zuschreibung an Annibale nicht anzuzweifeln. Umstritten ist jedoch die Datierung des Gemäldes, das nur schwer in das Werk Annibales eingeordnet werden kann.
Die Ausübung der Landschaftsmalerei stellte für Annibale Carracci in den Zeiten der Bologneser Akademie wahrscheinlich eine Tätigkeit dar, die er neben der Genremalerei ausübte. Die Unmittelbarkeit in der Darstellung, die fortschreitend praktizierte Methode in der Werkstatt an einem Entwurf "nach der Natur" zu arbeiten, werden noch deutlicher in der Washingtoner Landschaft (National Gallery of Art, Kress Collection).
Nach der langen Beschäftigung mit der Landschaftsmalerei in seinem Frühwerk rezipierte Annibale in Rom Raffaels Werke in den Stanzen, der Farnesina und in den vatikanischen Loggien. Dort fand er zurück zu den Landschaften "all'antica" des Polidoro da Caravaggio, die der Poesie und der Beschwörung der Geschichte entspringen. Derartig fand und festigte Annibale, ohne auf die Darstellungen der Antike zurückgreifen zu müssen, eine Formel für die feierliche, architektonisch konstruierte Landschaft, die eine weite und würdige Kulisse für eine Historie darstellt.

Iris Wenderholm
nach Francesca Cappelletti, in: Ausst. Kat. Caravaggio e i Giustiniani, Rom 2001, Kat. C3

Bibliographische Hinweise:
D. Posner, Annibale Carracci. A Study of the Reform of Italian Painting around 1590, 2 Bde., London 1971, Bd. I, S. 117, 177 Anm. 24; Bd. II, S. 33, Nr. 74; C. Whitfield: "Early landscapes by Annibale Carracci", in: Pantheon XXXVIII (1980), S. 50-58.