© Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz

 

Carillo (?) (tätig um 1480 in der Provinz Toledo)

Madonna mit dem Kind

Eichenholz, 37 x 25 cm
Bezeichnet unten auf dem mit dem Bild fest verbundenen Rahmen: Carillo/ O MATER DEY MEMENTO MEY DOMINE.
Erworben mit der Sammlung Giustiniani 1815, erster Vorbesitzer Kardinal Benedetto Giustiniani, Rom.
Danesi Squarzina (Inv. 1621) 1997, I, No. 205. – Salerno (Inv. 1638) 1960, II, No. 225. – Delaroche 1812, No. 129. – Verzeichniss 1826, No. 132 fälschlich als "Corillo".

Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Kat. Nr. 1215, Abb. Nr. 2708.

Zur Identifizierung des Berliner Bildes, das Landon 1812 nicht erwähnt, wurde von Danesi Squarzina ein Eintrag des Inventars Vincenzo Giustinianis aus dem Jahre 1638 herangezogen, in dem es heißt: "Un quadro piccolo con la Madonna che viene con Christo bambino in mano che zinna depinto in tavola alt. pal. 2 lar. 1 maniera antica con cornice dorata." Bereits im Inventar des Kardinals Benedetto Giustiniani aus dem Jahre 1621 wird das Madonnenbild erwähnt, ohne daß jedoch auf Carillo oder auf seine auf den Rahmen aufgebrachte Signatur hingewiesen würde: "Un altro quadrecto in tavola della Madonna che da tecta a nostro Signore il quale tiene in mano una connanina [sic] della Madonna, cornice indorate."

Von Carillo, einem spanischen Maler des 15. Jahrhunderts, der um 1480 in der Provinz Toledo tätig gewesen sein soll, ist nur wenig bekannt. Es ist nicht geklärt, ob Carillo mit Alonso Carrillo, der 1476 in Guadalupe erwähnt wird, oder mit Juan Carillo identisch ist, der im Jahre 1513 in Sevilla nachgewiesen werden kann.

Von den drei bekannten Madonnendarstellungen Carillos befand sich eine noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts in englischem Privatbesitz. Zudem wurde im Jahre 1911 eine weitere Madonna von Carillos Hand im Rahmen einer von der Münchner Galerie Heinemann veranstalteten Ausstellung zur altspanischen Malerei gezeigt. Da das Gemälde aus der Sammlung Giustiniani nicht nur mit "Carillo" bezeichnet ist, sondern auch stilistische Gemeinsamkeiten mit den anderen bekannten Bildern des Künstlers aufweist, kann es zumindest probeweise der etwas unsicheren Künstlerpersönlichkeit Carillos zugeschrieben werden.

Das Berliner Gemälde zeigt Maria mit dem Kind im Typus der Madonna lactans: Die Gottesmutter, die demütig ihren Blick gesenkt hat, ist in ein blaues Kleid mit rotem Mantel gehüllt und hält den Christusknaben im Arm. Beide Häupter sind von einem Strahlenkranz umgeben, während Marias Haar die Figurengruppe umfängt und zugleich umspielt. Maria trägt einen Perlreif im Haar und eine Kette, mit der das Kind, während es trinkt, spielt. Funktionsgeschichtlich kann das Berliner Gemälde aufgrund seines Formates und des Bildthemas der Gruppe der privaten Andachtsbilder zugerechnet werden, einem Bildtypus, der in Spätmittelalter und früher Neuzeit äußerst beliebt und sehr verbreitet war.

Iris Wenderholm

Bibliographische Hinweise:
J. A. Gaya-Nuño, La Pintura española fuera de Espagna, 1958, S. 127, No. 511. – Saur, Allgemeines Künstlerlexikon, München/ Leipzig 1997, Bd. 16, S. 392, s.v. Carillo. – Spanish Artists from the fourth to the twentieth century, 2 Bde., New York 1993-1996.