© Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz

Luca Cambiaso (Moneglia 1527 - El Escorial 1585)

Caritas

Um 1570
Öl auf Leinwand, 141 x 109,5 cm.
Siegel und Inschriften: die Initialen "G.C.", "Cambiaso", Paraphe, Siegel KFM und Spuren eines unleserlichen Siegels.
Mit der Sammlung Giustiniani im Jahre 1815 erworben. – Erster Vorbesitzer Kardinal Benedetto Giustiniani.
Danesi Squarzina (Inv. 1600) 1997, I, Nr. 49. – Danesi Squarzina (Inv. 1621) 1997, II, Nr. 21. – Salerno (Inv. 1638) 1960, II, Nr. 63. –Verzeichniss 1826, Nr. 139 (da das Werk zwar aus der Slg. Giustiniani stammt, jedoch separat verkauft wurde, taucht es bei Delaroche 1812 und Landon 1812 nicht auf).

Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie, Kat. Nr. 358.

Die Inventare der Sammlung Giustiniani nennen nicht weniger als zehn Gemälde Luca Cambiasos, die sich anfangs in den Privatgemächern Benedettos befanden und später von Vincenzo in die eindrucksvolle "stanza grande dei quadri antichi" verlegt wurden. Fünf dieser Werke werden bereits im Inventar der "Guardarobba" vom 1. April 1600 kurz nach dem Tod des Vaters Giuseppe erwähnt, weshalb wir annehmen dürfen, daß sie sich schon länger in Familienbesitz befanden und somit besonders in Ehren gehalten wurden. Luca Cambiaso wurde innerhalb der Sammlung Giustiniani hoch geschätzt, da er immerhin die zum genuesischen Zweig der Familie gehörende Villa Cambiaso Giustiniani ausgestattet hatte.

Luca Cambiaso verarbeitete sowohl venezianische als auch lombardische Einflüsse und stand weniger in der Tradition Michelangelos oder Raffaels, sondern folgte vielmehr den Spuren Leonardos, was das Studium optischer Phänomene, das Sfumato der Konturen und die Gestaltung des Bildraums anbelangt. In der Ikonographie folgt das Berliner Bild der Beschreibung Cesare Ripas Carità (Ripa 1593, S. 64): "Donna vestita di rosso, che in cima del capo habbia una fiamma di fuoco ardente, terrà nel braccio destro un fanciullo, al quale dia il latte, & due altri gli staranno scherzando à piedi, uno d’essi terrà alla detta figura abbracciata la sinistra mano.", also übersetzt etwa: "Eine rot gekleidete Frau, auf deren Kopf die Flammen eines Feuers zu sehen sind und die im rechten Arm ein Kind hält, das sie säugt; zwei weitere stehen ihr spielend zur Seite, deren eines sich an ihrer linken Hand festhält".

Die besondere Wertschätzung, die vor allem Benedetto dem Gemälde entgegenbrachte, bezeugt der Umstand, daß das Werk nicht nur in beiden Inventaren (1600 und 1621), sondern auch in dem Testament des Kardinals erwähnt wird. Hierin heißt es, man solle "[...] il mio quadro della Carità di Luca Cambiago da Genova [...]" dem Kardinal Ubaldino überlassen. Diese Anweisung wurde allerdings von dem Alleinerben Vincenzo übergangen, der Kardinal Ubaldino stattdessen einen Tondo von der Hand oder in der Art des Giulio Romano gab. Cambiasos Gemälde scheint ihm also offenkundig so wichtig gewesen zu sein, daß er sich dafür sogar dem letzten Willen seines Bruders. Einer von mehreren Hinweisen darauf, daß sich die Caritas Cambiasos bis ins 19. Jahrhundert im Besitz der Giustiniani befand, stammt von der Reisenden Marianne Kraus, die das Gemälde 1791 als "[...] Luca Cambiaso: eine Mutter mit drei Kindern[...]" beschreibt. Dieser ikonographische Irrtum erscheint bereits in den frühesten Inventaren der Giustiniani, wo das Bildthema einmal als "Carità con tre puttini intorno" (Inv. 1600) und einmal als "Madonna che lacta nostro Signore con dui altri pucti nudi" (Inv. 1621) beschrieben wird.

Iris Wenderholm (nach Silvia Danesi Squarzina, in: Ausst. Kat. Rom 2001, Caravaggio e i Giustiniani, Kat. B3)

Bibliographischer Hinweis:
B. Suida-Manning/ W. Suida, Luca Cambiaso, la vita e le opere, Mailand 1958, S. 154; S. Danesi Squarzina: "Caravaggio e i Giustiniani", in: Michelamgelo Merisi da Caravaggio, la vita e le opere attraverso i documenti, Atti del Convegno internazionale di studi, hg. v. S. Macioce, M. Gallo, M. Pupillo (Rom, Palazzo Giustiniani, 5.-6.10.1995), Rom 1996, 94-121, S. 98-99, S. 108 und Anm. 35 und 36.