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Projektadresse:
Freie Universität Berlin
Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft
Projekt "Ernährermodell"
Ihnestraße 22
14195 Berlin
Telefon 030 83857030

 

Gegenstände des Forschungsprojekts

Untersucht werden die rechtlichen "Schnittstellen" zwischen Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht einerseits und dem Recht des Ehegattenunterhalts andererseits im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Gleichberechtigung der Geschlechter und dem aktiven Gleichstellungsgebot (Art. 3 Abs. 2 GG). Aus der kritischen Analyse der rechtlichen Schnittstellenregelungen - vor allem am Maßstab des Verbots der mittelbaren Diskriminierung - sollen Ansatzpunkte für eine Reform gefunden und damit Wege zur Überwindung des "männlichen Ernährermodells" in der deutschen Existenzsicherung aufgezeigt werden.

Also im Detail:

  • Die rechtlichen und politischen Grundlagen des "starken" deutschen Ernährermodells
  • Die Kritik an den gegenwärtigen Strukturen aus der Perspektive der Geschlechtergleichstellung
  • Die reale Sicherungsfunktion von Ehegattenunterhalt und ihre Defizite, Auswirkungen der Ehegattensubsidiarität für die Erwerbsbeteiligung und eigenständige Existenzsicherung von Frauen
  • Gesellschaftliche Wahrnehmungsmuster von Ehegattenunterhalt, sozialrechtlichem Subsidiaritätsprinzip und den damit verbundenen privaten Solidaritätserwartungen
  • Überwindung des männlichen Ernährermodells durch Reformen an den "Schnittstellen" des privaten Unterhalts mit den Bereichen des Sozial-, Steuer- und Arbeitsrechts

Die rechtlichen "Schnittstellen" von Ehegattenunterhalt mit angrenzenden Rechtsgebieten (Steuerrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht)

Bei der Untersuchung der Frage, wie sich das Ernährermodell im deutschen Recht widerspiegelt, stößt man darauf, dass das Unterhaltsrecht im Sozialrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht berücksichtigt wird. Wir möchten zeigen, dass trotz des Anspruchs der Geschlechtsneutralität des heutigen Rechts spezifische Rollenbilder in den Details der Regelung weiterhin vorausgesetzt und fortgeschrieben werden. Ausgangspunkt unserer Untersuchung ist das Ehegattenunterhaltsrecht.
Was ist Unterhalt? mehr...

Kontext/Problemlage

Frauen sind im deutschen System der Existenzsicherung deutlich weniger als Männer in das Erwerbssystem integriert und daher in viel höherem Maße auf Ehegattenunterhalt und/oder subsidiäre Sozialleistungen angewiesen. Darin ist eine rechtlich relevante Benachteiligung und ein Hindernis für die Verwirklichung von Gleichstellung zu vermuten. Das männliche Ernährermodell wird in Deutschland durch eine starke "Ehezentrierung" in der Existenzsicherung konserviert, also an den Schnittstellen des Unterhaltsrechts zu Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht, auch wenn diese Rechtsgebiete formal geschlechtsneutral erscheinen. Das lässt sich historisch nachvollziehen, weil im 19. Jahrhundert die Rollen der Ehegatten in patriarchaler und geschlechtspolarer Weise festgelegt waren und die Ehe als einzige legitime Form des Zusammenlebens der Geschlechter und der Sexualität galt. Die heutige Rechtsordnung schleppt diese Geschlechtsspezifik noch immer mit sich herum. Inzwischen hat sich das normative Tauschverhältnis in der Ehe verändert, beide Ehegatten sind zur Erwerbsarbeit berechtigt und bei Bedarf verpflichtet ebenso wie zur Sorge für ihre gemeinsamen Kinder. Trotz der normativen Veränderung des Tauschverhältnisses zwischen den Ehegatten und der "Geschlechtsneutralisierung" des ehelichen Unterhaltsrechts wohnt dem Erwerbs-, Sozial- und Steuersystem ein Double-Bind-Mechanismus inne, der es Frauen trotz formaler Geschlechtsneutralität des Rechts nahe legt, in bestimmten Situationen auf die Alternativsicherung über die Ehe auszuweichen. Sie gelten dann als "versorgt" durch Ehegattenunterhalt. Ausgedrückt wird die widersprüchliche Beeinflussung vor allem durch die Bevorzugung des männlichen Ernährers im Arbeitsleben, etwa in Tarifverträgen und bei der Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen, durch die negative Anreizwirkung des Ehegattensplittings und durch die sozialrechtliche "Ehegattensubsidiarität" (Nachrangigkeit von Sozialleistungen gegenüber ehelichem oder nachehelichem Unterhalt). Besonders augenfällig wird die geschlechtsspezifische Wirkung der Ehegattensubsidiarität derzeit im Falle der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, besser bekannt als "Hartz IV". Schon 2003 wurde die Anrechnung von Partnereinkommen verstärkt, nunmehr ergibt sich durch die Umstellung auf den bedarfsorientierten Berechnungsmodus des neuen Arbeitslosengeldes II eine fast vollständige Anrechnung von Partnereinkommen. Dadurch verlieren erheblich mehr Frauen als Männer jegliche Ansprüche auf die neue Grundsicherung für Erwerbsfähige bei Langzeitarbeitslosigkeit.

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Fragestellung

In dem Projekt sollen die deutschen Regelungsstrukturen an den Schnittstellen von Familienrecht, Arbeitsrecht, Steuer- und Sozialrecht unter geschlechterpolitischen Aspekten untersucht werden. Normativ geht es darum festzustellen, inwieweit die im deutschen System relativ starke Verweisung von Frauen auf die (Alternativ-)Versorgung durch Unterhalt mittelbar diskriminierend wirkt und gegen höherrangige Normen verstößt. Daran schließt sich die Frage nach legislativer oder justizieller Reform bzw. Abhilfe an. Sozialwissenschaftlich soll untersucht werden, inwieweit der soziale Wandel in den Einstellungen und Arrangements von Frauen und Männern im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zwischen eigenständiger Existenzsicherung und ehelicher Unterhaltssolidarität gesetzliche Reformen nahe legt und wie diese aussehen könnten. Dabei sind - soweit möglich - auch die volkswirtschaftlichen Veränderungsdesiderate zu skizzieren, um Unterhalt durch Erwerbseinkommen zu ersetzen.

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Untersuchungsmethoden

Das Projekt ist interdisziplinär angelegt, d.h. es wird im Zusammenspiel juristischer, sozialwissenschaftlicher und wirtschaftswissenschaftlicher Perspektiven und Methoden, bearbeitet. Die juristisch-normativen Fragestellungen werden rechtsdogmatisch-hermeneutisch bearbeitet, Rechtstatsachen und strukturelle Auswirkungen sind mit soziologischen Methoden zu erfassen, der Reformbedarf erfordert eine politikwissenschaftliche Vorgehensweise. Die empirischen Untersuchungsteile sind überwiegend sekundäranalytisch angelegt, die Einstellungen von Paaren zu ehelicher Solidarität werden dagegen durch eigene qualitative Interviews der Projektbearbeiterinnen mit Betroffenen der Hartz IV-Reform untersucht, hier geht es darum, wie sie die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und die damit einhergehende verschärfte Anrechnung von Partnereinkommen subjektiv wahrnehmen. Die ökonometrischen Teile werden von einer dem Projekt mittels Werkvertrag verbundenen Wissenschaftlerin bearbeitet, die sich vor allem mit den sozialstatistischen und ökonomischen Aspekten der Unterhaltssituation beschäftigt.

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