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1954

7.12.1954

FU-Student Ingolf-Ariovist Klein stirbt im Bautzener Haftkrankenhaus.


  Schwarz-Weiß-Foto von Ingolf-Ariovist Klein
Fotograf unbekannt,
Quelle: Universitätsarchiv der FU
  Ingolf-Ariovist Klein (* 27.8.1925, † 7.12.1954)
 
Am 27. April 1949 immatrikuliert sich Ingolf-Ariovist Klein an der Philosophischen Fakultät der Freien Universität für die Fachrichtung Zeitungswissenschaft.
 
Nach dem Abitur in Bernburg (Saale) studiert er zunächst an der Fremdsprachen­schule in Leipzig und von 1947 bis 1949 an der Universität Leipzig. Er tritt der Libe­ralen Partei (LDP) bei und gehört einer universitären Widerstandsgruppe im Umfeld von Wolfgang Natonek an. In Kleins Schreiben an das Immatrikulations­büro der Freien Universität heißt es:
"Hiermit bitte ich höflichst um meine Immatrikulation an der Freien Universität Berlin, um mein in Leipzig begonnenes Studium fortset­zen zu können. Seit dem 1. Oktober 1947 studierte ich dort in der Hauptsache Staats-, Verfassungs- und Völkerrecht, neuere Ge­schichte, Volkswirtschaftspolitik und neuere Sprachen (Englisch) zunächst ohne nennenswerte Behinderung. [...] Seit dem Verbot der SMA, westlich lizenzierte Zeitungen und Zeitschriften in der Ostzone zu vertreiben, erklärte ich mich bereit, diese laufend für unser publi­zistisches Institut aus Berlin zu besorgen, und nahm sie heimlich, jedoch mit Wissen der übergeordneten Stellen des Insti­tuts in unser Zeitungsarchiv auf. Durch die Verhaftung meines Par­teifreundes und Kommilitonen Wolfgang Natonek und die damit verbundene Auflö­sung unserer LDP-Betriebsgruppe, wäre beinahe auch meine Arbeit mit aufgedeckt worden."

Von West-Berlin aus hält Ingolf-Ariovist Klein Kontakte zu den in Leipzig verblie­benen Mitgliedern seiner Studentengruppe. Am 8. Juli 1950 wird er in Leipzig verhaf­tet und am 11. September 1950 vom Sowjetischen Militärtribunal Dresden wegen Spionage und antisowjetischer Tätigkeit zu 25 Jahren Arbeitslager ver­urteilt. Am 5. Oktober 1950 wird er in das Zuchthaus Bautzen eingeliefert.
 
Klein litt von Kind auf an Hämophilie (Bluterkrankheit). Die Leitung der Strafvoll­zugsanstalt lässt Päckchen von Kleins Eltern mit Injektionsampullen gegen Hämophilie mit der Begründung zurückschicken, man verfüge selbst über die notwendigen Mittel. Am 7. Dezember 1954 stirbt Ingolf-Ariovist Klein im Bautze­ner Haftkrankenhaus. Der Anstaltsarzt bescheinigt als Todesursache Magen-, Darm- und Weichteilblutungen. Den Eltern wird Kreislaufversagen als Todes­ursache mitgeteilt.
 
Die Leipziger Unterlagen über Ingolf-Ariovist Klein können im Ehrenbuch der Universität Leipzig eingesehen werden.
 
  Haftakte von Ingolf-Ariovist Klein
Haftakte von Ingolf-Ariovist Klein, Quelle: Ehrenbuch der Uni Leipzig
 


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