(Preußische Gesetzsammlung 1918, S. 187)
Preußen ist wie das Deutsche Reich und die anderen deutschen Bundesstaaten durch den Volkswillen zum freien Staat geworden.
Aufgabe der neuen preußischen Landesregierung ist, das alte, von Grund auf reaktionäre Preußen so rasch wie möglich in einen völlig demokratischen Bestandteil der einheitlichen Volksrepublik zu verwandeln.
Über die zukünftigen Staatseinrichtungen Preußens, seine Beziehungen zum Reich, zu anderen deutschen Staaten und zum Ausland wird eine verfassunggebende Versammlung entscheiden; ihre Wahl erfolgt auf Grundlage des gleichen Wahlrechts für alle Männer und Frauen nach dem Verhältniswahlsystem.
Bis zum Zusammentritt dieser verfassunggebenden Versammlung hat eine vorläufige Regierung, die getragen ist vom Vertrauen der Arbeiter- und Soldatenräte, die Geschäfte übernommen. Sie sieht ihre erste Aufgabe darin, im engen Zusammenhang mit der neuen Reichsleitung für die Ordnung und Sicherheit im Lande und für die Volksernährung zu sorgen. Sie ist dabei angewiesen auf das Verständnis und den guten Willen der Bevölkerung im allgemeinen und insbesondere auf die gewissenhafte Mitarbeit aller Beamten des Staates und der Selbstverwaltungskörperschaften. Alle Beamten, die sich der neuen Regierung zur Verfügung stellen, sind ausdrücklich in ihren Rechten bestätigt und auf ihre Pflichten hingewiesen worden.
Von den zahlreichen Aufgaben, vor die sich das neue, freie Preußen jetzt und in der Zukunft gestellt sieht, seien nur diese hervorgehoben:
Durchführung der uneingeschränkten Koalitionsfreiheit für alle Staatsarbeiter und Beamten. Gründliche Reform der besoldungs- und Lohnverhältnisse der Arbeiter und Beamten, einschließlich der Pensionäre und Altpensionäre, und bis zur endgültigen Regelung die Gewährung ausreichender Teuerungszulagen.
Ausbau aller Bildungsinstitute, insbesondere der Volksschule. Schaffung der Einheitsschule. Befreiung der Schule von jeglicher kirchlichen Bevormundung. Trennung von Staat und Kirche.
Demokratisierung aller Verwaltungskörperschaften. Beseitigung der Gutsbezirke. Völlig gleiches Wahlrecht beider Geschlechter für alle Gemeindevertretungen in Stadt und Land. Entsprechende demokratische Umgestaltung der Kreis- und Provinzialverwaltungskörper.
Raschester Aufbau und Entwicklung aller Verkehrsmittel, insbesondere der Eisenbahnen und Kanäle.
Hebung und Modernisierung von Industrie und Landwirtschaft. Vergesellschaftung der dazu geeigneten industriellen und landwirtschaftlichen Großbetriebe.
Umgestaltung der Rechtspflege und des Strafvollzugs im Geist der Demokratie und des Sozialismus.
Reform des gesamten Steuerwesens nach den Grundsätzen strengster sozialer Gerechtigkeit.
Es ist eine ernste und schwere Zeit, in der die neue Regierung an ihre Arbeit gehen muss. Bedrückend ist die Fülle der Aufgaben, vor die sie sich gestellt sieht. In den vier Jahren des furchtbaren Krieges haben sich die menschlichen und wirtschaftlichen Kräfte des Landes erschöpft. Nur durch einmütiges Zusammenstehen des gesamten Volkes kann der Untergang abgewendet werden. Nur so können wir denen, die jetzt aus dem Felde zurückkehren sollen, zwar nicht ihre Leiden und Opfer vergelten, wohl aber die Fortsetzung dieser Leiden ersparen. Nur so können wir das Gespenst des Hungers bannen, das vornehmlich unsere Frauen, Kinder und Kranken schon jetzt auf das schwerste bedroht.
Was wir alle haben wollen: Freiheit, Frieden und Brot, kann nur gesichert werden, wenn das wirtschaftliche Leben in Stadt und Land aufrechterhalten bleibt.

Die preußische Regierung:
Hirsch. Ströbel.
Braun. Eugen Ernst. Haenisch. Adolph Hoffmann.